Protokoll der Sitzung vom 01.12.2006

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Bei den Veränderungen des Gesetzes geht es also nicht um einen Richtungs- oder Paradigmenwechsel, sondern um die Anpassung des Rahmens an eine schlanke und moderne Aufgabenerledigung. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die anstehenden Gesetzesänderungen inhaltlich und systematisch sinnvoll sind.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch ein Wort zur geplanten EU-Bodenschutzrichtlinie zu sagen. Denn würde das, was die Kommission auf europäischer Ebene vorgeschlagen hat, umgesetzt, so würde genau das, was wir in Schleswig-Holstein anstreben - weniger Regulierung, weniger Bürokratie - konterkariert. Überregulierung und größerer Verwaltungsaufwand drohten einmal mehr. Die für den Boden relevanten Faktoren wie Luft und Wasser werden heute bereits auf europäischer Ebene kontrolliert, da sie grenzüberschreitend sind. Das Monitoring des Bodens kann man auch weiterhin auf nationaler Ebene durchführen. Ich sage: Wenn es denn politisch gewollt ist, dass europäische Mittel in osteuropäische Mitgliedstaaten verschoben werden, dann kann man das ja so entscheiden, aber bitte ohne dass man uns dabei zusätzlichen bürokratischen Aufwand aufbürdet.

Ich beantrage Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs an den Umwelt- und Agrarausschuss.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Axel Bernstein und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Es gibt in der ganzen Natur keinen wichtigeren, keinen der Betrachtung würdigeren Gegenstand als den Boden! Es ist ja der Boden, welcher die Erde zu einem freundlichen Wohnsitz der Menschen macht; er allein ist es, welcher das zahllose Heer der Wesen erzeugt und ernährt, auf welchem die ganze Schöpfung und unsere eigene Existenz letztendlich beruhen“.

(Manfred Ritzek [CDU]: Jesaja 21! - Heiter- keit)

- Dieses Zitat stammt von dem Juristen Friedrich Albert Fallou aus dem Jahr 1862. Es zeigt, dass der Boden ein schützenswertes Gut ist.

Heute liegt uns neben dem in der letzten Tagung in erster Beratung debattierten Landesnaturschutzgesetz ein weiteres Umweltgesetz, das Bodenschutzund Altlastengesetz, zur Beratung vor. Es ist allerdings sozusagen nur die Hälfte eines Tandems, das von der Landesregierung auf den Weg gebracht wurde. Ohne Aussprache soll in der Tagung auch das Abfallwirtschaftsgesetz durch Entwurf der Landesregierung geändert werden. Ich möchte im Blick auf beide Gesetzentwürfe vorausschicken, dass unsere Fraktion - für das Landesnaturschutzgesetz lässt sich das nicht sagen - keine wesentlichen Verstöße in den Entwürfen erkennen kann.

(Beifall bei der SPD)

Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Straffung und Vereinfachung der Regelungen, ohne inhaltliche Standards in diesem Land abzusenken. Hintergrund dafür sind inzwischen geltende Bundesgesetze - 1998 wurden ein umfassendes Bundesbodenschutzgesetz und 1999 die Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung erlassen -, die zuvor notwendige landesrechtliche Regelungsbereiche bundeseinheitlich geregelt haben.

Meine Damen und Herren, wussten Sie schon, dass es 100 bis 300 Jahre dauert, bis in unserem Klima eine Humusschicht von 1 cm Dicke entsteht? Für eine hohe Fruchtbarkeit unserer Ackerböden sollten es allerdings 30 bis 40 cm sein. Herr Ehlers wird das bestätigen. Dies zeigt, dass der Bodenschutz ein wichtiger Bestandteil des Umweltschutzes insgesamt ist. Der Grundsatz für uns alle muss bleiben, dass in Schleswig-Holstein eine vorsorgeorientierte, standortgerechte und umweltfreundliche Nutzung der Böden gewährleistet ist.

Ziele eines medienübergreifenden Bodenschutzes sind die Erhaltung der Vielfalt von Bodenformen in ihrer räumlichen Verteilung und die Erhaltung der ökologischen Bodenfunktionen. Diese Ziele sollen erreicht werden durch Reduzierung der diffusen und direkten Stoffeinträge, Verminderung nicht rückholbarer mechanischer Veränderungen, standortgerechte nachhaltige Nutzungen, Verminderung von Bodenverlusten, das heißt des Flächenverbrauchs, der Versiegelung sowie der Bodenerosion und -zerstörung, und Sanierung oder Isolation bereits belasteter Bodenflächen, also Altlasten. Diese Ziele und Maßnahmen sind im Gesetzentwurf enthalten; sie müssen jedoch auch im Handeln erkennbar verankert bleiben. Dafür werde ich mich einsetzen. Vor allem der Gedanke des vorsorgenden Bodenschutzes, der Gefährdungen bei Planungen rechtzeitig erkennt und minimiert, statt sie später kostenträchtig zu beseitigen, muss sozusagen noch stärker gelebt werden.

(Axel Bernstein)

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wussten Sie schon, dass pro Jahr und Hektar Boden bundesweit circa 1.000 m3 Grundwasser neu gebildet werden und dabei überwiegend Trinkwasserqualität erreicht wird? - Ich sehe, dass der Kollege Ehlers auch jetzt nickt. Die nachhaltige Flächennutzungs- und Siedlungspolitik ist deshalb ein Auftrag für den Bodenschutz. In Deutschland werden täglich immer noch 100 ha freie Landschaft für Bauvorhaben in Anspruch genommen. Die Sanierung und Wiederverwendung von Altstandorten kann hier einen Teil dazu beitragen, das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, nämlich den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 ha am Tag zu senken.

In der Verbandsanhörung wurde von kommunaler Seite als Beitrag zur Entbürokratisierung vorgeschlagen, das Altlastenkataster abzuschaffen. Ich bin froh, dass diesem Vorschlag nicht gefolgt wurde, denn eine zielgerichtete Planung ohne umfassende Informationen über Altlastenstandorte und deren mögliche Nutzung ist ohne ein Altlastenkataster nicht möglich.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir werden in den Ausschussberatungen zu den beiden Gesetzentwürfen nochmals die Gelegenheit bekommen, uns zu informieren und zu checken, ob aus parlamentarischer Sicht noch Änderungsbedarf besteht. Hierzu stehen meine Fraktion und ich als Gesprächspartner gern zur Verfügung.

Ich möchte meine Rede auch mit einem Zitat von Albert Fallou beenden: „Eine Nation, die ihren Boden zerstört, zerstört sich selbst.“

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Kollegen Olaf Schulze, und zwar besonders für seinen heiteren Einstieg in die Rede. Es war ein schönes Bild, alle Kolleginnen und Kollegen lächeln zu sehen. - Für die FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es für meine Fraktion kurz machen, denn ein kurzes Gesetz bedarf nicht immer unbedingt einer langen Rede.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das gilt umso mehr, wenn man mit dem Inhalt des Gesetzes einverstanden ist. Wir begrüßen den heute vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesbodenschutz- und Altlastengesetzes.

Der Gesetzentwurf zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass er erstens unnötiges Beiwerk im Gesetz streicht, zweitens eine bessere Flexibilität bei den Zuständigkeiten und für eine sinnvolle Funktionalreform dadurch erreicht, dass er den Begriff der unteren Bodenschutzbehörde durch den Begriff der zuständigen Bodenschutzbehörde ersetzt und drittens den Abschnitt III des Gesetzes, der sich mit Fachbeiträgen zum flächenhaften Bodenschutz und Bodengefährdungsgebieten befasst, komplett streicht. Das alles findet unsere Zustimmung. Alles Weitere teilen wir in der Ausschusssitzung mit.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hildebrand. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält nun Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie man den Medieninformationen am 14. November 2006 und auch heute der Rede des Ministers hier entnehmen konnte, hat der Minister angekündigt, entbehrliche Regelungen im Gesetz zu streichen. Aus unserer Sicht führt das zu einem Abbau von Umweltstandards. Die in § 1 verankerte Altlastensanierung entbehrlich zu machen, halten wir nicht für zielführend. Auch die Pflicht der Behörden, die Bodenschutzbehörden aktiv zu beteiligen, ist aufgehoben worden. Das Gleiche gilt für die Beteiligung der Bodenschutzbehörden an der Landesplanung und Raumordnung. Angesichts dessen muss man in erster Lesung feststellen, dass das Gesetz eher eine Verschlimmbesserung erfährt.

Der Minister verkündet stolz: Das Gesetz hat weniger Paragrafen. Dazu muss man sagen, dass - wie schon beim Naturschutzgesetz - die Verschlankung in dem Gesetz in der Streichung rezitativer Verweise auf das zugrunde liegende Bundesgesetz besteht. Das ist Verschlankung auf die leichte Art. Dadurch werden für die Bürger und für die Leser des Gesetzes die Verständlichkeit und die Lesbar

(Olaf Schulze)

keit jedoch erschwert. Man braucht in Zukunft zwei Gesetze, um Durchblick zu erhalten. Der Leser muss also zwei Bücher statt ein Buch in die Hand nehmen, um es zu verstehen. Dieser Minister betrachtet Umweltschutz offenbar als bürokratischen Unsinn. Er ist kein Umweltminister, sondern ein Umweltabbauminister.

Man darf das Altlastenproblem nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das sehen wir an den jüngsten Ereignissen im Zusammenhang mit den Munitionsaltlasten in der Kieler Förde. Ein neues Depot mit 70 Sprengköpfen und Minen wurde in nur 10 m Tiefe in der Nähe von Kiel entdeckt. Dieses Depot enthält hochgiftiges TNT, das für die Menschen schon in geringer Dosis die Gefahr von Krebs und Hepatitis mit sich bringt. Dieser Schrott muss weg. Ich fordere die Landesregierung auf, die Kampfmittel genau zu kartieren und dafür zu sorgen, dass sie wenigstens gut abgedeckt werden und bleiben. Was die Kosten der Beseitigung angeht, so muss die Landesregierung - das sage ich sehr deutlich - Mittel vom Bund einfordern. Der Bund ist als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches Besitzer dieser Kampfmittel.

In der letzten Legislaturperiode hat die Landesregierung eine Erfassung der Altlastenbestände vorgenommen. Sie stellte über 20.000 Ablagerungen und Altlastenstandorte in Schleswig-Holstein fest. Es spricht nicht sehr für das Umweltbewusstsein in der kommunalen Familie, wenn die Kartierung für entbehrlich gehalten wird. Sie ist vielmehr die Voraussetzung für das Handeln in der Umweltpolitik auf dem Gebiet des Bodenschutzes. Insofern ist dies gewissermaßen ein kleines Licht in Ihrer Streichungsorgie, Herr Minister. Ich glaube, wir brauchen einen Minister, der sein Amt ernst nimmt und gerade auf dem Gebiet des Bodenschutzes seine Arbeit macht, nicht aber gewissermaßen hauptberuflich den Standard von Umweltgesetzen senkt.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen gleich erklären, warum ich geklatscht habe. Der SSW hat sich seinerzeit bei der Abstimmung über das Landesbodenschutz- und Altlastengesetz der Stimme enthalten. Nach einge

henden Beratungen hatten wir es im Ausschuss seinerzeit unterstützt, einige Änderungsvorschläge der FDP im Gesetz zu berücksichtigen. Von der Mehrheit wurde das damals leider anders gesehen. Jetzt wird vielen dieser Änderungsvorschläge in dem Gesetzentwurf aber Rechnung getragen.

Wir debattieren heute über den Gesetzentwurf der Landesregierung in erster Lesung. Ich kann vorwegnehmen, dass wir aus den eben genannten Gründen einige der geplanten Neuerungen durchaus unterstützen. Mit anderen Neuerungen haben wir allerdings unsere Probleme; diese will ich auch nennen.

Wir wissen, dass sich die Landesregierung generell zur Aufgabe gemacht hat, den Bürokratieabbau und die Deregulierung im Land voranzubringen. Im Prinzip ist dies nicht verkehrt, aber die Frage ist, wie es umgesetzt wird.

Unter den genannten Stichworten hat die Landesregierung das Landesbodenschutz- und Altlastengesetz unter die Lupe genommen. Nun besteht ein Großteil der im Entwurf genannten Änderungen darin, dass der Begriff „Untere Bodenschutzbehörde“ durch „zuständige Bodenschutzbehörde“ ersetzt werden soll. Aus der Begründung zum Entwurf geht hierzu unter anderem hervor, dass aus systematischen Gründen auf eine unmittelbare Zuständigkeitsüberweisung im Landesbodenschutzund Altlastengesetz verzichtet werden soll. Stattdessen soll künftig per Verordnung eine umfassende Regelung der Zuständigkeiten erfolgen.

Während also im bestehenden Gesetz die Zuständigkeit noch klar zugewiesen ist, soll dies zukünftig durch eine Verordnung geregelt werden. Worin hier Bürokratieabbau und Deregulierung bestehen sollen, ist mir schleierhaft. Im Gegenteil: Eine klare Zuordnung trägt meiner Auffassung nach eher zum besseren Verständnis von Gesetzestexten und zur besseren Verteilung der Verantwortlichkeiten bei.

Wir sind der Auffassung, dass der bisherige § 7, in dem es um die Erstellung von Fachbeiträgen des Bodenschutzes geht, beibehalten bleiben muss. Denn ebenso wie Hochwasser- und Naturschutz hat der Bodenschutz seine Berechtigung in der Landesund Landschaftsplanung.

Auch die Beteiligung der Bodenschutzbehörden unter § 3 Abs. 1 muss weiterhin im Gesetz verankert bleiben, soweit wesentliche Belange des Bodenschutzes berührt sind. Auch hier gilt, dass aus dem Gesetz deutlich hervorgehen muss, wie das behördliche Beteiligungsverfahren aussieht. Dieser Absatz muss daher beibehalten werden.

(Detlef Matthiessen)

Durchaus nachvollziehbar ist für uns hingegen die Streichung des dritten Absatzes im gleichen Paragrafen, in dem es um die Übermittlungspflicht bereits erfasster altlastverdächtiger Flächen oder Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen an die unteren Bodenschutzbehörden geht. Hier stimme ich mit der Landesregierung überein, dass dies nach einer vierjährigen Umsetzungszeit durchaus entbehrlich geworden ist. Ich gehe aber davon aus, dass die Gemeinden ihrer Übermittlungspflicht nachgekommen sind und dass die Landesregierung entsprechende Kenntnisse hierüber besitzt.

Ein aus unserer Sicht wichtiger Punkt ist weiterhin, dass die Berichtigung und Löschung von über einem Grundstück vorhandenen Daten verlangt werden kann, wenn diese unrichtig sind. Dies setzt aber aktives Handeln der Betroffenen voraus. Sind die Daten falsch, so muss man erst die Löschung verlangen. Diese Vorgehensweise ist an sich falsch. Wenn Daten falsch sind, müssen sie entsprechend geändert und gelöscht werden, und zwar unabhängig davon, ob ein Antrag des Betroffenen vorliegt.

Seinerzeit hat die FDP hierzu einen Änderungsvorschlag eingereicht, der eben auf dies abzielte. Jetzt haben wir die Möglichkeit, diesen Fehler zu beheben und wir sollten dies auch tun, zumal hier Kernfragen des Datenschutzes eine wichtige Rolle spielen.

Wir begrüßen ausdrücklich die unter Punkt 3 genannte Ergänzung, dass die Mitteilung einer schädlichen Bodenveränderung künftig auf konkreten Anhaltspunkten beruhen soll. Wir hatten seinerzeit kritisiert, dass dadurch weitreichende Probleme geschaffen werden können, wenn ohne konkrete Anhaltspunkte Mitteilungen über Bodenveränderungen abgegeben werden. Eine Konkretisierung in diesem Punkt entlastet die Betroffenen und die Behörden.