Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Wir sind keine Autokraten und das ist gut so. Frau Kleiner, wenn Sie Vorschläge machen, dann sind Sie als politische Repräsentantin dieses Landes auch verpflichtet zu sagen, wie Sie sich das innerhalb des Systems vorstellen. Wir haben ein kompliziertes System, das man kennen muss.

Ich mache das einmal an einem Beispiel deutlich: Wenn Sie sagen, es sei doch ganz einfach, dass man

die Mitarbeit der Ärzte sicherstellt, dann frage ich Sie: Wie denn?

Sie haben gesagt: Irgendwie müssen Bundesrecht und Landesrecht vielleicht geändert werden. - Wissen Sie denn, wie? Wissen Sie, dass die Ärzte einen freien Beruf ausüben, dass sie in öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie KV und Ärztekammer organisiert sind und wissen Sie denn, wie ich es anstellen sollte - wenn ich es denn wollte -, dem einzelnen Arzt zu sagen, was er zu tun und zu lassen hat?

(Klaus Schlie [CDU]: Arroganz hat noch nie gut getan! - Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Das ist eine Richtigstellung und keine Arroganz. Jede Geduld geht einmal zu Ende, Herr Schlie!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Glocke der Präsidentin)

Entschuldigen Sie. Frau Ministerin, ich hatte Sie gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka gestatten.

Ja, wenn es schnell geht.

Frau Moser, ist Ihnen entgangen, dass die Kollegin Kleiner ausdrücklich vorgeschlagen hat, dass sich die Gesetzgebungsreferenten dieser Landesregierung zusammensetzen mögen, um in dieser Richtung Vorschläge zu erarbeiten?

- Das ist mir nicht entgangen, aber ich erwarte, dass man sich dann, wenn so etwas in die Welt gesetzt wird, klar darüber ist, wie viele Gesetze und wie viele grundlegende verfassungsrechtliche Themen hier berührt wären. Das erwarte ich schon.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe von der CDU)

Wenn Sie mir hier jetzt Arroganz vorwerfen, dann habe ich eben schon kurz bemerkt: Auch meine Geduld geht einmal zu Ende.

(Beifall bei der SPD)

(Ministerin Heide Moser)

Ich muss ertragen und muss hinnehmen, dass Sie mich persönlich diskriminieren - das tue ich denn auch -, indem Sie meine persönliche Entschlossenheit infrage stellen.

Was ich nicht hinnehme - das sage ich hier in aller Deutlichkeit -, ist, dass Sie die Entschlossenheit, die Kompetenz und den Erfolg meiner ausgezeichneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Themenfeld infrage stellen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Damit sind wir bundesweit akzeptiert und anerkannt. Bitte, fragen Sie einmal die Kolleginnen und Kollegen aus den CDU-regierten Ländern! Ich glaube, die würden Ihnen über unsere Pflegequalitätspolitik etwas anderes sagen, als Sie das hier darzustellen versucht haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Kleiner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es hat mir fern gelegen, wie es mir immer fern liegt, Menschen zu diskriminieren. Ich muss hier in aller Deutlichkeit sagen: Es tut mir sehr Leid, dass in der Kürze der Zeit eine umfassende Debatte zu diesen wichtigen Themen natürlich in der nötigen ausgewogenen Form mit Plus und Minus nicht möglich ist. Ich hätte gern so debattiert; ich habe eben auch gesagt, ich konnte auf die Bereiche, in denen ich Ihnen zustimme und die ich gut finde, nicht eingehen.

Notwendigerweise beschränkt sich eine solche Debatte auf die Kritikpunkte. Wenn Sie meinen, ich hätte hier in einer nicht angemessenen Form Fragen gestellt, die Sie diskriminieren und die zeigen, dass ich nicht das richtige Demokratieverständnis hätte, dann muss ich sagen, dass Sie meine Fragen nicht richtig gelesen haben oder sie nicht richtig verstehen wollten.

(Beifall bei der CDU - Martin Kayenburg [CDU]: Sie hat nicht zugehört! Ganz ein- fach!)

Ich möchte zunächst einmal sagen, ich habe lediglich die Inhalte und die Pläne Ihres Handlungskonzeptes aufgenommen und in Frageform gekleidet. Auf diese Feststellung lege ich großen Wert.

Meine Fraktion ist nicht so zusammengesetzt, dass sie einen Antrag oder ein Vorhaben einer Abgeordneten einfach ungeprüft und undiskutiert weiterverfolgt. Ich muss sagen, das ist gegenüber meiner Fraktion auch nicht gerade eine angemessene Behandlung gewesen.

Wenn wir hier einen Berichtsantrag einbringen „Helga Kleiner und Fraktion“, dann ist die Fraktion daran auch mitbeteiligt. Wenn es hier darum geht, ein Handlungskonzept zu hinterfragen - nicht zu evaluieren; wie soll ich denn Ihr Konzept evaluieren; das ist ja auch eine etwas seltsame Vorstellung -,

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

dann ist es so, dass man natürlich die Aussagen, die in dem Konzept stehen, behandelt und nicht selber ein Konzept für die Zukunft entwickelt.

Natürlich will ich gern konstruktiv daran mitarbeiten, dass sich in der Zukunft die Situation in den Heimen zum Wohl unserer pflegebedürftigen Menschen hier im Land weiterentwickelt. Ich glaube, ich bin unverdächtig, dass ich hier eine Autokratin bin. Aber ich will mich jetzt nicht in Brass reden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich will aber noch einen Punkt anfügen. Ich habe mich als Landesvorsitzende der Senioren-Union diesem Konzept von der AWO und vom Sozialverband Deutschland für eine Aufnahme der menschenwürdigen Pflege in die Verfassung ausdrücklich angeschlossen. Da - so muss ich allerdings sagen - gehe ich mit meiner Fraktion nicht so d’accord. Ich möchte das nur als Beweis dafür anfügen, dass mein Herz ausdrücklich auf der Seite der pflegebedürftigen Menschen schlägt. Dafür nehme ich auch gern in Kauf, dass ich hier gescholten werde. Ich will es nur zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Zu einem kurzen Beitrag erhält noch einmal Frau Ministerin Moser das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kleiner, meine Kritik bezog sich nicht auf Ihren Berichtsantrag - mitnichten! Meine Kritik bezog sich auf Ihren Redebeitrag. Vielleicht lesen Sie das einmal im Protokoll nach.

(Holger Astrup [SPD]: Sehr gut! - Martin Kayenburg [CDU]: Vielleicht lesen Sie es einmal nach! - Weitere Zurufe von der CDU)

(Ministerin Heide Moser)

Wenn Sie das tun, werden Sie feststellen, wozu ich mich geäußert habe.

(Klaus Schlie [CDU]: Die schwelgt nur so in Arroganz!)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat jetzt der Herr Oppositionsführer.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es für einen unglaublichen Vorgang, dass sich ein Regierungsmitglied hier in dieser Form gegen eine Kollegin aus diesem Hause äußert.

(Klaus Schlie [CDU]: Unverschämtheit! - Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, Sie können in der Sache argumentieren, aber derartige persönliche Vorwürfe gehören sich nicht!

(Beifall bei der CDU)

Ich habe noch drei Kurzbeiträge. Zunächst hat Herr Abgeordneter Geerdts das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wann machen wir Mittagspause?)

Frau Birk, Sie bekommen noch zu Essen. - Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich glaube, jede Fraktion im Hause wäre glücklich, wenn sie so eine engagierte seniorenpolitische Sprecherin wie die CDU-Fraktion hätte.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kleiner hat heute sehr ernsthaft einen Debattenbeitrag geleistet und hinterfragt, wie das Handlungskonzept dieser Landesregierung umgesetzt werden soll. Es ist auch richtig, dass wir dieses Thema im Parlament behandeln, dass wir es diskutieren und im Ausschuss weiter beraten. Das ist die Aufgabe jedes Parlaments und es ist die Aufgabe der Opposition, auch kritische Fragen zu stellen. Wenn Sie sagen, Ihre Geduld sei zu Ende, dann sage ich dazu: Sie werden gut bezahlt.

(Heiterkeit bei der CDU)