Protokoll der Sitzung vom 28.09.2005

Herr Minister Dr. Stegner, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in meinem Redebeitrag gesagt, dass wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Ich halte eine Gesetzesänderung nicht für erforderlich. Ich wollte aber in der Freundlichkeit, die man gegenüber Oppositionsfraktionen an den Tag legen sollte, sagen

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- das habe ich immer so gehalten, das wissen Sie -, dass wir, wenn wir über die andere Fragestellung

miteinander sprechen, dann diese Frage noch einmal aufgreifen können. Das hat nichts mit dem konkreten Gesetzentwurf zu tun, den ich in der Tat für überflüssig halte, und wozu ich empfehle, dem Votum des Ausschusses zu folgen. Das habe ich klar gesagt. Ansonsten muss man solche Fragen nicht mit einem „Basta“ beenden. Das war eigentlich alles zum Thema Respekt vor dem Parlament, Frau Abgeordnete.

Zu einem Austausch weiterer Freundlichkeiten in drei Minuten erteile ich dem Herrn Abgeordneten KarlMartin Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage schlicht, den Gesetzesantrag zu einer weiteren Beratung zurück an den Ausschuss zu überweisen, um das, was der Innenminister vorhin vorgeschlagen hat, in die Beratungen einzubeziehen.

Vielen Dank, Herr Kollege Hentschel. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst den Antrag des Kollegen Hentschel auf Rücküberweisung an den Ausschuss zur Abstimmung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag, Herr Kollege Hentschel, gegen die Stimmen Ihrer Fraktion mit den Stimmen des gesamten Hauses abgelehnt.

Der Ausschuss selbst hat die Ablehnung des Gesetzentwurfes Drucksache 16/205 empfohlen. Wer dieser Ausschussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen.

Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 34:

Kulturpolitische Schwerpunkte und Grundsätze

Landtagsbeschluss vom 26. Mai 2005 Drucksache 16/92 Bericht der Landesregierung Drucksache 16/201

In der Vergangenheit war es so, dass die Antragsteller jeweils vor dem Bericht noch das Wort ergriffen haben. Ich gehe aber davon aus, dass die Antragstellung so eindeutig war, dass nunmehr der Ministerpräsident

(Präsident Martin Kayenburg)

das Wort bekommt. Ich erteile damit dem Herrn Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Landtagsabgeordnete! Mit dem Bericht über kulturpolitische Schwerpunkte und Grundsätze kommt die Landesregierung der Aufforderung des Landtages nach, die Schwerpunkte ihrer Kulturpolitik darzustellen. Ich glaube, es ist ein gutes und auch ein deutliches Zeichen, dass der Ministerpräsident zu diesem Tagesordnungspunkt spricht. Kulturpolitik steht mit im Zentrum der Regierungspolitik in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Menschen, die die Kultur hier bei uns tragen, haben diese Form der Anerkennung allemal verdient.

Ich war sehr überrascht und auch erfreut über die starke Resonanz auf meine Einladung nach Salzau zu einem Kulturtreffen. Dieses war der Auftakt zu einer ganzen Reihe von intensiven Begegnungen und Gesprächen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es einen großen Konsens darüber gibt, was für die Kulturpolitik grundsätzlich bestimmend ist. Die Kulturpolitik soll nicht das fördern, was sich aus eigener Kraft durchsetzen kann, Förderung braucht das, was es schwer hat, sich durchzusetzen. Es muss darum gehen, möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen.

Es versteht sich von selbst, dass die Frage, wie sich die Finanzierung des kulturellen Angebots weiter entwickelt, bei uns eine große Rolle einnimmt. Wir kennen die Haushaltssituation des Landes, aber wir kennen auch die Haushaltssituation bei den Kommunen. Deswegen sage ich offen und ehrlich, mich treibt diese Frage der Finanzierung auch um. Natürlich werden die öffentlichen Hände, unsere Haushalte, ihre führende Rolle in der Kulturförderung weiter wahrnehmen müssen, aber wir müssen auch neue Wege suchen.

Heute besteht Einigkeit, eine aktive Bürgergesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sich alle gesellschaftlichen Kräfte in einer Verantwortungspartnerschaft sehen. Das bedeutet Arbeitsteilung und Kooperation. Die Landesregierung wird diesen Prozess anstoßen und sich einer offenen Diskussion über Kultur, politische Prioritäten und deren zukünftige arbeitsteilige Finanzierung stellen. Dazu werden wir die innere Reform der vom Land getragenen Kulturinstitute in Richtung Flexibilität und Serviceorientierung weiter vorantreiben. Auch im Kulturbereich müssen künftig verstärkt öffentliche Projekte als Pub

lic Private Partnership finanziert werden. Um das zu erreichen, werden wir die Kontakte zu den Industrie- und Handelskammern, den Unternehmensverbänden, einzelnen Unternehmen verstärken, um sie gezielt als Partner zu gewinnen. Die schleswig-holsteinische Wirtschaft leistet hier schon einen großartigen Beitrag, für den ich von ganzem Herzen danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Vieles von dem, was wir hier zeigen können, wäre nicht möglich, wenn dieser Beitrag aus der Wirtschaft nicht kommen würde. Es gibt gerade im Kulturbereich schon jetzt zahlreiche Fördervereine und Freundeskreise. Wir werden aber noch mehr solcher Initiativen und Stiftungen brauchen. Daher werden wir uns dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen für deren fördernde Arbeit zu verbessern.

Meine Damen und Herren, Kulturwirtschaft und Kulturtourismus sind wachsende Sektoren. Deshalb werden wir Förderinstrumente und Fördermittel besser miteinander verzahnen. Ich darf Ihnen sagen, dass bei der TASH in nächster Zeit jemand angestellt wird, der sich ganz speziell um Kulturtourismus kümmert.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir haben so viel bei uns im Land zu zeigen, wir müssen das auch tun.

Eines unserer wichtigsten Ziele ist die Stärkung unserer Stärken. Das gilt gerade für das reiche kulturtouristische Potential unseres Landes, erst recht für unsere Flaggschiffe, etwa das Schleswig-Holstein Musik Festival, die Gottorf-Stiftung, die Kunsthalle in Kiel und das Schloss Eutin.

Mir liegt aber auch die Breitenkultur sehr am Herzen. Deshalb haben wir bereits eine Initiative zur Stärkung der Kinder- und Jugendkultur gestartet. Wir werden vorhandene Ressourcen für schulische und außerschulische Kulturangebote besser nutzen. Wir brauchen in allen Bereichen der Gesellschaft mehr Kreativität. Hier können wir von den Künstlerinnen und Künstlern lernen. Schleswig-Holstein ist ein kulturfreundliches Land und das wird auch so bleiben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei CDU und SPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wilfried Wengler von der CDU-Fraktion.

Wilfried Wengler [CDU]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei für die vorliegende Ausarbeitung danken. Sie zeigt unzweifelhaft, dass die „Chefsache“ Kultur für Sie, Herr Ministerpräsident, einen hohen Stellenwert besitzt.

Lassen Sie mich vorweg ein kleines Fazit aus diesem Bericht ziehen: Die Zeiten des staatlichen Füllhorns, das über den Musentempeln dieses Landes ausgeschüttet werden konnte, gehören der Vergangenheit an.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wann war das denn?)

- Vor meiner Zeit.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann war das?)

Es ist längst keine Frage mehr des „Wie“ oder „Wie viel“ sondern des „Ob“. Daher ist es umso mehr zu begrüßen, dass sich dieser Bericht darauf konzentriert, Wege zu finden, die notwendige Trägerschaft der Kultur sowohl in der Spitze als auch in der Breite auf mehrere Schultern zu legen.

Wir alle müssen uns auch im Bereich der Kultur daran gewöhnen, dass der Staat eben nicht mehr in der Lage ist, alles zum Besten zu regeln. Jeder von uns muss auch hier lernen, in seinem Umfeld dafür Verantwortung zu übernehmen. Dies gilt ebenso für die kulturellen Institutionen, die gefordert sind, ihr kreatives Denken auch dafür zu nutzen, die wirtschaftliche Führung ihrer Einrichtung zu gewährleisten. Es gilt, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Attraktivität einer Institution für weitere Kunden- und Besucherpotenziale zu steigern ist. Das soll nicht heißen, jeder populären Zeitströmung nachzugeben und die Qualität zu opfern. Aber es kann zum Beispiel für ein Theater bedeuten, ein profitables „seichtes" Stück zu spielen, um damit einen Klassiker zu finanzieren und der Nachfrage zu entsprechen.

Partnerschaft von Staat und Privatwirtschaft wird in der Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen müssen, wenn wir die Vielfältigkeit der Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein erhalten und weiterentwickeln wollen. Privates Mäzenatentum existiert schon seit langem, aber es gilt auch, sich ständig darum zu bemühen. Als jüngstes Beispiel sei hier stellvertretend nur der Erwerb eines Werkes von Christian Rohlfs durch den Stifterkreis anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Kieler Kunsthalle genannt.

Privates finanzielles Engagement kann nur zusätzlich zur staatlichen Förderung erfolgen. Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass dieser Bericht die Zusage der Regierung enthält, dass Drittmittel die staatlichen Zuwendungen ergänzen, aber nicht ersetzen werden.

Einen weiteren Ansatz bietet - wie schon in der Rede des Ministerpräsidenten genannt - die Verbindung zwischen Kultur und Tourismus. Besuchern unseres schönen Landes müssen wir neben Natur und Stränden auch eine Vielzahl von kulturellen Attraktionen bieten, wenn wir die Touristen längerfristig binden wollen.

Anlässlich eines Besuches auf Helgoland habe ich auch das kleine Heimatmuseum kennen gelernt. Dieses Museum hat in diesem Jahr einen immensen Besucheranstieg zu verzeichnen - nicht nur wegen des durchschnittlichen Sommerwetters, sondern auch, weil man sich bemüht, hier Heimatgeschichte lebendig darzustellen und den Fundus für ständig neue Variationen zu nutzen. Zurzeit bemüht man sich, einen ererbten Schatz im wahrsten Sinne des Wortes zu entwickeln. Es handelt sich um rund 1.000 bisher unveröffentlichte Platten des über die Grenzen unseres Landes bekannten Hoffotografen Franz Schensky, die dieser seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts auf und um Helgoland herum aufgenommen hat. Eines dieser Bilder hat bei einer Auktion den stolzen Betrag von 15.000 € erbracht. Man denkt darüber nach, einzelne Aufnahmen in limitierter Auflage zu verkaufen, um den Etat des eigenen Hauses aufzustocken. Auch das ist ein kleines Beispiel dafür, kreativ die eigene Wirtschaftskraft zu stärken.

Besonders zu begrüßen ist die im Bericht aufgeführte "Initiative Kinder- und Jugendkultur". In unserer schnelllebigen Zeit ist es von besonderer Bedeutung, die junge Generation an unser kulturelles Erbe heranzuführen und damit die Bemühungen von Elternhaus und Schule zu unterstützen und zu fördern. Schließlich ist auch das ein wesentlicher Bestandteil der Wertevermittlung. Internetauftritt, Kinder- und Jugendkulturpreis, Zusammenarbeit von Schulen mit Institutionen des kulturellen Lebens sowie Schulen mit besonderem kulturellem Profil sind Schritte, die in die richtige Richtung weisen und die es zu entwickeln gilt. Die Schaffung eines freiwilligen sozialen Jahres Kultur kann neben der Attraktion für den Ausübenden auch eine willkommene Unterstützung für das jeweilige Institut bedeuten.

Dass Art und Weise der kulturellen Förderung ebenfalls auf den Prüfstand gehören, versteht sich angesichts unserer Haushaltslage von selbst. Aber es ist gerade in diesem Bereich von großer Bedeutung, die

(Wilfried Wengler)

erforderlichen Prüfkriterien mit sehr viel Fingerspitzengefühl zu entwickeln.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Es gilt, gleichrangig die Kultur in ihrer Spitze und in ihrer Breite zu fördern. Nicht nur Künstlerinnen und Künstler sollen sich in Schleswig- Holstein wohlfühlen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes müssen an die Resultate ihrer Arbeit, die künstlerischen oder kulturhistorischen Werke, herangeführt werden, um sich mit ihnen identifizieren zu können.