Fakt ist aber auch - auch dies möchte ich ganz klar sagen -: Die Fässer sind nicht etwa von gestern auf heute gerostet, sondern das ist ein Prozess über Jahrzehnte gewesen. In diesen Jahrzehnten hatte fast jede der hier anwesenden Parteien die Verant
wortung auch für die Atomaufsicht in diesem Land. Deswegen bringt es nichts, hier zu irgendwelchen Schuldzuweisungen zu kommen. Wir brauchen endlich Lösungen. Die Menschen in unserem Land erwarten Lösungen von uns, und zwar zeitnahe Lösungen. Nun geht es darum, die Fässer zu bergen und sie schnellstmöglich in ein Endlager zu bringen.
Zudem muss der Rückbau der Kernkraftwerke zur grünen Wiese voranschreiten. Die Sicherheit der Menschen und auch die Sicherheit der Umwelt sind dabei zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten.
Der Atomausstieg ist wichtig, doch für mich ist er erst abgeschlossen, nicht wenn das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet ist, sondern wenn wirklich das letzte bestrahlte Element,
das letzte bestrahlte Bauteil des Kraftwerks in einer stabilen geologischen Form untergebracht ist. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Robert Habeck, danke, dass trotz Sommerpause die Unterrichtung des Parlaments rechtzeitig stattgefunden hat. Denn in der Tat sind die Fakten, die dann bekannt geworden sind, dramatisch.
Michael Sailer, Mitglied der Reaktorsicherheitskommission, hat zu den verheerenden Zuständen in Kaverne 2 gesagt, dass wir gerade erst die Spitze des Eisbergs sehen. Es dürfte also noch manche böse Überraschung geben.
Oliver Kumbartzky, den letzten geäußerten Wunsch verstehe ich, ich muss aber auch sagen - da bin ich ganz ehrlich -, dieser Wunsch wird nicht in Erfüllung gehen. Es gibt keine Lösung des Problems.
Sailer stellte außerdem fest, dass derzeit niemand sagen kann, wie sich die Rostfässer sicher bergen lassen. Damit ist das zentrale Problem der Lagerung der atomaren Erbschaft klar benannt. Kein heute lebender Mensch ist auch nur annähernd in
der Lage zu beurteilen, wie langfristig mit dem strahlenden Abfall umzugehen ist. Das eigentliche Dilemma des Atomzeitalters liegt also darin, dass wir der Aufgabe, die wir uns selber eingebrockt haben, nicht gewachsen sind. Es gilt endlich, dies festzuhalten. Ob wir es jemals sein werden, wird sich erst in Jahrtausenden erweisen. Deshalb macht jeder, der heute meint, er kenne die Lösung, sich selber und anderen etwas vor.
Worum es jetzt geht, ist gemeinsam mit den Bürgern und in der Sache orientiert zu überlegen, wie der nächste Schritt aussieht, der nächste Schritt und wieder der nächste Schritt. So wird es in Zukunft weitergehen, viele Jahrhunderte lang. Die Mentalität des sich Wegduckens hat sich mittlerweile überlebt. Sie ist nicht mehr zeitgemäß. Wir haben eine Verantwortung zu tragen und weiterzugeben, die die Art und Weise, wie wir mit unserem Planeten umgehen, grundlegend verändert. Heute fragen sich die Menschen, wie in den 60er-Jahren Politiker wirklich glauben konnten, dass die Atomenergie sicher und beherrschbar sei.
Heute gibt es darauf klare Antworten. Viele von uns kommen aus der AKW-Bewegung. Wir haben uns immer gefragt, warum die Politik Sachen macht, vor der die absolute Mehrheit der Bevölkerung Angst hat. Die Antwort ist inzwischen zu erahnen. Ich brauche sie hier nicht aus Koalitionsverträgen oder wirtschaftlichem Interesse zu erläutern.
Im Grunde ist es genau das gleiche Denken, das auch zur Schuldenkrise geführt hat, das gleiche Denken, das uns im Moment mit in die ökologische Krise führt. Denn während wir vom wirtschaftlichen Wachstum sprechen, nehmen die Kraft und die Verfügbarkeit der Ökosystemdienstleistung stetig ab. Wir verzehren die Substanz und wissen doch genau, dass wir schon längst dazu übergegangen sein müssten, uns allein vom Ertrag zu ernähren. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, bedarf es einer Politik, die die von vielen herbeigesehnte Endlagerung - das Wort ist hier oft gefallen - kategorisch ablehnt, deshalb ablehnt, weil sie nicht funktioniert.
Wir brauchen eine neue Politik, die zu der Einsicht kommt, dass die hinter der endgültigen Lösung verborgene Denke unmenschlich und unverantwortlich
ist. Was sage ich also den Menschen? Zunächst, dass im Moment einfach niemand weiß, wie das Problem zu lösen ist, das eine Lösung nur Schritt für Schritt für jenen Schritt möglich ist und in den für uns vorstellbaren Zeiträumen niemals erreicht werden wird.
Ich sage Ihnen als Nächstes, dass mit der Suchkommission zumindest schon einmal der Versuch unternommen wird, vorurteilsfrei und nach objektiven Kriterien den bestmöglichen Lagerort zu finden. Ich sage Ihnen dann auch, dass ich mich in der Pflicht sehe, genau darauf zu achten, dass die Suche nach einem Lager transparent und nachvollziehbar erfolgt.
Als Letztes sage ich Ihnen, dass ich der sogenannten Endlagerung nicht zustimmen werde, dass die Rückholbarkeit der tödlichen Gefahrenstoffe immer gegeben sein muss.
Alles andere würde nämlich bedeuten, die Kontrolle aus der Hand zu geben. An uns alle richte ich den Appell, an der Sache orientiert zu arbeiten und zu argumentieren. Immer wieder müssen wir unsere Motivation überprüfen, ob wir wirklich alles richtig machen. Den Versuch, politisches Kapital aus der Debatte zu schlagen und immer nur nach hinten zu denken, lehnen wir ab.
Mit der Suche nach der besten Lagerstätte leiten wir eine generationenübergreifende Aufgabe ein. Wir sind auf Mitarbeit künftiger Generationen angewiesen, ohne jemals zu erfahren, welchen Beitrag sie leisten werden, um das von uns verursachte Problem zu beheben. Wir fragen künftige Generationen dabei nicht, ob sie an dem Problem mitarbeiten wollen. Wir stellen sie einfach vor vollendete Tatsachen.
Es ist sehr wohl richtig, diese Diskussion jetzt zu führen, Kollege Schulze. Ich begrüße ausgesprochen, dass Robert Habeck als Minister und Mitglied der Kommission genau diesen Gedanken aufgegriffen und sich an die anderen Kollegen gewandt hat. Die Öffentlichkeit in Brunsbüttel, Krümmel und auch woanders hat ein Recht zu erfahren, dass es diese Endlagerung nicht geben wird, jedenfalls keine sichere.
Recht auf die gerechte Beteiligung, die Ermöglichung der Mitsprache, die wir hier und heute denjenigen nicht verweigern dürfen, die uns morgen folgen werden.
Das Lernen aus den Fehlern der Vergangenheit heißt für mich auch, das schwere Gepäck aufzunehmen und sich dabei fest vorzunehmen und den anderen zu versprechen, es in Zukunft anders zu machen. Das wäre eine neue Politik. Eine Politik, die sich nicht im Streit verheddert, eine Politik, die die alten Fehler nicht wiederholt, eine Politik, die über den Tag hinausdenkt.
Herr Minister Habeck, wir PIRATEN freuen uns, dass Sie die Beschlusslage Ihrer Partei verlassen und sich in dieser entscheidenden Frage der Position der Piratenpartei Deutschlands angeschlossen haben,
die Position vom Parteitag 2013 in Bochum: Rückholbarkeit statt Endlagerung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem 2012 bekannt wurde, dass in Brunsbüttel gelagerte Metallfässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen einfach so dahinrosteten, konnte man durchaus den ersten Eindruck gewinnen, dass es sich dabei um einen Zufallsfund handelte. Zumindest gehörte es anscheinend in die Kategorie nicht meldepflichtiger Vorfall. Daran hat Vattenfall sich auch gehalten. Der TÜV Nord hat seinerzeit im Rahmen des Strahlenschutzes bei einem entleerten Fass sehr starke Korrosionen festgestellt, was die Sache dann endlich ins Rollen und letztendlich an die Öffentlichkeit brachte.
Daraufhin wurde der Betreibergesellschaft mitgeteilt, dass auch solche Fälle zukünftig zwingend der Atomaufsichtsbehörde zu melden und der Öffentlichkeit darzustellen sind. Im Zuge der seitdem durchgeführten Untersuchungen durch die Atomaufsichtsbehörde wurden weitere Fässer mit unterschiedlichen Korrosionsgraden gefunden. Damit war es auch klar, dass es wahrscheinlich nur eine
Frage der Zeit ist, dass man auf Fässer stößt, die so stark korrodiert und beschädigt sind, dass deren Fassinhalt austritt. Vor diesem Problem stehen wir jetzt.
Beruhigend ist, dass Gesundheitsgefahren für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kernkraftwerks und für die Bevölkerung noch nicht bestehen. Ich möchte mich ausdrücklich beim Ministerium für den ausführlichen Fragen- und Antwortenkatalog bedanken, der auf der Homepage des Ministeriums zu finden ist. Die Vorfälle in Brunsbüttel zeigen deutlich, dass die Transparenz dringend geboten ist. Auf der Homepage kann man dann auch nachlesen, welche Maßnahmen getroffen werden müssen und welcher Zeitplan für die Inspektion und für die Bergung vorgesehen ist. Nach derzeitigen Einschätzungen geht die Atomaufsicht davon aus, dass sich die Bergung bis in das Jahr 2016 erstreckt.
Wichtig ist jetzt, die radioaktiven Abfälle zu konditionieren und sie in geeignete Behälter zu verpacken, um ein weiteres Austreten von Fassinhalten zu verhindern. Ich glaube, der Minister hat vorhin sehr deutlich hier dargelegt, wie das passiert. Das brauche ich jetzt hier wirklich nicht alles zu wiederholen.
Die Frage eines Endlagers wird sich stellen. Damit werden wir uns in der Republik noch länger beschäftigen. Wir wissen noch nicht, inwieweit der Schacht Konrad wirklich als Endlager für diesen Müll zur Verfügung stehen wird, und vor allen Dingen nicht, wann dies sein wird. Das ist bei Weitem noch nicht geklärt.
Vielmehr müssen wir daran festhalten, dass weiter unvoreingenommen und bundesweit nach einem Endlagerstandort für radioaktive Abfälle gesucht wird. Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass ein Endlager für radioaktive Stoffe nie ein Lager für die Unendlichkeit sein kann. Es wird niemals eine absolute Sicherheit geben. Es wäre falsch, den Menschen vorzugaukeln, wir könnten ein Endlager für die Ewigkeit schaffen. Deshalb muss die Frage der Rückholbarkeit intensiv diskutiert werden. Dies sind eben die Geister, die wir riefen, als wir uns seinerzeit auf die risikobehaftete Atomenergie eingelassen haben. Daher ist und bleibt der Ausstieg aus der Atomenergie der einzige und richtige Weg, um zu verhindern, dass noch mehr radioaktiver Müll produziert wird.