Tatsache ist, dass das überhaupt nur durch diese Ermittlungsarbeit zutage getreten ist. Und da habe ich gesagt: Das hätte auch mein Vorgänger machen müssen. – Jetzt war der aber so anständig wie Sie und hätte das wahrscheinlich überhaupt nicht gerne gemacht. Das stimmt ja auch nicht ganz; denn er hat zumindest dem ersten Kauf sogar zugestimmt, ich meine, sogar mit unangenehmen Folgen.
Aber ich stehe dazu, dass ich sage: Ja, ich stütze meine Steuerfahndung an dieser Stelle. – Und deswegen haben wir da die entscheidenden Zusatzbausteine bekommen, die uns heute in die Lage versetzen, das, was Herr Witzel schon immer vermutet hat, auch ein Stück weit zu bestätigen.
Ich muss das mal sagen: Wir haben jetzt noch sieben Minuten. Ich hänge auch noch eine Minute dran, wenn ich jetzt eine
halbe Minute etwas sage. Es ist ja unsere letzte gemeinsame Fragestunde in dieser Legislaturperiode. Das sollten wir alle miteinander genießen
und gleichwohl dem Ernst des Themas gerecht werden. Das tun wir auch. Deshalb finde ich es sehr schön, dass sich nun Herrn Dr. Optendrenk mit einer Frage meldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Minister, Sie haben gerade noch mal das Thema der Steuer-CDs angesprochen. Ich bin sicher, dass Sie gleich auf Nachfrage Ihren Vorgänger an der Stelle loben werden, dass er seinerzeit den Schritt gemacht hat, als Erster eine solche CD anzukaufen. Denn sonst hätten Sie diese erfolgreiche Praxis gar nicht fortsetzen können. Da ist das Geschäftsmodell ja begründet worden.
Ich habe mich aber deshalb gemeldet, weil ich Sie fragen will, ob Sie zur Kenntnis genommen haben, dass Ihr Vorgänger sich in dem Untersuchungsausschuss in Berlin zu dieser Frage, ob er im Aufsichtsrat oder in anderer Weise davon Kenntnis gehabt hat oder danach gefragt hat, dahingehend eingelassen hat, dass er tatsächlich nachgefragt habe, ihm aber 2009 explizit die Auskunft gegeben worden sei, dass dies weder in der Vergangenheit Geschäftsmodell gewesen sei noch in der Gegenwart und von daher auch keine Anhaltspunkte waren – bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie dann konkrete Anhaltspunkte auch durch Ihre bundespolitischen Diskussionen, unsere Diskussionen und die Aktivitäten im Bereich der Portigon hatten.
Erst mal habe ich immer wieder deutlich gemacht, dass ich aus der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat nicht ableiten kann, dass darüber berichtet worden wäre. Das geht mir genauso. Ich könnte jetzt an dieser Stelle eine Einschränkung machen, und das ist die – das ist ganz offenkundig, darauf beruft sich auch heute der Vorstand der Portigon –: 2007 ist per Vorstandsbeschluss klargestellt worden, dass sich die WestLB an dieser Form von Arbitragegeschäften nicht mehr beteiligen wird.
Inwiefern das dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gekommen ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Das weiß ich jetzt nicht. Ich habe jedenfalls keine Belege. Ob sich damit jetzt Ermittlungen noch einmal beschäftigen, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Aber es ist zumindest eine Geschichte gewesen, die definitiv die Geschäftspolitik der WestLB im Jahr 2007 betroffen hat. Darauf bezieht sich heute Portigon immer wieder: 2007 ist quasi Schluss gemacht worden. Deswegen sind auch die Beträge, bei denen es um
die Kapitalertragsteuer ging, seither von der Größenordnung quasi verschwindend gering gewesen. Denn die Ermittlungen gingen bis 2011 einschließlich, aber ab Mitte 2007 bis 2011 war sozusagen nichts Besonderes.
Zu der Tatsache, dass 2007, aber jetzt auch 2006 noch mal in den Fokus der Ermittlungen gekommen sind, weiß ich nicht, ob man das damals wissen konnte. Gegebenenfalls hätte man erfahren können, dass man 2007 etwas geändert hat. Das unterstelle ich aber nicht. Tatsache ist nur, der größte Knick ist damals in dieser Zeit gewesen. In der Zeit seit 2010 hat es in dem Bereich gar nichts mehr gegeben, zumal quasi relativ schnell das Thema „Abwicklung“ im Vordergrund stand.
Aber ich sage noch mal: Es wird hier zum Teil – sagen wir mal – zumindest anders insinuiert, dass ein Aufsichtsrat da sitzt und sich überlegt: Wie machst du dein Unternehmen kaputt? – Das tun die natürlich nicht. Ich habe im Aufsichtsrat – das kann ich vielleicht sagen – durchaus auch Positionen aus der Sicht des Eigentümers vertreten, die nicht unbedingt sofort alle geteilt worden sind, weil sich natürlich auch ein Aufsichtsrat angucken muss, inwieweit er sich – in Anführungsstrichen – „ohne Not“, also ohne gesetzlichen Zwang, auf Felder begeben muss, die am Ende dem Unternehmen schaden können.
Mein Interesse von der anderen Seite war Folgendes: Wenn ich aber höre, es gibt einerseits Verdachtsmomente, es gibt auf der anderen Seite auch Ermittlungsergebnisse, dann sage ich: Gut, dann musst du eben über die andere Seite rangehen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage betrifft noch einmal den Inhalt der angefertigten Gutachten. Nach der Kritik der FDP-Landtagsfraktion an Umfang und Methodik der die WestLB verteidigenden Analysen des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young hat später eine Zweitbegutachtung durch Clifford Chance stattgefunden.
Welche insbesondere neuen und zusätzlichen Erkenntnisse hat die Untersuchung von Clifford Chance gebracht? Zu welchen Feststellungen kommt diese also im Einzelnen?
Auch hier habe ich erst mal zu akzeptieren, dass die Portigon AG sich nicht bereit erklärt hat, die Untersuchung von Clifford Chance zu veröffentlichen, dass aber auf der anderen Seite – ich sage jetzt mal – eine umfang
reiche Prüfung beauftragt worden ist. Auch aus diesem Bericht haben sich keine positiven Erkenntnisse über verbotene Cum-Ex-Geschäfte ergeben.
Es ging auch nicht darum, wie Sie bei Ernst & Young sagten, dass das ein verteidigendes Gutachten gewesen ist, sondern es war eines, das vor einer bestimmten Kulisse, was den Tiefgang der Untersuchung anging, die Dinge sich angeguckt und gesagt hat: Die sind keine Hinweise darauf, dass hier systematisch Cum-Ex-Geschäfte betrieben worden sind.
Ich kann nur noch mal sagen: Selbst die Erkenntnisse, die jetzt dazu geführt haben, dass Portigon den Geschäftsbericht verschoben hat, sind keine Erkenntnisse, die abschließende Ergebnisse sind. Ich bin auch jetzt weder befugt noch wäre ich in der Lage, zu sagen: Jetzt ist es bewiesen. – Man kann vielleicht sagen, dass man mit gesundem Menschenverstand auf der Grundlage bestimmter Erkenntnisse davon ausgehen musste, dass es schon Menschen gegeben hat, die wussten, was sie tun.
Aber das ist absolut im Bereich des bösen Verdachts. Deswegen finde ich es für das Unternehmen insgesamt und für die Folgen, die das haben kann, richtig, dass man jetzt Ermittlungen mit der notwendigen Diskretion laufen lässt, um am Ende sagen zu können: Was ist da wirklich gewesen, und welche Folgen hat das?
Ich sage noch mal, hier ist zum Teil auch behauptet worden: Da hat sich der Finanzminister ins eigene Knie geschossen, weil er einen Datenträger erworben hat oder hat erwerben lassen, der am Ende auch eine landeseigene Bank mit betrifft. Aber das empfinde bei Weitem nicht so. Im Gegenteil, ich habe immer gesagt: Es gibt keinen Unterschied. Das hätte ja im Umkehrschluss bedeuten müssen, dass man es hätte sein lassen sollen, zu weitergehenden Ermittlungen – auch über Datenträger – kommen zu wollen, weil die Gefahr bestehen könnte, dass man sein eigenes Unternehmen und seine Geschichte sozusagen mit in diese Sache hineinzieht. Das ist nicht mein Ziel gewesen, noch ist es jetzt das Ergebnis.
Vielen Dank, Herr Minister. – Es ist jetzt 20:37 Uhr. Wir werden diese Fragestunde natürlich sauber zu Ende abarbeiten. Ich darf vielleicht noch einmal daran erinnern, dass die Fragen nicht unterteilt gestellt werden dürfen. Sie dürfen nur auf den Gegenstand bezogen und kurz sein. Vielleicht kann man auch die Antworten ein bisschen knapper organisieren, …
wir ja alle bis Mitternacht geplant. Also können wir auch so verfahren. – Seine erste Frage zu diesem Komplex stellt jetzt Herr Terhaag.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich glaube, die Frage ist relativ schnell zu beantworten. Denn in Folge der gravierenden Anhaltspunkte, die es zu den vorwerfbaren steuerlichen Handlungen bei den Aktiendeals ja gibt, liegt jetzt bei der Portigon kein testierter Jahresabschluss für das Jahr 2016 innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist vor.
Meine Frage an Sie lautet jetzt: Bis zu welchem Termin wird die Portigon AG einen korrekten Jahresabschluss 2016 vorlegen und veröffentlichen?
Nach den Ankündigungen, die in der letzten Woche auch vom Aufsichtsratsvorsitzenden gemacht worden sind, wird das irgendwann in der Jahresmitte – meiner Meinung nach maximal bis Juli – der Fall sein, und es wird auch mit den gesetzlichen Fristen in Übereinstimmung stehen. Es kann allerdings sein, dass aufgrund der gesetzlichen Fristen dann immer noch ein Jahresabschluss notwendig ist. Der muss gemacht werden und wird dann auch gemacht werden, obwohl dann eventuell noch nicht alle Erkenntnisse, die notwendig sind, gewonnen worden sind. Das muss man sich dann angucken.
Vielen Dank, Herr Präsident, für die Gelegenheit zur Nachfrage. – Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans, wir haben uns in der Vergangenheit häufig über die Wahrnehmung von Führungsverantwortung in Landesunternehmen unterhalten. Das geschah nämlich immer dann, wenn auch einmal etwas schiefging und wenn es Skandale gab. Deshalb kennen Sie unsere Haltung: Von hochdotierten Führungskräften muss man auch im Falle grober Fehlleistungen die Übernahme von Verantwortung einfordern. Das gebietet auch der faire Umgang mit dem Steuerzahler. Deshalb die Frage an Sie: Werden Sie als Finanzminister – falls sich die gravierenden Vorwürfe bei der Portigon AG letztlich bestätigen – die verantwortlichen Manager der WestLB sowie auch die Vorstände für die Vorgänge in Regress nehmen bzw. zur Rechenschaft ziehen, wenn sich das alles so bewahrheitet?
Es geht ausdrücklich nicht um die jetzt handelnden Personen, sondern um frühere Personen. Dass die in die
Ermittlungen mit einbezogen sind, hat der Aufsichtsratsvorsitzende, als er sich öffentlich dazu äußerte, schon gesagt. Das heißt, die Ermittlungen beziehen sich nicht nur auf das Unternehmen, sondern auch auf handelnde Personen. Dann werden daraus natürlich auch Schlüsse zu ziehen sein.
Danke schön, Herr Minister. – Herr Nückel hat das Wort zu seiner zweiten und letzten Frage. Bitte, Herr Nückel.
Vielen Dank. – Die Untersuchungen von Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft haben ja erst nach einschlägiger bundesweiter Medienberichterstattung stattgefunden. Die Landesregierung war aber, glaube ich, schon zwei Jahre vorher von der FDP-Landtagsfraktion auf die Probleme bei der Portigon AG hingewiesen worden. Meine Frage an Sie ist deswegen: Warum sind Sie nicht selber schon Jahre zuvor als Eigentümervertreter auf die Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft mit der Bitte zugegangen, die Vorgänge bei der WestLB unter die Lupe zu nehmen?
Ich weiß, als dieses Thema aufkam, sind auch die entsprechenden Fragen gegenüber der Portigon gestellt worden. Es war zu diesem Zeitpunkt nicht so – das kann ich jetzt nur noch einmal auf Herrn Witzel beziehen –, dass man automatisch davon ausging, dass alles, was es da an Gerüchten und Hinweisen auf dem Markt gab, zwangsläufig auch die WestLB betroffen haben muss. Möglicherweise ist es in diesem konkreten Fall so. Dann haben Sie recht gehabt, dann stimmt es.
Es gab aber jedenfalls – ich würde es jetzt einmal so sagen – immer im Rahmen dessen, was man vertreten konnte, auch Nachfragen. Ich möchte jetzt nicht aus jeder einzelnen Aufsichtsratssitzung berichten. Es gibt aber protokollarische Hinweise und Zeugen genug, die wissen, welche Position ich in vielen dieser Aufsichtsratssitzungen eingenommen habe. Das habe ich auch an die Adresse einzelner Vorstandsmitglieder gerichtet. Dabei ging es um Fragen zu der Vergangenheit und zu all diesen Dingen. Es ist also sicher nicht so gewesen, dass das Thema da verschwiegen, unter den Tisch gekehrt worden ist. Nur gibt es keine handhabbaren Hinweise über die Untersuchungen aus dem Unternehmen, sondern über die Untersuchungen, die die Steuerfahndung und am Ende die Staatsanwaltschaft vorgenommen haben.
Herr Minister, Sie haben eben gesagt, die Vorlage des Geschäftsberichts sei verschoben worden. Daraus könne man aber nicht ableiten, dass da etwas dran ist. Nach menschlichem Ermessen aber – aliquid haeret – muss da wenigstens so viel dran sein, dass er wenigstens verschoben worden ist.
Der zweite Punkt ist: Sie haben gesagt, es hätte 2007 einen Vorstandsbeschluss „Schluss mit Cum-Ex-Geschäften“ gegeben. Wenn ich annehme, dass 2007 Schluss mit Cum-Ex-Geschäften – so es sie denn gab – war, muss ich ja als Finanzminister doch eine Kalkulation aufstellen und mich fragen: Wie teuer kann es denn für das Land werden, wenn – bis 2007 – da etwas dran ist?
Natürlich ist die Frage berechtigt. Sie wissen aber auch ganz genau, dass man bei einer ganzen Reihe von Dingen mit Gerüchten und Schätzungen, die sich hinterher als haltlos erweisen sollten, enorme Wirkungen auslösen könnte, die ich dann jedenfalls nicht vertreten möchte.
Ich kann Ihnen jetzt also noch einmal sagen: Die haben 2007 nicht beschlossen, dass Schluss mit CumEx-Geschäften sein soll, weil die vermutlich damals noch nicht einmal so hießen. Vielmehr ging es um die Frage, die damals gemachten Arbitragegeschäfte zu beenden. Daraus ergibt sich die Frage: Ist ein solcher Beschluss, in der Geschäftspolitik etwas zu ändern, möglicherweise auch Gegenstand einer Aufsichtsratssitzung gewesen, ja oder nein? Das kann ich jetzt im Augenblick nicht beurteilen. Das wird aber auch Gegenstand der weitergehenden Ermittlungen sein, eben auch im Zusammenhang mit der Frage: Wer ist denn außer dem Unternehmen als Ganzem möglicherweise auch verantwortlich?
Der zweite Punkt ist: Die Tatsache, dass 2007 dieser Beschluss gefasst worden ist, hat dazu geführt, dass die Kennziffern, insbesondere was Kapitalertragsteuern anging, ab 2007 in vielen Bereichen ein deutliches Stück niedriger waren als in der Vergangenheit, was nicht heißt, dass alles, was in der Vergangenheit war, deshalb Arbitrage-Geschäft gewesen ist. Es gab auch damals Hinweise auf eine ganze Reihe großer Transaktionen, die überhaupt nicht in dem Verdacht standen, deswegen etwas mit dieser Art der Geschäftspraxis zu tun zu haben.
Tatsache ist nur, weil jetzt die Ermittlungen auch ein Stück auf der Zeitachse nach vorne ausgedehnt worden sind und es da auch um größere Kennziffern ging, muss man sich jetzt genau angucken: Was ist da möglicherweise dran? Da jetzt zu mutmaßen und zu sagen: „Ist das 50 % dessen, was da ausgewiesen worden ist, was möglicherweise – ich will es mal so sagen – toxisch ist, oder sind es 10 % oder 5 %?“, dazu würde ich jetzt nie eine Aussage wagen, weil
das eine Unterstellung gegenüber der Bank wäre, die dann auch wirklich Folgen haben könnte. Deswegen geht es jetzt darum, dass die untersuchen, ob diese größeren Zahlen etwas mit diesem Sachverhalt zu tun hatten und in welcher Weise welcher Anteil davon sich letztendlich auf diesen Geschäftsbericht auswirken kann.
Insofern ist das zunächst einmal alles im Rahmen dessen, was die Bank als Abwicklungspolster ohnehin hat. Und alles Weitere wird man sich dann angucken müssen. Tatsache ist nur, dass die Bank jetzt richtigerweise sagt: Es können sich die Zahlen ändern. Und diese veränderten Zahlen wollen wir bis Mitte des Jahres oder bis Juli, August dann ausweisen.