Protokoll der Sitzung vom 29.08.2008

Es stimmt uns alle sehr missmutig, dass wir uns permanent mit den rechtswidrigen Bescheiden auseinandersetzen müssen. Dies ist eine Zumutung sowohl für die Hilfeempfänger als auch für die Sozialgerichte. Wir sehen nur eine Chance darin, dass es ein einheitlicheres Verfahren innerhalb der ARGEN gibt. Wir hatten dort immer extreme Personalfluktuationen, und dort wurden immer ungelernte Kräfte eingestellt. Ich glaube, wenn sich dies verändert, haben wir auch eine Chance, zu einer einheitlichen Rechtsanwendung zu kommen, die tatsächlich gerichtstauglich ist.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Maximini.

Frau Ministerin, Neuorganisationen haben oft auch mit Standortfragen zu tun. Sind durch die Neuorganisation eventuelle Standortänderungen angedacht?

Nein, Herr Abgeordneter Maximini. Es sollte eigentlich so sein, dass die ARGEN dort, wo sie derzeit sind, auch bleiben und dass sie lediglich auf einer anderen rechtlichen Grundlage und unter besseren Bedingungen arbeiten.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Thelen.

Frau Ministerin, Sie haben bei den Problemfeldern, die noch einzelgesetzlich zu regeln und in den Griff zu be

kommen sind, auch das Thema der eindeutigen Kompetenzfestlegungen angesprochen. Handelt es sich dabei um den Problemfall, den wir schon häufiger diskutiert haben, dass auch in den ARGEN aufgrund mannigfaltiger Dienstanweisungen manche gesetzlichen Bestimmungen in ihrer Anwendung sehr eingeengt sind, d. h., Ermessensspielräume durch die Mitarbeiter gar nicht mehr in dem Maße wahrgenommen werden können, wie dies der Gesetzgeber eigentlich eröffnet hat, um einem individuellen Einzelfall gerecht werden zu können? Können wir das Thema der Dienstanweisungen irgendwie in den Griff bekommen?

Frau Abgeordnete Thelen, das ist auf jeden Fall das Ziel; denn es kann nicht sein, dass die Dienstanweisungen mehr Bedeutung haben als der gesetzliche Rahmen. Natürlich wird man daran arbeiten. Das Problem wird sich aber sehr schnell lösen, wenn wir gesetzlich das Ziel umsetzen können, Personalhoheit, Aufsicht und das Verfahren genauer zu bestimmen.

Man muss seitens der Abgeordneten auch darauf achten, was derzeit mit dem Instrumentarium im SGB II passiert.

Das wird zurzeit verändert. Es gibt Vorstellungen, dass es ähnlich wie das Instrumentarium im SGB III sein könnte. Es wird nicht berücksichtigt, dass man es teilweise mit völlig anderen Menschen zu tun hat. Das ist ein Problem. An dem arbeiten wir zurzeit. Wir versuchen Einfluss geltend zu machen, weil das die Instrumente sind, mit denen die ARGEN in der Zukunft arbeiten werden. Insofern spielt in diesem Bereich auch die Reform der Instrumente eine Rolle.

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Frau Kollegin SahlerFesel das Wort.

Frau Ministerin, die Landesregierung versucht immer, die Kommunen mit ins Boot zu nehmen. Wie beurteilen die kommunalen Vertretungen wie der Landkreistag und der Städtetag den Beschluss auch im Hinblick auf den Fortbestand der Optionskommunen?

Ich würde sagen, die Spitzenverbände haben das Votum positiv beurteilt. Das gilt mit Sicherheit für den Landkreistag. Der Städtebund hat eine etwas abwartende Haltung. Er ist auf jeden Fall froh, dass keine Öffnung in Richtung Totaloption erfolgt. Er betrachtet die Entwicklung nach wie vor mit Skepsis, wie sich die ARGE weiterentwickelt. Er ist insgesamt mit dem Ergebnis und der

Tatsche zufrieden, dass wir uns auf diesem Weg befinden.

Wir haben auch viele Rückmeldungen von Landräten und Landrätinnen sowie Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern, die sich sehr positiv diesem Beschluss gegenüber geäußert haben. Wir hoffen, dass die Mitwirkung ähnlich wie in der Vergangenheit laufen wird.

Es war ein Gesamtwerk seitens der kommunalen Spitzenverbände, der Länder und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dass es überhaupt zu dieser Entscheidung gekommen ist. Eine wichtige Voraussetzung war auch, dass sich der Landkreistag und der Städtetag nicht wieder verkracht haben, um zu einem einheitlichen Beschluss zu kommen. Das ist eine Voraussetzung für den Rest des Weges.

Ich erteile Herrn Dröscher für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben von der Weiterentwicklung der Instrumente gesprochen. Ist in diesem Zusammenhang an die Einrichtung einer Art „Clearingstelle“ in Richtung einer weitgehend objektiven Beratung der Antragsteller und Berechtigten gedacht? Das ist ein Problem, das ich mit Blick auf die Praxis besonders sehe.

Ich habe es nicht im Gedächtnis. Es wird darüber gestritten, wer in Zukunft die Entscheidung trifft, wer erwerbsfähig ist und wer nicht. Das wird diskutiert. Das wollen wir nicht der Bundesagentur für Arbeit überlassen, weil dann klar ist, wie das Ergebnis aussieht. Im Weg dieser Umstrukturierung wird auch darüber diskutiert.

Von einer Clearingstelle weiß ich nichts. Das kann ich nur mitnehmen.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, damit ist die Mündliche Anfrage Nummer 8 beantwortet.

(Beifall der SPD)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Alexander Licht und Dr. Peter Enders (CDU), Notarztversorgung – Nummer 9 der Drucksache 15/2561 – betreffend, auf.

Ich erteile Herrn Kollegen Licht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht um die Notarztversorgung im Allgemeinen und im Speziellen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die notärztliche Versorgung insbesondere in den ländlichen Räumen in Rheinland-Pfalz vor dem Hintergrund aktueller Proteste der Bevölkerung in Morbach gegen den Wegfall des dortigen Notarztdienstes?

2. Inwiefern kann eine Versorgung aus entfernten Nachbarstandorten ein adäquater Ersatz für einen weggefallenen Notarztstandort, wie z. B. in Morbach, sein?

3. Inwieweit hält die Landesregierung die im Rettungsdienstplan vorgesehene Frist von längstens 30 Minuten bis zum Eintreffen des Notarztes an der Einsatzstelle für ausreichend?

4. Was unternimmt die Landesregierung, um der Bevölkerung in ländlichen Räumen und aktuell insbesondere in Morbach ihre Sorgen vor zu langen Wartezeiten auf das Eintreffen des Notarztes zu nehmen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Bruch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Alexander Licht und Dr. Peter Enders wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: Die notärztliche Versorgung der Gemeinde Morbach funktioniert. Eine Überprüfung der Einsätze von Januar bis März 2008 ergab, dass bei insgesamt 34 Einsätzen eine Durchschnittseintreffzeit von 15,5 Minuten erreicht wurde.

In Morbach geht es darum, zusätzlich zu der vorhandenen Notarztversorgung eine Versorgung durch die dort ansässigen niedergelassenen Ärzte zu erhalten. Ein Arzt versah früher neben seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt zeitweise auch einen Notarztdienst. Im Einsatzfall erhielt er die dafür geltende Notarztpauschale. Dieser Arzt hat seine Tätigkeit als zeitweiser Notarzt in Morbach eingestellt.

Die jetzt in Morbach tätigen niedergelassenen Ärzte wollen, wenn sie mitwirken würden, zusätzlich eine Stundenentlohnung für die Bereitschaftszeit. Da die notärztliche Versorgung gewährleistet ist, bedarf es aus Sicht der Kostenträger und des Innenministeriums dieser besonderen Bereitschaft nicht. Wenn die Gemeinde dies jedoch unbedingt haben möchte, muss man sich über

die Kostenfrage unterhalten. Die Gemeinde muss die Kosten tragen.

Der zuständigen Rettungsdienstbehörde ist es nicht möglich, in jedem größeren Ort einen Notarzt zu stationieren. Es ist vielmehr so, dass die Notarztstandorte in aller Regel – da gibt es nur eine Ausnahme, nämlich in Senheim an der Mosel – an die Krankenhäuser angegliedert wurden.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass selbst die Stadt Mainz mit einem großen Umland und rund 200.000 Einwohnern nur über einen Notarztstandort verfügt.

Ganz allgemein zur notärztlichen Versorgung in ländlichen Räumen in Rheinland-Pfalz ist klar und eindeutig zu sagen, dass es Probleme gibt. Diese Probleme sind sehr vielschichtig und werden zurzeit in verschiedenen Expertenrunden beleuchtet und bewertet. Das Ergebnis warte ich ab. Danach ist darüber zu entscheiden.

Zu Frage 3: Im Landesrettungsdienstplan RheinlandPfalz heißt es, der Einsatz einer Notärztin oder eines Notarztes soll schnellstmöglich erfolgen. Der Nachfolgesatz, auf den Sie sich in Ihrer Anfrage beziehen, eine Notärztin oder ein Notarzt soll in der Regel spätestens nach 30 Minuten an der Einsatzstelle sein, entstammt unserem Konzept zur notärztlichen Versorgung aus dem Jahr 2003. Es dient dazu, das Rettungsdienstpersonal dazu zu veranlassen, andere Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Notarzt nicht erreichbar ist oder bei einem Paralleleinsatz ist. Das kommt öfter vor.

Diese Regelung ist bisher ausreichend, zumal sichergestellt ist, dass fachkundiges Rettungsdienstpersonal, das durchaus in der Lage ist, Maßnamen bei einer Vitalgefährdung, also Lebensgefährdung, richtig anzuwenden, spätestens nach 15 Minuten – das ist unsere Zeit – eintrifft. Nach 15 Minuten muss ein Rettungsmittel da sein. Das ist gewährleistet.

Zu Frage 4: Bei der Problemlösung vor Ort sind in erster Linie die zuständigen Behörden für den Rettungsdienst anzusprechen. Im Bereich Morbach ist der zuständige Leiter der zuständigen Behörde der jeweilige Landrat des Kreises Trier-Saarburg. Wir haben das im Land verteilt.

Unabhängig davon berät und unterstützt das Ministerium sowohl die zuständigen Behörden, die Krankenhäuser, die den Notarzt stellen, als auch die Kostenträger in dieser Frage. Ich möchte dabei ganz besonders herausstellen, dass es bei dieser Notarztproblematik nicht in erster Linie um monetäre, also finanzielle Probleme geht, sondern dass es personelle Probleme sein können, in Krankenhäusern möglicherweise nicht vorhandene Ärzte mit entsprechender Qualifikation. Bei kleineren Krankenhäusern im ländlichen Bereich kommt das ab und zu vor.

Die von mir eingerichtete neue Arbeitsgruppe „Notarzt“ mit dem Ziel der Erreichung der grenzenlosen und flächendeckenden Versorgung mit notärztlichen Leistungen kümmert sich darum.

Maßnahmen, die in erster Linie von der Gemeinde Morbach initiiert wurden, sind in der Sache eher nicht hilfreich. Themen wie der Rettungsdienst und die dazugehörige Notarztversorgung behandele ich mit größter Sorgfalt, damit im Notfall alles geregelt ist und im Notfall bestmöglich geholfen werden kann. Darum bemühen wir uns nach Kräften.

Zu dieser Sorgfalt gehört sicherlich auch, dass wir insgesamt jeder an seiner Stelle nicht ein Bild darstellen, dass wir gewährleisten könnten, dass an jeder Stelle dieses Landes zu jeder Zeit ein Notarzt verfügbar sein würde. Das wird niemand schaffen.

So weit meine Antwort.

Eine erste Zusatzfrage von Frau Kollegin Anklam-Trapp.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, ob vor dem aktuellen Hintergrund in Morbach zu einem konkreten Ereignis nicht in vorgegebener Zeit das Eintreffen von Rettungsdienst oder Notarzt erfolgt ist?

In der letzten Zeit ist mir nichts bekannt. Es wird kolportiert, dass es einen Fall gebe. Unsere Nachforschungen haben aber ergeben, dass es diesen Fall nicht gibt, wo ein Patient angeblich über eine Stunde gewartet hätte. Wir haben einmal nachgeprüft, in dem Zeitraum, in dem die 34 Notarzteinsätze waren, kamen 14 vom Notarztstandort Bernkastel, 18 von der Luftrettung und zwei von niedergelassenen Ärzten. Diese 34 Einsätze wurden alle in einer Frist weit unter 30 Minuten abgewickelt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Licht.