Das Projekt wird nicht einmal das vermeintliche Ziel erreichen. Dafür wird es jedoch noch mehr Überwachungsmöglichkeiten schaffen, die nicht hinnehmbar sind. Deshalb lehnen wir die Maut in jedem Gesichtspunkt ab. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die politische Diskussion über die Einführung einer Pkw-Maut kommt in Deutschland seit Jahren immer wieder auf. Der Grund hierfür ist simpel: Es fehlt an Geld für die Instandhaltung unserer Verkehrsinfrastruktur. Ob in den Kommunen, den Ländern oder beim Bund; die Kosten allein für die Instandhaltung der deutschen Straßen verschlingen Milliarden, und wir schieben einen enormen Investitionsstau vor uns her. Die Zielsetzung in den Verkehrswegeplänen sieht daher vor, Erhaltungsinvestitionen Vorrang gegenüber Neu- oder Ausbau einzuräumen. Auch angesichts weiter steigender Zahlen im Bereich des Personenund Güterverkehrs auf der Straße wird sich die Situation nicht verbessern. Wir stehen hier vor einer Mammutaufgabe.
Der jüngst dazu von der Verkehrsministerkonferenz vorgeschlagene Weg, über ein Sondervermögen den Sanierungsstau abzubauen, scheint hierbei durchaus ein gangbarer Weg. Gespeist werden soll das Sondervermögen beispielsweise aus der Kraftfahrtzeugsteuer oder der Mineralölsteuer, jedoch ohne Pkw-Maut.
Die Diskussion über die Einführung einer PkwMaut für Ausländer hat in weiten Teilen des Bundestagswahlkampfes andere Themen überschattet. Die CSU hat sich das Thema auf ihre Fahnen geschrieben und damit die Lufthoheit über die Stammtische übernommen. Schnell ist deutlich geworden, dass der Vorschlag der CSU nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. Die Kanzlerin hat darauf hingewiesen, dass deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet werden sollen. Das Ergebnis ist entsprechend im Koalitionsvertrag verankert.
Klar ist aber, dass eine Pkw-Maut - auch wenn sie europarechtskonform ausgestaltet wird und deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet - sehr umstritten ist. Dem ADAC zufolge stellen Ausländer über das Jahr rund 5,2 % des Pkw-Verkehrs auf deutschen Autobahnen. Sie tanken bei uns und zahlen Mineralölsteuer. Damit leisten sie also bereits jetzt einen Beitrag für den Bau und Erhalt des deutschen Straßennetzes.
Sie bringen dem Staat damit Einnahmen, die fast doppelt so hoch sind wie die verursachten Kosten. Darüber hinaus gibt es Berechnungen, wonach die Systemkosten nicht einmal durch die Mauteinnahmen gedeckt würden. Schließlich müssten ausländische Verkehrsteilnehmer die Systemkosten komplett allein tragen, weil der deutsche Autofahrer ja nicht zusätzlich belastet werden soll.
Kommen wir zur Vignette: Auch diese Lösung ist nicht unkritisch, weil sie Ungerechtigkeiten schafft. Die Kosten für eine Vignette sind für alle gleich, und es ist egal, ob man mit einem großen Spritfresser oder mit einem energiesparenden Pkw unterwegs ist. Dies kann so doch nicht gewollt sein. Zurzeit wird durch die Kraftfahrzeugsteuer noch ein Unterschied gemacht, weil diese sich nach Hubraum und Schadstoffemissionen bemisst. Darüber hinaus zahlen Vielfahrer genauso viel wie Personen, die nur wenige Kilometer auf der Autobahn fahren. Maut oder Vignette; egal wie man es dreht oder wendet, keine der angesprochenen Lösungen ist für uns tragbar.
Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Dreiminutenbeiträgen. Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil mir ein Sachverhalt bekannt geworden ist, der vielleicht eine bessere Erklärung dafür gibt, warum man diese Pkw-Maut will. Der Kollege Tietze hat ausgeführt, dass das haushalterischer und finanzpolitischer Unsinn ist. Wir wissen auch, dass das so ist. Der Kollege Arp
schätzt die Bürokratie viel zu positiv und zu leistungsfähig ein. Sie wird das, was geplant ist, nicht leisten können.
Ich bedanke mich für Ihren wunderbaren Hinweis. Vielleicht gibt es andere Gründe dafür, warum die bayerische Regionalpartei diesen voralpinen Populismus betreibt. Ich will einen Sachverhalt beschreiben, der damit zu tun haben mag: Das Bundesverkehrsministerium ist vorgesetzte Behörde für die BAG, die Mautkontrolleure. Von einer internen Testphase kommt man nun zu der Überführung in die Praxis. Man will die Mautdaten mit den Zugriffsdaten der Kontrollbehörde zusammenführen und dadurch die Dienstpläne gestalten.
Auf den ersten Blick hörte sich dies vernünftig an, aber was wird so gemacht? - Dadurch wird ein Paradoxon etabliert. Die Polizei wird fragen: Was zur Bußgeldverfolgung möglich ist, muss doch auch zur Verbrechensbekämpfung möglich sein. Wir fragen uns nun: Wo kommt der Verkehrsminister her? - Das ist ein voralpiner Populist namens Ramsauer. Man hat so zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Man hat den Populismus zu Hause bedient, und man wird dieses System auf lange Zeit etablieren, auch wenn Herr Friedrich am 6. November gesagt hat, der Missbrauch von Daten für die Verbrechensbekämpfung sei vom Tisch.
Das können wir in keiner Weise akzeptieren. Deshalb bitte ich auch darum, diesem Vorschlag zu widersprechen. - Danke schön.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann spricht jetzt für die Landesregierung der Herr Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem persönlichen Bekenntnis beginnen, obwohl man dies ja nicht immer so macht.
In diesen Tagen hatte ich als Mitglied der SPD darüber abzustimmen, wie ich persönlich mit der Großen Koalition umgehen will. Ich gestehe: Ich habe zugestimmt.
Manche mag das enttäuschen. Aber es ging natürlich auch um die Frage der Beurteilung einer Gesamtvereinbarung. Da gibt es viele gute Teile, es gibt aber auch weniger gute Teile. Um es gleich vorweg zu sagen: Das, was in dem Koalitionsvertrag zur Pkw-Maut aufgeschrieben worden ist, gehört sicherlich nicht zu den Highlights.
Ich bin gespannt auf den Gesetzentwurf, der noch im Jahre 2014 vorgelegt werden soll. Ich habe den zuständigen Minister Ramsauer im Zuge der Beratungen der Verkehrsministerkonferenz vor der Bundestagswahl und nach der Bundestagswahl immer wieder gefragt, und dieser hat mir immer gesagt, er habe ein Konzept. Dieses Konzept gibt es aber nicht. Es gibt es auch noch nicht einmal offiziell. Insoweit können wir uns bei den Bundestagsabgeordneten der Grünen bedanken, die entsprechende Fragen in nachvollziehbaren Kleinen Anfragen gestellt haben. Die Antwort des zuständigen BMVBS ist: Ein solches Konzept gibt es nicht.
Ich bin der Auffassung - dies hat auch Herr Stegner bereits deutlich gemacht -: Eine Pkw-Maut nur für Ausländer ist nicht EU-rechtskonform, weil diese dem Grundsatz der Diskriminierung widersprechen würde.
Auch die Generaldirektion Mobilität hat sehr deutlich gemacht - wir haben mit ihr für die Verkehrsministerkonferenz entsprechende Gespräche geführt -: Eine Pkw-Maut in Deutschland würde nur gehen, wenn in einem ersten Schritt alle Inländer ebenso wie Ausländer belastet werden würden.
Damit sind wir bei der spannenden Frage der Entlastung inländischer Pkw-Halter bei der Kfz-Steuer. Das wird nicht funktionieren; denn es gibt insgesamt fast 20 verschiedene Steuersätze. Wie wollen Sie da Gerechtigkeit walten lassen?
Es gibt ein klares Konzept für die Kfz-Steuer. Damit will man nämlich eine Lenkungswirkung haben, um besonders schadstoffarme Fahrzeuge günstiger zu stellen oder auch Fahrzeuge, die keinen großen Hubraum haben. Wie wollen Sie da bei einer Entlastung Gerechtigkeit herstellen?
Mit anderen Worten: Es lohnt auch den Aufwand nicht, der für eine Pkw-Maut für Ausländer beschrieben wurde. Der ADAC hat eine Studie erarbeiten lassen. Nach dieser Studie kommen wir auf Einnahmen in Höhe von 262 Millionen €. Die Systemkosten für die Vignette liegen, je nach Schät
zung, zwischen 250 und 300 Millionen €. Deshalb stellt sich auch hier die Frage, was die Entlastung eigentlich bringt. Netto offensichtlich gar nichts.
Herr Minister, könnten Sie dem Hohen Haus darstellen, welche Systeme im Zuge der Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen im Gespräch sind, weil diese ja auch im Zusammenhang mit der Pkw-Maut zum Einsatz kommen könnten? Was würden solche Systeme nach sich ziehen?
´- Die Systeme, über die wir diskutiert haben, Herr Breyer, waren die Systeme, die wir bisher haben, GPS-gestützt, sodass hier keine Vignettenlösung vorgesehen ist, sondern die Ausweitung der LkwMaut auf Bundesstraßen mit einem Aufkommen von 2,3 Milliarden € pro Jahr auf einem anderen Wege funktionieren würde. Man hätte also - ich glaube, die Frage impliziert das - auch hier ein Problem zwischen zwei verschiedenen Erhebungssystemen.
Meine Damen und Herren, ich fahre fort. Nach meiner Auffassung wird eine Pkw-Maut für Ausländer nicht kommen, weil ich im Moment nicht erkennen kann, wie eine solche Maut EU-rechtskonform dargestellt werden kann. Sie ist auch nicht lohnenswert für die Kernaufgabe, die wir in Deutschland haben, nämlich die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur.
Ich will dies an der Stelle ganz deutlich sagen. Der politische Schaden bei den Nachbarländern, und zwar nicht nur der in Dänemark, in den BeneluxStaaten und in Österreich, ist groß. Ich glaube deshalb, man wird sicherlich noch weitere Überlegungen anstellen müssen, wie man insoweit zu einer vernünftigen Regelung kommen könnte.
Ich habe aber eine große Sorge. Ich will das in diesem Haus so deutlich formulieren. Weil die Aufgabe der Finanzierung der Infrastruktur so groß ist, hoffe ich nicht, dass man am Ende des Tages entgegen der Formulierung in dem Entwurf für eine Ko
alitionsvereinbarung auf die Idee kommt: Weil die Pkw-Maut für Ausländer nicht funktioniert, machen wir eine Pkw-Maut für alle.
Das würde auch dieser Intention nicht folgen. Das lehne ich nicht nur persönlich ab, sondern das haben auch alle norddeutschen Küstenwirtschaftsminister und Verkehrsminister abgelehnt.
Wir haben andere Vorschläge zur Nutzerfinanzierung vorgelegt, insbesondere was die Ausweitung der Lkw-Maut angeht, die ebenfalls in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene niedergeschrieben ist, nämlich für Lkw ab 12 t für den Bereich der Bundesstraßen. Ich finde dies auch richtig, und wir sollten dies offensiv vertreten; denn ein Lkw mit 40 t Gewicht belastet unsere Straßen 60.000-mal mehr als ein Mittelklasse-Pkw. Auch dafür muss ein Beitrag geleistet werden, damit wir die Infrastruktur in Zukunft in Ordnung halten können. Vielen Dank, meine Damen und Herren.