So wird nach der Verabschiedung des Gesetzes die Kommunikation der Strafgefangenen über kontaktlose Verfahren, also per Videoschaltung oder per E-Mail, endlich gesetzlich verankert und schafft somit Rechtssicherheit, vor allem für diejenigen, deren Abhängigkeit vom Rechtsstaat am größten ist.
Dass die Krise um COVID-19 nicht nur die Außenwelt traf, sondern auch intensiv die Rechte und Möglichkeiten der Gefangenen beschnitt, steht außer Frage. Das Besuchsverbot für Angehörige innerhalb der rheinland-pfälzischen Vollzugsanstalten war und ist immer noch eine immense Belastung für alle Betroffenen. Während das gesellschaftliche Leben außerhalb der Mauern der Justizvollzugsanstalten wieder an Aufschwung gewinnt und persönliche Zusammenkünfte wieder möglich sind, bleibt den Inhaftierten und ihren Angehörigen lediglich die Möglichkeit des zähen Briefverkehrs.
Jene, die am gesellschaftlichen Leben ohnehin keine Teilhabe, keine zahlreichen und abwechslungsreichen Sozialkontakte oder keinen freien Zugang zu jeglichen Kommunikationsmitteln haben, betrifft ein Kontaktverbot umso schwerer. Umso bedeutsamer ist dieses Gesetz, das den Insassen trotz des strikten Besuchsverbots eine Möglichkeit der Kommunikation per Videobesuch oder E-Mail-Verkehr, wie sie im digitalen Zeitalter üblich sind, bietet.
Die Möglichkeit des Video- statt eines Präsenzbesuchs ist auch bezüglich Sicherheitskriterien als sehr vorteilhaft zu bewerten. Zudem minimiert sich der Kontrollaufwand des Schriftverkehrs gegenüber einem Brief. Etwaige Beigaben verbotener Substanzen fallen beim E-Mail-Verkehr schlicht weg.
Bezüglich des Kostenaufwands erweist sich dieser Gesetzentwurf als schlank. E-Mail-Zugang und Videotelefonie sind nahezu überall bereits probeweise vorhanden. Andernfalls kann dies aus den bereits vorhandenen IT- und Telefonmitteln abgedeckt werden. Wichtig zu benennen ist, die Gesetzesänderung ist für eine Krisensituation, wie es die COVID-19-Pandemie ist, gedacht. Demnach entstehen keine unmittelbaren Kosten bei Inkrafttreten des Gesetzes.
Insgesamt kann von einem fortschrittlichen Gesetzentwurf gesprochen werden, der die Lebensverhältnisse und Möglichkeiten der Inhaftierten denen der Bevölkerung an
gleicht. Den Belangen der Gefangenen wird in einem Sozialstaat auch in einer Krisensituation Rechnung getragen, und ihre Sozialbedürfnisse werden nicht vergessen. Ein Haftvollzug bedeutet zwar Einschränkungen bei sozialer Teilhabe, nicht jedoch vollkommene Isolation. Nur so kann eine erfolgreiche Rückführung in das gesellschaftliche Leben gelingen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat es schon ausgeführt: Wir haben einen Gesetzentwurf mit einem langen Titel, aber mit einem begrenzten Inhalt. Ich möchte mit dem letzten Teil des Gesetzes, mit der Änderung der Schiedsamtsordnung, anfangen.
§ 36 Schiedsamtsordnung regelt die Höhe der Gebühren für das Sühneverfahren. Die Verfahrensgebühr beträgt zehn Euro und wird bei erfolgreichem Sühneversuch verdoppelt. Sie kann auf bis zu 40 Euro, je nach Umfang der Sache oder den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten, erhöht werden. Die Schiedspersonen erhalten 60 % und die Kommunen 40 % für den sachlichen Aufwand.
Die Gebühr ist seit dem Jahr 1991 nicht mehr verändert worden. Wir sind jetzt in erster Beratung. Ich denke, wir werden dem sehr wohlwollend in der Ausschussberatung gegenüberstehen, diese Gebühr von zehn Euro auf 15 Euro zu erhöhen. Das mag zwar eine Erhöhung um 50 % darstellen, aber wir halten das durchaus für angemessen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass unsere Schiedsfrauen und Schiedmänner zur Entlastung der Justiz beitragen, eine streitschlichtende Funktion wahrnehmen und damit zum Rechtsfrieden in unserem Land beitragen.
Die anderen drei Regelungsbereiche sind der CoronaPandemie geschuldet. Es geht um den Videobesuch, die audiovisuelle Verbindung, die Zusendung von E-Mails an gewisse Behörden-E-Mail-Konten und eine Billigkeitsentscheidung in Krisensituationen, wenn die Entgelte für die Gefangenen wegbrechen. Dies ist der besonderen Situation geschuldet. Auch diesen Punkten werden wir in der Ausschussberatung konstruktiv und wohlwollend entgegentreten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute befassen wir uns in erster Beratung mit Gesetzesänderungen im Bereich der Justiz und der Schiedsamtsordnung. Ich werde nicht noch einmal alle Gesetze vorlesen. Wir haben sie schon zweimal gehört. Es sind hauptsächlich Novellierungen dieser einzelnen Gesetze, die notwendig, aber mit größter Sorgfalt zu behandeln sind.
In Nordrhein-Westfalen und Sachsen wurden in diesem Bereich bereits seit mindestens drei Monaten große Fortschritte gemacht. Folglich ist es Zeit, diese auch in Rheinland-Pfalz umzusetzen. Glücklicherweise sind unsere Justizvollzugsanstalten in Rheinland-Pfalz weitestgehend vom Coronavirus verschont geblieben. Ausschlaggebend dafür ist, Besuche in den Justizvollzugsanstalten sind aktuell nicht gestattet – Ausnahmen gelten zum Beispiel für Rechtsanwälte –, da das Virus nur von außen in die Anstalten hereingebracht werden könnte.
Deshalb ist es zwingend notwendig, die ersten Schritte auf dem schnellsten Weg zu verabschieden, um weiterhin unsere Insassen in rheinland-pfälzischen Gefängnissen zu schützen. Das Gute an dieser Novellierung ist auch, dass gleichzeitig eine präventive Maßnahme damit eingeführt wird.
Schaut man sich den Bundesdrogenbericht genauer an, so stellt man fest, fast die Hälfte aller Inhaftierten in den untersuchten Justizvollzugsanstalten hat ein Drogenproblem oder treibt einen schwunghaften Handel. Durch die Umstellung auf Videotelefonie und die Möglichkeit, E-Mails an eine behördliche Adresse zu senden, verringert man in erheblichem Maße das illegale Einschmuggeln von Betäubungsmitteln und anderen Gegenständen durch Briefsendungen oder persönliche Übergabe an Gefangene in den Justizvollzugsanstalten.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die Debatte über die Anschaffung eines speziellen Scanners, der Drogen im Papier feststellen kann, die wir schon im Plenum geführt haben. Dabei war die Rede davon, die traditionellen Postsendungen durch E-Mails zu ersetzen, um eine gewisse Sicherheit zu schaffen. Es bleibt daher zu hoffen, dass die illegale Einfuhr von verschiedenen illegalen Gemischen, aber auch Handys und Zubehör wie SIM-Karten unterbunden oder zumindest stark eingeschränkt wird.
Des Weiteren bedient die Novellierung eine soziale Komponente. Viele Justizvollzugsanstalten waren während der
Corona-Phase für Besucher geschlossen, sodass vielen Insassen die soziale Bindung zu Familien und Freunden fehlte. Diese haben nun die Möglichkeit, mit ihren Familienmitgliedern und Freunden über die Videotelefonie oder EMails zu kommunizieren. Dadurch bleibt vielen Besuchern ein mehrfach längerer Anfahrtsweg erspart. Es ermöglicht gleichzeitig, dass Familienmitglieder, die beispielsweise gesundheitlich oder finanziell eingeschränkt sind, weshalb ein klassischer Besuch nicht möglich ist, Kontakt aufnehmen können.
Weiter können mit der Videotelefonie Freunde und Familienmitglieder von Inhaftierten Kontakt aufnehmen, die vorher eine größere Scham hatten, ein Gefängnis zu betreten. Eine Kommunikationsform, die für viele Menschen außerhalb von Gefängnismauern längst selbstverständlich ist, kann damit eingeführt werden.
Die angehobenen Vergütungen der Billigkeitsentschädigungen können ohne weitere Bedenken wie vorgeschlagen angenommen werden. Gleiches gilt für die Änderung der Schiedsamtsordnung, bei der die Gebühren nach § 36 Abs. 1 und 2 angehoben werden. Da die Gesetzesänderungen anscheinend kostenneutral sind, empfinden wir als AfD-Landtagsfraktion diese Änderungen für angemessen und erforderlich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten begrüßen den Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen ausdrücklich. Er zeigt eindrücklich, wie wir schnell und gleichzeitig umfassend handeln und in Krisenzeiten stark sein können. Mit ihm gestalten wir den Vollzug modern, krisenfest und sehr bürgernah.
Das ging ratzfatz. Jetzt hat Abgeordnete Schellhammer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident, danke. – Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben es gehört: Es liegt ein Gesetzentwurf vor, der viele wichtige Punkte beinhaltet. Ich kann es auch kurz machen. Alle Punkte wurden schon genannt.
Auch meine Fraktion unterstützt die genannten Änderungen und wird dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf mich zunächst bei den regierungstragenden Fraktionen herzlich dafür bedanken, dass sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben und uns damit die Möglichkeit verschaffen, diese Dinge, die wir in den letzten Monaten schon tun, in kürzerer Zeit als wenn es ein Regierungsentwurf gewesen wäre, gesetzlich abzusichern.
Beginnen möchte ich mit der Schiedsamtsordnung. Das ist etwas, das auf Anregung der Kommunen aufgegriffen worden ist. Dort herrschte die Sorge, es könnte auf Dauer schwierig werden, Menschen für diese verantwortungsvolle Tätigkeit zu gewinnen, wenn man seit dem Jahr 1991 die Vergütung nicht anpasst. Wir haben das mit anderen Ländern verglichen. Sie ist dann etwa dem Niveau der anderen Bundesländer angeglichen.
Ich stimme in diesem Punkt Abgeordneten Henter ausdrücklich zu. Es ist eine sehr verantwortungsvolle Arbeit, die dort geleistet wird. Ich bin froh, dass es immer wieder gelingt, Männer und Frauen zu gewinnen, die dies tun. Sich gütlich zu einigen, ist immer noch am ehesten geeignet, den Rechtsfrieden herzustellen. Ich finde gut, dass wir etwas für sie tun können.
Die anderen vorgeschlagenen Dinge sind Dinge, die zum Teil schon aufgrund von Proberegelungen durchgeführt worden sind. Sie haben zu Recht dargestellt, während der ersten Phase der Corona-Pandemie waren Besuche in der Justizvollzugsanstalt überhaupt nicht möglich. Zwischenzeitlich sind sie wieder möglich, aber nur in sehr eingeschränkter Form. Die Anzahl ist nicht so groß wie früher und Ähnliches mehr.
Die Form des Videobesuchs hat sich als außerordentlich hilfreich erwiesen. Ich bin froh, wenn wir es jetzt gesetzlich absichern können. Wie gesagt, wir haben es bisher nur über eine Versuchsklausel machen können. Es hat sich aber außerordentlich bewährt. Es ist sogar in einigen Fällen
dazu gekommen, dass Menschen auf diese Weise Besuch erhielten, die vorher nie Besuch bekommen haben. Ich meine, insofern lohnt es sich, dies für die Zukunft völlig unabhängig davon, ob Corona-Pandemie oder nicht, als Möglichkeit des Besuchs einzuführen.
Verwandte, die weit weg wohnen, sparen auf diese Art und Weise die Fahrtkosten. Wenn ich ganz offen bin, die Kontrolle eines solchen Besuchs ist auch einfacher.
Insofern ist es für die Bediensteten ein Gewinn. Der Briefverkehr würde selbstverständlich für die Justizvollzugsanstalt wesentlich leichter kontrollierbar, wenn mit Zustimmung aller Beteiligten die Verwandten die Briefe an eine Behörden-E-Mail-Adresse schicken und sie dann in der Justizvollzugsanstalt ausgedruckt und zur Verfügung gestellt würden. Wir bräuchten das Papier, das wir zur Verfügung stellen, nicht auf Drogen zu untersuchen.
Das Dritte, das in dem Zusammenhang noch eingeführt wird, ist eine Billigkeitsregelung. Zu der extremen Form ist es in der Pandemie nicht gekommen, aber selbstverständlich ist es theoretisch denkbar, dass sämtliche Arbeitsmöglichkeiten für die Gefangenen zum Erliegen kommen. Das führt zu einem gewissen Einkommensverlust. In außergewöhnlichen Situationen soll die Möglichkeit geschaffen werden, in Form einer Billigkeitsentscheidung helfen zu können.
Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, die heute haben erkennen lassen, dass sie diesen Entwurf mittragen und verabschieden wollen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.