Protokoll der Sitzung vom 22.08.2019

Frau Ministerin, es ist bekannt, dass wir im ländlichen Raum durchaus zunehmend Leerstände im Wohnungsbereich haben, wohingegen in den Städten und in den Ballungsgebieten Baulandmangel, aber auch Wohnraummangel – jedenfalls zum Teil – besteht, dessen Behebung mit erheblichen verkehrlichen, aber auch ökologischen Problemen verbunden ist.

Sehen Sie in dieser Entwicklung ein Problem, und was tut die Landesregierung gegebenenfalls, um diesem Trend entgegenzuwirken?

Ich könnte dazu eine Reihe von Punkten nennen, aber im Hinblick auf die Zeit will ich ein Beispiel herausgreifen. Mir ist es zum Beispiel besonders wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz die soziale Wohnraumförderung nicht nur als Mietwohnraumförderung im Geschosswohnungsbau verstehen, sondern dass ein wesentlicher Bestandteil unserer sozialen Wohnraumförderung auch die soziale Wohneigentumsförderung ist. Wir haben in Rheinland-Pfalz mit über 50 % eine extrem hohe Eigentümerquote im bundesweiten Vergleich und wollen natürlich, dass diesen Weg auch Menschen mit einem mittleren Einkommen gehen können. Wir halten dies für eine gute Möglichkeit, dass gerade diese Personengruppe im Umland oder im weiteren Umland von Städten sich Wohnungen oder Häuser erwirbt, diese zum Teil auch wiederherstellt und damit Wohnraum wieder reaktiviert und an anderer Stelle Wohnraum frei macht.

Wir haben manchmal Schwierigkeiten, dieses Instrument auf Bundesebene zu erklären, wenn zu sehr nur auf die Städte geachtet wird. Deswegen legen wir einen großen Wert auf ein Instrumentarium, welches der Struktur des Landes Rechnung trägt und das alle Möglichkeiten in den Blick nimmt. Die soziale Wohneigentumsförderung, die sehr gut läuft, ist aus meiner Sicht ein solches Instrument, um verstärkt auch im ländlichen Raum Aktivitäten entfalten zu können. Sie geht ganz überwiegend in den ländlichen Raum.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Martin.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Sie haben zutreffend ausgeführt, dass gerade in Städten, bei denen es eine besonders hohe Nachfrage nach Wohnraum gibt, die Preise für die Grundstücke tendenziell höher sind und steigen. Wie beurteilt die Landesregierung die Verschärfung dieser Situation durch die Grunderwerbsteuer? Macht es diese Steuer in der derzeitigen Höhe aufgrund der sich verschärfenden Wirkung nicht noch komplizierter?

Sie wissen, dass wir in Rheinland-Pfalz eine Grunderwerbsteuer von 5 % haben, und Sie wissen auch, dass im bundesweiten Vergleich nicht von einer Verschärfung gesprochen werden kann, weil wir uns damit in einem guten Mittelfeld bewegen, eher am unteren Rand; denn andere Länder haben eine deutlich höhere Grunderwerbsteuer von 6 bzw. 6,5 %.

Ich halte die Grunderwerbsteuer in dem Umfang, wie wir sie in Rheinland-Pfalz haben, für gut vertretbar. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Eine allgemeine Absenkung der Grunderwerbsteuer würde zu erheblichen Einnahmeverlusten führen. Auf der anderen Seite brauchen wir aber gerade Mittel, um zum Beispiel gezielt soziale Wohneigentumsförderung für bestimmte Einkommensgruppen zu machen, es ist also eine sehr zielgerichtete Förderung. Insofern kann ich sagen, eine maßvolle Grunderwerbsteuer im Bundesvergleich plus eine gezielte Förderung, zum Beispiel bei der sozialen Wohneigentumsförderung, halte ich für einen guten Maßnahmenmix.

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich rufe damit die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Roth und Cornelia Willius-Senzer (FDP), Kooperationsvereinbarung zwischen Justizministerium und Arbeitsagentur – Nummer 4 der Drucksache 17/9818 – betreffend, auf.

Der Abgeordnete Roth trägt die Fragen vor.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Vorteile verspricht sich die Landesregierung von einer solchen Kooperationsvereinbarung?

2. Wird damit gerechnet, dass eine verbesserte Integration in den Arbeitsmarkt die Zahl von Rückfällen in erneute Straffälligkeit reduzieren kann?

3. Welche konkreten und praktischen Umsetzungsschritte plant die Landesregierung?

Für die Landesregierung antwortet Herr Justizminister Mertin.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Bei der Entlassung aus dem Justizvollzug, also beim Übergang von der Haft in das Leben in Freiheit, kommt der Vorbereitung der Gefangenen auf den Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle zu. Mit der vorliegenden Vereinbarung ist es gelungen, die Grundlage für ein in allen rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen einheitliches Dienstleistungsangebot der Agentur für Arbeit zu schaffen. Künftig kann der schwierige Übergang von der Haft in das Leben in Freiheit frühzeitig durch entsprechende Beratungs- und Förderangebote der Agentur für Arbeit unterstützt und begleitet werden.

Dies bedeutet in der Praxis, dass mindestens drei Monate vor Haftentlassung mit der Vorbereitung einer Arbeitsbzw. Arbeitsplatzsuche begonnen werden kann. Ebenso kann mit der Erarbeitung individueller Möglichkeiten einer beruflichen Qualifizierung begonnen werden.

Zudem wird es nun möglich sein, notwendige Anträge auf finanzielle Leistungen wie den Bezug von Arbeitslosengeld I bereits in Haft einzuleiten und mit dem Tag der Entlassung vollständige Unterlagen bei den Agenturen und Jobcentern zur weiteren Bearbeitung vorzulegen. Diese Vorgehensweise verkürzt Warte- bzw. Bearbeitungszeiten und schafft die Voraussetzung dafür, dass nach Haftentlassung schnell stabile finanzielle Verhältnisse geschaffen werden können.

Zu Frage 2: Die Integration in Arbeit und Erwerbstätigkeit ist ein zentraler Faktor für die Vermeidung von Rückfällen in erneute Straffälligkeit. Dabei geht es nicht nur um die Absicherung des Lebensunterhalts, sondern immer auch um wichtige Aspekte von sozialer und kultureller Teilhabe und das Erleben von Zugehörigkeit.

Die neue Kooperationsvereinbarung ist ein wichtiger Baustein zur erfolgreichen Wiedereingliederung von Haftentlassenen in die Gesellschaft. Es ist daher zu erwarten, dass sie sich positiv auf die Gefangenen auswirkt.

Zu Frage 3: Um dem Thema entsprechendes Gewicht zu verleihen und die nachhaltige Umsetzung zu unterstützen, werden Leitungs- und Praxisebene der Arbeitsagentur und des Vollzugs am 16. Oktober 2019 zu einer Auftaktveranstaltung ins Ministerium der Justiz eingeladen. Teilnehmen werden auf der einen Seite die Leitenden der jeweils zuständigen örtlichen Agenturen für Arbeit sowie die künftig in den Anstalten tätig werdenden Resozialisierungsund Arbeitsberater, auf der anderen Seite die Anstaltsleiterinnen und die Anstaltsleiter mit den in jeder Anstalt benannten Übergangskoordinatorinnen und Übergangskoordinatoren.

Die Agentur für Arbeit und der Justizvollzug werden sich

in Form von Impulsvorträgen jeweils mit ihren besonderen Perspektiven und Möglichkeiten vorstellen. Mit sachkundiger externer Moderation sollen sodann konkrete und verbindliche Umsetzungsstandards gemeinsam erarbeitet werden.

Um den beginnenden Umsetzungsprozess zu unterstützen und zu begleiten, soll eine vergleichbare Veranstaltung zur Bilanzierung und Erfolgskontrolle nach dem Ablauf von etwa zwei Jahren durchgeführt werden. Außerdem ist zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Kooperationspartner im Rahmen von Regionalkonferenzen vereinbart, in die die örtlichen Ansprechpartner der Anstalten und der Agentur für Arbeit jeweils einbezogen werden.

Im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen und Tagungen, so zum Beispiel im November dieses Jahres bei der Fachtagung für die Sozialen Dienste des Vollzugs und der Bewährungshilfe, sollen die Inhalte der Kooperationsvereinbarung vorgestellt werden.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Roth.

Herr Minister, vielen Dank für die Beantwortung. Sie haben die Schaffung eines einheitlichen Dienstleistungsangebots der Agentur für Arbeit als Erfolg bewertet. Wie war die Zusammenarbeit bislang geregelt?

Das hing bisher sehr stark von den persönlichen Beziehungen der handelnden Personen vor Ort ab, sowohl auf der Seite der Justizvollzugsanstalten als auch der Arbeitsagenturen. Es war zum Beispiel sehr gut im Bereich Wittlich, wo die örtliche Arbeitsagentur etwa eine Grundausbildung im Metallwesen finanziert hat. Aber es hat nicht überall so gut funktioniert.

Man geht davon aus, dass jetzt gemeinsame Standards geschaffen werden, die dieses Übergangsmanagement überall erleichtert.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Willius-Senzer.

Vielen Dank. – Herr Minister, gibt es genügend Gefangene, die von ihrem Ausbildungsstand her auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben?

Die Voraussetzungen, die die Gefangenen mitbringen, sind sehr unterschiedlich. Manche haben nicht einmal eine ab

geschlossene Schulausbildung, andere haben bereits eine Ausbildung, andere haben die Ausbildung abgebrochen. Das muss man sich im Einzelfall im Rahmen des Strafvollzugs anschauen. Abhängig davon, wie lange die Haftdauer ist, bemüht man sich, entsprechende Defizite abzubauen, sei es, dass man Schulabschlüsse nachholen kann. Das geht so weit, dass man auch einen Beruf erlernen kann mit entsprechender Abschlussprüfung bei der IHK oder der Handwerkskammer. Das hängt im Einzelfall von den Voraussetzungen ab, die der Gefangene mitbringt und was man nacharbeiten konnte.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Weber.

Herr Minister, strebt die Landesregierung an, mit weiteren Kooperationspartnern oder Institutionen zusammenzuarbeiten?

Das Übergangsmanagement betrifft nicht nur die Arbeitsagentur, sondern es geht um die Wiedereingliederung des Gefangenen. Kommunen, die mit einem Jobcenter ausgestattet sind, sind für uns zum Beispiel auch Ansprechpartner. Das wäre der nächste Schritt, den wir versuchen anzugehen, weil auch hier bestimmte Dinge vorbereitet werden können.

Das Wichtige ist, dass man nicht wartet, bis der Gefangene entlassen wird und dann das Verfahren in Gang gesetzt wird, sondern dass man versucht, in der Zeit gegen Ende der Haftzeit die Dinge so weit wie möglich vorzubereiten, damit sie in die Gesellschaft eingegliedert werden können. Wenn sie erst nach der Haftentlassung anfangen, die Anträge zu stellen, gibt es nachteilige Wirkungen.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Lerch.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, ob solche Kooperationsvereinbarungen in anderen Bundesländern existieren, und liegen Erfahrungsberichte vor?

Meines Wissens gibt es ähnliche Vereinbarungen zum Beispiel in Baden-Württemberg. Alle gehen davon aus, dass sich das positiv auswirkt. Auch aus Sicht der Arbeitsagentur ist das so, weil sie ein hohes Interesse daran hat, Fachkräfte in die Wirtschaft zu vermitteln. Natürlich befinden sich auch unter den Gefangenen Fachkräfte, die die Wirtschaft sucht. In der heutigen Situation ist es etwas leichter, für Gefangene unter Umständen eine Arbeit zu finden. Gleichwohl kann es eine sehr spezielle Klientel sein. Das muss vorher vorbereitet werden.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Andreas Hartenfels, Jutta Blatzheim-Roegler und Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Grundwasserschutz in Rheinland-Pfalz – Nummer 5 der Drucksache 17/9818 – betreffend, auf.

Frau Blatzheim-Roegler trägt vor.

Sehr geehrter Herr Präsident, wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Grundwasserkörper in Rheinland-Pfalz sind aufgrund der geringen Grundwasserneubildungsrate besonders sensibel für Einträge von Nährstoffe (wie z. B. Stickstoff oder Phosphor) bzw. Pestizide?

2. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Auswirkungen von Dürreperioden auf die Grundwasserkörper im Land bzw. auf die Nährstoffkonzentrationen in den Grundwasserkörpern?