Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

- Ja, ja.

Herr Astrup, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ja, ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Herr Kerssenbrock, prüfen Sie einmal Anspruch und Wirklichkeit. Dann werden Sie sehr schnell feststellen, dass Sie mit Ihren starken Worten möglicherweise zu denjenigen gehören, die es mit einer Handvoll anderer das für richtig halten, was sie sagen. Dass Ihre Fraktion Ihnen dabei hilft, ist selbstverständlich. Wir Ihnen helfen, zur Wahrheit zu gelangen, aber bitte nicht auf diese halbseidene Weise, die Sie hier verbal manchmal an den Tag legen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist unverfroren!)

Mir liegen noch einige Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Maurus das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Astrup, ich denke, wir sind uns doch einig darüber, dass das, was der Innenminister dem Untersuchungsausschuss als Gutachten vorgelegt hat, den Ansprüchen vernünftiger verfassungsrechtlicher Prüfung nicht entspricht.

(Beifall bei der CDU - Holger Astrup [SPD]: Sie waren nicht dabei, Herr Kollege! Es ist alles erklärt worden! Was soll’s?)

Dann sollten Sie hier auch nicht den Eindruck erwecken. - Ich betone noch einmal, dass die CDULandtagsfraktion von der Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsausschusses und des Untersuchungsauftrags überzeugt ist.

(Holger Astrup [SPD]: Warum bessern wir dann nach?)

- Wir konkretisieren, um der derzeitigen Lage gerecht zu werden und die Hemmnisse auszuräumen, die durch Herrn Goecke und auch durch die Landesregierung ausgelöst wurden und die Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Stillstand brachten.

Ich betone auch noch einmal - der Kollege Kubicki hat dies bereits sehr deutlich angesprochen -, dass Sie Ihrem verfassungsmäßigen Auftrag bei der Prüfung

(Heinz Maurus)

des Untersuchungsauftrages nicht nachgekommen sind.

(Holger Astrup [SPD]: Zunächst einmal die CDU, nicht, Herr Kollege?)

Ein Blick in die Landesverfassung bringt Erkenntnisgewinn. Deutlicher konnte man Ihnen das hier nicht vorführen, als es vorgeführt worden ist.

(Zurufe der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich gehe noch einen Schritt weiter. Sie thematisieren jetzt auf einmal eine Reihe von Rechtsfragen und sagen: Wir müssen erst dies und jenes prüfen. Da darf man auch einmal darauf verweisen, dass die Dinge, die heute aus Ihrer Sicht zu prüfen sind, seit langem schon kein verfassungsmäßiges Neuland mehr darstellen. Der Kollege Dieter Wiefelspütz - der Kollege Kerssenbrock hat ihn zitiert - hat in einem Aufsatz dezidiert dazu Stellung genommen.

Ich will noch etwas anführen und verweise auf die Drucksache 11/8109 des Deutschen Bundestages. Darin geht es um den U-Boot-Untersuchungsausschuss und die Frage der Auswertung von Aussagen spielte dabei mit eine Rolle. Dort können Sie nachlesen: Wie schon beim Zwischenbericht angemerkt, sei auch hier festzuhalten, dass ein erheblicher Teil der Beweisaufnahme auf der Grundlage eines vom Amtsgericht Bonn für verfassungswidrig gehaltenen Untersuchungsauftrages erfolgte. Ungeachtet dieses Umstandes stütze sich der Bericht auch auf jene Teile der Beweisaufnahme. Der Untersuchungsausschuss halte dies für rechtlich zulässig und politisch sinnvoll, da die erfolgte Beweisaufnahme nicht ungeschehen gemacht werden könne, sich keine unmittelbaren Rechtsfolgen an den Bericht knüpften und so gut wie die gesamte Beweisaufnahme in öffentlichen Sitzungen erfolgt und daher der Öffentlichkeit bekannt sei.“ - Das Weitere bitte ich Sie selbst noch einmal nachzulesen. Damit ist vielleicht auch eine Frage des Kollegen Neugebauer und der Kollegin Spoorendonk beantwortet.

Ich bitte jetzt wirklich: Lassen Sie uns den Aufklärungsauftrag, den wir wahrzunehmen haben, zügig und kompetent wahrnehmen und blockieren Sie nicht!

(Beifall bei der CDU - Holger Astrup [SPD]: Wer blockiert denn hier?)

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Liste der Wortmeldungen für Kurzbeiträge immer länger wird, erlaube ich mir den Hinweis darauf, dass eine aus

führliche Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss stattfinden wird.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Als Nächste hat die Frau Abgeordnete Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kalinka, ich habe ganz einfach keine Lust, mich von Ihnen zitieren zu lassen!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zurufe von CDU und FDP)

Darum habe ich das Wort noch einmal ergriffen. Mir ist natürlich bewusst, dass das so ähnlich ist, als werfe man Perlen vor die Säue.

(Holger Astrup [SPD]: Auch richtig!)

Dennoch bleibe ich bei dem, was ich im Ausschuss kritisiert habe, dass wir nämlich erst über die Presse erfuhren, welche Schritte die Staatskanzlei nunmehr eingeleitet hat. Das habe ich kritisiert. Dazu stehe ich. Das ist, finde ich, dem Ausschuss gegenüber nicht richtig gewesen. Auch der Ausschussvorsitzende hat das zu Recht kritisiert.

Ich habe als Begründung in meiner Pressemitteilung hinzugefügt, dass dadurch diese Verschwörungstheorien im Raum stehen blieben, die von Ihnen immer wieder genüsslich veröffentlich werden. - Ich habe es anders formuliert, aber das meine ich. Denn diese Verschwörungstheorien dienen wirklich nicht der Aufklärungsarbeit des Ausschusses.

(Zurufe von der CDU)

- Das ist genau das, was dort steht. Das bleibt im Raum stehen.

(Holger Astrup [SPD]: Das soll es ja auch!)

Aber ich sehe, lieber Kollege Kalinka, ich hatte Recht mit meiner ursprünglichen Einschätzung. Von daher hätte ich mir das auch sparen können.

(Lebhafter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Astrup für einen Teil seines Redebeitrags dankbar, weil er uns auf die eigentlichen Kernaufgaben zurückführt.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er etwas falsch gemacht!)

- Er hat nichts falsch gemacht. Wir sollen nicht so tun, als hielten wir hier in einem juristischen Seminar eine Vorlesung oder tauschten fundierte Rechtsmeinungen aus. Hier wird gerade ein politischer Meinungskampf vollführt.

Gleichwohl sind wir als Parlamentarier immer auch rechtlich gebunden. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein. Über den Hinweis, dass die Mehrheit nicht so tun kann, als müsse sie ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht nicht nachkommen, weil sie glaubte, der Union damit einen Gefallen zu tun, würde ich wirklich einmal nachdenken. Wenn die Mehrheit der Überzeugung ist - ich sage ganz klar, dass ich dies nicht bin, aber darauf kommt es nicht an -, dass der ursprünglich formulierte Untersuchungsauftrag rechts- oder verfassungswidrig ist, dann hätte die Mehrheit nicht zustimmen dürfen, sondern sie hätte ihn ändern oder sogar ablehnen müssen. Das habt ihr nicht gemacht. Es kann sein, dass sich im Verlauf der weiteren Beratung neue Erkenntnisse ergeben haben.

Ich will in Richtung Union sagen: Wenn die Regierung zu der Erkenntnis gelangt, die Bedenken, die formuliert worden sind, seien durchgreifend, dann kann und darf sie nicht anders handeln, als sie handelt. Sie kann nicht nur erklären, dass auch sie Bedenken hat. Vielmehr habe ich die Stellungnahme der Chefin der Staatskanzlei so verstanden, als teilte die Regierung die Bedenken jetzt durchgreifend und hielte den jetzigen Untersuchungsauftrag für rechtswidrig. Von Stund an darf sie auf dieser Grundlage nicht mehr mitwirken.

Noch einmal: Ich teile diese Auffassung nicht. Kollege Astrup, nicht jedes Mal, wenn Bedenken formuliert werden - diese werden regelmäßig formuliert -, hat das auch unmittelbar Konsequenzen. Es gab sehr häufig vom Wissenschaftlichen Dienst bei Gesetzesvorhaben der Landesregierung Bedenken. Über diese Bedenken hat man sich hinweggesetzt. Wenn wir dazu übergehen, dass Bedenken immer auch Wirkungen auf unsere praktische Arbeit haben, dann kommen wir in der Tat nicht weiter; denn beispielsweise wir formulieren regelmäßig Bedenken hinsichtlich dessen, was die Regierung tut, aber ohne Erfolg.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Man muss dazu übergehen, dass die Bedenken durchgreifend sein müssen. Wir haben uns vorab bei der Einsetzung mit dieser Frage beschäftigt. Die Bedenken halten wir jedoch nach wie vor für nicht durchgreifend. Noch einmal: Da die Antragsminderheit entschieden hat, dass sie nicht vom Verfassungsgericht oder vom Verwaltungsgericht bestätigt werden möchte, sondern weil sie das parlamentarische Prozedere weiter vorantreiben will, also diesen Bedenken dadurch Rechnung tragen will, dass sie den Untersuchungsauftrag eingrenzt, wie es der Wissenschaftliche Dienst vorgeschlagen hat, so ist das etwas, was wir als Parlamentarier eigentlich begrüßen müssen. Wir als Parlament haben die Aufgabe, die Grundlagen unserer eigenen Tätigkeit so zweifelsfrei wie möglich zu formulieren und auf dieser Basis wirklich weiterzumachen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich rate allen Beteiligten: Tiefer hängen! Wenn sich jetzt im Rahmen der weiteren Beratung herausstellen sollte, dass der eine oder andere meint, es werde zu sehr verzögert oder es werde wieder unzulässig gearbeitet, dann muss man das im Zweifel durch einen Beschluss klären. Das heißt, entweder die Mehrheitsfraktion stimmt dem nicht zu. Dann muss es ein Organstreitverfahren geben. Oder die Minderheit beklagt, dass zu sehr verzögert werde. Daraufhin gibt es ebenfalls ein Organstreitverfahren. Jedenfalls kommen wir dann zu einer rechtlichen Klärung.

Aber nur eine Sache scheint mir sinnvoll zu sein: Die Chancen für eine entsprechende Auseinandersetzung vonseiten der Union haben sich mit dem heutigen Antrag deutlich verbessert. Allein das ist schon viel wert.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Plüschau.

(Unruhe)