dass es wenigstens gelungen ist, den runden Tisch zum Wassertourismus einzurichten. Herr Minister, wir haben soeben die Einladung bekommen. Es dauert ein bisschen länger, aber mit der Zeit kriegen wir es hin. Und ich glaube, mit dem Fahrrad fahren wird es ab 2005 auch besser.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Benker hat eben einen tollen Satz gesagt. Ich weiß nicht, ob Sie ihn alle noch im Ohr haben. Er hat gesagt: Wer kein Angebot hat, kann auch kein Marketing machen. Das finde ich überraschend. Ich habe das bisher immer ganz anders verstanden. Die Landesregierung macht dauernd Marketing und hat keine Angebote.
Meine Damen und Herren, nachdem sich der Umweltminister auf den strukturpolitischen Weg gemacht hat, ganz Schleswig-Holstein in ein arbeitsloses Naturschutzgebiet zu verwandeln, folgen ihm die Fraktionen von SPD und Grünen ins naturgeschützte Nirwana. Wenn schon keine Arbeitsplätze, dann wenigstens viele Radwege.
Für Radfahrer soll eine dem motorisierten Individualverkehr vergleichbare Infrastruktur geschaffen werden, heißt es. Wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Elbquerung der A 20 um einen mautpflichtigen Fahrradweg ergänzen?
Das ist vergleichbare Infrastruktur für mich. Oder wollen Sie die Elektrifizierung der Fahrradwege? Irgendetwas müssen Sie dazu erklären.
Den erforderlichen Bedarf wollen die Fraktionen dargestellt haben. Bedarf ist bekanntlich ein mit Kaufkraft ausgestattetes Bedürfnis. SPD und Grüne sollten den Bedarf schon kennen, mindestens für 2004 und 2005. Schließlich haben sie hier im Dezember den Haushalt verabschiedet. Wenn ich mich recht erinnere, geht es darin, was die Radwege angeht,
nicht besonders gut her. Die Kaufkraft ist offensichtlich nicht gegeben. Sie müssen schon erklären, wie Sie das plötzlich alles wieder ändern wollen, nachdem Sie im Dezember diesen Haushalt verabschiedet haben, meine Damen und Herren.
Damit der Landtag nicht vom richtigen Fahrradweg abkommt, planen SPD und Grüne eine Innovation. Der Landtag soll beschließen, dass das landesweite Fahrradforum seine Protokolle dem Wirtschaftsausschuss zuschicken muss.
Wenn das landesweite Fahrradforum dies bis jetzt als sinnvoll erachtet hätte, dann bekäme der Ausschuss die Protokolle längst.
Jeder darf uns nämlich und jeder darf auch der Ausschussvorsitzenden Briefe schicken. Aber offensichtlich hat das landesweite Fahrradforum dies bisher nicht für sinnvoll erachtet. Also, warum sollten wir es dazu zwingen?
Die Benutzungspflicht für Radwege soll dort eingeschränkt werden, wo die Radwege nicht den gesetzlichen Mindeststandards entsprechen. Das hört sich zunächst gut an, aber ist es auch gut? - Ich glaube nicht. Denn was ist besser und sicherer: Radfahrer auf einem schlechten Fahrradweg oder Radfahrer auf der Straße zwischen Autos und LKW?
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine entscheidende Fra- ge, die diskutiert werden muss!)
Um wirklich etwas zu verbessern, lieber Herr Kollege Hentschel, müsste man den Ausbau der schlechten Radwege bezahlen.
Angesichts der leeren Kassen des Landes, für die der Antragsteller und seine Fraktion verantwortlich sind, sollten Sie uns dann aber auch sagen, von welchen unwichtigeren Projekten Sie das Geld abziehen wollen. Das Gleiche gilt für die Radwege an Bundeswasserstraßen. Ich habe hier vor einiger Zeit, als wir schon einmal über Wassertourismus und Tourismus insgesamt sprachen, auf den bedauernswerten Zustand des Fahrradweges am Nord-Ostsee-Kanal hingewiesen. Das ist Bundessache. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass sich das Land vielleicht ein bisschen darum kümmern sollte. Aber auch da gilt natürlich, dass man nur ausbauen kann, wenn man das Geld dafür hat. Mit einem solchen Antrag, wie er heute hier vorgelegt worden ist, geht das nicht. Herr
Kollege Benker, wenn Sie sagen, die Landesregierung macht sowieso alles ganz toll, wir in SchleswigHolstein sind Spitze, eigentlich brauchen wir alles gar nicht mehr, denn wir sind sowieso das beste Land, frage ich Sie: Wozu haben wir diesen Antrag hier eigentlich noch auf dem Tisch?
Ich möchte ganz klar sagen: Wenn wir als Opposition einen solchen Antrag stellen würden, würde der Wirtschaftsminister dieses Landtages sich hinstellen und fragen: Warum haben Sie mich eigentlich nicht einfach angerufen und zu mir gesagt, dass ich ganz tolle Politik mache?
Zu dem Unsinn, die Leute zum Fahrradfahren zwingen zu wollen, damit sie dann nicht auf der grünen Wiese einkaufen, hat Herr Arp in so wunderschöner Weise etwas gesagt, das könnte ich gar nicht besser sagen. Ich glaube nicht, dass Sie die Menschen in diesem Land dazu zwingen können, Fahrrad zu fahren. Das Land ist so schön und wenn das Wetter im nächsten Sommer wieder so schön ist, werden die Leute auch wieder mehr Fahrrad fahren. Heute zum Beispiel würde ich niemanden zwingen wollen, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es irgendeinen Beweis dafür gibt, wie notwendig es ist, dass wir diese Debatte führen und einen Antrag stellen, dann ist es das, was wir hier zu diesem Thema bisher gehört haben.
Die Unterschätzung der Fahrradpolitik durch Autofahrer ist symptomatisch. Wir haben in Deutschland Ortschaften, in denen der Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehr bei 50 % liegt. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Münster im Münsterland. Wir haben auch Ortschaften, in denen liegt der Anteil des Fahrradverkehrs unter 5 %.
Der Unterschied in der Lebensqualität für die Menschen in diesen Ortschaften ist erheblich. In den Ortschaften, die fahrradgerecht gebaut werden und in denen ein hoher Anteil Fahrradverkehr stattfindet, kommt es dazu, dass die Menschen - nicht weil sie dazu gezwungen werden, sondern weil es attraktiv und schön ist - mehr Fahrrad fahren, dass Familien lieber in der Stadt wohnen und der Antrieb, auf die grüne Wiese zu ziehen, geringer ist. Denn warum ziehen die Familien auf die grüne Wiese? - Sie tun das, weil die Ortschaften und Stadtviertel autogerecht ausgebaut sind und man die Kinder nicht mehr auf die Straße lassen kann. Deswegen ziehen die Familien raus aus der Stadt.
Weiter ist die Situation so, dass in diesen Ortschaften in der Tat ein großer Anreiz - man braucht sich das nur vor Ort einmal anschauen, für die Ansiedlung in den Stadtvierteln kleinerer Läden besteht. Das ist ganz logisch, da der Anteil derjenigen, die mit dem Fahrrad einkaufen, signifikant höher ist.
Das heißt, es hat etwas mit Urbanität und Lebensqualität zu tun, ob ich in den Fahrradverkehr investiere.
Es rechnet sich aber auch, denn eine Ortschaft, die einen hohen Anteil an Fahrradverkehr hat, wie zum Beispiel Münster, hat natürlich logischerweise einen niedrigeren Anteil an Autoverkehr, am motorisierten Individualverkehr. Es ist nun einmal so, dass die Kosten für Investitionen pro Kilometer für einen Fahrradfahrer nur ein Zehntel der Kosten für einen Autofahrer ausmachen.
Das bedeutet, in einer Ortschaft mit 50 % Fahrradverkehr werden volkswirtschaftlich erhebliche Investitionen gespart, die in Urbanität, die in Stadtgestaltung und die in mehr Lebensqualität in der Stadt investiert werden können und damit die Ortschaft attraktiver machen.
Zum Zweiten stellt sich die Frage: Welche Art von Fahrradverkehr brauchen wir? 90 % des Fahrradverkehrs findet eben nicht auf dem flachen Land, sondern in den Ortschaften statt. In den Zentralorten
von Schleswig-Holstein wohnen zwei Drittel der Einwohner des Landes. Wenn diese zwei Drittel der Einwohner des gesamten Landes in den Ortschaften ein gutes Angebot haben, werden sie es auch nutzen. Das zeigen alle Erfahrungen.
Es geht nicht darum, mehr Geld auszugeben, sondern es geht darum, das Geld sinnvoll auszugeben. Es gibt in diesem Zusammenhang erhebliche Kommunikationsprobleme, die jedem vor Ort deutlich werden.