Ich warne insofern vor Folgendem: Wenn wir zu scharf an Veränderungen gehen, dann passiert das, was in Mecklenburg-Vorpommern passiert ist. Dann wird solch eine Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht beklagt und läuft Gefahr, ganz zu kippen. Das wollen wir nicht.
Allerdings - da teile ich Ihre Meinung - sollten wir nach zwei Jahren schauen, was wir tun können. Ich hoffe, dass wir in einigen Orten, die vorhin genannt worden sind, Verbesserungen erreichen können; darum werden wir uns bemühen. Wir werden allerdings so vorsichtig vorgehen, dass nicht die gesamte Geschichte scheitert. Dann hätten wir uns nämlich einen Bärendienst erwiesen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Herr Kollege Eichstädt, ich dachte, Sie würden zu § 13 Abs. 4 Ladenöffnungszeitengesetz und der Problematik der konkurrierenden Gesetzgebung sprechen.
Sie haben unseren Vorschlag hinterfragt. Wir sehen nicht unmittelbar zwingenden Bedarf, weil nicht mehr Geld ausgegeben wird, aber der volkswirtschaftliche Aufwand wird größer. Insofern ist es aus volkswirtschaftlicher Sicht kein großer Wurf, die Ladenöffnungszeiten zu erweitern.
Gerade in Schleswig-Holstein würde es Sinn machen, die Regelung der Ladenöffnungszeiten den Kommunen zu überlassen. Als Beispiel nenne ich Niebüll. Dort gibt es den Durchgangsverkehr der B 5. Die kleinen Geschäfte in der Innenstadt würden die langen Öffnungszeiten aber nicht durchhalten. Um ein weiteres Ausdünnen der Käuferschaft in der Innenstadt sowie ein Abwandern der Käufer
in die Peripherie zu vermeiden, könnte die Gemeinde die Entwicklung ihrer Innenstadt durch eine entsprechende Regelung schützen.
Herr Kollege Matthiessen, könnten Sie sich vorstellen, dass das, was Sie wollen, möglicherweise durch die Regelung, die jetzt Gesetz werden wird, geschehen kann? - Schließlich können die Ladenbesitzer in Zukunft selbst darüber entscheiden, ob es für sie interessant ist oder nicht.
- Darauf wäre ich selbst gekommen. Wir kennen die innerstädtischen Verbünde von Kaufleuten, die so etwas selber festsetzen.
Mir schwebt das Beispiel Eckernförde vor. In der Innenstadt gibt es so etwas. Ob sich ein großes Baumarktgelände mit Firmen wie Famila, Aldi, Futterhaus, Red Zac und sonstigen an solchen Verbünden und gemeinsam definierten Öffnungszeiten beteiligt, wage ich zu bezweifeln. Dadurch bringen Sie die Innenstädte in eine ganz schwierige Lage. Warum haben wir nicht das Vertrauen in die Kommune, zum Beispiel in die Bürgerschaft in Eckernförde, solche Dinge sinnvoll zu regeln? Auch das Problem mit dem Sog - ich weiß nicht, welcher Kollege das erwähnte - durch eine andere Regelung wie zum Beispiel in Hamburg, da könnten dann zum Beispiel die Kommunen ran, eigene Regelungen entsprechend ihren Kenntnissen im gewerblichen Bereich und im Verkaufsbereich zu erlassen. Insofern glaube ich, dass wir über ein solches in die Hand der Kommunen gegebenes Ladenöffnungszeitengesetz zu differenzierten und vor allem strukturbewahrenden und -entwickelnden Instrumenten hätten kommen können.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Matthiessen, ich finde es schon ein bisschen merkwürdig, was Sie hier darstellen. Neben Aspekten des Klassenkampfes habe ich in Ihrer Rede wenig inhaltlich Konstruktives gehört.
Wenn Sie auf der einen Seite sagen, wir müssen Regelungen schaffen, um die Innenstädte zu fördern, können Sie denen doch nicht auf der anderen Seite sagen, macht die Läden dicht. Damit fördern Sie die Innenstädte nicht.
Wenn das Instrument des PACT , das Sie hier eingebracht haben, Wirkung entfalten soll, dann funktioniert so etwas, wenn ich so will, Hand in Hand, also „PACT-Instrument“ und Öffnungszeiten. Beides gehört in die Trägerschaft und Verantwortung der örtlichen Wirtschaft.
Wir sind natürlich dafür, möglichst viel Kompetenz auf die Kommunen, auf die örtliche Ebene zu verlagern, aber nur dort, wo es Sinn macht. An dieser Stelle glaube ich, ist sich die Wirtschaft ihrer Verantwortung bewusst und sensibel genug, um vor Ort die richtigen Lösungen zu treffen, sich abzustimmen und diese freiheitlichen Regelungen, die wir vorsehen, objektiv zu nutzen. Das ist weit weg von einer zentralistischen Regelung, die Sie uns hier vorwerfen.
Wenn man sich die politische Landschaft ansieht, zum Beispiel wenn ich die CSU in Bayern oder die SPD in Nordrhein-Westfalen zu der Frage sehe, so ist das eine sehr interessante Landschaft. Deswegen habe ich den letzten Satz in meiner Rede auch nicht unbewusst gesagt. Ich glaube, die Zusammenarbeit von CDU und SPD in der großen Koalition hat auch in dieser Frage dazu geführt, pragmatische Lösungen im Sinne von Wirtschaft und Arbeitsplätzen zu bekommen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Auseinandersetzung mit dem Kollegen Matthiessen macht begrenzt Spaß. Ich habe gerade einen Anruf von dem FDP-Gemeindevertreter der Stadt Eckernförde bekommen. Der sagte gerade, sie hätten in Eckernförde genau die Erfahrung gemacht, die ich vorhin geschildert habe. Durch den Konkurrenzdruck, dass die grüne Wiese möglicherweise der Innenstadt alles wegnehmen und diese nicht mehr attraktiv sein könnte, haben die Geschäfte in der Innenstadt sich wieder angestrengt und es ist zu einer Verbesserung des Stadtbildes, zu einer Verbesserung des Angebotes, zu einer Verbreiterung der Angebotspalette gekommen und nicht umgekehrt. Genau deswegen sind die Antragsteller und diejenigen, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, auf dem richtigen Weg, weil sich im Zweifel nur über diesen Druck das Gesicht der Innenstädte so wandelt, wie wir uns das vorstellen, nicht umgekehrt.
Ich glaube nicht, dass das Modell der Grünen, das früher einmal als Kreismodell bezeichnet wurde wir ziehen Kreise mit verschiedenen Radien um die verschiedenen Stadtbereiche herum und machen immer kompliziertere Regelungen, wer wann wo in welchem Radius sein Geschäft aufmachen darf und wann er es zu schließen hat - die Attraktivität der Innenstädte erhöhen würde, sondern dass genau diese Schutzzonen im Zweifel den Verfall der Attraktivität noch beschleunigen würden.
Insofern, lieber Kollege Matthiessen, haben alle aus meiner Sicht völlig zutreffend geschildert, dass wir eine etwas merkwürdige Debatte führen. Auf der einen Seite wollen Sie eine gewisse Form des Protektionismus weiterführen, auf der anderen Seite sagen Sie, eigentlich wollen wir auch ein bisschen liberalisieren und deswegen sollen die Kommunen liberalisieren und nicht das Land. Ich finde, an der Stelle sind Sie sich nicht ganz treu und sollten noch einmal darüber nachdenken. Die Abstimmung ist ja noch nicht erfolgt. Der Minister wird noch sprechen und dann können Sie über Ihren Vorschlag noch einmal nachdenken.
Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um eine Verlängerung meiner Redezeit um eine halbe Stunde, damit ich dem Abgeordneten Kubicki klarmachen kann, welche Erfolge diese Landesregierung inzwischen erreicht hat.
Ich freue mich, dass wir wieder einen Erfolg miteinander feiern und damit auch dir Ursache klar ist, es begann mit einem Gespräch mit dem Kollegen Döring, als wir über die Koalitionsvereinbarung geredet und hineingeschrieben haben: Wir wollen die Öffnung der Ladenschlusszeiten. Es endet mit einem Gespräch mit dem Kollegen Stegner. Wenn er sich nachher bereit erklärt, das morgen im Gesetzund Verordnungsblatt zu veröffentlichen, dann kann das am 2. Dezember 2006 in Kraft treten. Insofern hat der Kollege Callsen recht, wenn er gesagt hat, die Koalition funktioniere in dieser Zusammenarbeit.
Ich möchte auf die Vorschläge, die Kollege Matthiessen jetzt und auch im Wirtschaftsausschuss gemacht hat, nicht eingehen, sonst müsste man sich vorstellen, wie denn nach seiner Vorstellung künftig das Verfahren laufen werde, wenn jemand seinen Laden öffnen muss. Nehmen wir einmal die Gemeinde Niebüll. Die Stadtvertretung muss einen Beschluss fassen; muss sich dann entscheiden, ob das Geschäft eine Innenstadtlage hat; man muss dann sehen, ob es ein inhabergeführtes Geschäft ist; und dann muss darüber entschieden werden, ob die Inhaber es selbst führen oder ob es die Mitarbeiter sind. Wenn das alles nicht der Fall wäre, dann könnte er „Das Kapital“ von Karl Marx nach 20 Uhr in Niebüll nicht kaufen, wenn das der Fall wäre, wäre das durchaus möglich.
Ich glaube, das macht deutlich, dass man Liberalisierung zur Absurdität führen kann und damit die Möglichkeiten völlig außer Kraft setzt.
Wir setzen heute gemeinsam ein positives Signal für die Wirtschaft und Wirtschaft heißt in diesem Fall, für die Einzelhändler. Mir liegt sehr daran, darauf hinzuweisen, dass wir in Schleswig-Holstein eine Zunahme bei den Beschäftigten im Einzelhandel haben. Wenn man das sagt, wird damit auch angesichts der Kritik, die früher an den Ladenöffnungszeiten geübt worden ist, deutlich, dass es auch Chancen gibt, wenn Unternehmer Marktnischen erkennen, wenn sie zu Zeiten, zu denen Kunden unterwegs sind, ihre Geschäfte öffnen und ihre Möglichkeiten erweitern. Ich fordere jetzt schon alle Hamburger auf, ab kommenden Samstag abends nach Schleswig-Holstein zu strömen, in Schenefeld, in Norderstedt, in Pinneberg, in Wedel einzukaufen, wenn sie es denn können. Das setzt natürlich voraus, dass die Einzelhändler, aber auch die nicht inhabergeführten Geschäfte aufmachen. Es gibt also zusätzliche Chancen für Verbraucher, es gibt zusätzlichen Bürokratieabbau.
Wir haben eine neue Bäderregelung gemacht, auch das ist Bürokratieabbau. Das ist die liberalste Regelung, die es in Deutschland gibt. Wir haben die Vergabeordnung geändert, wir haben Statistikbereinigung gemacht, wir machen jetzt eine Neuregelung, die im Grunde bedeutet, es kann jeder öffnen, wann er will. Deswegen heißt das Ganze auch Ladenöffnungs- und nicht Ladenschlussgesetz.
Es gibt manchmal merkwürdige Zufälle. Heute, auf den Tag genau vor 50 Jahren, ist das Ladenschlussgesetz in Kraft getreten. Heute, genau 50 Jahre später, werden wir das Ladenöffnungsgesetz miteinander verabschieden und ich denke, das ist eine gute Regelung.
Ich bedanke mich bei den Abgeordneten, insbesondere im Wirtschaftsausschuss, für die zügige Arbeit. Wir haben eine Regelung gefunden, die dazu geführt hat, dass wir noch vor der Weihnachtszeit entsprechende Regeln durchsetzen. Ich bedanke mich bei meinen Mitarbeitern, den Mitarbeitern im Wirtschaftsministerium, aber auch bei den Verbänden, die mitgemacht haben. Wir haben damit eine Chance, den Bürgern zu demonstrieren, dass wir uns der Lebenswirklichkeit stellen, dass wir den Markt öffnen und dass wir wieder einmal ein neue und gute Entscheidung, Herr Kubicki, der Landesregierung durchgesetzt haben.