Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Hierbei geht es nicht darum, bei den Pflegekassen, den Heimleitungen, den Einrichtungsträgern oder gar bei der Landesregierung die alleinige Schuld

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Aber Mit- schuld!)

für den gegenwärtigen Zustand zu suchen, es muss darum gehen - Herr Kollege Kubicki! -,

(Heiterkeit und Beifall im ganzen Haus)

so schnell wie möglich die nach wie vor vorhandenen Missstände aufzudecken. Denn nur wenn die Missstände konsequent aufgedeckt werden, können sie ebenso konsequent beseitigt werden. Vor allem aber sind Instrumentarien zu entwickeln, die dauerhaft geeignet sind, Fehlentwicklungen auch in Zukunft von vornherein zu verhindern.

(Beifall der Abgeordneten Helga Kleiner [CDU])

Und hierbei spielt ein entsprechendes Kontrollsystem eine ganz entscheidende Rolle. Wichtig sind mir in diesem Zusammenhang vor allem zwei Punkte: Erstens, dass ein solches System unabhängig, das heißt vor allem auch träger- und kostenträgerunabhängig arbeitet, und zweitens, dass es zum integralen Bestandteil eines Pflegequalitäts-Managements wird.

(Beifall bei der F.D.P. und des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

Die F.D.P.-Fraktion schlägt Ihnen daher vor, den § 7 Abs. 1 des Landespflegegesetzes dahin gehend zu ergänzen, dass Maßnahmen zur Sicherstellung und Kontrolle der Qualität der Pflege künftig ausdrücklich als förderfähige Maßnahmen im Sinne des § 7 in das Landespflegegesetz aufgenommen werden. Aus unserer Sicht sind Sicherstellung und Kontrolle der Pflegequalität ganz entscheidende Parameter zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung der Bevölke

rung und gerade das entspricht ja der Zielsetzung des § 7 des Landespflegegesetzes.

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf konstruktive Ausschussberatungen.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Beran.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg: Wer das aus dem Antrag der F.D.P. herausgelesen hat, der muss wahrlich hellseherische Fähigkeiten gehabt haben. Als ich diesen Gesetzentwurf oder besser den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Pflegeversicherungsgesetz der F.D.P. in den Händen hielt, habe ich mich gefragt, was die F.D.P. mit diesem Gesetzentwurf eigentlich bezwecken will.

(Klaus Schlie [CDU]: Die Frage ist berech- tigt, aber die Antwort haben Sie gerade ge- hört!)

Denn jeder, der sich auskennt, wird schnell merken, dass das, was hier inhaltlich gefordert wird, an anderen Stellen im Pflegegesetz enthalten ist. Maßnahmen zur Sicherstellung und Kontrolle der Qualität der Pflege finden sowohl Erwähnung im Landespflegegesetz als auch im höherrangigen Recht des SGB XI, dort speziell in § 80. Ich möchte Ihnen dies einmal vorlesen, um es Ihnen in Erinnerung zu rufen:

„Die Spitzenverbände der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigung der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und die Qualitätssicherung der ambulanten und stationären Pflege sowie für das Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen.“

Der § 80 führt das dann natürlich noch wesentlich weiter aus, aber ich möchte Ihnen hier den Rest ersparen.

Mir ist nicht bekannt, dass diese Bestimmungen nicht auch in Schleswig-Holstein gelten. Könnten Sie mir daher einmal erklären, was hier anderes gemeint ist als die von der F.D.P. gewollte Änderung des Landespflegegesetzes?

(Andreas Beran)

Die noch notwendigen Ergänzungen zum § 80 Pflegeversicherungsgesetz erwarte ich durch das auf Bundesebene in Vorbereitung befindliche Qualitätssicherungsgesetz.

Vielleicht hat dieser Antrag ja eine ganz andere Stoßrichtung. Vielleicht wollte die F.D.P. noch auf den bereits fahrenden Zug aufspringen, den die Ministerin Heide Moser für die Landesregierung zum Fahren gebracht hat, als sie im April dieses Jahres eine Pflegequalitätsoffensive eingeläutet hat. Vielleicht möchte ja die F.D.P. von dieser guten Sache auch einen Teil für sich einstreichen können. Aber das kann ich mir eigentlich kaum vorstellen. Und so ist es wohl das Beste, wenn die F.D.P. im Rahmen der Ausschussberatung noch einmal genauer erläutert, was sie tatsächlich mit diesem Gesetzesvorhaben erreichen will.

Ich habe eben aus den Ausführungen von Herrn Dr. -

(Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.]: Garg!)

- Garg, ich wollte eben beinahe etwas Anderes sagen. Ich habe aus den Ausführungen von Herrn Dr. Garg herausgehört, dass im Mittelpunkt seiner Forderungen die Qualitätskontrolle steht.

Wie gesagt: Lassen Sie uns das im Ausschuss noch einmal etwas genauer anschauen. Wir sollten diesen Antrag auch zum Anlass nehmen, uns im Ausschuss über die Pflegequalitätsoffensive der Landesregierung berichten zu lassen.

Sicher wäre es besser gewesen, wenn der Verfasser dieses Gesetzentwurfs diesem eine Begründung beigegeben hätte. Ich hätte mir viele Spekulationen, wie ich sie hier nun ausführen musste, ersparen können. Ich warte gespannt auf die Ausführungen der F.D.P. im Rahmen der Ausschussberatungen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen. Das Thema „Verbesserung der Qualität in der Pflege“ ist für mich eine gesellschaftspolitische Herausforderung. Ihr darf jedoch nicht mit Schriftsätzen begegnet werden, sie muss gelebt werden. Meiner Meinung nach ist daher eine der besten Maßnahmen zur Sicherstellung der Qualität in der Pflege nicht solch ein Gesetzentwurf, sondern ausreichendes, gut ausgebildetes sowie geschultes und motiviertes Pflegepersonal.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Auf der Tribüne begrüße ich jetzt die Besuchergruppe des CDU-Ortsverbandes Erfde und des Deutschen Roten Kreuzes Erfde.

(Beifall)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kleiner.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren, insbesondere Herr Dr. Garg! Ich freue mich über Ihre Ausführungen. Ich habe sie auch verstanden, muss ich sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und F.D.P.)

Herr Beran, es trifft zu, dass die Bundesregierung plant, demnächst zwei Gesetze zur Novellierung des Heimgesetzes und zur Ergänzung des Pflegeversicherungsgesetzes vorzulegen. Beide Gesetzesvorhaben sind schon seit längerer Zeit angekündigt, seit sehr langer Zeit.

Das Heimgesetz ressortiert bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bundesministerin Bergmann hat zwei zurückgerufene Entwürfe nicht einmal zur Verfügung gestellt, damit die Mängel nicht zu offenkundig wurden. Nunmehr, unter dem Datum vom 26. April 2000, hat sie einen weiteren Entwurf, einen Referentenentwurf zur Novellierung des Heimgesetzes vorgelegt und Stellungnahmen bis zum 20. Juni 2000 erbeten. In welchem Umfang auch dieser dritte Entwurf erneut geändert und wann er dann als Gesetzentwurf der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht wird, lässt sich zurzeit verlässlich überhaupt nicht einschätzen.

Das Pflegeversicherungsgesetz ressortiert bei der Bundesministerin für Gesundheit. Bundesministerin Fischer hat bislang für das von ihr geplante PflegeQualitätssicherungsgesetz noch nicht einmal einen Referentenentwurf vorgelegt. Wann dies geschieht, welche Änderungen anschließend vorgenommen werden und wann dann endlich der geänderte Referentenentwurf als Gesetzentwurf der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht wird, darüber lässt sich zurzeit noch weniger etwas wirklich Verlässliches sagen als bei der Heimgesetznovelle.

So viel ist allerdings klar: Die Bundesgesundheitsministerin ist auch nach Auffassung der A-Länder ganz erheblich in Verzug. Bezeichnend ist, dass NordrheinWestfalen im zuständigen Bundesratsausschuss bereits mit der Einsetzung eines besonderen Unterausschusses gedroht hat.

Betrachtet man diese Gesetzgebungsvorhaben mit dem notwendigen kritischen Blick, so ist festzustellen: Wir sind noch weit entfernt von einer verbindlichen Festlegung des Bundeskabinetts darüber, wie denn in Zukunft die Qualität der Pflege wirklich sichergestellt

(Helga Kleiner)

werden soll. Schon aufgrund dieser Erwägung unterstützen wir den Antrag der F.D.P.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Dazu kommt noch Folgendes: Die CDU-Fraktion hat schon in der letzten Legislaturperiode mehrfach darauf hingewiesen - ich wiederhole dies heute ausdrücklich -: Ministerin Moser trägt persönlich die Verantwortung für die Fachaufsicht über die Heimaufsichtsbehörden unseres Landes. Sie hat in der Vergangenheit ihre Pflicht zur Fachaufsicht über die Heimaufsichtsbehörden nach unserer Meinung nicht ordnungsgemäß erfüllt.

(Ministerin Heide Moser: Nun reicht es aber!)

Die bisher vorliegenden Ergebnisse der seit Frühjahr des letzten Jahres angelaufenen Kurzprüfungen aller stationären Pflegeeinrichtungen durch den MDK beweisen unseren Vorwurf. Die CDU-Fraktion begrüßt zwar - ich will dies deutlich hervorheben - das von Sozialministerin Moser Anfang April bekannt gegebene Maßnahmepaket zur Unterstützung des Landespflegeausschusses. Noch sind wir aber nicht davon überzeugt, dass sich die Sozialministerin in der Zukunft mit dem gebotenen Nachdruck um die Qualitätssicherung in der Pflege kümmern wird. Schon die werbemäßig besonders gestylte und daher - wie ich meine - unangemessene Bezeichnung dieser jetzt ergriffenen Maßnahmen als „Pflegequalitätsoffensive" lässt den Verdacht aufkommen, dass hier Versäumnisse der Vergangenheit übertüncht werden sollen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

Aber wir wollen uns im Interesse der nicht sorgfältig genug gepflegten Menschen natürlich gern davon überzeugen lassen, dass die Landesregierung nunmehr bei der Qualitätssicherung der Pflege einen neuen Kurs einschlagen will. Bis man uns davon überzeugt hat, sollte allerdings jede Initiative, die geeignet ist, die Landesregierung auf ihre Pflichten in diesem wichtigen politischen Bereich hinzuweisen, ergriffen werden. Auch deswegen unterstützen wir den Antrag der F.D.P.-Fraktion.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Birk.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Pflege hat die letzte Legislaturperiode ja wie ein roter Faden durchzogen. Wir wissen landauf, landab, das ist

keine Sache, die schleswig-holstein-spezifisch ist: Pflegemissstände sind kein Einzelfall, weder im privaten Haushalt