Protokoll der Sitzung vom 16.09.2020

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Überarbeitung und Novellierung des E-GovernmentGesetzes ist lange überfällig. Durch den täglichen Gebrauch des Internets mit Mobiltelefonen und digitalen Diensten, die online angeboten werden, steigt auch bei den Bürgern das Bedürfnis, Behördengänge online abzuwickeln und sich damit Anfahrtswege, Wartezeiten und Telefonate zu sparen. Das ist nicht verwunderlich; denn für den Bürger und die Verwaltungsbehörden ergeben sich dadurch viele Vorteile.

Ein wichtiger Punkt ist, dass mithilfe von E-GovernmentAngeboten die Kommunikation zwischen den zuständigen Verwaltungsbeamten und den Bürgern verbessert werden kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verbesserung der behördlichen Transparenz durch die digitale Verwaltung. Durch Rückmeldungen und Status-Updates können sich Bürger jederzeit einen Einblick in den aktuellen Status ihrer Prozesse verschaffen und so einzelne Bearbeitungsschritte besser nachverfolgen, was wiederum die Zufriedenheit und das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung stärkt.

Durch digitale Services und automatisierte Vorgänge werden sowohl Zeit als auch Geld gespart. Derzeit ist es normal, dass die meisten Menschen knapp zwei Stunden inklusive Anfahrt für einen Behördengang benötigen. Meine Damen und Herren, das ist zu viel und raubt dem Bürger und dem Mitarbeiter der Verwaltung wichtige Zeit.

Auch für die Verwaltung selbst ergeben sich viele Vorteile. Werden mehr Informationen online zur Verfügung gestellt, dann können die Bürger ihre benötigten Informationen selbst finden und die Mitarbeiter der Verwaltung die gewonnene Zeit in andere Aufgaben investieren.

Da die Mitarbeiter der Verwaltung alle Informationen zu den Bürgern und Prozessen zentral und übersichtlich an einer Stelle haben, können Fragen und Anliegen schneller und qualifizierter beantwortet respektive bearbeitet werden.

Generell verbessert sich die Erreichbarkeit; denn Behördengänge können dann ortsunabhängig, also beispielsweise von unterwegs, vom Arbeitsplatz oder von zu Hause aus, erledigt werden. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch unnötige Kosten für Anfahrtswege mit dem Fahrzeug, Parkgebühren oder Bus- und Zugtickets.

Auch wenn E-Government so viele Vorteile bietet, liegt Deutschland weiter hinter dem europäischen Durchschnitt. Gerade einmal 41 % der Bürger nutzen das E-GovernmentAngebot in Deutschland. Gründe dafür sind unter anderem das mangelnde Onlineangebot der Verwaltung; denn nicht alle Anliegen können komplett online erledigt werden. Viele Onlineangebote sind den Bürgern gar nicht bekannt, oder es scheitert an einer erforderlichen Anschaffung zusätzlicher Hardware.

Um die Bekanntheit und Nutzung des E-Governments bei

den Bürgern zu steigern, müssen die Angebote an die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger angepasst und erweitert werden.

Es gibt im vorliegenden Gesetzentwurf allerdings weitere Pflichten nur für Landesbehörde, nicht aber zum Beispiel für kommunale Behörden. Es wäre daher darüber nachzudenken, die Kommunen beispielsweise bei der Eröffnung eines elektronischen Zugangs und der Ermöglichung eines elektronischen Identitätsnachweises stärker in die Pflicht zu nehmen.

Dabei müsste das Konnexitätsprinzip gelten, sprich die Mehrkosten müssten der kommunalen Ebene vom Land erstattet werden.

Wir stimmen hinsichtlich dieses Antrags der Ausschussüberweisung zu und werden die weitere Diskussion konstruktiv und zum Wohl unserer Bürger und der Behörden begleiten.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich der Abgeordneten Becker für die Fraktion der FDP das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung zum sogenannten E-Government-Gesetz Rheinland-Pfalz. Nicht zuletzt der Ausbruch der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Herausforderungen haben gezeigt, die Digitalisierung macht auch vor der öffentlichen Verwaltung keinen Halt. Wichtige Schritte sind dazu bereits gemacht.

Wir unterstützen dieses Gesetzesvorhaben ausdrücklich. Ich bin davon überzeugt, dass wir die elektronische Kommunikation mit und innerhalb der Verwaltung dringend und zielgerichtet weiter erleichtern müssen. Nur durch den adäquaten Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel und durch das Angebot elektronischer Dienstleistungen kann die öffentliche Verwaltung in unserem Land mit der fortschreitenden Digitalisierung mithalten. Meine Damen und Herren, nur so können wir dauerhaft den Verwaltungszugang, vor allem in den ländlichen Regionen, gewährleisten.

Meine Damen und Herren, bei dem Gesetzentwurf zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Rheinland-Pfalz sind zwei Komponenten besonders wichtig: Die öffentliche Verwaltung braucht einerseits eine gut funktionierende, moderne, verlässliche und leistungsfähige IT-Infrastruktur, um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden. Die neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten müssen andererseits nutzerfreundlich, einfach

und vor allem sicher ausgestattet sein. Nur so können wir erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes von den Möglichkeiten, die durch die Digitalisierung entstehen, Gebrauch machen.

Meine Damen und Herren, diese beiden Komponenten sind meines Erachtens erfüllt bzw. sie stellen sogar den Kerninhalt des Gesetzentwurfs dar. Zudem trägt der vorliegende Gesetzentwurf maßgeblich zu einer schlankeren, effizienteren und optimierten öffentlichen Verwaltung in RheinlandPfalz bei. Dabei handelt es sich um Kernforderungen der FDP.

Ähnliches gilt für das Argument der Kostensenkung. Durch den optimierten Anschluss der öffentlichen Verwaltung an den elektronischen Verkehr können dadurch frei werdende Ressourcen anderweitig genutzt und eingesetzt werden. Auch das steht im Einklang mit unseren FDP-Grundsätzen.

Herzlichen Dank. Wir werden weitere Beratungen im Ausschuss haben.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun hat Abgeordnete Schellhammer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute darüber, wie wir mit dem EGovernment-Gesetz endlich den digitalen Behördengang möglich machen. Ich habe mich in den vergangenen Tagen intensiv mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beschäftigt. Ich habe mich aber auch intensiv damit beschäftigt, dass ich jetzt vor einem Behördengang stehe: Mein Personalausweis und mein Anwohnerparkausweis laufen ab.

Ich glaube, alle Anwesenden kennen das: Man steht vor der Herausforderung, dass man Termine bei der örtlichen Behörde braucht. Bei mir ist das die Verbandsgemeinde. Das sind mindestens drei Termine: einmal zum Beantragen, einmal zum Abholen des Personalausweises und einmal zum Abholen des Anwohnerparkausweises.

(Abg. Martin Haller, SPD: Die ist doch SPD-geführt! Das wird doch klappen!)

Das sind alles Herausforderungen. Immerhin finde ich für die eine Beantragung schon einmal ein digitales Formular, wenngleich für die andere Beantragung nicht. Das zeigt, wie die Lage ist. Viele Bürgerinnen und Bürger sprechen uns darauf an. Viele Möglichkeiten für bestimmte Abwicklungen gibt es bereits digital. Wir alle nutzen Onlinebanking. Dass aber bestimmte Beantragungen bei der Verwaltung immer noch nicht digital möglich sind, wird sich hoffentlich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ändern. Ich wünschte mir sehr, das Gesetz wäre schon in Kraft. Diese Termine würden

mir dann erspart.

Die digitalen Möglichkeiten, die das Gesetz vorsieht, betreffen insgesamt 575 Verwaltungsleistungen, die bis Ende des Jahres 2022 durch diesen Gesetzentwurf Realität werden, also hoffentlich, wenn ich das nächste Mal den Personalausweis beantrage. Damit setzen wir das Onlinezugangsgesetz des Bundes um, mit dem der Aufbau eines Verwaltungsportals für alle Bürgerinnen und Bürger beabsichtigt wird. Das haben wir schon in der Debatte gehört.

Wir finden dann dort von A wie Abfallentsorgung bis Z wie Zweitwohnungssteuer alles in verschiedenen Bereichen – Umwelt, Familie, Arbeit, Recht, Bildung oder Steuern – vor. Der Gang zur Behörde wird in insgesamt 14 Themenfeldern optional und endlich digital bequem von zu Hause aus möglich. Wir schaffen also endlich die Grundlage für eine bürgernahe, serviceorientierte und moderne digitale Verwaltung in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte ergänzend zu meinen Vorrednerinnen und Vorrednern noch ein paar Punkte aus grüner Sicht besonders hervorheben. Dieses Portal muss selbstverständlich unter einer starken Belastung funktionieren. Insbesondere wenn zum Beispiel Anträge fristgerecht eingereicht werden sollen, muss dieses Portal stabil sein. Es muss datensicher sein. Die Datenverarbeitung muss aber auch ökologisch und nachhaltig sein.

Wir alle wissen, bei Papier sehen wir den Verbrauch. Wenn wir E-Mails verschicken und Daten austauschen, dann hat das einen Energieverbrauch, der in den Blick genommen werden muss. Bei dem Aufbau des Verwaltungsportals erwarten wir, dass Energie- und Ressourcenschonung berücksichtigt werden und die Datensicherheit oberste Priorität hat. Schauen wir es uns doch einmal an: Wenn jemand beispielsweise Arbeitslosengeld beantragt, dann sind das sehr sensible Daten, die diese Person angeben muss, oder im Zusammenhang mit Gesundheitsleistungen werden sensible Gesundheitsdaten benötigt.

Die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz müssen sich darauf verlassen können, dass das Landesdatennetz sicher ist und wir eine starke Informationssicherheit und hohe Datenschutzregelungen umsetzen; denn die digitale Unversehrtheit muss zuallererst dadurch gewahrt werden, dass das Recht über die Verwendung der eigenen Daten bei den Bürgerinnen und Bürgern bleibt. Das ist Datensouveränität. Wir brauchen Transparenz bei der Datenverarbeitung. Das fördert das Vertrauen, und das brauchen wir, damit eine digitale Verwaltung möglich ist.

Ein wichtiger Aspekt ist – das ist meiner Fraktion besonders wichtig –, dass wir die Unabhängigkeit von großen Softwareherstellern haben. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Privacy Shield hat verdeutlicht, wir müssen im Bereich der Datensicherheit zentral auf deutsche und europäische Softwarelösungen setzen. Das erwarten wir

auch bei der Realisierung dieses Verwaltungsportals.

Ein weiterer Punkt: Wir haben beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt über Inklusion gesprochen. Sie muss gewährleistet werden. Die digitale Teilhabe muss allen möglich sein. Das heißt, ein solches Verwaltungsportal muss den Ansprüchen der Barrierefreiheit genügen. Das ist ein weiterer Anspruch, den wir bei der Umsetzung des Gesetzes erwarten.

Insgesamt ist es ein großer Schritt, dass wir über das EGovernment-Gesetz sprechen. Ich hätte mich als Digital Native immer schon gefreut, wenn wir ein bisschen weiter wären. Es ist aber gut, dass es jetzt kommt. Damit werden die richtigen Weichen für alle Bürgerinnen und Bürger gestellt: Beim Personalausweis, bei BAföG, oder was auch immer beantragt werden soll, werden die digitalen Lösungen möglich sein. Wir brauchen deswegen stabile Anwendungen, datensichere Strukturen und Barrierefreiheit.

Wir schauen der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs positiv entgegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind am Ende der ersten Beratung des Gesetzentwurfs. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf zur vertieften Erörterung an den Innenausschuss – federführend – und mitberatend an den Rechtsausschuss zu überweisen. –

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Idee!)

Dem wird nicht widersprochen. Damit ist es so beschlossen.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesjustizvollzugsgesetzes, des Landessicherungsverwahrungvollzugsgesetzes, des Landesjugendarrestvollzugsgesetzes, des Landesjustizvollzugsdatenschutzgesetzes und der Schiedsamtsordnung Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/12927 – Erste Beratung

Auch hier haben die Fraktionen eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Ich darf zunächst einem Mitglied der regierungstragenden Fraktionen das Wort zur Begründung erteilen. Das soll Abgeordneter Denninghoff von der Fraktion der SPD sein. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute über den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung der rheinland-pfälzischen Vollzugsgesetzgebung. Hinter dem recht sperrigen Titel „Landesgesetz zur Änderung des Landesjustizvollzugsgesetzes, des Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes, des Landesjugendarrestvollzugsgesetzes, des Landesjustizvollzugsdatenschutzgesetzes und der Schiedsamtsordnung“ verbirgt sich jedoch ein recht schlankes Regelungswerk zur Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten der Strafgefangenen sowie des finanziellen Ausgleichs.

So wird nach der Verabschiedung des Gesetzes die Kommunikation der Strafgefangenen über kontaktlose Verfahren, also per Videoschaltung oder per E-Mail, endlich gesetzlich verankert und schafft somit Rechtssicherheit, vor allem für diejenigen, deren Abhängigkeit vom Rechtsstaat am größten ist.