Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Nein, leider nicht, vielleicht am Ende.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich weiß ja nicht, wann das Ende ist!)

Mindestens genauso sieht es bei der Infrastruktur aus. Besonders Nordfriesland hat unter seiner Infrastrukturschwäche zu leiden. Die Verkehrsanbindungen sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene sind um es einmal freundlich zu formulieren - verbesse

(Lars Harms)

rungswürdig. Von Infrastruktur zu sprechen fällt einem da manchmal schon recht schwer. Daher nur kurz und zum wiederholten Mal die Aufforderung an die Landesregierung: Tun sie alles Mögliche, um die Strukturschwäche der ländlichen Regionen und speziell Nordfrieslands zu beheben!

Mit der verkehrsmäßigen Erschließung der Randregionen können sie wesentlich mehr wirtschaftliche Effekte auslösen als mit dem Ausbau des Flughafens in Holtenau oder mit dem Bau einer Fehmarnbeltverbindung. Denken Sie daran, dass wir vor allem im Lande selbst gute Verkehrsanbindungen benötigen! Ohne diese Basisverkehrsinfrastruktur helfen uns auch die guten Verbindungen in die weite Welt nicht weiter.

(Anke Spoorendonk [SSW]: So ist das!)

Im Bericht wird außerdem auf den Truppenabbau in den strukturschwachen Regionen eingegangen. Das ist sicherlich richtig und möglicherweise auch zu verurteilen. Aber gleichzeitig darf man auch die Landesinstitutionen nicht vergessen, die im so genannten Aktionsraum in den letzten Jahren und Jahrzehnten abgebaut worden sind.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Der von uns geforderte Bericht zum Abbau öffentlicher Arbeitsplätze hat dies ja auch ganz deutlich gemacht. Hier hat das Land Schleswig-Holstein ein gehöriges Maß an Gestaltungsspielraum, den es nutzen kann und sollte.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Wenn also in Zukunft öffentliche Arbeitsplätze abgebaut werden sollen, sollte dies so geschehen, dass die strukturschwachen Räume nach Möglichkeit nicht oder - wenn schon - nicht über Gebühr getroffen werden. Die strukturschwachen Räume haben schon in der Vergangenheit ihren Beitrag geleistet und sollten nun nicht noch einmal durch die Landesregierung benachteiligt werden. - So viel zur im Bericht dargestellten Datenlage.

Über die einzelnen wünschenswerten Maßnahmen aus dem Regionalprogramm haben wir uns schon öfter unterhalten, sodass ich hier nicht auf einzelne Projekte eingehe. Viel wichtiger ist die grundsätzliche Prioritierung von Projekten im Rahmen eines Qualitätswettbewerbs. Wie will man die regionale Wirtschaftsstruktur verbessern, wenn man gleichzeitig einen Qualitätswettbewerb durchführt? Dort, wo sich Universitäten finden und wo die Wirtschaftsstruktur von mittleren und größeren Unternehmen mit entsprechender Innovationskraft geprägt ist, wird man immer hochtechnische Ideen vorfinden. Solche Ideen müssen nicht zwin

gend in den ländlichen Raum passen. Die extrem strukturschwachen Regionen haben auch im Wettbewerb der schleswig-holsteinischen Regionen eine wesentlich schlechtere Startposition. Wenn man wirklich die regionale Wirtschaftsstruktur verbessern will wovon ich ausgehe, wenn man einen entsprechenden Bericht vorlegt -, dann muss man auch die Konsequenzen ziehen und die Gelder entsprechend regional verteilen. Das alte Regionalprogramm hatte diesen Ansatz. Es war zur Entwicklung der Wirtschaftsstruktur der ländlichen und strukturschwachen Räume gedacht. Von diesem Ziel sind wir in der Vergangenheit zugunsten der Ballungsregionen immer mehr abgewichen.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Jawohl!)

Das führt zu einer wirtschaftlichen Schieflage in unserem Land, die wir als SSW so nicht mittragen können.

Deshalb fordern wir die Landesregierung noch einmal auf, diese Schieflage nicht noch weiter zu verschärfen und den Blick bei der Förderung auch nach Norden und nach Westen zu richten.

Noch ein letztes Wort zum NIC in Niebüll, Herr Eichelberg. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung, durch deren Dasein in den ersten vier Jahren ihres Bestandes über 50 zum Teil sehr anspruchsvolle Arbeitsplätze geschaffen werden konnten. Für die Region rund um Niebüll ist dies eine enorme Entwicklung. Mit dem Ausbau des NIC will man sich nun dem Thema nachwachsender Rohstoffe widmen und strebt eine enge Zusammenarbeit mit der Flensburger Hochschullandschaft an. Ich glaube, es sind wirklich zukunftsträchtige Ideen, die dort draußen im Westen entwickelt worden sind, die die Landesregierung in der Vergangenheit unterstützt hat und unbedingt auch weiter unterstützen muss.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mir liegen zwei Wortmeldungen für Kurzbeiträge nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung vor. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Maurus das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich hat der Beitrag des Kollegen Hentschel veranlasst, mich zu melden. Lieber Herr Kollege Hentschel, ich habe den Eindruck, dass Ihr Verhältnis zur Westküste seit der Nationalparkdiskussion erheb

(Heinz Maurus)

lich gestört ist. Das ist heute hier wieder zum Ausdruck gekommen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich möchte zwei Punkte aufgreifen, als Erstes den Punkt der touristischen Entwicklung. Wir wissen alle, dass der Tourismus ein Wirtschaftszweig ist, der voll im globalen Wettbewerb steht. Wir wissen, es war zwingend notwendig, dass sich das Land auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellt. Nicht nur die Länder innerhalb der Bundesrepublik sind Mitbewerber, sondern auch das Ausland. Es ist eine Tatsache, dass Schleswig-Holstein - wenn Sie die Bundesstatistik nehmen - bei dem Übernachtungsschlüssel nach wie vor auf dem letzten Platz aller neuen und alten Bundesländer liegt. Das sollten Sie einmal nachlesen, dadurch wird Ihr Bild vielleicht etwas korrigiert.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf welchem Platz?)

- Auf dem letzten. Wenn ich mir noch einmal vor Augen halte, wie problematisch die Neustrukturierung war, das Einstellen auf den neuen Markt und den neuen Wettbewerb, dann kann ich nur sagen, dass ich durchaus Verständnis für die Kommunen habe, die unter anderem durch den Eiertanz, den die Landesregierung in ihrer Moderatorenfunktion veranstaltet hat, ein ganzes Stück verunsichert waren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Erinnern Sie sich doch einmal daran, wie das losging. Wir wollten eine landesweite Tourismusgesellschaft gründen. Es wurde dann gefragt, wie sie organisiert werden soll. Ich möchte Ihnen einmal sagen, wie andere Länder das gemacht haben. In anderen Ländern haben sich die Landesregierungen an die Spitze dieses Ordnungsprozesses gestellt. In Bayern ist es sogar so, dass der bayrische Wirtschaftsminister Aufsichtsratsvorsitzender dieser GmbH geworden ist. Der Eiertanz, der hier in Schleswig-Holstein nahezu über ein ganzes Jahr hinweg gelaufen ist, spottet jeder Beschreibung. Das wollte ich noch einmal zur Erinnerung sagen.

(Beifall bei CDU und FDP - Widerspruch bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zu meinem zweiten Punkt, zum Thema Offshore. Herr Hentschel, auch dazu möchte ich Ihnen etwas sagen. Sie wissen, dass wir im Moment etwa 1.000 Anträge auf dem Tisch haben, in denen die Genehmigung von Offshore-Anlagen beantragt wird. Sie wissen, dass bei dem angestrebten Umfang von 25.000 MW im Extremfall etwa 12.500 Anlagen - die FDP hat das belegt - zu installieren wären. Landrat Bastian fordert: Stimmt endlich die Raumplanung ab,

novelliert die Anlagenverordnung, damit wir ein Stück mehr Sicherheit bekommen! Auch in unserem gemeinsamen Gespräch bei Staatssekretär Nabel im Bundesverkehrsministerium ist deutlich geworden, dass jedes Ressort für sich allein versucht, zu organisieren und Ordnung hineinzubekommen. Der Verkehrsminister versucht das bei der Schiffssicherheit und der Umweltminister versucht das im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes für die ökologischen Belange. Der Wirtschaftsminister und der Landwirtschaftsminister haben sich noch gar nicht gemeldet, obwohl deren Belange auch mit betroffen sind.

Zum Abschluss möchte ich noch eines sagen: Wir haben das Thema aufgegriffen und hier im Landtag thematisiert. Und was machen Sie, Sie verzögern, verzögern, verzögern und kommen nicht zum Schluss!

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat Frau Aschmoneit-Lücke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte der guten Ordnung halber hier mitteilen, dass der Bericht, Drucksache 15/1423, inzwischen in neuer Form vorliegt und verteilt worden ist. Die formalen Mängel, die ich vorhin angemahnt habe, sind darin behoben. Ich denke, es ist wichtig, dass das hier zu Protokoll gegeben wird. Die Mängel sind schon vor meinem Debattenbeitrag hier bemerkt und beseitigt worden. Herzlichen Dank dafür.

Einen inhaltlichen Aspekt möchte ich an dieser Stelle noch einmal ansprechen, Herr Kollege Harms. Sie haben den Qualitätswettbewerb angesprochen und gesagt, es sei nicht sinnvoll, danach zu entscheiden. Ich bin im Gegenteil der Auffassung, dass es nur um Qualitätswettbewerb gehen kann.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

Wenn die GA-Mittel - wir haben diese Diskussion im Wirtschaftsausschuss schon geführt - zukünftig wie mit einer Gießkanne über das Land gegossen werden sollen, fallen wir in eine Förderpolitik zurück, die wir Gott sei Dank überwunden haben.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, der Wirtschaftsminister hat sich in der letzten Wirtschaftsausschusssitzung sehr deutlich dazu geäußert

(Christel Aschmoneit-Lücke)

und darauf hingewiesen, dass wir ein kleines Land sind und deshalb auch nicht an jeder Stelle alles realisieren können. Dem stimme ich ausdrücklich zu. Ich bitte den Wirtschaftsminister und das Wirtschaftsministerium ausdrücklich,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bleiben Sie end- lich mal hart, Herr Rohwer!)

bei dieser Art von Förderpolitik zu bleiben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 hat Herr Abgeordneter Hentschel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir zu diesem Punkt eine Debatte führen und es nicht so eine langweilige Diskussion geworden ist, wie wir sie häufig haben, wenn wir über Wirtschaftsthemen sprechen. Von daher freue ich mich, dass Sie noch einmal nach vorn gekommen sind, Herr Maurus. Allerdings glaube ich, Sie verwechseln Ursache und Wirkung. Im Zusammenhang mit der Tourismusdiskussion hat es sicherlich Strukturprobleme gegeben. Ich sage auch nicht, dass in den letzten Jahren alles gut gelaufen ist. Aber eins der Probleme, warum das alles so schwierig ist, ist, dass die Diskussion bei uns nicht mit dem Ziel geführt wird: Wir wollen, dass wir gemeinsam vorangehen und das Land eine Struktur vorgibt, mit der wir gemeinsam arbeiten können. Die Diskussion läuft vielmehr so - daran ist die Westküste ganz erheblich beteiligt -, dass, egal welche Vorschläge gemacht werden und was kommt, vor Ort erst einmal der Aufstand gegen Kiel geprobt wird.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])