Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

Wir werden weiterhin daran arbeiten, dass wir in dieser Spitzengruppe bleiben. Ich darf Herrn Baldauf zitieren: „Nicht loben, sondern machen“, hat er gesagt. Wir machen es einfach.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Frisch von der Fraktion der AfD.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Am 20. November 1989 wurde das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz die Kinderrechtskonvention, von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommen und in den Folgejahren von nahezu allen Staaten der Erde ratifiziert.

In 41 Artikeln hat man hier wesentliche Standards zum Schutz von Kindern festgelegt und deren Bedeutung für das Kindeswohl herausgestellt. Dieses Regelwerk gilt für alle Kinder weltweit, ganz gleich, wo sie leben, welches Geschlecht, welche Hautfarbe oder Religion sie haben; denn eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie brauchen besonderen Schutz und Fürsorge, um sich gesund entwickeln und voll entfalten zu können.

Mehr als drei Jahrzehnte später hat jetzt das Deutsche Kinderhilfswerk einen Kinderrechte-Index vorgelegt, der sich auf eben jene Konvention bezieht und den Anspruch erhebt, die Umsetzung von Kinderrechten in den einzelnen Bundesländern zu analysieren und zu bewerten. Folgt man dem Ergebnis dieser Studie, ist Rheinland-Pfalz dabei über dem Durchschnitt. Der Titel der Aktuellen Debatte spricht sogar von einem „Spitzenplatz“.

Das, meine Damen und Herren, klingt zunächst einmal sehr erfreulich, aber angesichts der von den Ampelfraktionen gewohnten Selbstbeweihräucherung ist grundsätzlich Misstrauen gegenüber solchen Erfolgsmeldungen angebracht. Deshalb haben wir uns die Studie näher angeschaut und sie mit der rheinland-pfälzischen Kinder- und Familienrealität verglichen, so wie sie sich jenseits regierungsamtlicher Verlautbarungen darstellt.

Beginnen wir mit dem Recht auf Leben. Die Kinderrechtskonvention bekräftigt in Artikel 6 das Lebensrecht jedes Kindes, das Kinderhilfswerk bezeichnet es ausdrücklich als Grundlage der weiteren Rechte für Kinder. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Solange aber Jahr für Jahr 4.000 Kinder in Rheinland-Pfalz vor ihrer Geburt getötet werden und das auch noch mit Steuermitteln finanziert wird, kann wohl niemand ernsthaft behaupten, dieses Recht sei angemessen verwirklicht.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Leider ist davon im Kinderrechte-Index nichts zu lesen. Das ist nur ein Beispiel für die selektive Perspektive, die er einnimmt.

Nehmen wir die Rolle der Eltern. Artikel 18 der Konvention betont, dass in erster Linie sie für die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder verantwortlich sind. Artikel 7 spricht sogar von einem Recht des Kindes, von seinen Eltern betreut zu werden. Auch hier sieht die Realität anders aus. Kinder verbringen immer weniger Zeit mit ihren Eltern, Erziehung wird bewusst in staatliche Einrichtungen verlagert, Väter und Mütter werden ökonomischen Zwängen ausgesetzt, die es ihnen selbst dann unmöglich machen, sich mehr um ihre Kinder zu kümmern, wenn sie dies möchten.

Oder nehmen wir Artikel 31 der Konvention, der das Recht des Kindes auf Freizeit und auf freie Teilnahme am kulturellen Leben betont. Wie viel bleibt denn heute noch von diesem Recht in einer zunehmend durchgetakteten

Kinderwelt, die schon früh mit einem achtstündigen KitaAufenthalt beginnt und sich später in der Ganztagsschule nahtlos fortsetzt?

Was ist eigentlich mit der in Artikel 12 geforderten Berücksichtigung des Kindeswillens, wenn ein Kind lieber mehr Zeit mit Eltern und Geschwistern verbringen möchte, als es Politik und Gesellschaft ihm zugestehen?

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass diese Aspekte viel wichtiger sind als manche Indikatoren, die die Studie als Beleg für die angebliche Verwirklichung von Kinderrechten herangezogen hat. Dass beispielsweise das Wahlalter mit 16 für eine dem Alter und der Reife angemessenen Mitbestimmung erforderlich sei, ist eher eine links-grüne Forderung als ein objektives Kriterium.

Ähnliches gilt für die Annahme, die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren oder der Rechtsanspruch auf Inklusion an Regelschulen seien Indikatoren für die Umsetzung des Rechts auf Bildung, oder die Gesundheitskarte für Asylbewerber Beleg einer besonders gelungenen Realisierung des Rechts auf Gesundheit.

Vollends fragwürdig wird es dann, wenn der Internetzugang für Schüler oder der Zustand von Toiletten in der Schule als relevanter Maßstab für die Verwirklichung von Kinderrechten betrachtet und dabei in einem Atemzug mit Kinderunfällen im Straßenverkehr genannt wird.

Meine Damen und Herren, die Rechte von Kindern schützen, das Liebste, das wir haben. Deshalb können wir ihre Bedeutung kaum überschätzen und ist es gut, dass auch für die Kleinsten bereits jene Grundrechte gelten, die wir alle als Menschen ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen. Es ist richtig, dass der Staat Mitverantwortung übernimmt und durch gesetzliche Rahmenbedingungen das Kindeswohl zu fördern versucht.

Bei all dem sollten wir aber eines nicht vergessen: Es gibt nichts Wichtigeres für ein Kind als seine Eltern. Ihre Nähe, ihre Zuwendung, ja ihre Liebe ist durch nichts zu ersetzen. Eltern sorgen in unseren Familien dafür, dass Kinder in Sicherheit und Geborgenheit heranwachsen, und sie sind in den allermeisten Fällen auch der beste Garant dafür, dass Kinderrechte gewahrt werden.

(Beifall der AfD)

Deshalb möchte ich meine Rede mit einem ausdrücklichen Dank an alle Mütter und Väter beenden: Ihr seid die beste,

(Glocke des Präsidenten)

Ihr seid die stärkste Lobby für Eure Kinder, und das ist gut so.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Uwe Junge, AfD: Bravo! – Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Roth für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen wurde – wir haben es schon gehört – 1989 in der Generalversammlung der UN beschlossen. Seit 1992 ist auch Deutschland dabei, zunächst allerdings unter Vorbehalt. Dieser Vorbehalt wurde im Jahr 2010 abgeschafft, insbesondere auf Drängen der FDP.

Diese Kinderrechtskonvention ist nach den Worten des Vorsitzenden von UNICEF Deutschland, Georg Graf Waldersee – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, „das erste weltweit verbindliche Menschenrechtsabkommen, welches die besonderen Rechte von Kindern garantiert“. Alle Mitgliedstaaten der UN sind dabei, nur die USA nicht.

In den 30 Jahren ihres Bestehens hat die Kinderrechtskonvention bereits viele Verbesserungen bewirkt. Denken wir beispielsweise nur an die veränderte Einstellung zur Gewalt in der Erziehung. Schlagende Eltern und Lehrer sind glücklicherweise nicht mehr vorstellbar.

Weiterhin gibt es dennoch viel zu tun. Es gibt leider weltweit viel zu viele Kinder in extremer Armut, auf der Flucht oder in Kinderarbeit. Hier können wir mithelfen zu verhindern, dass importierte Produkte aus Kinderarbeit auf den deutschen und den europäischen Markt gelangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute lenkt die Aktuelle Debatte den Blick auf die Entwicklung in Deutschland und ganz besonders in Rheinland-Pfalz. Dazu steht uns seit der vergangenen Woche erstmals ein Kinderrechte-Index zur Verfügung. Er ist aus einer Pilotstudie des Deutschen Kinderhilfswerks hervorgegangen. Adressaten sind nach dem Bekunden der Autoren die Bundesländer. Sie sollen ihre im Index benannten Stärken und Schwächen vergleichen und sich noch verbessern können.

Als Indikatoren für den Index wurden fünf Kinderrechte in den Mittelpunkt gestellt. Das Recht auf Bildung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Ruhe und Freizeit, Spiel und Erholung, das Recht auf angemessenen Lebensstandard sowie das Recht auf Beteiligung.

Meine Damen und Herren, in diesem Kinderrechte-Index nimmt Rheinland-Pfalz erfreulicherweise einen der vorderen Plätze ein. Wir haben es gehört, zusammen mit Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen schneidet Rheinland-Pfalz im Gesamtvergleich aller Bundesländer überdurchschnittlich gut ab. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Bildung, Gesundheit und Freizeit. Beim Recht auf angemessenen Lebensstandard schneidet Rheinland-Pfalz durchschnittlich ab. Beispielhaft werden hier einzelne Defizite genannt. Diese werden wir uns in der Koalition genau anschauen und nachsteuern, falls möglich oder erforderlich. Schon jetzt verfolgt die Ampelkoalition konsequent das Ziel, Kinderarmut zu vermeiden und zu bekämpfen.

Meine Damen und Herren, welchen Entwicklungsbedarf mahnt das Kinderhilfswerk in unserem Bundesland beim fünften Indikator, Recht auf Beteiligung, an? Das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren. Da liegen wir tatsächlich gegenüber anderen Bundesländern zurück. Wir alle wissen, dass die Ampelkoalition dieses Defizit gerne beheben möchte. Für die erforderliche Verfassungsänderung brauchen wir allerdings eine breite Mehrheit. Deshalb hier und heute noch einmal unser Appell: Liebe Abgeordnete der CDUFraktion, ergreifen Sie unsere ausgestreckte Hand, und sagen Sie Ja zum Wahlrecht ab 16.

(Beifall bei FDP und SPD – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Dann sind wir bald bundesweit Spitze bei der Umsetzung von Kinderrechten.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht nun Frau Staatsministerin Spiegel.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Herr Kollege Baldauf, die Chefin spricht!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein afrikanisches Sprichwort besagt, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Ich glaube, in diesem Sinne ist Rheinland-Pfalz ein ganz gutes Dorf.

Es ist entscheidend, darauf hinzuweisen, dass niemand so vermessen sein sollte zu sagen, eine einzelne Person sei dafür verantwortlich, ob ein Kind gelungen aufwachsen kann. Es sind immer mehrere Familienmitglieder, es ist die Gemeinschaft. Es ist eben schon oft gesagt worden, wer alles dazu beiträgt.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Wir leben in Deutschland, und da wird ein afrikanisches Dorf zitiert!)

Ich glaube, vor diesem Hintergrund gibt dieser Kinderrechte-Index einen guten Einblick, wie es um die Kinderrechte in unserem Bundesland Rheinland-Pfalz steht.

Er ist deshalb neu, weil zum ersten Mal wirklich auf den Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den Bundesländern geschaut wurde. Dies geschah auf einer empirischen Grundlage und in einer komperativen Studie, also vergleichend zwischen den Bundesländern. Frau Huth-Haage, da muss ich schon sagen, wenn man eine Bundesländer-Studie durchführt, ist es nicht völlig abwegig, dabei auch die Bundesländer einzubeziehen und von ihnen Informationen einzuholen.

(Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Die Ministerien!)

Nichts weniger ist passiert. Man muss vielmehr konstatieren, dass beim Recht auf Beteiligung lediglich abgefragt wurde, wie es um die gesetzlichen Rahmenbedingungen steht. Das haben wir natürlich übermittelt. Aber es sind leider viele kleine, wichtige Projekte und Möglichkeiten der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise kommunale und mediale Beteiligungsprojekte oder auch die kommunalen Jugendvertretungen, nicht berücksichtigt worden, weil sie in der Systematik der Studie nicht erfasst wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns ist aber wichtig, dass das Deutsche Kinderhilfswerk RheinlandPfalz eine überdurchschnittlich gute Kinderrechtearbeit attestiert. Das freut mich als Jugend- und Familienministerin außerordentlich.