Neben den beiden großen Kirchen ist der Landessportbund der bedeutendste Kooperationspartner der Ganztagsschulen. Die 429 Kooperationen zwischen vielen der 604 Ganztagsschulen und den Sportvereinen RheinlandPfalz sind ein Beleg dafür.
Festzuhalten ist außerdem, dass rund 80 % der Sportvereine mit ihren jeweiligen Kooperationen sehr zufrieden oder zumindest zufrieden sind. Das war ein zentrales Ergebnis einer vom Landessportbund und Bildungsministerium im Jahr 2012 gemeinsam in Auftrag gegebenen Studie zum Sport in der Ganztagsschule.
Die Landesregierung sieht auch, dass der Sport – wie übrigens auch andere ehrenamtliche Organisationen – bundesweit durch die demografische Entwicklung vor zunehmenden Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung steht. Je weniger junge Menschen es gibt, umso härter ist der Konkurrenzkampf zwischen denjenigen, die Angebote, auch kommerzielle, machen.
Um das einmal mit Zahlen zu belegen: Zwischen 2009 und 2014 ist die Zahl der Vereinsmitglieder zwischen 7 und 14 Jahren im Landessportbund um etwas mehr als 7.000 Kinder und Jugendliche zurückgegangen. Die Zahl der Kinder in dieser Altersgruppe insgesamt ist landesweit im selben Zeitraum um rund 47.000 zurückgegangen. Rechnet man das in Prozent um, so kommt man bei der Entwicklung der Landessportbundmitglieder auf ein Minus von 13 %, bei der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen insgesamt auf ein Minus von 11,5 %.
Mit der Ganztagsschule hat der Mitgliederrückgang bei den Sportvereinen nur sehr, sehr wenig, ich möchte sogar sagen, nahezu gar nichts zu tun.
Zu Frage 2: Ja, allerdings. Kooperationen zwischen Ganztagsschulen und Sportvereinen sind ganz eindeutig, wenn sie von beiden Seiten gut gestaltet werden,
auch für beide Seiten ein Gewinn. Ein Beispiel dafür ist das Ganztagsschulprojekt des Fußballverbandes Rheinland. Der Verband stellt nicht nur ein qualitativ ausgereiftes Sportangebot zur Verfügung – das tun im Übrigen auch kleine oder kleinere Anbieter aus dem Sport –, der Verband stellt auch einen zuverlässigen Ansprechpartner für die Schulen und sorgt dafür, dass bei plötzlichen Erkrankungen oder anderen Unpässlichkeiten von Übungsleitern verlässlich ein Ersatz für das Ganztagsschulangebot gestellt wird.
Der Erfolg: 139 Fußball AGs in den Schulen im Norden des Landes begeistern Hunderte von Schülerinnen und Schülern für den Sport.
Im Fußballverband Rheinland haben bis heute in zwei Schuljahren mehr als 550 Kinder und Jugendliche den Vereinseintritt erklärt.
Die Kooperation mit Ganztagsschulen funktioniert aber auch im Kleinen. Der Turnverein Dienheim beispielsweise – ein eher kleiner Verein in Rheinhessen – arbeitet seit Jahren erfolgreich mit Ganztagsschulen zusammen. Von dieser Zusammenarbeit profitieren nicht nur der TV Dienheim, sondern auch kleinere Vereine in der Region.
Aus der LSB-Studie, die ich eben erwähnt habe, zum Sport in der Ganztagsschule wissen wir außerdem, dass vor allem diejenigen Sportvereine Mitgliederzuwächse erreichen, die den Schülerinnen und Schülern aus der Ganztagsschule einen Mehrwert oder ein Plus in Aussicht stellen, so zum Beispiel der Judoverein in Speyer, der die Abnahme bestimmter Prüfungen mit der Vereinsmitgliedschaft verbindet.
Zu Frage 3: In Rheinland-Pfalz engagieren sich 41 % der Bevölkerung über 14 Jahre – das sind 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger – freiwillig ehrenamtlich, und zwar über alle Altersgruppen hinweg. Ehrenamt und Ganztagsschule schließen sich nicht aus. Vielmehr entdecken Schülerinnen und Schüler ihre Interessen und Neigungen, wenn sie im Rahmen des Ganztagsangebotes der Sportvereine, der Musikschulen oder -vereine, von Jugend-, Sozial- und Umweltorganisationen neue Erfahrungen sammeln können. Nicht selten entscheiden sie sich aufgrund genau dieser Erfahrung dann für ein außerschulisches Ehrenamt. Mit einem entsprechenden zusätzlichen Zeugnis können sich Schülerinnen und Schüler ihr ehrenamtliches Engagement bescheinigen lassen, was sie dann später auf ihrem weiteren Lebensweg positiv einsetzen können.
Zu Frage 4: Das pädagogische Konzept der Ganztagsschule in Angebotsform, die wir vor mehr als einem Dutzend Jahren in Rheinland-Pfalz auf den Weg gebracht haben, ist weit über die Landesgrenzen hinaus wegen seiner hohen pädagogischen Qualität geschätzt und anerkannt. Auf das Vorbild Rheinland-Pfalz weisen nicht nur der Ganztagsschulverband, die Bertelsmann Stiftung und andere hin. Ein solches Ganztagsschulmodell wird auch im jüngsten bildungspolitischen Grundsatzpapier der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie gefordert. Ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Verbindlichkeit ist für alle Genannten und vor allen Dingen für die Eltern ein Gewinn. Neben dem aus
gefeilten pädagogischen Konzept ist es das große Plus unserer Ganztagsschulen, und davon rücken wir nicht ab. (Pörksen, SPD: Sehr richtig!)
Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, dass wir offene Ganztagsschule, betreuende Grundschule und auch Jugendhorte haben, in denen Betreuungsangebote tageweise oder stundenweise gewählt werden können.
Frau Ministerin, sind Sie der Meinung, dass die Kritik des Landessportbundes jeder Grundlage entbehrt? – Sie haben in der „AZ“ vom 22. Januar gesagt: Ich habe keine Erklärung für die Kritik. –
Lieber Herr Abgeordneter Ernst, wenn Sie weiter zitieren, dann habe ich gesagt, ich kann es deswegen nicht verstehen, weil wir in einem konstruktiven Dialog miteinander sind und miteinander weiterkommen wollen. Da finde ich es pädagogisch und didaktisch sinnvoller, man kommt über gute Beispiele miteinander weiter ins Gespräch. Das habe ich sehr ausführlich im Interview wie auch in meiner Beantwortung der Anfrage dargelegt.
Frau Ministerin, der Landessportbund fordert unter anderem Unterstützung durch sogenannte Koordinatorenstellen. Gibt es solche Koordinatoren-stellen für den Bereich Sport in der Ganztagsschule, und wenn ja, wie werden die finanziert?
Frau Abgeordnete Brück, ich danke Ihnen für die Frage; denn man hat in der Beantwortung einer Mündlichen
Anfrage nicht so viel Zeit, alles zu sagen. Es gibt mir jetzt die Gelegenheit zu sagen, ja, die gibt es. Es gibt drei regionale Beraterstellen im Ganztagsangebot, die sogenannten RegioBiGs, eine in der Pfalz, eine in Rheinhessen und eine im Rheinland. Die Landesregierung finanziert diese Stellen mit 65.000 Euro jährlich.
Sie können sich das so vorstellen, dass die jeweiligen Sportbünde einen Ansprechpartner benennen. Das ist der Leiter des RegioBiGs, der Regionalen Beratungsstelle im Ganztag. Er hat die Aufgabe, Vereine zu beraten, wenn es darum geht, Verträge abzuschließen über Sportarten, die die Schule interessieren könnten, über Sicherheitsbestimmungen und Weiteres zu informieren.
Frau Ministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass Begabungssuche auch für das Ziel Hochleistungssport und Hochleistungssportförderung nur dann funktioniert, wenn Kinder und Jugendliche in einer sehr frühen Zeit ein hohes Auswahlangebot haben, und die meisten Sportvereine von den Kindern oder ihren Eltern erwarten, dass man sich auf eine Sportart anmeldet und dann diese Sportart beginnt und die Suche zwischen den Sportarten auf diese Art und Weise viel komplizierter ist und wir durch unsere Ganztagsschulangebote auf diese Art und Weise auch eine vernünftige Basis für Leistungssportförderung legen?
Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann, ja, das Fragezeichen habe ich am Schluss gehört. – Es ist mit Sicherheit heute so – anders als zu unserer Zeit –, dass es sehr, sehr viele Trendsportarten gibt, die natürlich erst einmal für Schülerinnen und Schüler attraktiver als die klassischen Leistungssportarten sind.
Über ein Angebot in einer Trendsportart beispielsweise kann man aber Kinder und Jugendliche für Sport erst einmal – ich sage einmal – interessieren oder ködern. Wenn sie dann mit dem Sport in Berührung kommen – Sport ist eine faszinierende Geschichte –, dann kann man sie auch stärker motivieren, sich auf den Weg zum Leistungssport zu machen.
Deswegen ist es so gut, dass wir in unseren Ganztagsschulen die Möglichkeit haben, über eine breite Palette
Kinder und Jugendliche zunächst für den Sport zu interessieren. Dann bringen wir sie – wie viele, viele Beispiele in Rheinland-Pfalz zeigen – auch zu Höchstleistungen.
Ich möchte noch einmal anschließen bei dem Stichwort der RegioBiG-Berater, und zwar mit den guten Beispielen, die Sie mit Dienheim und Speyer erwähnt haben.
Frau Ministerin: Gibt es bei diesen guten Beispielen in Dienheim und Speyer auch RegioBiG-Berater, oder leisten diese Vereine das für sich alleine?
Sowohl als auch, um ganz ehrlich zu sein. In Dienheim ist es die Arbeit über den Berater der Beratungsstelle der RegioBiG-Beratung, und Speyer hat es ohne Beratung gemacht.
Das zeigt das, was ich im Interview gesagt habe, dass es sehr darauf ankommt, wie man einander begegnet. Wir möchten alle sehr dabei unterstützen, dass man sich gut begegnet, weil wir ein großes Interesse daran haben, dass Vereine in unseren Ganztagsschulen ein gutes Angebot machen.
Wenn ich einmal auf Speyer zurückkomme – ich habe das vorhin nur ganz kurz erwähnt –, die machen das ganz interessant: Sie machen eine kostenlose Judo-AG in der Schule. Wenn man dann aber einen Gürtel machen möchte, geht das nur in Verbindung mit einer Vereinsmitgliedschaft, also ein sehr interessanter Weg, auch Kindern und Jugendlichen zu zeigen, was eine Vereinsmitgliedschaft bedeutet, wie viel man davon haben kann, wenn man in einen Verein geht.
Das funktioniert beispielsweise bei dem Judoverein in Speyer sehr gut. Ich könnte Ihnen eine Palette von Beispielen nennen.
Ich habe ein großes Interesse daran, dass sich diese guten Beispiele kommunizieren, weil wir ein Interesse daran haben, dass Sport und Ganztagsschule von gegenseitigem Gewinn sind.
Frau Ministerin, Sie haben die Studie, die gemeinsam vom Landessportbund und dem Bildungsministerium in
Auftrag gegeben worden war, erwähnt. Soweit ich informiert bin und sie gelesen habe, sagt Herr Professor Thieme zum einen, dass die Strukturen in der Kooperation gut sind, und zum anderen, dass insbesondere Sportvereine umso zufriedener sind, je kontinuierlicher und je länger diese Kooperationen funktionieren.
Was kann man denn dafür tun, um diese Kontinuität weiter zu befördern? Haben Sie dort Ideen vonseiten Ihres Ministeriums?
Ja, die haben wir. Zunächst einmal: Sie haben noch einmal die Studie erwähnt. Diese haben wir gemeinsam in Auftrag gegeben, auch deswegen – das möchte ich noch einmal sagen –: Der Sport ist unser größter Kooperationspartner in der Ganztagsschule, neben den Kirchen. Wir haben mit ihm eine Rahmenvereinbarung sofort abgeschlossen, als wir die Ganztagsschule auf den Weg gebracht haben, und sie wurde am 1. August 2014 aktualisiert.
Die Studie, die Sie erwähnt haben, sagt, je kontinuierlicher die Vereine mit der Ganztagsschule zusammenarbeiten, desto stärker und desto mehr Schülerinnen und Schüler interessieren sich dafür. Wie kann man nun helfen, dass die Vereine auch den langen Atem behalten?
Das ist bei einem großen Verein mit Sicherheit einfacher als bei einem kleinen. Das kann man über Beratung und Fortbildungen machen. Auch dafür gibt es gute Beispiele, die wir unterstützen. Unsere Ganztagsschulen – um eins zu nennen – haben ein Fortbildungsbudget von 1.500 Euro jährlich.