Ich beantrage, den Bericht an die den berichtenden Ministerien zugeordneten Ausschüssen zur abschließenden Beratung zu überweisen. Das ist notwendig, um die Erfolgskontrolle, die Evaluation der einzelnen Maßnahmen zu betreiben. Denn es soll sichergestellt werden, dass die vorhandenen Mittel auch wirksam eingesetzt werden. Da gebe ich Herrn Geißler Recht. Über Details können wir dann in den Ausschussberatungen sprechen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bevor ich Ihnen den vorbereiteten Redebeitrag von Günther Hildebrand zum Besten gebe, gestatten Sie mir eine persönliche Vorbemerkung, auch wenn der Kollege Geißler das im Prinzip schon angesprochen hat. Leute wie Fortuyn oder dessen Liste, Le Pen in Frankreich, Haider oder auch Ronald Schill in Hamburg sind erst möglich geworden, weil weite Teile der so genannten etablierten Parteien - damit meine ich uns alle - die Ängste bestimmter Bevölkerungskreise nicht ernst genommen beziehungsweise vermittelt haben, sie würden sie nicht ernst nehmen. Political Correctness darf nicht länger heißen, dass man über die Ängste und Ablehnungen gegenüber allem, was einem fremd vorkommt, einfach hinweggeht.
Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob Sie oder ich eine solche Haltung als dümmlich, dumpf oder unbegründet einschätzen. Tatsache ist, dass in Europa bis zu 20 % der Menschen - Herr Kollege Rother - so denken. Wenn wir alle diese Ängste in Zukunft nicht wirklich ernst nehmen, wird es immer andere geben, die auf diesen Zug aufspringen und so tun, als hätten sie einfache Patentrezepte. Genau diese anderen gilt es zu verhindern.
Liebe Kollegen, seit über zehn Jahren stößt die Landesregierung immer wieder Projekte an. Der Anteil der Jugendlichen mit rechtsextremer Neigung blieb aber über die Jahre mit circa 13 bis 15 % konstant. Ich verweise hierzu nur auf die Große Anfrage zu diesem Thema aus dem Jahr 2000. Dabei wird die Landesregierung in der Aufzählung ihrer Projekte gegen Rechts immer phantasievoller, Herr Minister. Viele der im Bericht vorgetragenen Konzepte, die unter dem Titel der Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Ausländerfeindlichkeit stehen, sind Dinge, die nur am Rande etwas mit der Bekämpfung dieses spezifischen Problems zu tun haben. So sprechen Sie im Bericht unter dem Abschnitt des Justizministeriums das Thema Öffentlichkeitsarbeit an. Ich zitiere einmal von Seite 10:
„Durch die Darstellung konsequenter Strafverfolgung und schneller Ahndung fremdenfeindlicher und extremistischer Taten kann generalpräventive Wirkung in der Öffentlichkeit erzielt werden.“
Herr Minister, das ist zwar richtig, gilt aber für alle Straftäter. Wir begrüßen das Vorhaben, Straftäter schnell zu fassen und abzuurteilen. Wir werden gespannt darauf achten, ob im Justizbereich die entsprechenden Vorkehrungen hierfür getroffen werden beziehungsweise bei der Polizei die sächlichen und personellen Voraussetzungen für einen schnellen Zugriff gegeben sind.
Schließlich kann in der Öffentlichkeit über eine schnelle Aburteilung nur dann berichtet werden, wenn sie auch erfolgt ist.
Auch das im Bericht umschriebene Projekt des TäterOpfer-Ausgleichs kann nicht nur für Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund gelten. Wie wollen Sie ansonsten einem Opfer erklären, dass der so genannte Täter-Opfer-Ausgleich nachrangig behandelt wird, weil der Täter gerade nicht mit rechtsextremer Gesinnung handelte?
Interessant sind auch die im Bericht realisierten Maßnahmen im Jugendvollzug, wie die dezentrale Unterkunft von Gefangenen mit rechtsextremistischen Einstellungen gemeinsam mit ausländischen Gefangenen. Wir hätten uns aber gewünscht, etwas über die Ergebnisse dieser anscheinend bereits erfolgten Maßnahmen zu erfahren. Im Bericht steht dazu leider nichts.
Mit Interesse haben wir die Projekte des Bildungsministeriums zur Kenntnis genommen. Auf Seite 31 steht der völlig richtige Satz:
„Identitätsfindung und Stärkung des Selbstbewusstseins mit einer beruflichen und persönlichen Perspektive tragen entscheidend zur Verringerung von Aggression und Gewaltbereitschaft bei.“
Das sind wahre und völlig richtige Worte. Mit Kabarettveranstaltungen, die Sie zur Förderung des interkulturellen Verständnisses weiter fördern wollen, kommen Sie diesem Ziel nicht näher.
- Frau Gröpel, ich sage das ausdrücklich, weil ich Sie schon gesehen habe. - Ich finde es ganz toll, Frau Birk, dass Sie sich so darüber amüsieren. - Das Problem ist nur, dass die, die Sie in solche Veranstaltungen eigentlich kriegen müssten, in solche Veranstaltungen gerade eben nicht kriegen. Das ist das eigentliche Problem.
Wir brauchen eine Schulpolitik, die sicherstellt, dass die Jugendlichen mit einer guten Ausbildung für den späteren Arbeitsmarkt qualifiziert werden, und wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die Anreize bietet, Stellen zu schaffen und Jugendliche nach deren Ausbildung in Arbeitsverhältnisse zu übernehmen. Identitätsfindung und Selbstbewusstsein finden nämlich dann statt, wenn sich junge Menschen in der Schule und in ihrem Job bestätigt und benötigt fühlen, weil ihre Leistungsbereitschaft anerkannt wird und sich sobald wie möglich in einem Arbeitsverhältnis konkretisiert.
Unsere Aufgabe ist es, den Jugendlichen die Rahmenbedingungen hierfür zu geben, statt in ewiger Selbstanalyse Selbstzweifel vorzutragen.
- Ja. - Zweifel daran, dass uns der Inhalt dieses Berichts in der Bekämpfung des Rechtsextremismus be
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Garg, eines vielleicht vorweg: Wenn man hier den europäischen Rechtsruck zitiert, sollte man doch sorgfältig darauf achten, wie, wo, was passiert ist. Zum Beispiel ist die Wahl in Holland anders zu bewerten als das Durchfallen Jospins in Frankreich und dadurch der automatische Sieg Le Pens in Frankreich. Das sollte man sich sehr detailliert angucken, um nicht ein Gespenst aufzubauen. Ich finde nicht, dass es ein Gespenst ist, das in Europa umgeht. Wir müssen allerdings alles Augenmerk darauf richten, was da passiert. Ich glaube aber nicht, dass damit geholfen ist, das zu einem Gespenst aufzubauen.
Der erstmals von der Landesregierung vorgelegte Bericht macht deutlich, dass es die Landesregierung mit dem Ziel ernst meint, sich dem Rechtsextremismus entgegenzustellen - Herr Innenminister, das beruhigt uns -, für ein tolerantes Schleswig-Holstein zu werben und zu sorgen. Die vielen Maßnahmen in diesem Land unterstreichen dies sehr deutlich. Prävention - das wissen wir auch aus den Debatten, die wir vorher hier schon geführt haben, das wird auch im Bericht deutlich - ist jedoch ein langwieriger Prozess. Ich plädiere deshalb dafür, dass wir die zurzeit laufenden Projekte und die noch geplanten Projekte besonders im Kinderund Jugendbereich intensiv beobachten und verfolgen, wie weit sie an diesem Punkt tatsächlich erfolgreich sind und greifen. Sie mögen ja in anderen Beziehungen erfolgreich sein, aber vielleicht nicht unbedingt auf das Problem Rechtsextremismus bezogen. Das müssen wir schauen.
Eine wichtige Erkenntnis der PISA-Studie ist, dass es in kaum einem anderem Bildungssystem als im deutschen so sehr auf die soziale Herkunft ankommt, die Jugendliche mitbringen, und so sehr das soziale Umfeld, aus dem sie kommen, ihre Schulbildung prägt. Ich finde es deshalb nicht verwunderlich, wenn Kinder und Jugendliche, die aus einem schwierigen sozialen Umfeld kommen, vielleicht auch aus einem bildungsferneren Elternhaus, in der Schule den Anschluss verpassen, weil die Lern- und Betreuungssituation unzureichend
ist. Aus einer Frustsituation heraus finden sie deshalb schnell Kontakt zu Gewalt verherrlichenden Medien und das ist dann ganz schnell der Zugang zu rechtsextremistischen und ausländerfeindlichen Gruppierungen.
Deshalb ist es nicht nur notwendig, dass wir uns an eine Reform des Bildungssystems heranmachen dazu haben wir uns ja auf den Weg gemacht und werden konkrete Vorschläge vorlegen -, sondern dass wir auch im außerschulischen Bereich stärker auf die Vermittlung positiver Werte wie soziales und ökologisches, ehrenamtliches Engagement, Frieden und Gewaltfreiheit und soziale Kompetenz besinnen. Übrigens haben wir gestern in diesem Zusammenhang über das FÖJ diskutiert und werden nachher hoffentlich auch noch dazu kommen, das unter den Stichworten Entwicklungsarbeit, interkulturelle Aktivitäten und Nachhaltigkeit weiter zu vertiefen. Dass wir es im linken politischen Spektrum nicht mit Werten zu tun hätten, ist eine Unterschätzung.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die aktuelle Diskussion eingehen, nämlich die Novellierung des Waffengesetzes. Ich möchte darauf verweisen, dass gerade für rechts- und fremdenfeindliche Gruppierungen Waffen ein Imagesymbol sind, die leider häufig nicht nur für die Bildung des Images eingesetzt werden, sondern auch benutzt werden wollen. Es finden Übungen statt und so weiter.
Es ist deshalb nur konsequent, wenn wir über Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus reden, auch daran zu denken, dass wir den Zugang zu Waffen, Gas- und Schreckschusswaffen sehr viel schwieriger machen.
Ich habe eben die Vermittlung sozialer Kompetenzen angesprochen, die ich in dieser Debatte für sehr wichtig halte. Für genauso wichtig halte ich die Vermittlung von interkultureller Kompetenz. Ich finde es schon schade, dass interkulturelle Kompetenz kein Einstellungskriterium für den öffentlichen Dienst oder im Bereich des Kultusministeriums ist. Ich bin auch enttäuscht darüber, dass interkulturelle Kompetenz nicht nur bei der pädagogischen Hochschulausbildung, sondern auch im Bericht der Landesregierung und somit offensichtlich auch in der Fortbildung von Behördenbediensteten eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Es ist deshalb sehr wichtig, dass bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst nicht nur negative Einstellungskriterien berücksichtigt werden wie zum Beispiel Verfehlungen im Rechts- und fremdenfeindlichen Bereich, sondern auch positive wie zum Beispiel die Qualifikation in interkultureller Kompetenz. Dazu ist es aber auch notwendig, die Qualifikationen sehr
Ich möchte als positive Beispiele noch herausgreifen, was auf den Seiten 42/43 steht, wo besonders die Polizei erwähnt ist und wo die Landespolizei Projekte zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Extremismus entwickelt hat. Auch die Polizei hat dieses Doppelgesicht, wie ich einmal sagen möchte. Für die Linken ist sie bedauerlicherweise, was ich völlig verkehrt finde, sozusagen der Feind, den die Linken meinen bekämpfen zu müssen, womit sie völlig schief liegen, aber für die Rechten werden Polizisten, weil sie Uniformträger und auch Waffenträger sind, sehr häufig zu Vorbildern, ohne dass die Polizisten das wollen. Deswegen finde ich besonders bedeutend und wichtig, was die Polizei in diesem Bereich leistet. Ich verweise auf die Veranstaltungsreihe „Staatsgewalt ohne Moral - Täter und Opfer unter dem Hakenkreuz“, auf die Ausstellung zum Gedenken an Wilhelm Krützfeld gegen das Vergessen und auf das Buchprojekt „Täter und Opfer unter dem Hakenkreuz - eine Landespolizei stellt sich der Geschichte“, was sie ja übrigens schon früher getan hat, indem sie die Geschichte der ehemaligen Gestapo-Zentrale von Schleswig-Holstein deutlich herausgestellt hat und auch das Polizeirevier Nummer 1 entsprechend gekennzeichnet hat. Das alles trägt mit dazu bei, dass Jugendliche erfahren, wie erwachsene Menschen in dieser Gesellschaft mit dieser bedrohlichen Vergangenheit und diesen bedrohlichen und in die Gegenwart hineinreichenden Symbolen umgehen können. Das halte ich für sehr positiv und unserer besonderen Aufmerksamkeit empfohlen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir darüber debattieren, wie wir dem Hass gegen das Fremde begegnen sollen, dann hat dies immer einen konkreten Hintergrund. Der Sommer des Jahres 2000 mit dem Bombenanschlag von Düsseldorf war ein Fanal. Er hat uns alle dazu bewogen, mehr gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus tun zu wollen. Die Vorbeugung von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt setzt früh an und umfasst nahezu alle Lebensbereiche. Wenn wir die Politik der Landesregierung beurteilen sollen, ist aber entscheidend, was seit dem Sommer 2000 bewusst gegen Rechts unternommen wurde. Nach diesem Maßstab würde der Bericht der Landesregierung um einiges
dünner ausfallen. Maßnahmen wie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, die LSE oder die kulturelle Förderung der Sinti und Roma hätten hoffentlich auch ohne die besondere Initiative gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus stattgefunden.
Wir erkennen an, dass die Regierung sich in den verschiedenen Ressorts mit den Problemen auseinander gesetzt und gute Maßnahmen ergriffen hat. Allerdings fehlt ein wesentlicher Bereich gänzlich. Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass man so gut wie ausschließlich auf die Vorbeugung bei Kindern und Jugendlichen und die Strafverfolgung von Rechtsextremen setzt. Eine Auseinandersetzung mit der Fremdenfeindlichkeit bei Erwachsenen findet kaum statt. Sie sind allenfalls die Zielgruppe, wenn es um historische Ausstellungen oder Strafverfolgung geht.
Diese Schwäche in der Politik spiegelt sich auch im Bericht wider. Gleich auf den ersten Seiten fällt auf, die Bilanz der Staatskanzlei fällt ziemlich schmal aus, obwohl fast jede Pressemitteilung erwähnt wird. Es reicht auch nicht aus, darauf zu verweisen, dass die Ministerpräsidentin wie auch das Kabinett in öffentlichen Reden Passagen zur Fremdenfeindlichkeit aufnehmen. Frau Simonis hat mit ihrem Engagement für ein gesellschaftliches Bündnis gegen Rechts anerkannt, dass in der Staatskanzlei eine besondere übergreifende Verantwortung liegt.
Diese Verantwortung hat sich aber offensichtlich auf den Sommer 2000 beschränkt, denn die Bilanz des Bündnisses selbst fällt nach unserer Ansicht mager aus. Zugegeben, der Schüleraktionstag im Januar 2001 war ein wertvoller Beitrag. Die Aktionswoche im letzten Herbst gab den verschiedenen Teilnehmern des Bündnisses eine Plattform, um gegen Fremdenfeindlichkeit Flagge zu zeigen. Auch das Mahnmal in Oldenswort war ein guter Gedanke. Aber war das alles? Das ist nach unserer Ansicht etwas zu wenig. Das Bündnis hätte immer wieder durch Worte und Taten das Signal senden müssen, dass die großen gesellschaftlichen Gruppen in dieser Frage an einem Strang ziehen, dass sie entschlossen und geschlossen die Fremdenfeindlichkeit und die Gewalt bekämpfen. Dies blieb aus.
Es hat Ideen des Bündnisses gegeben. Der SSW hat hierzu seinen bescheidenen Beitrag geleistet, leider aber bis heute keine Antwort erhalten. Wir haben nämlich darauf hingewiesen, dass man in Dänemark die so genannten Stafettenkonferenzen durchgeführt hat. Auf diesen Konferenzen nahmen jedes Jahr neue Institutionen, Organisationen und Unternehmen den gesellschaftlichen Auftrag entgegen, in ihrem Wirkungsbereich etwas gegen die Fremdenfeindlichkeit zu