2. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Auswirkungen von Dürreperioden auf die Grundwasserkörper im Land bzw. auf die Nährstoffkonzentrationen in den Grundwasserkörpern?
3. Welche möglichen Maßnahmen in der Landwirtschaft könnten aus Sicht der Landesregierung zum Schutz unserer Grundwasserkörper in RheinlandPfalz beitragen?
4. Welche konkreten Maßnahmen bzw. Programme setzt die Landesregierung zum Schutz des Grundwassers vor Nährstoff- und Pestizideinträgen um bzw. plant die Landesregierung umzusetzen?
Verehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine internationale Studie hat in diesem Jahr schon für Aufsehen gesorgt. Es wurde darin festgestellt, dass die natürlichen Grundwasservorkommen schrumpfen und in den nächsten 100 Jahren nur die Hälfte der Grundwasserkörper wieder vollständig aufgefüllt werden. Wir wissen alle, dass Starkregenereignisse dazu nicht gut beitragen können, weil das Wasser in die Gewässer abfließt. Hier stehen wir vor erheblichen Problemen, die wir auch in Rheinland-Pfalz sehen.
Wir haben in Rheinland-Pfalz Probleme mit der Grundwasserneubildung. Das thematisieren wir im Zusammenhang mit der Situation des Waldes. Das steht in starkem Zusammenhang mit der Reduzierung von Niederschlägen. Da beklagen wir ein Minus von 40 % in der jüngeren Zeit. Wir
sehen erhebliche Rückgänge. Bei der Grundwasserneubildung haben wir ein Minus von 12 % im Norden identifiziert. Die Prognosen reichen bis zu einem Minus von 25 %. Das ist eine ernst zu nehmende Situation.
Die Wissenschaft spricht von einer Umweltzeitbombe mit erheblichen Auswirkungen auf die Flüsse, Feuchtgebiete und selbstverständlich auf die Landwirtschaft, die davon erheblich betroffen ist. Das ist ein Thema, mit dem wir uns intensiv beschäftigen.
Natürlich haben wir eine starke Wasservergeudung. Weltweit haben wir einen hohen Wasserbedarf. Denken Sie an das Anwachsen der Bevölkerung. Wir haben darüber hinaus das Thema der Wasserverseuchung. Dazu gibt es intensive Diskussionen, beispielsweise die Diskussion über die Wasserrahmenrichtlinie und die Düngeverordnung.
Ich verweise auf Untersuchungen der Kooperation KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirt- schaft). Hier geht es um die Auswirkungen auf den Boden, das Grundwasser bezüglich des Klimawandels und die Anpassungsstrategie, die mein Ministerium zum Thema „Trinkwasser“ für die Zukunft vorgelegt hat.
Zu Frage 1: Es ist ganz schwierig, Grundwasserkörper einzugrenzen; denn sie sind bis zu 200 km2 groß. Wir können also nur von den Regionen sprechen. Wie gesagt, wir haben weniger Niederschläge, höhere Jahresmitteltemperaturen – das wissen Sie – und lange Vegetationsperioden in manchen Gebieten. Wir können von Risikogebieten sprechen. Das sind die Gebiete, die schon heute trocken sind, zum Beispiel Rheinhessen, die Vorderpfalz, das Maifeld, die Täler der Mosel.
Wir sehen gerade im Pfälzerwald und im Oberrheingraben, dass wir 25 % weniger bei der Grundwasserneubildung verzeichnen können. Prognostiziert werden für die übrigen Landesteile 15 % bis 25 %. Das ist eine erhebliche Veränderung, die droht.
Das hat weitere Folgen. Durch die Trockenheit steigt der Bewässerungsbedarf. Das heißt, die mangelnde Neubildung trifft auf höheren Bedarf und führt unter Umständen zu einer weiteren Absenkung. Was das für die Feuchtgebiete, Thema „Biodiversität“, bedeutet, lässt sich hierdurch verdeutlichen.
Die Entwicklung der Moore in Rheinland-Pfalz, bundesweit und europaweit kann zur Folge haben, dass wieder erhebliche CO2-Mengen freigesetzt werden. Das ist das Gleiche wie bei unserem Wald als CO2-Speicher. In dem Moment, in dem solche Ökosysteme zerstört werden bzw. bedroht sind, wird gleichzeitig der Klimawandel verstärkt. Das ist eine Spirale, die mit immer größerer Geschwindigkeit auf eine dramatische Situation zusteuert.
Zu Frage 2: Die quantitativen Folgen habe ich eben schon angesprochen. Die qualitativen Folgen will ich auch nennen. Es ist klar, dass eine Konzentration von Nähr- und Schadstoffen stattfindet. Das lässt sich leicht nachvollziehen, das betrifft die Nitratproblematik und die Pestizide. Insbesondere in trockenen Phasen im Sommer wird Nitrat von den Pflanzen schlecht aufgenommen. Im Winter, wenn mehr Regen vorhanden ist, wird es stärker ausgewaschen.
Hier gibt es eine Negativentwicklung. Es kommt dazu, dass Düngemittel in solchen Trockenphasen von den Pflanzen nicht ausreichend aufgenommen werden können. Insofern sehen wir das mit großer Sorge und müssen uns damit befassen, wie wir die Aufbereitung von Trinkwasser angehen. Ich verweise noch einmal auf das Strategiepapier, das mein Ministerium bereits veröffentlicht hat.
Zu den Fragen 3 und 4: Diese Fragen möchte ich zusammenfassen. Was kann man tun? Das Erste, was wir tun müssen, ist, den Klimawandel zu stoppen. Wir müssen unbedingt verhindern, dass durch weitere Emissionen von Treibhausgasen die Erderhitzung weitergeht. Hier stehen wir in großer Verantwortung und sehen gerade bei diesem Punkt der Tagesordnung die Auswirkungen auf die Grundwassersituation.
Das ist übrigens für die nächsten Generationen ein sehr wichtiges Thema; denn das, was wir heute als Grundwasser haben, müssen wir für die künftigen Generationen schützen. Darum ist eine intensive Diskussion über das Thema „Düngeverordnung“ wichtig. Ich war gestern in Berlin; ich war im Landtag deswegen gestern entschuldigt. Es geht um die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie, die Düngeverordnung und den Schutz des Trinkwassers und der Gewässer vor Nitrat und Pestiziden. Das hat oberste Priorität.
Allerdings ist es auch die EU – das muss man leider sagen –, die die mangelnde Handlungsfähigkeit der Bundesregierung inzwischen beflügelt. Wir haben ein Zweitverfahren, das eingeleitet wird. Hohe Vertragsstrafen drohen. Unter diesem Druck kommen wir hoffentlich zu einem Ergebnis. Maßnahmen sind, die Düngung so zu gestalten, dass sie dem Bedarf der Pflanzen entspricht. Es ist gar nicht so einfach mit in die Diskussion zu bringen, dass Pflanzen einen Bedarf haben. Es geht letztendlich darum, wirklich zu vermeiden, dass es negative Auswaschungen aller Schadstoffe gibt.
Natürlich ist unsere Anstrengung in Rheinland-Pfalz wichtig, die Ökolandwirtschaft weiter zu stärken; denn sie bringt keine Pestizide und viel weniger Nitrat in die Gewässer, wie das Bundesinstitut neulich in einer Studie bestätigt hat. Für uns ist wichtig, dass alle Maßnahmen zum Schutz unserer Gewässer und Grundwasserkörper greifen.
Es wird eine weitere Diskussion geben, ob wir weiter mit dem Wasser so verschwenderisch umgehen können. Das betrifft beispielsweise auch die Wirtschaftsweisen, den hohen Verbrauch an Textilien, um einmal von der Landwirtschaft wegzugehen. Da wird sehr viel Wasser verbraucht. Da wird sich in Zukunft einiges ändern müssen.
Frau Ministerin, ich konnte in meiner Region an einer Veranstaltung des NABU teilnehmen. Von einem Professor
wurde ausgeführt, dass Teile des Kanalnetzes in Deutschland bis zu 80 % marode sind. Wie schätzen Sie eine solche Aussage ein? Hat das Auswirkungen?
Das hat natürlich Auswirkungen. Nicht unbedingt für das Grundwasser – das kommt immer sehr auf die regionale Situation an –, aber wir müssen negative Austragungen in allen Bereichen vermindern. Darum unterstützen wir übrigens mithilfe unseres Wassercents die Kommunen bei Sanierungsmaßnahmen. Inzwischen nimmt das einen hohen Stellenwert ein.
Es geht aber auch um die weitere Verbesserung der Kläranlagen, die in Rheinland-Pfalz sehr intensiv verfolgt wird, übrigens auch mit sehr positiven Maßnahmen interkommunaler Zusammenarbeit, um die Probleme gemeinsam zu lösen.
Frau Ministerin, danke für die Darstellung des Problems. Ich würde gerne zum Zusammenhang zwischen der fehlenden Grundwasserneubildung und dem Problem, das im Wald entsteht, eine Nachfrage stellen. Sie hatten das in einem Nebensatz erwähnt. Vielleicht könnten Sie das noch einmal ausführen.
Es hängt, gerade beim Klimaschutz und der Klimaveränderung, alles mit allem zusammen. Das macht es manchmal so schwierig, konkret anzusetzen und schnelle Lösungen zu finden. Wir brauchen eine generelle Umsteuerung.
Der Wald ist ein gutes Beispiel für diesen Zusammenhang; denn in dem Moment, in dem sich der Wald negativ entwickelt – wir sprechen ja schon von einem neuen Baum- und Waldsterben – verliert der Wald seine schützende Funktion für das Wasser. Damit entstehen wieder negative Auswirkungen auf die Grundwassersituation und das gesamte Ökosystem.
Frau Ministerin, Sie haben eben von Mooren gesprochen, die Sie auch im Nationalpark wieder anzulegen versuchen. Können Sie in Rheinland-Pfalz ein nennenswertes, bekanntes Moor nennen, das vertrocknet ist? Eines würde mir reichen.
Das ist genau eines, das nicht im Besitz des Staatswalds ist. Mir fällt der Name jetzt nicht ein. Es gibt tatsächlich ein großes Moor in Rheinland-Pfalz, in dem unter Bewirtschaftungsbedingungen die Moorfunktion nicht mehr aufrechterhalten wurde oder werden kann. Es ist aber schwierig, dort mit staatlichen Maßnahmen einzugreifen. Nichtsdestotrotz müssen wir all diese Gebiete in den Blick nehmen. Wir tun im Moment sehr viel dafür, um die Moore, die unserem Zugriff unterliegen, tatsächlich zu erhalten und wieder zu benässen.
Frau Ministerin, Sie haben von Wasserverschwendung gesprochen und dabei unter anderem die Papierindustrie genannt. Mich würde interessieren, wer aus Ihrer Sicht die Haupttreiber dieser Wasserverschwendung in RheinlandPfalz sind.
Wir haben keine große Papierindustrie. Aber wer sind die Haupttreiber, und was wären aus Ihrer Sicht die Konsequenzen?
Ich habe die Papierindustrie gar nicht genannt, aber wenn Sie die nennen, ist das ein ganz guter Hinweis.
(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Textil! – Abg. Martin Brandl, CDU: Ah, Entschuldigung, Textil! Ich nehme es zurück! Frau Ministerin, entschuldigen Sie, Textil hatten Sie gesagt!)
Genau, Textil. Es geht um unsere Konsumgewohnheiten und den unglaublichen Verbrauch von Textilien. Alle fünf Minuten ein neues T-Shirt, eine neue Hose zu Billigpreisen haben ihren Preis. Das ist das, was die Verbraucherzentralen auf deren Seiten und auf Messen immer darstellen: das
virtuelle Wasser, das weltweit verbraucht wird. Daran sind wir als Konsumenten alle beteiligt: diese Verschwendung durch unsere Konsumgewohnheiten noch zu unterstützen.
Frau Ministerin, welche Auswirkungen hat das Wassersparen grundsätzlich auf das Nichtabsenken des Grundwasserspiegels? Wo sehen Sie noch große Potenziale, insbesondere im öffentlichen Raum, bei den Kommunen, um Wasser einzusparen?
Das Wassersparen ist einerseits eine große Notwendigkeit. Wenn wir uns aber auf der anderen Seite unsere Kanalsysteme ansehen, sind diese für weniger Wasserverbrauch im Haushalt nicht ausgelegt. Wir müssen die Dinge zusammenbringen. Insgesamt müssen wir zu Wirtschafts- und Konsumweisen kommen, mit denen wir unsere Grundwasserkörper schützen, mit dem Wasser sparsam umgehen und unsere eigene Wasser- und Abwasserstruktur optimieren.
Frau Ministerin, würden Sie mir oder dem Hause nachliefern, wo das Moor ist, das aufgrund des Absinkens des Grundwasserspiegels in Rheinland-Pfalz trockenfällt? Das wäre schon wichtig.