Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Wir haben Ihnen deutlich gemacht, wie unsere Konzepte aussehen. Die Ministerpräsidentin hat einige in ihr 15-Punkte-Programm übernommen. Übernehmen Sie doch alles! Dann sind Sie auf dem richtigen Weg, und Ihre Statistik würde sich ein Stückchen ändern.

(Beifall von der CDU)

Die Ministerpräsidentin ist gerade nicht da. Frau Ministerpräsidentin, Sie müssen diese Bilanz heute so lesen, dass eindeutig feststeht: Ihr Kronprinz Ralf Jäger ist entzaubert.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Zurufe von der SPD: Och! – Zurufe von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Norwich Rüße [GRÜNE])

Herr Mostofizadeh, aus dem einst schneidigen Jäger 90 ist doch ein fußkranker Bruchpilot geworden. Das ist die Wahrheit in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Marketingvokabeln, mit denen er groß herauskommt – Riegel vor!, MOTIV, Augen auf und Tasche zu!, Wegweiser, Crash Kurs NRW –, sind nichts anderes als heiße Luft. Es hilft kaum, aber es ist eine schöne Marketinggeschichte, die deutlich macht: Bei diesem Innenminister gibt es viel Tünche, viel Lärm, aber wenig Substanz. Das ist der Weg.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege, die Redezeit.

Liebe Frau Ministerpräsidentin, der Bund der Kriminalbeamten hat es Ihnen schon ins Buch geschrieben: Dafür sind auch Sie verantwortlich.

Herr Kollege Biesenbach.

Ich bin gleich fertig. – Eine verantwortungsbewusste und vor allem handlungsfähige Regierungschefin hätte einen Innenminister mit dieser Bilanz längst nach Hause geschickt. Wir warten darauf. Es wird Zeit.

(Beifall von der CDU)

Die Redezeit ist wirklich deutlich überschritten. – Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Für die Fraktion Die Grünen spricht Frau Kollegin Schäffer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lürbke, ich finde die Formulierungen in Ihrem Antrag insgesamt, aber vor allem die Formulierung – ich zitiere –: „So unsicher waren die Menschen in NRW lange nicht mehr“, grob fahrlässig.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Grob fahrlässig, weil sie jeglicher Grundlage entbehrt und keinem Faktencheck standhält. Nehmen wir den

Faktencheck vor und gehen wir in die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2015! Ja, es stimmt, die Zahl der Straftaten ist insgesamt leicht gestiegen: um 1,1 %.

Aber, wenn man sich die Straftaten ansieht, so sind Straftaten gegen das Leben, also Mord, Totschlag, um 6,2 % gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind um 2,9 % gesunken.

Die Straßenkriminalität ist auf dem zweitniedrigsten Stand seit 1992.

Und Sie reden davon, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen noch nie so unsicher waren. – Das finde ich absolut unredlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der FDP)

Das ist nicht nur unredlich, sondern falsch. Das schürt Ängste, das schürt Unsicherheit, es ist faktenfrei. Und in Kombination mit dem Zitat in Ihrem Antrag, dass die Polizei funktionsunfähig sei und die Sicherheit nicht gewährleisten könnte, ist es nicht nur falsch, sondern spielt auch den Falschen in die Hände.

Es ist Aufgabe der Opposition, die Probleme und Herausforderungen, die wir in der Innenpolitik haben, zu benennen – ja, das gestehe ich Ihnen zu –, und es ist unsere Aufgabe als Parlament darüber zu diskutieren.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Aktuelle Stunde!)

Entschuldigung, hat sich erledigt. Fehlalarm.

Aber so einen Diskurs in der aktuellen Situation zu befeuern, einen Diskurs, dass angeblich der Rechtsstaat nicht handlungsfähig sei, das Gewaltmonopol nicht durchzusetzen sei, das finde ich wirklich fahrlässig; das finde ich gefährlich. Ich bitte Sie, von einem solchen Populismus abzusehen und zur Realität zurückzukehren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von der CDU)

Ja, ich rede über die Realität. Gucken Sie sich doch mal die Polizeiliche Kriminalstatistik an! Ich habe Ihnen gerade die Zahlen der Kriminalentwicklung vorgelesen. Ich sage Ihnen: Auch ich habe Sorgen, wenn ich mir anschaue, wie sich die Einbruchskriminalität weiterentwickelt. Es ist ja nicht so, als würde ich das wegreden wollen. Natürlich gucken wir da kritisch drauf und nehmen die Steigerung mit Sorge wahr.

Ich finde es deshalb so wichtig, darüber zu reden, weil wir nicht nur über nackte Zahlen reden, über eine Steigerung der Einbruchskriminalität, sondern wir reden über Menschen, die Opfer von Einbrüchen werden, von Menschen, die zum Teil traumatische Erfahrungen machen, die dort, wo sie sich am sichersten fühlen sollten – zu Hause –, einen Eingriff in ihre Privatsphäre erleben. Das Thema nehmen wir sehr ernst.

Natürlich bereiten uns diese Zahlen auch Sorgen. Aber ich finde, wenn man seriös über dieses Thema diskutieren will – ich glaube, diesen Anspruch sollten wir alle hier im Parlament haben –, dann muss man sich Zahlen und Fakten anschauen, dann muss man sich auch die Lage von Nordrhein-Westfalen noch einmal anschauen.

In Nordrhein-Westfalen befindet sich mit der Metropolregion Rhein-Ruhr die bevölkerungsreichste Region in Deutschland. Hier gibt es ein gut ausgebautes Autobahnnetz, das natürlich schnelle Fluchtwege, schnelle Reisewege ermöglicht. Die Situation in unserem Bundesland ist, Herr Biesenbach, auch aufgrund der Struktur und der Bevölkerungsdichte nicht mit der in anderen Flächenländern wie Bayern oder Baden-Württemberg vergleichbar. Ich finde es unredlich, solche Vergleiche anzustellen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es ist ja auch nicht so, als würden wir nicht reagieren und als würde das Innenministerium nicht reagieren. Es gibt mit MOTIV – Mobile Täter im Visier – ein Programm, das für verbesserte Erkenntnislagen, für einen Ermittlungsdruck gegen Intensiv- und Serientäter sorgt. Dieses Konzept MOTIV wurde ja auch von der Innenministerkonferenz als Vorbild für andere Bundesländer genannt. Das nehme ich sozusagen als Vertrauensbeweis der Innenministerkonferenz und als Lob wahr, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Den Bereich der Prävention tun Sie ja immer ein Stück weit ab. Aber ich finde, man muss auch darüber reden. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, stellen wir fest, dass nach der Polizeilichen Kriminalstatistik immerhin 43,7 % der Einbrüche eben nicht gelingen, dass sie im Versuchsstadium stecken bleiben. Das finde ich wichtig. Der Anteil der versuchten Einbrüche ist im Vergleich zum Vorjahr, zu 2014, noch einmal gestiegen. Dieser Weg von „Prävention vor Repression“ ist aus meiner Sicht der richtige.

An die Adresse der FDP gerichtet will ich noch sagen: Es ist interessant, dass eine Partei, die sonst immer davon redet, dass wir einen schlanken Staat brauchen, die „Privat vor Staat“ propagiert, die fordert, Sparen über alles zu stellen,

(Zurufe von der FDP)

dass diese FDP an dieser Stelle meint, wir hätten bei der Polizei einen Personalmangel. – Den haben wir

nicht! Ich will hier noch einmal klarstellen: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen ist in der Lage, das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen, und das macht sie auch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir stellen allein in diesem Jahr 1.920 neue Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Das ist ein Rekordwert an neuen Einstellungen.

Auch mit dem Nachtragshaushalt, der sich derzeit noch in der Beratung befindet, stellen wir Tarifbeschäftigte ein. Wir sorgen durch eine verlängerte Lebensarbeitszeit dafür, dass mehr Polizeibeamtinnen und -beamte auf der Straße, aber auch in den Kommissariaten im Bereich der Straßen- und Einbruchskriminalität zur Verfügung stehen.

Ich finde, das sind die richtigen Ansätze, die wir hier wählen, und die werden wir so auch weiterverfolgen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Schatz.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe wirklich lange überlegt, mit welchem Tenor ich diese Rede hier gestalte: Steige ich eher in diesen angstmachenden Tenor dieses Antrages ein – ein bisschen Polemik –, oder berufe ich mich doch eher auf die empirische Faktenlage?

Eine der absoluten Kernforderungen der Piraten war bisher immer: evidenzbasierte Politik. Und wenn ich mir jetzt die Ergebnisse der Landtagswahlen anschaue, bei denen offen agierende Nazis in weitere Parlamente eingezogen sind, dann muss ich zu dem Schluss kommen: Das ist der richtige Weg: evidenzbasiert, keine Politik mit Angstmache, so, wie Sie es hier tun.