Durch seine jahrelange Erfahrung mit Bürgeranliegen und rechtlichen Beschwerdesituationen ist der Bürgerbeauftragte genau der Richtige für die ombudschaftliche Arbeit, um als unabhängige Stelle ausgleichend tätig zu werden.
Meine Damen und Herren, der Bürgerbeauftragte ist ein Organ des Landtags und hat eine sehr hohe Reputation innerhalb und auch außerhalb des Landtags. Er verfügt über Akteneinsichtsrechte, und der Zugang zum Bürgerbeauftragten ist für die Zielgruppe nicht stigmatisierend.
Die fachliche Arbeit orientiert sich an den Rechten von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII sowie den Kinderrechten. Durch die Aufklärung über Rechte und Verfahren in der Kinder- und Jugendhilfe und die konstruktive Suche nach Lösungen im unmittelbaren Gespräch sollen Beschwerden bearbeitet und möglichst einvernehmliche Ergebnisse erarbeitet werden.
Zur Frage 3: Am 1. Mai ist die Ombudsstelle an den Staat gegangen. Jetzt muss dafür geworben werden, dass man sie auch bekannter macht. Der Bürgerbeauftragte wird hierfür jede Gelegenheit nutzen. In unserer Pressekonferenz am 24. April dieses Jahres wurde die Ombudsstelle vorgestellt. Die Medien haben auch darüber berichtet. Es ist nun die Vorstellung in Konferenzen und Gremien, beispielsweise der Landeskonferenz Heimerziehung, und in Beteiligungswerkstätten geplant. Es sollen des Weiteren Kooperationsgespräche stattfinden, zum Beispiel mit der LIGA, den kommunalen Spitzenverbänden usw.
Des Weiteren soll ein Flyer unter anderem die Träger der Jugendhilfe als Zielgruppen erreichen. Es wird Plakate geben. Es wird ein Roll-Up geben. Es wird natürlich in Zeiten der Digitalisierung – das ist auch wichtig – einen Social-Media-Auftritt geben, zum Beispiel über Facebook. Es wird auch Sprechstunden in den Regionen geben. Die Ombudsstelle wird auch nicht nur dann aktiv, wenn sich junge Menschen und ihre Familien an sie wenden. Nein, der Bürgerbeauftragte kann auch selbst aktiv werden und auf Missstände hinweisen.
Bei allem möchte ich betonen, dass es sich bei der Beschwerdestelle um ein Entwicklungsprojekt handelt. Das heißt, die Ombudsstelle wird ihre Arbeit flexibel den Bedürfnissen der jungen Menschen und ihrer Eltern anpassen, um ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. Bei Bedarf werden wir dann auch die Abläufe nachjustieren.
Zu Frage 4: Die Ombudsstelle ist zuständig für Beschwerden und Anliegen, die die Jugendämter und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Rheinland-Pfalz betreffen. Sie nimmt die Beschwerden von Kindern, von Jugendlichen und ihren Eltern im Hinblick auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe entgegen.
Die Arbeit konzentriert sich auf Klärungsbedarfe im Vorfeld der Hilfen zur Erziehung. Hierzu zählen einerseits stationäre, aber andererseits auch ambulante Hilfen zur Erziehung gemäß § 27 ff. SGB VIII, die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, die Vollzeit
pflege, die Hilfe für junge Volljährige sowie gemeinsame Wohnformen für Mütter und Väter und ihre Kinder. Es geht um Aspekte der Hilfegewährungspraxis, die ebenso Gegenstand der Arbeit sein können wie Fragestellungen im Rahmen laufender Hilfen. Die Ombudsstelle wird unbürokratische und kostenlose Unterstützung und Begleitung in Konfliktfällen bieten.
Es ist auch ein Angebot für diejenigen, die eben nicht wissen, wer nun genau für ihr Anliegen zuständig ist. Es geht auch um eine Unterstützung der Jugendämter und Jugendhilfeeinrichtungen bei der Verbesserung von Beteiligungsund Beschwerdestrukturen. Ich bin davon überzeugt, dass das auch das Vertrauen in die Jugendämter und die Zusammenarbeit im Hilfesystem stärken wird.
Es geht auch um die Sensibilisierung für Kinderrechte und das Wirken als Lobby für Kinder- und Jugendrechte in den Hilfen zur Erziehung, und es geht um ein klares Signal zur Umsetzung der in der UN-Kinderrechtskonvention geregelten Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen.
Frau Ministerin Spiegel, könnten Sie konkret sagen, welche Mindestanforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter gestellt wird?
Es handelt sich bei denen, die die Beschwerden vonseiten des Bürgerbeauftragten bearbeiten, zum einen um den Bürgerbeauftragten selbst. Er hat einen Mitarbeiter an seiner Seite, der eine juristische Ausbildung hat und insoweit auch in Fragen der Kinder- und Jugendhilfe sehr versiert ist. In Kürze ist eine weitere Besetzung für eine Mitarbeit vorgesehen.
Verschiedene Kinder- und Jugendeinrichtungen haben sich schon vor Ort auf den Weg gemacht, eine Ombudsstelle vor Ort bei einem unabhängigen Träger einzurichten. Jetzt meine Frage: Wir beurteilen Sie das? – Ich glaube, dass eine Anlaufstelle vor Ort eine niedrigschwelligere Hilfe ist, als wenn ich im Land den Bürgerbeauftragten konsultiere. Wie sehen Sie also beide Ombudsstellen parallel nebeneinander? Wie bewerten Sie das?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Schneid, wir sehen das als eine eigentlich gute Ergänzung. Das eine macht Sinn, das andere aber auch. Obwohl die Ombudsstelle erst seit wenigen Tagen ihre Arbeit aufgenommen hat, gibt es schon konkrete Anfragen, die aus diesem Bereich an den Bürgerbeauftragten herangetragen wurden.
Wo ich Ihnen durchaus recht gebe, es ist wichtig, miteinander verzahnt und verknüpft zu sein. Deswegen wird es in den nächsten Monaten ein Schwerpunkt der Beschwerdestelle und der Menschen, die dort arbeiten, sein, nicht nur in Mainz zu sein, sondern auch vor Ort Sprechstunden anzubieten und vor Ort Termine wahrzunehmen, um dort in Gespräche zu kommen.
Insofern halte ich die nun neu eingerichtete Ombudsstelle für eine gute Ergänzung dessen, was wir bereits in Rheinland-Pfalz haben.
Vielen Dank für Ihren Bericht, Frau Ministerin. Meine Frage an Sie geht in die Richtung, welche Motivation die Landesregierung für die Einrichtung der Ombudsstelle gehabt hat. Warum erachten Sie es also für wichtig, ein eigenes Beschwerderecht beim Bürgerbeauftragten für Kinder und Jugendliche einzurichten?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ruland, ich glaube, ein wichtiger Grund, warum wir diesen Schritt gegangen sind, ist die ganz konkrete Umsetzung der UNKinderrechtskonvention mit ihren zu Recht benannten Anforderungen, wie die Politik Rahmenbedingungen zu gestalten hat, damit Kinder und Jugendliche zu ihren Rechten kommen.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir merken, dass die Mitbestimmung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe von zentraler Bedeutung ist und wir dieser Bedeutung gerecht werden wollen, indem wir eine solche Struktur aufbauen.
Im Übrigen hat sich auch der Kinderreport 2017 des Deutschen Kinderhilfswerks klar positioniert, dass es wichtig ist, von den Strukturen her dafür Sorge zu tragen, dass Kindern und Jugendlichen mehr Mitbestimmung gewährt wird.
Gerade wenn wir in den Bereich Kinder- und Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung schauen, erschien es uns sehr wichtig, hier mit einer Ombudsstelle auch die Möglichkeit zu schaffen, dass sich die jungen Menschen an eine in ihrem Sinne parteiliche Stelle wenden können.
Frau Ministerin, das letztendlich wirklich Entscheidende, ob eine solche Ombudsstelle Erfolg hat oder nicht, ist doch die personelle Besetzung. Dazu haben Sie in Ihren ersten Ausführungen gar nichts gesagt. Ich würde Sie bitten, noch einmal darzulegen, wie die personelle Ausstattung ist.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, hat sie! Sie müssen auch mal zuhören! Das hat sie doch genau gesagt!)
Sie hat eben auf Nachfrage gesagt, dass das der Bürgerbeauftragte jetzt quasi so mitmacht. Können Sie noch einmal etwas sagen, wie denn der konkrete Stellenplan ist und wie das in Zukunft weitergehen soll?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Huth-Haage, natürlich führe ich sehr gern noch einmal den Aspekt der personellen Ausstattung bei der Beschwerdestelle aus.
Es wurde am 1. Februar dieses Jahres im Büro des Bürgerbeauftragten eine zusätzliche Referentenstelle eingerichtet und auch besetzt. Diese Stelle ist bereits besetzt, die Arbeiten wurden aufgenommen und die nötigen Vorarbeiten bereits geleistet. Dann ist in Kürze die weitere Besetzung der Stelle eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin vorgesehen, die diesen Referenten in seiner Tätigkeit unterstützen soll. Auch der Bürgerbeauftragte selbst ist aber natürlich ein Ansprechpartner in dieser Beschwerdestelle.
Es liegen jetzt noch fünf weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Mündliche Anfrage als beantwortet.
Frau Ministerin, können Sie ungefähr eine Größenordnung nennen, wie viele Betroffene es gibt, die sich theoretisch an die Beschwerdestelle wenden können?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Köbler, im Moment haben wir im Land Rheinland-Pfalz die Situation, dass aktuell knapp 27.000 jungen Menschen Hilfen zur Erziehung
gewährt werden. Alle diese jungen Menschen fallen theoretisch in den Kreis der jungen Menschen, die sich an die Beschwerdestelle wenden können. Natürlich kommen dann auch noch die Kinder und Jugendlichen hinzu, die im Vorfeld der Hilfen zur Erziehung einen Unterstützungsbedarf sehen.
Es gibt keine genauen Fallzahlen zu denjenigen, die sozusagen im Vorfeld von Hilfen zur Erziehung stehen, aber die Tatsache, dass wir bereits in den ersten Tagen – am 1. Mai wurde die Stelle eingerichtet – ganz konkrete Anfragen hatten, zeigt mir, dass das eine sehr sinnvolle Einrichtung ist und wir auf jeden Fall Nachfrage haben werden.
Frau Ministerin, als jemand, der von Anfang an bis heute im landesweiten Heimbeirat Heimerziehung ist, weiß ich, dass die Betroffenen immer sehr sensibel sind, wenn es um ihre eigenen Belange geht. Es war immer die Kritik, dass sie nicht genügend mit einbezogen wurden. Daher die Frage: Inwieweit wurden in die Konzeption dieser neuen Stelle die Betroffenen, die auch im Heimbeirat mitgearbeitet haben, einbezogen und ihre Anregungen aufgenommen?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Huth-Haage, selbstverständlich wurden im Vorfeld der Einrichtung dieser Ombudsstelle nicht nur Gespräche mit denjenigen geführt, die sich im unmittelbaren Personenkreis derjenigen befinden, die Sie eben genannt haben, sondern auch mit den im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe insgesamt Tätigen, aber auch mit den Betroffenen, um zu schauen, wie die Struktur genau aufgestellt und wie es genau konzipiert werden kann.
Ich hatte eben auch darauf hingewiesen, es ist nun bis 2019 als Modellprojekt geplant. In dieser Phase ist es uns ganz wichtig, immer wieder einmal auszutarieren, ob die Strukturen auch zu dem passen, was die Betroffenen von uns brauchen. Wir behalten uns vor, wenn wir da eine Rückmeldung bekommen – selbstverständlich befinden wir uns in Gesprächen mit solchen Personen –, an der einen oder anderen Stelle die Struktur nachzujustieren.
Es sind im Übrigen auch Teilnahmen an den Beteiligungswerkstätten geplant. Zum einen an der Beteiligungswerkstatt „Hilfen zur Erziehung“ und zum anderen an der Beteiligungswerkstatt „UMA“, also der für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, um noch einmal direkt sozusagen mit den Betroffenen oder den potenziell Betroffenen ins Gespräch zu kommen.
Frau Ministerin, es ist gut, dass die Landesregierung die Ombudsstelle beim Bürgerbeauftragten eingerichtet hat. Sie ist noch sehr frisch. Mich würde deswegen interessieren: Wie kann es gelingen, dass die Ombudsstelle in der Öffentlichkeit breiter bekanntgemacht wird, damit also betroffene Kinder und Jugendliche davon erfahren, dass es diese Ombudsstelle überhaupt gibt?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ruland, es ist in der Tat natürlich der Schwerpunkt der Tätigkeit der Ombudsstelle, neben der Beantwortung der ersten konkreten Anfragen, die es bereits gab, in den nächsten Wochen und Monaten dafür Sorge zu tragen, dass die Ombudsstelle im Land bekannter wird, vor allem bei den Kindern und Jugendlichen. Deswegen sind verschiedene Termine geplant. Ich hatte die Beteiligungswerkstätten erwähnt.
Wir wissen alle, dass sich die jungen Menschen wie keine andere Generation ganz selbstverständlich auch online bewegen. Deswegen sind der Onlineauftritt und auch die Onlinebekanntmachung ein ganz wichtiger Aspekt. Es wird aber auch durch die Termine vor Ort in Rheinland-Pfalz in den unterschiedlichen Regionen dafür Sorge getragen, dass man auch dort versucht, die Ombudsstelle noch einmal bekannter zu machen. Es wird darüber hinaus eine Beteiligung am Demokratietag in diesem Jahr geben, und es wird auch eine Präsenz auf dem diesjährigen Tag der Deutschen Einheit geben, der dieses Jahr in RheinlandPfalz stattfinden wird.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich darf die Frage von Herrn Ruland etwas ergänzen. Wir wissen, dass viele Menschen, die von Hilfen zur Erziehung betroffen sind – Familien –, vielleicht keine Zeitung lesen und sich auch nicht in den Welten bewegen, in denen wir uns bewegen, und dann eventuell mit dem Jugendamt in Konflikt kommen können. Wir wissen, dass sie gut arbeiten, aber trotzdem kommt es zu Konfliktsituationen. Wie können diese Menschen davon erfahren, dass sie da auch eine Hilfestellung durch den Bürgerbeauftragten erfahren können?