Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Achten Sie bitte auf Ihre Redezeit!

- ich komme zum Schluss -, während unsere überdimensionierten Autos auf der Verkaufsliste versauern, mit 70 % minus.

Herr Matthiessen, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

Danke, Herr Präsident, das habe ich getan. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Frau Kollegin Birk, das entscheidet das Präsidium und nicht Sie. - Das Wort für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Bernstein.

(Zurufe)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Kollegen Matthiessen treibt offensichtlich die Sorge um, dass die Finanzkrise nicht nur eine Zwischeneiszeit an den Börsen hervorruft, sondern dass in ihrem Zuge auch die Anstrengungen zum Schutz des Klimas nachlassen könnten. Richtig ist - das kann man aus der Begründung Ihres Antrags eindeutig herauslesen -, dass Sie erkannt haben, dass die Union die entscheidende politische Kraft in Deutschland ist, wenn es um die praktische Gestaltung des Klimaschutzes geht.

(Beifall bei der CDU - Minister Dr. Christian von Boetticher: Herr Gabriel ist es ja wohl nicht!)

So kann ich Sie gleich zu Beginn beruhigen: Die wegweisenden Beschlüsse von Meseberg, die wesentlich auf Betreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel zustande gekommen sind, gelten.

Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Rede der CDU-Bundesvorsitzenden auf dem letzten Bundesparteitag zitieren:

„Ich sage all denen, die jetzt von einer Verschiebung unserer Ziele reden, ausdrücklich: Der Klimaschutz ist dieses Jahr nicht weniger dringlich als voriges Jahr.“

Wenn Sie Ihren Antrag gestellt hätten, um die CDU auf diesem Weg zu unterstützen, könnten wir dem ohne Weiteres zustimmen. Leider wird aus der Begründung deutlich, dass es Ihnen gar nicht wirklich um den Klimaschutz geht.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich will nicht auf die qualifizierten Äußerungen zu unterschiedlich großen Autos eingehen. Ihr Antrag dient nicht nur dem, sondern dient bedauerlicherweise wieder einmal als Vehikel, um Ihre fragwürdigen energiepolitischen Thesen vorzutragen. Damit werden Sie der Verantwortung der Politik nicht gerecht, den Klimaschutz nachhaltig und sozialverträglich zu organisieren.

Über viele Jahre - viel zu lange - haben sich die Grünen, aus ihrem Herkommen vielleicht verständlich, an ein veraltetes, obrigkeitsstaatliches Umweltschutzverständnis geklammert. Sie sind heute auf dem Weg, sich auch in der Klimapolitik in eine Sackgasse hineinzubewegen. Dabei sind sich ja die Fraktionen über die letztliche Zielsetzung weitgehend einig.

Eine weitgehend klimaneutrale Energieversorgung, fast vollständig gespeist aus regenerativen Quellen, ist aus vielen guten Gründen ein unstrittiges Entwicklungsziel.

(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU] - Unruhe)

Wenn wir die Aussagen des IPCC ernst nehmen und ich gehe davon aus, dass alle Seiten in diesem Haus das tun -, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir zur Erreichung dieses Zieles nicht unbegrenzt Zeit haben. Wenn wir die Ziele von Meseberg erreichen wollen, dürfen wir auf keinen öko

nomisch, sozial und technologisch geeigneten Beitrag verzichten.

Wer heute glaubt - der Kollege Harms wies gestern darauf hin -, dass wir das regenerative Zeitalter in einem Schritt erreichen können, wird scheitern; er wird sich mit Blick auf die Versorgungssicherheit technologisch verheben; er wird mit Blick auf Produktionskosten, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze gewaltigen Flurschaden anrichten; und das ist am Wichtigsten - er wird durch überhöhte und letztlich unnötige Belastungen die Akzeptanz des Klimaschutzes bei den Bürgerinnen und Bürgern gefährden.

Deshalb muss Schluss damit sein, dass klimafreundliche Brückentechnologien verteufelt werden. Das ist im Übrigen nicht nur die Überzeugung der Union, das ist auch die Überzeugung und Aussage des IPCC, insoweit auch getragen durch den von Ihnen zitierten Professor Hohmeyer. Wir glauben, dass weitergehende Forderungen, wie sie beispielsweise von Greenpeace-Gründer Moore postuliert werden, der einen massiven Ausbau der Kernenergie fordert, weder nötig noch sinnvoll sind.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Den einen oder anderen mag es überraschen, deswegen möchte ich es ausdrücklich vortragen: Die CDU hat auf ihrem vergangenen Bundesparteitag beschlossen, dass ein Neubau von Kernkraftwerken nicht erfolgen soll, weil wir davon ausgehen, dass wir auch ohne einen Neubau die Meseberg-Ziele erreichen können.

Gerade vor diesem Hintergrund wird es mit uns kein blauäugiges Gutmenschtum geben. Mit der Debatte um die Emissionsrechte, die wir im Moment in Brüssel erleben, geht es natürlich auch um knallharte wirtschaftliche Interessen. Das muss man erkennen. Das tut die Bundeskanzlerin, und genau das ist auch ihre Aufgabe.

Wenn man so wie die Grünen daran festhält, dass wir einen kurzfristigen Ausstieg aus der Kernenergie brauchen, gleichzeitig aber verlangt, dass energieintensive deutsche Unternehmen dafür Kapital in die Hand nehmen müssen, um Zertifikate für ein Emissionshandelssystem zu erwerben, und wir gleichzeitig sehen, dass vergleichbare Unternehmen in Frankreich klimafreundlichen Kernstrom nutzen können, muss man erkennen, dass es um Wettbewerbsfragen geht und wir dem Klimaschutz nicht damit dienen, dass wir unsere Position im Vergleich zu unseren Nachbarländern einseitig verschlechtern.

(Axel Bernstein)

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich gehe einmal davon aus, dass Sie diese Zusammenhänge in Ihrem Antrag nicht bis ins Letzte durchdacht haben. Sonst müsste man feststellen, dass Sie als Wirtschaftspolitiker in der Französischen Nationalversammlung besser aufgehoben wären als als Umweltpolitiker bei uns.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Konrad Nabel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag haben wir wieder einmal die Chance, unsere Position zum Klimaschutz erneut und aktuell zu bestätigen. Es gibt leider auch viele andere Stimmen, jetzt auch von Angela Merkel, die sich sonst als Europas führende Umweltschützerin darstellt, die sich aber gestern und heute in Brüssel gegen fortschrittliche Klimaschutzbeschlüsse sperren will, da sie Arbeitsplätze und Investitionen gefährdet sieht.

Wer so denkt, zeigt eindeutig, dass er von moderner Wirtschafts- und Umweltschutzpolitik wenig versteht.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist immer noch nicht in allen Köpfen angekommen.

Frau Merkel mutiert damit in kurzer Zeit von der „Klima-Queen“ zur „Klima-Killerin“ und opfert sämtliche auch ihr bekannten Fakten auf dem Altar der angeblichen Arbeitsplatzgefahr.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich bin gespannt, was Herr Schäfer-Gümbel in Hessen zu Opel sagt!)

Ich will bei dieser Kritik auch Umweltminister Gabriel nicht auslassen, der zeitgleich die Klimakonferenz in Poznan mit der deutschen „KlimawendeWende“ überraschte und dazu beitrug, dass der bisherige Klima-Musterschüler Deutschland gestern zum „Fossil des Tages“ ernannt wurde.

Mit dieser Kritik bin ich nicht allein. Auch im „Hamburger Abendblatt“, einem bekanntlich nicht gerade fortschrittlichen Organ, wird heute in einem Kommentar zum Wärmelastplan Elbe ausgeführt,

dass Bundeskanzlerin Merkel mit ihrer Forderung, Klimaschutz nur zu betreiben, wenn keine Arbeitsplätze gefährdet sind, der Industrie in die Hände spielt und damit aus ökologischer wie ökonomischer Sicht eine sehr kurzsichtige Politik betreibt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es ist gut, dass der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer weiterhin klare Worte findet:

„Klimaschutz kann nicht Verfügungsmasse einer wie auch immer gearteten konjunkturpolitischen Überzeugung sein. Wer das macht, handelt ökonomisch und ökologisch unverantwortlich.“

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

„Nur wer ökologisch vorn dran ist, schafft die Jobs der Zukunft. Klimagerechtes Produzieren ist die Lösung der Krise, nicht die Ursache.“

Dem brauchte man eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, aber natürlich tue ich das; Sie kennen mich.

Diese Worte kann ich nur unterstreichen: Gerade angesichts der Finanzkrise sind Investitionen in den Klimaschutz richtig und zukunftsfähig. Sie sind Investitionen in die Realwirtschaft und nicht in Luftschlösser.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Weltklimakonferenz in Poznan braucht ein positives Signal aus Brüssel. In dieser historischen Situation darf Deutschland seine Vorreiterrolle nicht verlieren. Das heißt, die Bundesregierung muss sich an den Beschluss des Bundestags halten: Die Emissionsrechte müssen zu 100 % versteigert werden. Ein inkonsequenter Emissionshandel wäre ökonomisch falsch und würde der historischen Herausforderung nicht gerecht. Wer Bewegung in Poznan will, muss auf dem EU-Gipfel endlich mutig handeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zahlreiche Meldungen zeigen uns täglich, dass wir in unseren Zielen für den Klimaschutz nicht nachlassen dürfen; vielmehr müssen wir sie weiter verstärken. Das machen Nachrichten aus der Arktis deutlich: Das Meereis des Arktischen Ozeans schwindet unerklärlich schnell. Im September 2007 bedeckte es nur noch eine Fläche, die kaum halb so groß wie Europa war. Dies ist ein Verlust von beinahe 40 % im Vergleich zum Mittel der 80er- und 90er-Jahre.

(Axel Bernstein)