Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

- Das blenden Sie an dieser Stelle aus.

Herr Abgeordneter, schauen Sie hin und wieder einmal auf die Uhr?

Ja, das mache ich.

(Heiterkeit)

Sie sollten nicht immer nur einseitig auf die von Ihnen favorisierten politischen Themen gucken, sondern auch einmal ein bisschen mehr über die Leistung in den Schulen reden. Das würde sehr viel helfen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich sage Ihnen: Sie haben keine Unterstützung durch die Mehrheit. Sie haben eins zu eins das umgesetzt, was im Koalitionsvertrag dazu gesagt worden ist. Dazu ist noch ein bisschen die traumatische Kindheitserfahrung der Ministerin gekommen. Aber mehr haben Sie an diesem Gesetzentwurf nicht geändert. Ich prophezeie Ihnen: Für diesen

Gesetzentwurf haben Sie in diesem Land keine Mehrheit. - Herzlichen Dank.

Herr Abgeordneter, lassen Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Habersaat zu?

Okay. - Dann hat jetzt der Herr Abgeordnete Kai Vogel zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Franzen, Sie haben absolut recht. Für die Differenzierung im Unterricht sind die wenigsten Lehrkräfte in dem Maße ausgebildet worden, wie es eigentlich nottäte. Aber auch die wenigsten Deutschlehrer sind im Rahmen ihres Studiums dafür ausgebildet worden, die neuen Rechtschreibregeln nach der Rechtschreibreform zu vermitteln, und trotzdem tun sie es. Ich glaube aber nicht, dass das heute in irgendeiner Form infrage gestellt wird.

Wenn wir immer in dieser Art und Weise agieren würden, dann könnten wir letztlich immer nur im Generationentakt handeln und pädagogische Maßnahmen erst dann verändern, wenn eine Lehrergeneration die Schule verlässt. Ich glaube aber, dass ist nicht das, was Sie wollen.

Die Junge Union hat heute mit Schildern demonstriert, auf denen stand: „Kein Einheitsbrei“ „Für ein differenziertes Bildungssystem“. Nach meinem Empfinden waren die fünf Schilder größer als die vier Demonstranten.

(Heiterkeit und Beifall SPD)

Außerdem muss ich ganz ehrlich sagen: Sie verweigern sich insoweit der Wirklichkeit. Wollen Sie denn wirklich, dass wir den Erhalt der Regionalschulen erzwingen? Wenn wir den Regionalschulen nicht die Möglichkeit der Umwandlung geben würden, dann würden wir viel mehr Schulstandorte schließen müssen, als dies jetzt Not tut.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Daniel Günther)

Wenn ich an meine eigene Heimatgemeinde Pinneberg denke, dann haben wir dort zwei Gemeinschaftsschulen und eine Regionalschule. Die beiden Gemeinschaftsschulen laufen über die Regionalschule bedauerlicherweise überhaupt nicht. Und an allen drei Schulen wird eine gute Pädagogik geleistet. Die Umwandlung dort bietet die Chance, drei Schulstandorte zu erhalten im Gegensatz zu zweien, wie Sie es wollen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie haben des Weiteren die Begrifflichkeit „pädagogische Ziele“ mehrfach erwähnt. Ich gebe zu, dass auch ich zunächst ein wenig habe in mich gehen müssen, als diese Begrifflichkeit in die Diskussion gebracht wurde. Aber ich glaube, jeder, der sich semantisch mit der Begrifflichkeit befasst, wird zu der Erkenntnis kommen, dass im Bereich Erziehung und Bildung die pädagogischen Ziele enthalten sind. In dem Moment, in dem ich mich entweder nur auf den einen oder auf den anderen Begriff beschränke, wird das Ganze viel zu einseitig betrachtet. Pädagogische Ziele decken ein sehr viel breiteres Feld ab, und dieses halte ich für sinnvoll.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Klahn, Sie haben Ernsthaftigkeit angemahnt. Wenn wir den Entstehungsprozess dieses neuen Schulgesetzes nicht ernst genommen hätten, dann hätten wir uns diesem intensiven Dialogprozess nicht gestellt. Hätten Sie diesen Dialogprozess ernst genommen - ich sage das, obwohl das hier schon mehrfach, auch von mir, gesagt wurde -, dann hätten Sie sich im Rahmen dieser Dialogveranstaltung ernsthaft eingebracht. Das haben Sie nicht getan. Werfen Sie uns keine mangelnde Ernsthaftigkeit vor!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Forderung nach einem Gesamtkonzept ist immer ein Totschlagargument. Dann müsste man immer alles sehr umfangreich erarbeiten. Frau Franzen, ich nenne aber gern Themen, über die wir uns noch einmal unterhalten müssen, weil das nottut: kleine Grundschulstandorte erhalten, Inklusion vernünftig gestalten, Unterrichtsausfall verhindern. Schnellschüsse sind in diesem Zusammenhang aber nicht angebracht. Wir hielten es für notwendig, die Dinge im Schulgesetz zu regeln, die wir jetzt geregelt haben, damit Schulstandorte erhalten bleiben. Die anderen Dinge wollen wir im Dialogprozess

gemeinsam lösen, gern auch mit Ihnen. Diesen Weg finde ich sehr vernünftig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die angesprochenen Probleme arbeiten wir Stück für Stück ab. Der Dialog geht stetig weiter. Wir werden Lösungen finden, die nicht allen, aber zumindest der großen Masse, gefallen. Diesen Weg finde ich richtig. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Simone Lange.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Kollege Günther mich hier einbezogen hat, möchte ich das, was er behauptet hat, ein Stück weit richtigstellen. Es war die Gemeinschaftsschule Schafflund, die einen ganz speziellen Klassenverband gegründet hat, in dem sie das macht, was wir mit dem Schulgesetz fördern wollen: binnendifferenziert zu unterrichten. Es soll allen Schülern ermöglicht werden, eine bestimmte Berufsvorbereitung zu erhalten. Der Punkt war nicht, dass dieser Jahrgang als abschlussbezogen galt, sondern der Punkt war, dass Sie wollten, dass dieser Jahrgang als abschlussbezogen gilt. So herum ist es richtig. Seitens des Ministeriums wurde gesagt: Dies ist kein abschlussbezogener Jahrgang, keine abschlussbezogene Klasse. Insofern besteht kein Zusammenhang mit dem neuen Schulgesetz.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Im Gegenteil: Die tun schon das, was wir mit dem neuen Schulgesetz stärker fördern wollen. Es steht überhaupt nicht infrage: Das, was die Gemeinschaftsschule Schafflund macht, macht sie toll. Das wird sie sicherlich auch in Zukunft tun. Wenn es dort noch irgendwelchen Klärungsbedarf gibt, dann kriegen wir das - da bin ich mir sicher - mit dem Ministerium gut aufgeklärt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

(Kai Vogel)

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 18/1124 an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 und 49 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Lehrersituation und Lehrerbedarfsprognose für Schleswig-Holstein

Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/1123

b) Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2012/13

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/1023

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Dr. Waltraud Wende, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Gestatten Sie mir vor dem Bericht zur Unterrichtssituation eine Bemerkung: Zur Unterrichtssituation gehört auch die pädagogische Vielfalt. Gestern haben wir von der CDU-Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Keine reformpädagogischen Experimente an unseren Schulen“ erhalten. Für mich gehören reformpädagogische Experimente zur Vielfalt von Schule und Unterricht.

Lassen Sie mich jetzt zur Großen Anfrage der PIRATEN kommen. Im Kontext der Großen Anfrage wurden Vorwürfe laut, die Landesregierung mauere beim Thema Lehrerinnen- und Lehrerbedarf. Abgesehen davon, dass ich mir hierfür nur schwer einen sinnvollen Grund vorstellen kann, sage ich ganz klar: Ich lege Ihnen gern alle Informationen offen, die uns vorliegen.

Allerdings bitte ich auch darum, genau zu lesen, lieber Herr Krumbeck. Ich habe gerade Ihre Argumentation zum Schulgesetz verfolgt. Ich habe dabei feststellen können, dass Sie nicht so genau gele

sen haben. Sie werfen uns nämlich vor, wir würden Schulen zwingen, sich in eine Ganztagsschule umzuwandeln. Genau das tun wir nicht. Ich frage mich: Ist die selektive Lektüre des Entwurfs des Schulgesetzes - darauf lässt das, was Sie hier vorgetragen haben, schließen -, Ausdruck davon, dass Sie in der Opposition angekommen sind und Sie von dieser Opposition lernen?

Ich möchte nun gern darstellen, warum es seit jeher schwierig ist, künftige fachspezifische Lehrerinnen- und Lehrerbedarfe zu ermitteln. Um solche Bedarfe benennen zu können, muss man erstens wissen, wann eine Lehrkraft mit wie vielen Stunden in welchen Fächern in den Altersruhestand geht. Hier haben wir das Problem, dass wir nicht antizipieren können, wie viele Lehrerinnen und Lehrer in Vorruhestand gehen. Man muss darüber hinaus wissen, wie Schülerinnen und Schüler ihre Wahlmöglichkeiten bezogen auf die Fächerkombinationen und Schulen wahrnehmen. Eine auch nur annähernd genaue Prognose für 2020 und 2025 ist äußerst schwierig, ich meine sogar, nicht realistisch.

Warum ist das so? - Natürlich wissen wir, wie viele Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein arbeiten und in welchen Fächern sie das zweite Staatsexamen abgelegt haben. Was wir als oberste Schulaufsichtsbehörde aber nicht wissen und auch nicht wissen können, ist, mit wie vielen Stunden ein Lehrer beziehungsweise eine Lehrerin in einer Schule in welchen Fächern tatsächlich eingesetzt wird. Zusammengefasst heißt das: Eine valide Aussage über künftige Fachbedarfe ist derzeit nicht möglich. Das zu behaupten, wäre nicht seriös. Das sehen im Übrigen alle Bundesländer so. Deshalb melden die Länder an die KMK die kurz- und mittelfristigen Einstellungschancen in den einzelnen Fächern, und zwar lediglich grob untergliedert in gering, gut oder sehr gut.