- Lieber Herr Kollege Koch, ich erkläre Ihnen das gern zum zehnten Mal, obwohl ich während meiner Rede wirklich nicht aufs Handy gucke. Das muss ich einräumen. Das wäre sehr unparlamentarisch. Es ist aber nett, dass Sie mir die neuen „dpa“-Meldungen vorlesen. Aber selbst wenn Sie es nicht ge
tan hätten, bin ich froh, Ihnen das noch einmal in aller Ruhe erklären zu dürfen. Am Tag, bevor die CDU die Große Koalition aufgekündigt hat, haben wir beschlossen, dass wir bei der demografischen Entwicklung, die wir anlässlich der zurückgehenden Schülerzahlen haben, die Anzahl der dafür erforderlichen Lehrerstellen nicht um 100 % kürzen, sondern dass 50 % zur Haushaltskonsolidierung dienen sollen und 50 % zur Qualitätsverbesserung, zum Beispiel bei längerem gemeinsamen Lernen, bei Inklusion und bei anderen Dingen. Das müssen Sie sich schon anhören, wenn Sie solch eine Frage stellen.
Dieser Kompromiss ist dann von Schwarz-Gelb aufgekündigt worden. Sie haben gesagt: Nix da, alles wird rasiert, wir brauchen nicht mehr Lehrer, trotz der Beschlüsse der FDP-Parteitage. Wir haben vor der Wahl angekündigt, das wieder zu korrigieren. Wir haben nach der Wahl das getan, was wir vor der Wahl angekündigt haben. Wir haben es korrigiert.
Jetzt komme ich zu Ihnen und der „dpa“-Meldung. Das passiert jeweils auf der Basis der Schülerzahlprognosen, die sich in der Tat immer mal wieder verändern. Am Ende dieser Legislaturperiode - da bin ich gern bereit, mit Ihnen um eine sehr teure Flasche Rotwein zu wetten, wenn Sie so etwas trinken, meinetwegen auch etwas Nichtalkoholisches, was auch immer Sie bevorzugen - wird feststehen, dass diese Koalition exakt das eingehalten hat, was sie angekündigt hat. Wir werden 50 % der auf der Basis der Schülerzahlprognosen berechneten möglichen Verringerung von Lehrerstellen für die Qualitätsverbesserung und 50 % zur Haushaltskonsolidierung einsetzen. Da gehe ich jede Wette mit Ihnen ein, dass das so sein wird. Das ist unser Beschluss, und im Gegensatz zu Ihnen machen wir auch das, was wir beschlossen haben.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Koch zu?
- Lieber Herr Kollege Koch, ich lese zwar sehr viel, aber weder bin ich das Statistische Landesamt, noch sind wir schon im Jahr 2017. Die Schülerzahlprognosen werden regelmäßig vorgenommen. Ich sage Ihnen nur: Der Grundsatz wird beachtet werden. So, wie der Ministerpräsident gestern versucht hat, Ihnen Regel und Ausnahme zu erklären, versuche ich Ihnen auch Grundsatz und konkrete Anwendung zu erklären. Der Grundsatz ist der, den ich Ihnen eben beschrieben habe. Das haben wir beschlossen.
Im Koalitionsvertrag steht nichts von konkreten Lehrerstellen, aber 50 %, wovon auch immer, sind 50 %. Das wissen auch Sie nach Ihrem Studium nehme ich an. Diese 50 % werden wir im System haben.
Herr Kollege Stegner, weil Sie eben wieder das Ziel der Koalition bemüht haben, den Rückgang der Lehrerzahl auf 50 % der Entwicklung der Schülerzahlen zu beschränken, wären Sie dann bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in derselben „dpa“-Meldung, die der Kollege Koch hier eben zitiert hat, ausgeführt wird:
- Sehr geehrter Herr Wiegard, der Korrespondent von „dpa“ auf der Bühne muss ja ganz beglückt sein, dass Sie hier so viel Werbung für die Nachrichtenagentur „dpa“ machen.
Wir haben einen Ausgangspunkt der Regierung, das ist das Jahr - wenn ich es richtig weiß - 2012. Wir werden einen Endpunkt der Legislaturperiode haben, wenn es nach uns geht, 2017. Dann werden wir 2012 mit 2017 vergleichen. Wir werden uns die Schülerzahlen angucken, und wir werden gucken, ob wir gemessen an der Schülerzahlentwicklung 50 % im System behalten - ja oder nein. Ich sage Ihnen, die Antwort wird ja lauten. Das mag im März oder April als Wasserstand an einem bestimmten Punkt anders sein, am Ende der Legislaturperiode wird es aber genau so sein. Das sage ich Ihnen ausdrücklich zu. Das haben wir in der Koalition vereinbart, und das machen wir auch.
Ich möchte dazu eine zusätzliche Bemerkung machen. Herr Kollege Stegner, das ist einmal wieder das Prinzip Versprechen und Hoffnung, was Sie angekündigt haben. Tatsächlich ist es so, dass die Lehrerzahl im selben Verhältnis wie die Schülerzahl gesunken ist.
- Nein, das ist nicht so. Im Übrigen ist die Legislaturperiode nicht zu Ende. Die Tatsache, dass Sie nicht länger weiterregieren durften, heißt ja nicht, dass es im halben Jahr endet. Sie werden schon bis 2017 warten müssen. Dann werden wir das gemeinschaftlich feststellen können.
Herr Kollege Stegner, vielleicht müssen wir den Kollegen Wiegard gar nicht bis 2017 warten lassen, sondern vielleicht könnte 2016 schon eine Erhellung eintreten, wenn der doppelte Abi
turjahrgang die Schulen verlässt und wir trotzdem am bisher beschlossenen Abbaupfad der Lehrerstellen festhalten. Dann werden wir schon dort eine deutliche Entlastung spüren.
- Ich bin sehr froh, dass das so ist. Gleichwohl wird es so sein, dass am Ende der Legislaturperiode Bilanz gezogen wird, und da sind wir im Wort. Wir, das sind der Kollege Habersaat, Frau Erdmann, Frau Waldinger-Thiering, alle, die hier sind, und die Bildungsministerin, gemeinsam setzen wir das um, was wir versprochen haben. Die Wählerinnen und Wähler werden sich darüber freuen.
Die Reform der Lehrkräfteausbildung bleibt ein wichtiger Bestandteil unserer Bildungspolitik. Die Einigung mit den beteiligten Hochschulen über die Umsetzungsschritte der Reform ist eine wichtige Voraussetzung. Um für alle Beteiligten Planungssicherheit zu schaffen, bleibt es unser Ziel, das Gesetz bis zum Sommer zu verabschieden. Ich wiederhole es ausdrücklich: Es bleibt unser Ziel, das Gesetz bis zum Sommer zu verabschieden.
Fast zu kurz kommen mir in der bisherigen Debatte die Studierenden. Finden wir keine jungen Menschen, die ein Lehramtsstudium beginnen, werden wir scheitern. Man muss auch zur Kenntnis nehmen: Es ist nicht alles perfekt. Viele beginnen in Kiel ein Studium und werden nicht Lehrer, sondern brechen es ab. Wir bekommen Lehrer teilweise nicht aus anderen Ländern, weil wir nicht so zahlen können, dass sie aus Bayern in Massen zu uns kommen. Insofern muss man da Vorkehrungen schaffen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.
Deswegen haben wir die Regierung auch gebeten, den Vorschlag für eine Semesterticketregelung zu machen, die die Praxissemester und Studierendenfahrten aufgrund von Kooperationen der Hochschulen abdeckt. Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil, um den Studierenden gute Perspektiven zu bieten. Denn wir wollen sie als Lehrkräfte haben.
- Na ja, Herr Garg, Ihnen ist so etwas jedenfalls nicht eingefallen. Sie müssen nicht dazwischenreden. Wenn Sie selber nichts zu bieten haben und hier dazwischenquaken, finde ich das nicht besonders überzeugend.
Gute Lehre ist die Voraussetzung für gute Abschlüsse und motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Ich möchte auch den Studierenden heute deutlich sagen, dass wir ihre Argumente nicht aus den Augen verloren haben, sondern dass wir uns sehr wohl darauf konzentrieren. Denn die Lehrerinnen und Lehrer sind ein ganz wesentlicher Bestandteil dafür, dass uns gelingt, was ich vorhin als unser Ziel formuliert habe, die Bildungschancen für alle jungen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zu optimieren und alles zu tun, was wir können, damit kein Kind und kein Jugendlicher zurückgelassen wird.
Die Reform der Lehrkräfteausbildung geht insofern voran. Das ist genau der Fortschritt für SchleswigHolstein, den die rot-grün-blaue Regierungskoalition gemeinsam mit unserer Bildungsministerin Wara Wende auf den Weg bringen wird. Wir werden die Anträge natürlich in die Ausschüsse überweisen. Es sind Gesetzentwürfe, wie sich das gehört. Das andere lehnen wir ab. Wir wollen keine rückwärtsgewandte Bildungspolitik. Wir gehen nach vorn. Die Lehrkräfteausbildung wird den Schulstrukturen angepasst. Das machen wir gemeinsam mit der Regierung. Die Bildungsministerin hat dabei unsere Unterstützung, und im Sommer wird das Gesetz beschlossen sein. - Vielen herzlichen Dank.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich deren Fraktionsvorsitzender, Frau Eka von Kalben, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig: Die Lehrerausbildung muss reformiert werden. Wir brauchen ein neues Lehrerausbildungsgesetz. Dass wir uns aber in der Ausgestaltung dieses Gesetzes schwer einigen können, folgt meines Erachtens logischerweise aus unseren unterschiedlichen Vorstellungen von erfolgreicher Schulpolitik. Wir sind der Meinung, dass wir in der Schulpolitik wirklich einen Mangel an Bildungsgerechtigkeit haben und wir deshalb möglichst viele Schulen brauchen, die das bestmögliche Angebot machen, alle Kinder, die das Talent besitzen, zum Abitur zu führen - an Gemeinschaftsschulen und an Gymnasien, in zwölf oder in dreizehn Jahren.
Wer dagegen Gemeinschaftsschulen nur als die Zusammenführung von Haupt- und Realschulen ansieht, hat natürlich auch eine andere Antwort zur Lehrerausbildung. Das ist völlig klar. Das ist nicht unser Weg.
Wir wollen Lehrerinnen und Lehrer ausbilden, die jedes Kind zum Abitur führen können, das talentiert ist. Wir wollen Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land, die über hervorragende didaktische Fähigkeiten verfügen und mit einer guten Portion Praxiserfahrung in den Lehrerberuf starten. Wir wollen Lehrer und Lehrerinnen, die inklusiv zusammengesetzte Klassen unterrichten können, egal in welcher Schulform. Deshalb ist es für uns wichtig, eine wirkliche Reform zu machen und nicht zu sagen, wir haben jetzt irgendein System, und dazu schreiben wir ein passendes Gesetz.