Protokoll der Sitzung vom 03.07.2015

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Ernst.

Herr Minister, warum wurden die Studie von Herrn Professor Dr. Kramer und die jetzige Literaturstudie nicht von Ihrem Ministerium, das für den Bahnlärm zuständig ist, sondern vom Ministerium für Landwirtschaft in Auftrag gegeben?

(Carsten Pörksen, SPD: Für Bahnlärm ist die Bahn zuständig!)

Sie hätten jetzt sagen müssen, vom Ministerium für Umwelt. Das wäre etwas genauer; denn die Gesundheitsfragen wie Bahnlärmgesundheit, Lärmgesundheit, Verkehrslärmgesundheit liegen zum Teil bei der Kollegin Höfken.

Ich darf Ihnen sagen, wir arbeiten vertrauensvoll, gut und eng miteinander.

Wenn Sie sich die Geschäftsordnung der Landesregierung anschauen, ist dort nachzulesen, dass es die unterschiedlichsten Zuordnungen von Aufgaben gibt. Wir arbeiten entlang unserer Geschäftsordnung eng und vertrauensvoll zusammen. Deswegen gab es bei Herrn Dobrindt – von ihm eingeladen – ein Gespräch mit vier Verkehrsministern und vier Umweltministern und -ministerinnen. Herr Dobrindt hat das sehr genau im Blick.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dötsch.

Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass das Land Rheinland-Pfalz keine Möglichkeit hat, die Interessen der Menschen vor Ort auf dem Klageweg durchzusetzen. Wenn eine solche Notwendigkeit besteht, wäre dies aus Ihrer Sicht dann von den einzelnen Bürgern oder Bürgerinitiativen durchzuführen, oder sind aus Ihrer Sicht zumindest unterstützend Aktivitäten seitens des Landes möglich?

Ihnen die Aktivitäten des Landes über die verschiedensten Bundesratsinitiativen und die vielen Initiativen gegenüber dem Bund und der Bahn jetzt noch einmal darzustellen, würde sicherlich den Umfang der Beantwortung einer Mündlichen Anfrage absolut sprengen; denn es ist eines der Hauptanliegen meiner Kollegin Höfken, der Ministerpräsidentin und mir, an der Seite der Bürgerinnen und Bürger, die von Bahnlärm – ich will erweitern, von Fluglärm und von Verkehrslärm insgesamt – sehr betroffen sind, das Land Rheinland-Pfalz auf Bundesebene zu positionieren.

In dieser Beziehung kann man gegenüber dem Land keine Kritik äußern und keine Vorwürfe machen. Sie bekommen das ja auch mit, wir sind gemeinsam auf den Demonstrationen, zu denen die Bürgerinitiativen im Großen und im Kleinen einladen, gern gesehene Gäste, Herr Dötsch. Die Bürgerinitiativen bringen immer wieder zum Ausdruck, wie sehr sie uns vertrauen und wie sehr sie zufrieden sind mit der Vertretung durch die Landesregierung.

Wenn man über Klagemöglichkeiten nachdenkt, so können wir das gerne einmal in einer ausführlichen Sitzung eines Ausschusses besprechen. Man kann in dieser Hinsicht zum Beispiel die Ableitung vom Fluglärm machen.

Am effektivsten ist es immer, eine eigene Betroffenheit zu haben, beispielsweise als Bürger. Das hat schon bewundernswert gut bei der Klage gegen das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich in Ihrer Heimatregion funktioniert. Es waren Bürger, die es am Schluss zu Fall gebracht haben. Ich erinnere mich gern an einen solchen Erfolg.

Das gilt aber auch für den Fluglärm. Auch dort ist es am einfachsten, wenn eine direkte Betroffenheit gegeben ist.

Das haben wir hin und her gewendet an vielen Beispielen.

Aber noch einmal: Ich glaube, das würde, weil es rechtlich sehr kompliziert ist, den Umfang einer Mündlichen Anfrage bei Weitem sprengen.

Wir sind dabei, den politischen Druck gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Initiativen vor Ort hochzuhalten, und wir üben auch über unsere Möglichkeiten über den Bundesrat auf Bundesebene Druck aus.

Ich will Ihnen sagen, Herr Dobrindt hat uns mitgeteilt, 29.000 Waggons sind entweder umgerüstet oder neu beschafft und 159.000 aus dem deutschen Waggonverzeichnis zur Umrüstung angemeldet. Wir erwarten, dass das bis 2020 abgeschlossen ist.

Wir erwarten aber auch, dass bis 2016 die 50-%-Marke erreicht ist; denn – dies möchte ich als letzten Satz zu dieser Frage sagen – wenn wir 2016 sozusagen stillschweigend hinnehmen würden, dass diese Marge nicht erreicht ist, kann sich manch ein Unternehmen eingeladen fühlen zu glauben, auch 2020 gäbe es keine Konsequenzen, und das wäre ein großer Fehler der Bundesebene.

Eine weitere Zusatzfrage von Frau Kollegin Schmitt.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Minister, Sie haben soeben in Sachen Lärmschutz ausgeführt, beim Bahnlärm liegt die alleinige Zuständigkeit beim Bund. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die gestern in der Debatte gemachten heftigen Vorwürfe der Opposition, die Landesregierung habe beim Thema Bahnlärm komplett versagt, so der Kollege Bracht sinngemäß?

Unparlamentarisch als lächerlich, parlamentarisch als ahnungslos.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Wehner.

Herr Minister, so sehr die Menschen im Mittelrheintal auch unter dem Bahnlärm und den Belastungen leiden, so groß sind mittlerweile auch die Befürchtungen im Siegtal, insbesondere bei einem Ausbau der Siegstrecke, die ich im Übrigen auch sehr begrüßen würde. Hat die Landesregierung auch dort die Lärmproblematik im Blick, und was könnte man in diesem Bereich gegebenenfalls tun?

Da ich die Ausbauvarianten nicht kenne, kann ich Ihnen jetzt noch nichts zu den einzelnen Maßnahmen sagen. Aber wir haben immer davon gesprochen – ich habe mir dies sehr zu eigen gemacht, weil mich auch sehr viele Kollegen von der Mosel darauf angesprochen haben –, dass Bahnlärm natürlich nicht nur isoliert auf das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal zu betrachten ist, sondern auch auf die Strecke nördlich von Koblenz, auf die Moselstrecke und auf andere Strecken. Mir ist wichtig, dass ich vom Bahnlärm allgemein spreche.

Es gibt Besonderheiten eines Weltkulturerbes, weil es auch einmal Pilotprojekt des damaligen Verkehrsministers gewesen ist. Es war Franz Müntefering, der 1998 erklärt hat, er nimmt als Erstes das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal in die Bahnlärm-Sanierungsmaßnahmen auf. Aber das gilt für alle bahnanliegenden Bereiche, für alle Menschen, für alle Gemeinden.

Auch wir als Landtag haben in der Tat gefordert, dass der permanente Zuwachs auch über die Umfahrungsstrecken abgemildert werden soll. Herr Wehner, wenn ich in Ihrer Region zu Gast bin, sagen die IHK und die Unternehmen: Wir wollen auch eine bessere Bahnanbindung für die Transporte unserer großen Güter. – Wenn dies ermöglicht wird, müssen wir es aber auch hinbekommen, dass die Strecke bei einem erweiterten Ausbau natürlich auch lärmgemindert ausgebaut wird.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Frau Bröskamp.

Herr Minister, ich hätte gerne gewusst, wie die Haltung der Landesregierung zum Bau des Westerwald-TaunusTunnels als Alternativstrecke ist, um das Mittelrheintal dann langfristig entlasten zu können.

Wenn wir über eine Alternativstrecke sprechen, die wir zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet haben, und wenn wir die ersten Hinweise aus dem Bundesministerium für Verkehr über die Korridorstudie zur Kenntnis nehmen und der Bund aus erster Kosteneinschätzung sagt, es sei die rechtsrheinische Strecke zu präferieren – – –

Gestern Abend hat im Fernsehen ein Vertreter einer Bürgerinitiative für das Mittelrheintal in einer Art, die ich überhaupt nicht verstehen kann, gesagt, bis 2031 dürfe man keine Gäste zulassen. Das wird natürlich auch an anderen Orten wahrgenommen, nämlich dort, wo eine mögliche Trasse geführt werden soll. Deswegen ist natürlich eine eingehauste Form oder vielleicht eine Tunnelvariante, wenn sie technisch machbar und finanziell bezahlbar ist, auf den ersten Blick durchaus sehr reizvoll. Wir haben gesagt, man muss sich anschauen, was Herr Dr. Niemeyer vorgelegt hat. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen, ob

es realistisch, umsetzbar, baubar und finanzierbar ist. Aber das Stichwort „eingehaust“ zeigt, wir müssen natürlich an den Orten, wo eine Alternativstrecke vorbeigeführt werden muss – und das ist in der dichten Bebauung in RheinlandPfalz und der Nachbarbundesländer zweifelsohne immer wieder einmal der Fall –, sehr darauf achten, dass ein optimaler Lärmschutz dort gewährleistet wird.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Bracht.

Herr Minister, Sie haben vorhin auf die Frage der Kollegin Blatzheim-Roegler gesagt, dass es eine Finanzvereinbarung mit dem Bund bezüglich der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen des Projektbeirates Mittelrhein gegeben hat oder gibt. Sie haben des Weiteren ausgeführt, dass Kosten für das Land frühestens ab 2018 in Höhe von dann 8,4 Millionen Euro anfallen können. Meine Frage ist: Heißt das, dass erst dann die Umsetzung der Maßnahmen des Projektbeirates anläuft, oder finanziert der Bund andere Maßnahmen in den Jahren vorher schon? Weshalb ist das so?

Da der Bund ein Interesse daran hat, dass die beiden Bundesländer mit eingebunden werden, hat er uns angeboten, dass wir 2018 – dies hat auch etwas mit unseren Haushaltsverhandlungen und mit der Aufstellung der nächsten Haushalte zu tun – mit in diese Maßnahmen investieren. Wir haben das alles mündlich vorbesprochen, jetzt werden die schriftlichen Vereinbarungen erledigt, und der Bund investiert selbstverständlich in diese Maßnahmen vorab hinein. Dies dient seinem Netz, er ist der Lärmverursacher; insofern finde ich das nur folgerichtig. Wir alle sagen, wenn man einen solchen Kompromiss schließt und der Bund bereit ist, diese Maßnahmen durchzuführen, die – ich möchte anerkennend ausdrücklich sagen – über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen, dann ist der starke Partner derjenige, der als Erstes einsteigt.

Meine Damen und Herren, es liegen jetzt noch drei Zusatzfragen der Kollegen Hüttner, Frau Blatzheim-Roegler und Dötsch vor, und damit schließe ich die Frageliste. – Herr Hüttner, Sie haben das Wort.

Herr Minister, Sie sprachen davon, dass der Gutachter in seinem Gutachten zum Ergebnis kommt, dass bei Betroffenheit des Allgemeinwohls Einschränkungen möglich sind. Sie sprachen auch davon, dass der Bund zu einer anderen Auffassung kommt. Ist Ihnen bekannt, wie der Bund es begründet, dass er eine andere Auffassung hat als der Gutachter, und ist Ihnen bekannt, warum der Bund dann nicht mehr Energie hineinsteckt, die rechtlichen Möglichkeiten dafür zu schaffen, um Einschränkungen zu ermöglichen?

In dem Gespräch, an dem Frau Höfken und ich teilgenommen haben, haben wir das natürlich auch thematisiert und haben Herrn Dobrindt und seine Experten gebeten, doch auch diesen Weg einzuschlagen. Ich habe bereits gesagt, ich habe gemeinsam mit Ulrike Höfken eingefordert, dass es dann auch wirklich Entscheidungen gibt, wenn 2016 die 50 % nicht erreicht werden.

Ein Argument ist sicherlich nachvollziehbar. Ich habe soeben ganz bewusst gesagt, wir wollen den Güterverkehr verstärkt auf die Schiene und auf die Bundeswasserstraßen leiten. Die Bundeswasserstraßen haben Reserven, das kann ich aber bei dem derzeitigen Schienennetz nicht erkennen. Aber trotz alledem sind die Transportmarge und die Industriefähigkeit unseres Landes natürlich eine wichtige Größe.

Ich habe Ihnen die Umrüstungsmargen genannt. Wir sind auf einem Weg, der noch beschleunigt werden muss. Wir brauchen dafür aber den Druck auf die TransportwaggonEigentümer, und dabei verstehe ich die zögerliche Haltung des Bundes nicht. Wir haben nicht vorgeschlagen, flächendeckend nachts keinen Güterverkehr mehr durchzuführen; ich glaube, das erscheint uns allen unrealistisch. Aber es ist nicht zu übersehen, dass man natürlich diese Schraube anziehen muss. Wenn man über die deutschen Waggonverzeichnisse spricht und über die 159.000, die angemeldet sind, dann sind noch viele in Europa unterwegs, und das ist teilweise rollender Schrott, der ab 2020 in Deutschland nicht mehr zugelassen sein kann. Deswegen muss man auch das Waffenarsenal klarmachen. Von daher haben wir nicht nachvollziehen können, weshalb Herr Dobrindt nicht auch den gleichen Weg als möglich erachtet, den wir für möglich halten.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Frau BlatzheimRoegler.

Sehr geehrter Herr Minister, medial steht eigentlich doch immer das Weltkulturerbegebiet im Mittelpunkt oder im Fokus der Berichterstattung, wenn es um die Betroffenheit der Bürgerinnen und Bürger geht. Welche Maßnahmen schlägt die Landesregierung vor, damit auch die öffentlichen Interessen der Menschen berücksichtigt werden, die am unteren Rheintal wohnen oder, wie sie selbst sagten, auch an der Mosel oder an der Siegstrecke? Ich erlebe es häufig, dass sich diese Menschen ein Stück weit zurückgesetzt fühlen.

Ich kann das gut nachvollziehen. Alles spricht über das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal, und die Menschen haben das Gefühl, nur dort reden wir über Lärmschutz

entlang der Bahn, jedenfalls in der Intensität, in der die Menschen das wahrnehmen.

Mein Ansatz ist, Wege zu finden, damit das rollende Material, das überall das Gleiche ist und das noch unterwegs ist, zu 100 % lärmgemindert ist. Die Experten sprechen davon, dass durch eine Umsetzung der Flüsterbremsen bis 2020 der Lärm halbiert werden kann. Das ist eine Maßnahme, die an der Mosel und an der Lahnstrecke, überall ihre Auswirkungen in diesem positiven Sinne hat.

Ich habe Herrn Dobrindt angeschrieben und darauf hingewiesen, das kann noch nicht das Ende der technischen Entwicklung sein. Wir haben die Drehgestelle, und es geht auch um die Frage: Wie kann man den Lärm, der von den Maschinen ausgeht – es sind auch noch Dieselmaschinen unterwegs –, mindern, und vieles andere mehr.

Ich glaube, dieser Prozess ist 2020 nicht beendet, sondern immer weiterzuführen. Wenn man über die Vereinbarungen im Beirat „Leiser Mittelrhein“ gesprochen hat, dann wissen Sie, dass wir bewusst Gemeinden im Norden genommen haben. Die Bahn war nicht bereit, den gesamten Bereich mit hineinzunehmen. Es hätte uns möglicherweise auch finanziell ziemlich gefordert. Was aber an der einen Stelle aus Sicht aller Beteiligten für die Bürger ein probates Mittel ist, werden wir an anderer Stelle nicht dauerhaft ablehnen können.

Herr Dötsch, Sie haben in dieser Frage schon die letzte Zusatzfrage.

Herr Minister, noch einmal bezugnehmend auf das Gutachten von Herrn Professor Dr. Kramer und der Einschätzung, dass hinsichtlich des Lärmaufkommens bei den Menschen selbst entscheidend ist, inwieweit eine für eine Betriebsbeschränkung notwendige Lärmstärke vorhanden ist, ob also Nachtfahrverbot oder Geschwindigkeitsbeschränkungen möglich sind, frage ich Sie, warum das Land RheinlandPfalz nicht, wie es das Land Hessen bereits vor fünf Jahren in Assmannshausen und jetzt auch ergänzend in Lorchhausen gemacht hat, eigene Messstationen im Mittelrheintal aufgestellt hat, wenn man sieht, dass diese Strecke zwischen Mainz und Bonn auch bundesweit in Konkurrenz zu anderen Bahnstrecken steht und damit ein entsprechender Argumentationsvorteil auch auf Bundesebene für diese Strecke gegeben wäre.

Herr Dötsch, ich habe Ihnen gestern bereits unter einer anderen Überschrift gesagt, dass wir diese Lärmmessstationen auch haben. Wir haben sie.

Ich muss zweitens überhaupt nicht davon überzeugt werden und keinem beweisen, dass wir diese Situation von teilweise über 100 dBA haben. Das wissen wir alle. Die Lärmsituation im Mittelrheintal, dieser krank machende Lärmterror ist uns allen bekannt.