Sie sprechen von zahlreichen Schilderungen der Praxisprobleme und haben bis heute weder Ross noch Reiter genannt.
Kurz und gut: Das Tariftreue- und Vergabegesetz sieht nach spätestens vier Jahren eine Evaluierung vor. Dies ist Ihnen mehrfach in der Vergangenheit mitgeteilt und schon jetzt nach zwei Jahren auf den Weg gebracht worden, im Übrigen in Verbindung mit der Konnexität, die wir dort gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden geregelt haben. – Dagegen werden Sie sicherlich nichts haben.
Eins werden wir gewiss nicht machen: Die Ziele und die Inhalte dieses für Nordrhein-Westfalen guten Gesetzes mit einem Handstreich wegwischen. Eine derartige Praxis, wie Sie sie wollen, hat nicht nur unsoziale Folgen für die Beschäftigten; sie gefähr
det auch in erheblichem Maße die Wettbewerbsposition derjenigen Unternehmen, die tarifgebundene Arbeitsplätze anbieten.
Fairer Wettbewerb, Sozialstandards, ordentliche Löhne – daran halten wir fest. Und wo nötig, dann auch gerne vereinfacht, wo es uns die Evaluierung mit auf den Weg gibt.
Ihr Antrag ist trotz aller Beteuerungen, dass Sie gleiche Ziele haben, abzulehnen, da Sie Ihren guten Beteuerungen keine Taten folgen lassen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Abgeordnete Schneckenburger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte zum Tariftreue- und Vergabegesetz hier im Hause ist nicht die erste Debatte, die wir führen, sondern eine, die sich an zahlreiche andere reiht.
Herr Bombis, Sie haben mit den Worten „Wie lange noch, wie lange noch?“ eingeleitet. Ich kann gut verstehen, dass die FDP sich hier im Hause fragt „Wie lange noch, wie lange noch?“
Zum Thema Vergabegesetz, Herr Bombis: Es ist mitnichten so, wie Sie oder auch Herr Spiecker behauptet haben, dass das Gesetz von dem EuGH für unrechtmäßig erklärt worden ist. Das EuGH hat vielmehr zu einem ganz spezifischem Punkt, zu einer ganz spezifischen Frage geurteilt, nämlich: Darf ein nordrhein-westfälisches Vergabegesetz Unternehmen im Ausland dazu verpflichten, den in Nordrhein-Westfalen festgelegten Mindestlohn zu zahlen? – Das betrifft ungefähr 3 % der Vergabefälle. Und für diese 3 % der Vergabefälle ist festgestellt worden, dass dies nicht geht. Es geht aber für alle anderen 97 % der Aufträge, die in NordrheinWestfalen und in der Bundesrepublik vergeben werden.
Warum haben wir das Tariftreue- und Vergabegesetz als rot-grüne Landesregierung, als Koalition gemacht? – Wir haben es deswegen geschaffen, weil wir unfairen Wettbewerb zwischen Unternehmen verhindern wollen. Wir wollten eben verhindern, dass Schmutzkonkurrenz aus dem Ausland unter den Bedingungen, die ein gutes nordrheinwestfälisches Handwerksunternehmen beispielsweise bietet, seine Arbeit hier anbieten kann. Wir
wollten die heimischen Unternehmen schützen vor Schmutzkonkurrenz, wir wollten dafür sorgen, dass faire Bedingungen dann herrschen, wenn öffentliches Geld vergeben wird. Das gilt einerseits für internationale Standards, das gilt aber auch für ein faires Entgelt, nämlich Tariftreue und Mindestlohn. Und wir wollten …
Und wir wollten gleichzeitig dafür sorgen, dass bei Anschaffungen nicht nur die Frage der Kosten, sondern auch die Wirtschaftlichkeit eines Produktes im Vordergrund steht. Das heißt, dass die öffentliche Hand jetzt über den Lebenszyklus schauen muss: Was kostet mich dieses Produkt? Wie hoch sind die Energiekosten? Ist das eingepreist?
Sehr geehrte Frau Kollegin Schneckenburger. Sie sagten gerade, es geht hier nur um 3 % der Aufträge, die von diesem Urteil betroffen seien. Ist Ihnen denn bekannt, dass es auch noch weitere Urteile von anderen Gerichten gibt? Es gibt nämlich ein Urteil des OLG Düsseldorf, das die ÖPNV-Aufgabenträger wirklich mit drastischen Hinweisen ermuntert, sich über die Vorgaben von Arbeitsminister Schneider im Rahmen dieses Tariftreue- und Vergabegesetzes hinwegzusetzen. Ist Ihnen das bekannt?
Herr Rehbaum, mir ist auch dieses Urteil bekannt. Es betrifft einen anderen Teil des Tariftreue- und Vergabegesetzes.
Das ist auch nicht ausgeurteilt. – Ist es denn Ihnen umgekehrt bekannt, Herr Rehbaum – jetzt frage ich einfach mal zurück –,
eine Richtlinie verabschiedet, die sehr eng an der Richtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen liegt. Ist Ihnen zweitens bekannt, dass diese europäische Richtlinie in nationales Recht übersetzt werden muss und dass auch diese nationale Übersetzung sehr eng am Gesetz des Landes NordrheinWestfalen liegt, weil das Gesetz des Landes bereits im Lichte dieser europäischen Richtlinie verabschiedet worden ist?
Ich denke, damit ist auch umgekehrt geklärt, dass es einen gemeinsamen politischen Willen über die Ebenen hinweg gibt, Vergabe an ökologischen und sozialen Kriterien und auch an fairen Arbeitsbedingungen auszugestalten.
Frau Schneckenburger, es gibt eine weitere Zwischenfrage, und zwar vom Kollegen Schmeltzer. Würden Sie die zulassen?
Ich möchte den Faden des Kollegen Rehbaum aufnehmen und frage Sie, Frau Kollegin Schneckenburger: Ist Ihnen bekannt, dass es in einem von der CDU geführten Bundesland einen Gesetzentwurf der Landesregierung gibt, der eben genau die ÖPNV-Regelungen, die wir hier im Tariftreue- und Vergabegesetz haben, übernimmt?
Herzlichen Dank für diese Frage, Herr Schmeltzer. Auf diesen Punkt wäre ich gerne noch zu sprechen gekommen, wenn ich mich mit dem Kollegen Spiecker auseinandergesetzt hätte.
Es ist nicht nur das. Ich weiß nicht, ob es der CDU bekannt ist, dass in Hessen der Entwurf eines Tariftreue- und Vergabegesetzes vorliegt, der nicht nur diesen Aspekt beinhaltet, sondern der auch auf zwei weitere Punkte im Vergabeprozess abstellt, die nach Ihrem Vorschlag in Nordrhein-Westfalen abgeschafft werden sollen, nämlich auf die Einhaltung der Tariftreue, die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns, und des Weiteren auf faire und soziale Arbeitsbedingungen. Was für die CDU in Hessen möglich ist, ist also für die CDU in Nordrhein-Westfalen Teufelszeug.
Man muss einmal erklären, warum das so ist. Ist die hessische CDU klüger, oder ist sie nur befreit von der FDP? Man weiß es nicht genau.
Die Evaluation des Tariftreue- und Vergabegesetzes hat begonnen. Sie hat sogar vorzeitig begonnen, um sehr nah an der praktischen Umsetzung zu sein.
Ich will aber auch noch einmal betonen, dass das, was Sie hier vortragen, nämlich dass das Gesetz bürokratielastig sei – das sei beispielsweise am Kreis Steinfurt belegt –, von den Kommunen nicht geteilt wird. Die Antwort der Kommune lautet: Wir kommen mit diesem Gesetz gut klar; wir haben keinen erhöhten Bürokratieaufwand. Wir haben eine Vergabeabteilung mit demselben personellen Umfang wie bislang, und wir sind in der Lage, dieses Gesetz umzusetzen.
Wir sind auch gern bereit, uns andere Hinweise anzuhören – sofern sie denn eintreffen. Aber das sei nur noch einmal in Ihre Richtung gesagt: Die Bürokratielastigkeit ist kommunal nicht belegt. – Danke schön.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Nach nicht einmal einem Jahr sprechen wir im Landtag NRW wieder über das Tariftreue- und Vergabegesetz,