Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Weitere Fragen liegen nicht vor. Damit ist die Anfrage beantwortet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Anträge anderer Art liegen nicht vor. Die Fragestunde ist beendet. Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

AKTUELLE STUNDE

Es gibt drei Aktuelle Stunden. Ich bin gebeten worden, die Aktuellen Stunden a) und b), „Zusammenhalt in Rheinland-Pfalz und Deutschland stärken statt Gesellschaft spalten: Pegida entschlossen entgegentreten“ und „Für Dialog und Toleranz in einer offenen Gesellschaft – klare Abgrenzung gegen Fremdenfeindlichkeit“, zusammenzulegen.

(Abg. Bracht, CDU, meldet sich)

Sie wollen etwas zur Geschäftsordnung sagen? Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion beantragt, auch die dritte Aktuelle Stunde zum Thema „Gleichberechtigung stärken – keine Toleranz für Unterdrückung von Frauen in unserer Gesellschaft aus angeblich religiösen Motiven“, beantragt von der CDUFraktion, gemeinsam mit den beiden anderen Aktuellen Stunden aufzurufen. Sie stehen nach unserer Meinung in einem Kontext miteinander.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Pörksen, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion spricht sich gegen eine Zusammenlegung der Debatten aus, weil sie inhaltlich nichts miteinander zu tun haben.

Wir legen Widerspruch gegen eine Zusammenlegung ein und erwarten, dass die Debatten getrennt werden. Auf Weiteres wird sicherlich im Rahmen der Debatte einzugehen sein.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Herr Wiechmann, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will meinen neuen Kollegen Pörksen – auf eine Zusammenarbeit mit ihm freue ich mich schon sehr – unterstützen. Bei der von uns beantragten Debatte geht es um Toleranz und eine weltoffene Gesellschaft, während es bei der von der CDU beantragten Debatte um die Stärkung der Gleichberechtigung und um die Frauenrechte geht. Beides sind ganz wichtige gesellschaftliche Debatten, aber wir würden deren Bedeutung nicht gerecht werden, wenn wir sie miteinander vermischen würden. Deshalb bitten auch wir darum, sie getrennt zu behandeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Nunmehr werden wir darüber abstimmen, meine Damen und Herren. Aus meiner Sicht ist die Zusammenlegung der weitergehende Antrag. Wer diesem weitergehenden Antrag der CDU zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Der Antrag ist abgelehnt. Damit werden die Aktuellen Stunden unter a) und b) zusammengelegt, während die Aktuelle Stunde unter c) einzeln aufgerufen wird.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung mit dem ersten und zweiten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Zusammenhalt in Rheinland-Pfalz und Deutschland stärken statt Gesellschaft spalten: Pegida entschlossen entgegentreten“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/4385 –

„Für Dialog und Toleranz in einer offenen Gesellschaft – klare Abgrenzung gegen Fremdenfeindlichkeit“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4390 –

Wer spricht zum ersten Antrag? – Bitte schön, Herr Schweitzer. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat darum gebeten, dass wir heute in einer Aktuellen Stunde über ein Phänomen miteinander sprechen können, das uns alle – das will ich unterstellen – gleichermäßigen beschäftigt und auch bewegt. Das ist die sogenannte Pegida, die sich ausgesprochen den Namen „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ gegeben hat.

Meine Damen und Herren, was so obskur und zugleich so martialisch daherkommt, ist aber gleichzeitig etwas, bei dem wir nicht gelassen bleiben können. Es ist tatsächlich so, dass das eine große Herausforderung für die Frage der Freiheit, der Toleranz und der Mitmenschlichkeit in unserer gesamten Gesellschaft ist, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wer womöglich den Einwand hat, mein Gott, das mag etwas sein, was in Dresden ausschließlich lokal und regional stattfindet, der mag sich auch anschauen, wie stark es inzwischen nicht nur die Medien beschäftigt, sondern wie sehr wir damit auch im Rhein-Main-Gebiet zu tun haben, weil es Nachahmerinnen und Nachahmer gibt.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Schon in diesen Tagen lesen wir in der „Allgemeinen Zeitung“ in Mainz, dass sich eine Bewegung, Fragida nennend, auf den Weg gemacht hat, sozusagen nach dem Dresdner Vorbild ebenfalls Menschen auf die Straße zu bringen.

Schauen wir uns einmal an, wer in Dresden auf die Straße gegangen ist.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Immer noch gehen!)

Rechtsextremisten, bekannte, auch polizeilich bekannte Rechtsextremisten, die sagen, da schließen wir uns an, die aber inzwischen natürlich nicht nur Mitläufer, sondern auch ganz stark die Impulsgeber sind, Rechtspopulisten, Anhänger von Verschwörungstheorien und auch die AfD, die sich das inzwischen mit ihrem Vizevorsitzenden, Herrn Gauland, nicht nur auf der Zuschauerbank in Dresden angeschaut hat, sondern die schon klar sagt, das ist auch das Potenzial, mit dem wir als AfD gedenken, auch in Zukunft umzugehen.

Meine Damen und Herren, ja, es sind auch viele Bürgerinnen und Bürger dabei, bei denen ich persönlich sehr, sehr vorsichtig sein würde, wenn es darum geht, sie in die Kategorien hineinzubringen, die ich gerade eben geschildert habe. Bei diesen Bürgerinnen und Bürgern ist aber manche Verunsicherung vorhanden, manche diffuse Angst, manche Angst, die man vielleicht mit der persönlichen Lebenserfahrung gar nicht begründen kann, insbesondere dann, wenn ich mir anschaue, wie viele Menschen islamischen Glaubens in Dresden leben. Empirische Grundlage, was Befürchtungen und Befürchtungen der Übernahme von islamischen Tendenzen in der eigenen Heimat angeht, kann es da nicht geben. Es sind aber Ängste vorhanden.

Meine Damen und Herren, ja, es ist auch Aufgabe der Politik, nicht nur das Spiel zu spielen, wir packen die in eine Ecke, und dann schauen wir sie uns gemeinsam kritisch an, sondern man muss auch auf diese Menschen zugehen. Zugehen heißt aber auch – ich wäge die Worte sehr vorsichtig –, zugehen mit einer eigenen

inneren, klaren, demokratischen, freiheitlichen Haltung, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mit den Menschen sprechen heißt nicht, ihnen nach dem Mund zu reden. Das heißt auch nicht, ihnen auch noch durch eigene Debatten, die wir aus der Mitte der Politik führen, die Stichworte dafür zu liefern, dass sie sich am Ende noch bestätigt fühlen können.

Meine Damen und Herren, ich will schon sagen, man muss auch deutlich machen, wo denn die Argumente liegen. Auch wenn wir im Landtag von Rheinland-Pfalz heute eine solche Debatte führen, müssen wir doch den Standardklassikern der Stammtischparolen entgegentreten. Wir müssen in Rheinland-Pfalz ein klares Bekenntnis abgeben: Ja, wir wollen Zuwanderung. Ja, wir brauchen Zuwanderung aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ja, wir stehen an der Seite der Menschen, die zu uns aus ganz unterschiedlichen Gründen kommen. Wir machen da auch nicht den Unterschied zwischen guten und schlechten Menschen ausländischer Herkunft. Die, die Schutz brauchen, die, die Unterstützung brauchen, sind uns genauso willkommen wie die, die aus ganz anderen Gründen kommen. Sie gehören zu uns. Sie brauchen unsere Unterstützung. Da darf es auch in dieser Debatte im rheinland-pfälzischen Landtag kein Zögern und Zaudern geben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich will schon sagen, dass ich in diesen Tagen stolz darauf bin, wenn ich auf die Mehrheit der Gesellschaft schaue. Das sind die, die an unserer Seite stehen, wenn wir sagen, Flüchtlinge müssen unterstützt werden, die sehr ideell, aber auch sehr praktisch in diesen Tagen in den Erstaufnahmeeinrichtungen unterwegs sind, die die Spielstuben unterstützen, die Decken bringen, die Bücher bringen, liebe Irene Alt, die sich vor Ort um die Kinder, um die Familien kümmern.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sagen, die sind die Mehrheit, die wollen wir unterstützen. Gemeinsam gehen wir auf Pegida und andere zu und sagen: So nicht. Nicht in diesem Land. Nicht mit Unterstützung der Politik.

Danke schön.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Köbler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn, wie am 15. Dezember geschehen, rund 15.000 Menschen

auf die Straße gehen und sich gegen Toleranz, Weltoffenheit und für Ressentiments, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit und Überhöhung des einen gegenüber dem anderen in unserem Land aussprechen, muss ich klar sagen, das sind die Menschen, die nicht für uns sprechen, die nicht für mich sprechen, aber das sollten auch nicht die Menschen sein, die für Deutschland, die für das sprechen, für was die Bundesrepublik Deutschland auch steht, nämlich als ein freiheitliches, weltoffenes, demokratisches Land mitten in Europa in einer globalisierten Welt mit einer globalen Verantwortung und in einer pluralistischen, differenzierten Gesellschaft. Das ist mein Deutschland. Das ist unser Deutschland. Das ist das, was es zu verteidigen gilt, diese Weltoffenheit, diese Freiheitlichkeit und diese Toleranz auch gegenüber Andersdenkenden, auch gegenüber denen, die zu uns kommen. Das ist die Verantwortung, von der ich hoffe, dass sie als gemeinsames Signal heute aus diesem Hohen Hause ausgesandt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ja, da sind Nazis unterwegs. Ja, da sind sehr üble Leute vom rechtsextremen Rand unterwegs. Das sollte man nicht verharmlosen. Manche auch von den Organisatoren sind noch nicht einmal „Nazis in Nadelstreifen“, sondern Verbrecher. Es sind aber auch Menschen dabei, die aus irgendeinem Grund frustriert sind, die wir vielleicht alle nicht mehr erreichen. Dieser Verantwortung müssen wir uns auch stellen. Wir sollten uns ihr aber verantwortlich stellen und sollten nicht, indem wir die einen wieder erreichen wollen, die anderen in unserem Land ausgrenzen oder gar noch weiter ausgrenzen, meine Damen und Herren. Hier sind eine differenzierte Haltung und eine verantwortliche Sprache der gesamten Politik nötig.