Protokoll der Sitzung vom 20.07.2016

b) Fairer Freihandel auf Grundlage hoher Umwelt- und Sozialstandards

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/4253

c) Investorenklagen verhindern, demokratisches Selbstbestimmungsrecht bewahren - Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA stoppen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/4299 (neu)

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht, wie ich sehe. Wir werden in der Reihenfolge der Antragseingänge die Wortmeldungen abarbeiten.

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Johannes Callsen das Wort. Ich eröffne hiermit die Aussprache.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die CDU-Fraktion Anfang Mai 2016 ihren Antrag zu TTIP gestellt hat, so ist dies auch vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft und der kritischen Marktsituation, insbesondere der Milchbauern in Europa, geschehen.

Ziel ist es, die hohen europäischen Standards beizubehalten und gleichzeitig den Zugang zum USMarkt zu vereinfachen.

(Beifall CDU)

Wer sich die Situation ansieht, der weiß, dass die USA europäische Milchprodukte heute mit besonders hohen Zollabgaben belegen. Es gibt kaum einhaltbare Anforderungen an die Herstellung und Veredelung von Milchprodukten, sodass es äußerst schwierig ist, diese auf dem amerikanischen Markt loszuwerden.

Von einem Wegfall beziehungsweise einer Absenkung von Zöllen im Rahmen von TTIP könnten unsere Milchbauern mittelfristig profitieren. Dies wäre vor dem Hintergrund des Brexit und der Russ

landsanktionen ein großes Stück Planungssicherheit für die Landwirtschaft.

Umso erstaunter war ich über die Aussagen des Kollegen Stegner zum jetzigen Zeitpunkt, dass die SPD TTIP nicht zustimmen werde. Ich finde, wenn jetzt schon vom Scheitern des TTIP gesprochen und damit gerechnet wird, dann zeigt das nur, wie unverantwortlich sich manche Entscheidungsträger gegenüber dem Mittelstand, aber auch gegenüber unseren Partnern in Übersee verhalten.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Callsen, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Voß?

Herr Kollege Callsen, wissen Sie, wie hoch die Zölle für den Import von Milchprodukten in die EU sind?

- Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Wir sind uns aber sicherlich einig, dass es bei TTIP auch um den Abbau von Zöllen geht.

Meine Damen und Herren, wenn Verhandlungen feststecken - und das ist im Moment die aktuelle Lage -, dann muss man aktiv dafür werben und kämpfen, damit die Regeln für den internationalen Handel mehr nach europäischen Vorstellungen gestaltet werden können. Wer die Verhandlungen jetzt für gescheitert erklärt, der schwächt die europäische Verhandlungsposition und erschwert damit die Durchsetzung unserer Standards.

Jedem muss in dieser Situation aber auch klar sein, dass das Ergebnis immer ein Kompromiss sein wird. Wer mit 100-%-Forderungen aus Verhandlungen herausgehen will, der kann nur scheitern. Es darf aber auch niemand glauben, dass ein Scheitern bedeuten würde, dass dann in Europa alles wie bisher weiterläuft. Nein, dann machen die Regeln eben andere und ohne uns in Europa. China und die USA verhandeln nämlich auch gerade. Wenn wir zu spät kommen, dann diktieren diese Verhandlungspartner ihre Maßstäbe.

(Beifall CDU)

Wir setzen uns als CDU nach wie vor für einen zügigen Abschluss dieses ehrgeizigen Abkommens ein. Die Frage, die sich heute stellt, ist, ob wir in

(Präsident Klaus Schlie)

Europa - und Schleswig-Holstein ist ein Teil davon - die Globalisierung aktiv mitgestalten wollen oder ob über unsere Köpfe hinweg zukünftig Wirtschaftspolitik gemacht wird. Für die CDU sind nach wie vor alle drei Blöcke gleichermaßen wichtig.

Erstens. Im Bereich des Marktzugangs müssen wir darauf drängen, die Zölle weitestgehend abzuschaffen und damit Investitionen zu erleichtern. Wir brauchen Investitionsschutzstandards, damit Unternehmen und ihre Auslandsinvestitionen vor unrechtmäßigen Übergriffen oder Benachteiligungen geschützt werden können.

Zweitens. Natürlich kann es kein Abkommen geben, wenn es im Bereich der regulatorischen Kohärenz und Kooperation nicht möglich ist, den Gesundheitsschutz, die Arbeitssicherheit, den Umweltschutz, den Verbraucherschutz und die finanzielle Unternehmensstabilität mit den unterschiedlichen regulatorischen Strukturen und Traditionen in Einklang zu bringen. Maßstab dafür sind unsere hohen europäischen Standards.

Drittens. Wir brauchen verbesserte Regeln und Rahmenbedingungen, damit für alle handelsrelevanten Bereiche neue Exportanreize entstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade für unsere im Vergleich mit wenig Personal und Finanzmitteln ausgestatteten kleinen und mittleren Unternehmen hat TTIP eine zentrale Bedeutung bei der Internationalisierung der Handelsbeziehungen. Nur so ermöglichen wir es den kleinen und mittleren Unternehmen, profitabel zu exportieren, sodass bestehende Arbeitsplätze in Deutschland und in SchleswigHolstein erhalten oder sogar neu geschaffen werden. Häufig sind es die kleinen und mittleren Unternehmen, die im internationalen Bereich bestimmten Verletzungen - beispielsweise von Urheberrechten ausgesetzt sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben vorhin sehr intensiv über Europa und auch über Europa nach dem Brexit diskutiert. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Ausgangspunkt der europäischen Idee waren Frieden, Freiheit und der freie Handel, von dem wir alle profitieren. Der Freihandel in Europa, aber auch Dutzende Freihandelsabkommen, die die Europäische Union mittlerweile abgeschlossen hat, sind Grundlage für unseren Wohlstand.

Ich kann nur an Sie appellieren: Lassen Sie uns diese Idee des freien Handels auch auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA übertragen. Die USA sind eine der größten Volkswirtschaften der

Welt und unser Partner. Der Landtag SchleswigHolstein kann heute ein starkes Signal für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA und zugleich für unsere europäischen Standards abgeben. Dazu laden wir Sie heute ein.

Ich beantrage daher Abstimmung in der Sache. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der hitzigen, zum Teil, wie ich meine, sogar hysterischen Debatte um die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada beziehungsweise den Vereinigten Staaten sollte man zunächst einmal klären, ob man Freihandel, also entsprechende Abkommen, und die Idee der Marktwirtschaft überhaupt für eine gute Sache hält oder eben nicht. Wir Freie Demokraten tun das ganz selbstverständlich. Aber ich stelle jedenfalls im Zusammenhang mit der Diskussion um TTIP oder CETA immer häufiger fest, dass viele selbsternannte Kritiker eigentlich gar nicht über einzelne Bestandteile dieser geplanten Abkommen diskutieren wollen und diese kritisieren, sondern weil sie Freihandel insgesamt ablehnen, auch die geplanten Abkommen TTIP und CETA ablehnen und sie nicht verbessern wollen.

(Beifall FDP)

Viele vermeintliche Kritiker, liebe Kolleginnen und Kollegen, von TTIP und CETA sind in Wahrheit keine Kritiker dieser Freihandelsabkommen, sondern sind Gegner von Freihandel, von Wohlstand und Marktwirtschaft.

(Beifall FDP)

Sie wollen diese Abkommen grundsätzlich verhindern. Ich frage mich übrigens, wo diese Kritiker gewesen sind, als die anderen Hunderte von Freihandelsabkommen, die Deutschland bislang mit anderen Staaten geschlossen hat, in Kraft traten. Ich kenne diese Kritiker nicht, etwa als die Freihandelsabkommen mit Südkorea abgeschlossen wurden, obwohl diese von der Struktur her sehr ähnlich aussehen.

Es wird Sie nicht überraschen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich die Freien Demokraten

(Johannes Callsen)

grundsätzlich für die Ausweitung des Freihandels aussprechen.

(Beifall FDP)

Freier Handel bringt nicht nur Volkswirtschaften näher zusammen, sondern auch die Menschen aus den beteiligten Ländern. Freier Handel ist ein Garant für Wohlstand und für Frieden. Deshalb sage ich ganz deutlich: Wir befürworten die Freihandelsabkommen grundsätzlich, aber selbstverständlich finden wir auch, dass man über einzelne Bestandteile trefflich streiten kann. Wer den Freihandel aber grundsätzlich ablehnt und diese Haltung durch destruktive Kritik an einzelnen Bestandteilen der geplanten Abkommen zu kaschieren versucht, ist uns jedenfalls sehr suspekt.

Nun kann und muss man bei den Verhandlungen und der Verabschiedung von konkreten Freihandelsabkommen genauer hinsehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist aber das Wesen einer Demokratie. Wir sollten dies auch im Landtag zu diesem Zeitpunkt nach der vorangegangenen Debatte exakt so tun. Man kann bei den Themen Transparenz, Verbraucherschutzstandards und auch im Hinblick auf die Schiedsgerichte durchaus unterschiedlicher Meinung sein.

Mich ärgert aber ganz besonders, dass es bei der Diskussion über TTIP und CETA vielen NGOs und auch Parteien vom ganz linken und ganz rechten Flügel überhaupt nicht um die konkrete Ausgestaltung dieser Abkommen geht. Es werden fleißig Ressentiments gegen die USA, gegen die Europäische Union, gegen die Industrie und das vermeintliche Establishment geschürt. Die Desinformation, die Panikmache und der Populismus vieler Gegner der geplanten Freihandelsabkommen haben jedenfalls mit der politischen Kultur, wie ich sie mir wünschen würde, nicht das Geringste zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Sie erinnern mich eher an „Russia Today Deutsch“. Wer den Populismus und die Desinformation der Brexit-Kampagne zu Recht kritisiert und auch zu Recht in der vergangenen Debatte kritisiert hat, der kann aus meiner Sicht nicht gleichzeitig hier Unsinn über die geplanten Freihandelsabkommen verbreiten.

Herr Abgeordneter Dr. Garg, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten König?

Vielen Dank. - Zunächst einmal: Ich bin ein Befürworter des Freihandels, aber ich lehne ihn in der Form, wie es bei CETA und TTIP geschehen soll, ab.