Protokoll der Sitzung vom 29.08.2008

2. Welche Verbesserungsmöglichkeiten in den Arbeitsstrukturen zur Optimierung der Arbeitsabläufe in der Verwaltung und der Zusammenarbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit, Ländern und Kommunen sieht die Landesregierung?

3. Inwieweit verbessert sich aus Sicht der Landesregierung durch diese Einigung die Situation der Mitarbeiter der ARGEN in Rheinland-Pfalz?

(Unruhe im Hause)

Damit die Ministerin antworten kann, bitte ich doch etwas um Ruhe.

Frau Ministerin Dreyer, bitte schön.

Vielen Dank.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrten Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse und Jutta Steinruck beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Mit dem einvernehmlichen Beschluss aller Länder bei der Sonderkonferenz der Arbeits- und Sozialminister am 14. Juli 2008 konnten die Fortführung der Arbeitsgemeinschaften und der Fortbestand der Optionskommunen gesichert werden. Das ist ein großer Erfolg.

Ich möchte nicht verschweigen, dass die Einigung schwierig war und wir lange geprüft und um die beste Lösung gerungen haben. Umso erfreulicher ist es, dass wir auf der Basis eines rheinland-pfälzischen Vorschlags zu einem einstimmigen Beschluss gekommen sind.

Die Empfehlung der Arbeits- und Sozialminister sieht vor, die künftige Aufgabenträgerschaft am bisherigen Modell der Arbeitsgemeinschaften zu orientieren und durch eine Verfassungsänderung abzusichern. In Ergänzung dazu sind einfachgesetzliche Anpassungen vorgesehen, die die bestehenden Reibungsverluste bei der Arbeit der Arbeitsgemeinschaften perspektivisch lösen können.

Auch die Frage nach der Zukunft der Optionskommunen ist durch den Beschluss, die bestehenden Optionskommunen zu sichern und fortzusetzen, beantwortet. In Rheinland-Pfalz können die Optionskommunen in den Landkreisen Südwestpfalz und Vulkaneifel demnach ihre gute Arbeit fortsetzen.

Wir haben also die Chance, die Mischverwaltung, die vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar erklärt wurde, auf verfassungsrechtlich gesicherte Füße zu stellen und so den Grundgedanken der arbeitsmarktpolitischen Reformen von 2005, nämlich die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, als Hilfe aus einer Hand mit dem Willen aller Länder zu erhalten.

Die gefundene Lösung ist nach meiner Überzeugung für alle Beteiligten, vor allem für die betroffenen Bürger und Bürgerinnen, die beste. Sie werden auch weiterhin nur einen Ansprechpartner haben, sodass bürokratischer Mehraufwand erspart bleibt.

Das Engagement der Landesregierung ist mit der gefundenen einvernehmlichen Lösung nicht beendet. Auch die jetzt anstehende Umsetzung, der Entwurf der Verfassungsänderung und die einfachgesetzlichen Regelungen werden wir aktiv begleiten.

Zu Frage 2: Verbesserungspotenziale können genutzt werden, wenn es gelingt, Doppelzuständigkeiten aufzulösen und klare transparente Aufsichtsstrukturen zu

implementieren. Anknüpfungspunkt dafür sind die vorgesehenen und nunmehr mit Leben zu füllenden, einfachgesetzlichen Anpassungen im SGB II.

Ziel ist es, Reibungsverluste in der Zusammenarbeit der Träger in den ARGEN künftig auszuräumen und die Arbeit vor Ort zu erleichtern. Nach meinem Dafürhalten kann das erreicht werden, wenn wir bei der gesetzlichen Verankerung der Dienstherrenfähigkeit der ARGEN, der Festlegung des Kompetenzumfangs und der Aufsichtsrechte der Träger oder aber bei datenschutzrechtlichen Fragen eine ebenso einvernehmliche Lösung finden, wie das am 14. Juli 2008 gelungen ist.

Zu Frage 3: Die ARGEN beklagen seit der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Dezember 2007 einen hohen Personalabgang. Mit dem Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz ist es gelungen, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der ARGEN ein Stück der Verunsicherung zu nehmen.

Besonders erfreulich ist dabei, dass ein deutliches Zeichen für die Beschäftigten der ARGEN gesetzt werden konnte, ein Zeichen für mehr Sicherheit im Hinblick auf ihre unmittelbare berufliche Zukunft, aber auch ein Zeichen für die Fortführung ihrer guten und erfolgreichen Arbeit.

Darüber hinaus bietet die Einigung auch die bereits erwähnte Möglichkeit, gesetzliche Anpassungen im SGB II vorzunehmen. Besonders die Begründung der Dienstherrenfähigkeit für die ARGEN, aber auch die Schaffung eines einheitlichen Personalkörpers und einer einheitlichen Personalvertretung stellen für die Beschäftigten eine wesentliche Verbesserung zum Status quo dar.

In den kommenden Wochen wird es nun darum gehen, sich gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den anderen Ländern auf einen Gesetzentwurf zu verständigen, der dem Ergebnis des Beschlusses gerecht wird.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dr. Schmitz.

Frau Ministerin, unabhängig von den Verfassungsänderungen, die die ARGEN im Grunde in ihren Strukturen stabilisieren, werden Probleme beschrieben, von denen ich wissen möchte, ob sich das in Rheinland-Pfalz auch so darstellt, insbesondere ob es tatsächlich so ist, dass die Gehälter der Kommunalbeschäftigten und der bei der Bundesagentur für Arbeit Beschäftigten nach wie vor deutliche Unterschiede aufweisen? Welche Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter sehen Sie darin, wenn es zutrifft? Welche Möglichkeiten sehen Sie, Abhilfe zu schaffen?

Herr Abgeordneter Dr. Schmitz, das ist Realität. Wir haben in den ARGEN zwei unterschiedliche Dienstherren mit allem, was damit zusammenhängt, inklusive unterschiedlicher Bezahlung und Eingruppierungen.

Vor Ort war das immer ein ganz großes Problem, auch dass es keine personalrechtliche Vertretung und ähnliche Dinge gab.

Man kann eigentlich bis heute nur den Kolleginnen und Kollegen vor Ort ein großes Kompliment machen, dass sie sich trotz allem zusammengerauft und die Arbeit dort sehr gut erledigt haben. Deshalb ist ein großes Ziel – dies wird aber gleichwohl noch eine Herkulesaufgabe –, einen einheitlichen Personalkörper, eine einheitliche Aufsicht und damit auch einheitliche Verfahren im Umgang mit Personal herzustellen. Dies ist auch im Beschluss der Arbeits- und Sozialminister so festgehalten. Wir arbeiten momentan daran, aber es kann in Zukunft eigentlich nur so funktionieren, dass es einen Dienstherrn gibt und gleiche Regeln für alle gelten. Es ist derzeit das große Ziel, sozusagen auf der Ebene unterhalb der Verfassung so zu agieren.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thelen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich kann 98 % dieses Beschlusses nur unterstützen; denn ich glaube, er ist im Sinne der Aufgabenwahrnehmung und im Sinne der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Mich würde interessieren, ob das Thema „Optionskommunen“ auch mit der Maßgabe diskutiert wurde, gegebenenfalls die Zahl zu erhöhen oder eine Öffnungsklausel mit hinein zu nehmen, und weshalb man aus meiner Sicht nur bei der Festschreibung der bestehenden Optionskommunen geblieben ist.

Es gibt einen eindeutigen Beschluss, einen 16 : 0-Beschluss der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister – dies war auch eine Voraussetzung dafür, dass dieser einheitliche Beschluss überhaupt zustande kommen konnte – zur Festschreibung der bestehenden Kommunen. Die einzige Ausnahme ist dort zugelassen, wo Gebietsreformen stattfinden und sich aufgrund dessen die Struktur des jeweils zuständigen Gebiets verändert. Dort stellt sich gegebenenfalls die Frage neu, ob die ehemalige ARGE oder die Optionskommune zuständig sein soll. Alles andere ist verhandelt und vereinbart.

Man muss ganz klar sagen, es war auch ein Entgegenkommen der unionsgeführten Länder in der Gesamtheit, da sie ein Interesse daran hatten, einen einheitlichen

Beschluss zu erzielen. Das Thema „ARGEN“ bzw. „Optionskommunen“ war dabei insbesondere auch mit der Bundesregierung durchaus ein Dauerstreitpunkt, wobei man klar sagen muss, die Bundesregierung hat an dieser Stelle aus meiner Sicht recht: Wenn wir dieses riesige Verfahren mit einer Verfassungsänderung und einer Neustrukturierung der ARGEN beginnen, kann es eigentlich nicht gewollt sein, dass sich daneben ein Parallelsystem entwickelt.

Wenn ich die Stimmung im Land einigermaßen richtig wahrnehme, ist der Drang nach Optionskommunen nur dort gegeben, wo das Chaos durch die Bundesagentur für Arbeit sehr groß ist. Wenn die Organisation tatsächlich gut gelingt, versprechen wir uns davon, dass damit das Thema „Optionskommunen“ ohnehin erledigt ist. Es gibt einen klaren Beschluss in diese Richtung.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Sahler-Fesel.

Frau Ministerin, meine Frage zielt ebenfalls auf den Bereich der Beschäftigten der ARGEN ab, die die direkt Betroffenen sind. Liegen Ihnen Einschätzungen oder vielleicht sogar Vorschläge von Geschäftsführern oder Geschäftsführerinnen der ARGEN zu dem geplanten Gesetzentwurf vor, was beispielsweise die Gestaltung anbelangt? Wie beabsichtigen Sie, die Geschäftsführung mit einzubinden, damit insbesondere vonseiten des Landes Rheinland-Pfalz die gemachten Erfahrungen auch im Gesetzentwurf ihren Niederschlag finden bzw. nicht noch einmal gemacht werden müssen?

Frau Abgeordnete Sahler-Fesel, wir stehen in engem Kontakt zu den Kommunen und zu den Geschäftsführungen der ARGEN. Sie waren in der letzten Woche bei Herrn Staatssekretär Habermann in unserem Ministerium. Wir hatten sie auch vorher angeschrieben und darum gebeten, Vorschläge aus ihrer Sicht zu unterbreiten. Dies alles ist auch erfolgt.

Man kann aber trotzdem sagen, alle Vorschläge gingen in die gleiche Richtung, die im Grunde genommen auch im Beschluss vorgegeben ist: Der Wunsch oder die Sehnsucht nach einem einheitlichen Personalkörper ist das Wichtigste und dass auch der Einfluss durch Verwaltungsvorschriften und Ähnliches durch die Bundesagentur für Arbeit zurückgeführt wird. Es besteht ein großer Konsens dahin gehend, dass man versuchen wird, dies auf der gesetzlichen Ebene zu regeln.

Uns war immer daran gelegen, dass wir im direkten Dialog mit den Partnern stehen. Die ARGEN sind auch in unserem Arbeitsmarktbeirat durch zwei Geschäftsführer vertreten. Wir arbeiten im Land Hand in Hand mit diesen Akteuren.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Ebli.

Frau Ministerin, meine Frage ging in eine ähnliche Richtung: In welcher Form sind Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der ARGEN in die zukünftige Entwicklung eingebunden? Wie werden Entwicklungen und Veränderungen kommuniziert?

Wir bleiben auch weiterhin im Dialog mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern. Die Einladungen werden auch in Zukunft fortgesetzt werden, und wir werden dies Hand in Hand mit den Geschäftsführern entsprechend umsetzen.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch einmal anmerken, es ist das erste Mal in sechs Jahren meines Ministerinnendaseins, dass ich eine Vielzahl von Briefen von den Geschäftsführern bekommen habe, die total glücklich über diese Entscheidung waren. Sie haben mitgeteilt, dass sie nun wieder mehr Sicherheit in ihrer eigenen Umgebung hätten, und die Mitarbeiter seien auch nicht mehr so aufgescheucht. Es gibt eine sehr konstruktive Haltung im Land, tatsächlich etwas Gutes daraus zu machen.

Ich sage aber auch ganz klar, es ist eine echte Herausforderung, dies gesetzlich so hinzubekommen, wie es uns allen vorschwebt. Wir sind gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung dabei, und im September sind die Länder zu einem gemeinsamen Treffen im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eingeladen. Im Herbst soll schon der erste Referentenentwurf vorgelegt werden. Alle Verfassungsrechtler haben alle Hände voll zu tun, dies gesetzlich fundiert hinzubekommen.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz.

Frau Ministerin, die Hartz-Gesetze und insbesondere die Gesetze um das Arbeitslosengeld II sind nun fast vier Jahre wirksam. Sie wissen, dass wir uns immer konstruktiv gezeigt und auch sehr viel Geduld bewiesen haben.

Aber wenn ich nun lese, dass die Klageflut, von der wir gemeinsam gehofft hatten, dass sie nach ca. einem Jahr abebben würde, immer noch größer wird, dann muss ich als Oppositionsabgeordneter fragen, bis wann man sich in der Lage sehen wird, diesen sehr komplizierten Rechtsbereich so zu regeln, dass er wirklich funktioniert.

Sie haben in Beantwortung einer Frage der Kollegin Frau Thelen gesagt, dass die Optionskommunen immer dort besonders wichtig werden, wo das Chaos der Bundesagentur für Arbeit besonders groß ist. Wer soll künftig nach Ihren Vorstellungen Dienstherr werden?

Es ist beschlossen worden, dass es eine Mischverwaltung geben soll, allerdings nur für diesen Bereich. Auch dies ist explizit gesagt worden, nicht, dass nun falsche Hoffnungen entstehen, im Grundgesetz würden demnächst Mischverwaltungen für alle möglichen Bereiche eingerichtet. Es wird die große Kunst sein, ein Rechtskonstrukt zu finden, in dem Bund und Länder ihren Einfluss geltend machen können, in dem es aber dennoch ganz klar Zuständigkeiten gibt, was die Dienstherrenfähigkeit gegenüber den ARGEN und die Verfahrensweisen anbelangt.