Protokoll der Sitzung vom 19.02.2015

Pfalz sind es über 800. In Bayern sind es rund 2.500. Wie gesagt: Wenn man die unterschiedlichen Einwohnerzahlen der Länder berücksichtigt, wird immer noch deutlich: Schleswig-Holstein hinkt immer noch weit hinter den anderen Ländern hinterher. So oder so ist klar, dass Schleswig-Holstein unter den westdeutschen Flächenländern das Bundesland mit der niedrigsten Versorgungsquote bei studentischen Wohnheimplätzen ist. Diese liegt bei etwa 6 %.

Herr Abgeordneter Dr. Klug, lassen Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Hölck zu?

Sehr gern. Meine Redezeit ist abgelaufen. Dadurch kann ich etwas länger reden. - Herr Hölck, bitte.

Herr Kollege Klug, können Sie sich vorstellen, dass Studenten Wohngemeinschaften bilden?

- Das kann ich mir vorstellen. Aber gleichwohl sind Wohnheimplätze für Studenten - das können Sie auch in den Veröffentlichungen des Studentenwerks nachlesen - für Studenten nach wie vor die günstigste Wohnmöglichkeit. Gerade weil in den Städten der Wohnungsmarkt sehr angespannt ist schauen Sie einmal auf der Website des Studentenwerks Schleswig-Holstein nach, wie hoch die Inklusivmieten für Wohnangebote in den Studentenwohnheimen beispielsweise in Kiel, Flensburg oder Lübeck sind -, ist das ist schwer zu toppen. Studentenwohnheime sind für Studenten eine günstige Möglichkeit, in ihren Universitäts- und Hochschulstandorten zu wohnen.

Deshalb gehen andere Bundesländer mit ihren Investitionen ganz klar den Weg weiter. Bayern fördert jeden neu eingerichteten Platz mit 25.000 €. Das Deutsche Studentenwerk bezeichnet dieses Konzept als vorbildlich.

Sie von den Sozialdemokraten sind doch wohl nicht gegen bezahlbares Wohnen für Studierende eingestellt? Ich will vorausschicken, dass auch die Sozialdemokraten bezahlbares Wohnen für Studierende wünschen. Deshalb rege ich an, dass Sie Ihr Konzept noch einmal überdenken und auch den Bau von Studentenwohnheimen in Ihre Konzeption einbeziehen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und Karsten Jasper [CDU])

Die Beantwortung von Zwischenfragen lässt unsere Geschäftsordnung zu, die Verlängerung von Redezeiten dadurch nicht.

(Christopher Vogt [FDP]: Geschickt darf man sein!)

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abgeordnete Dr. Breyer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Viele Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner leben in Regionen mit überdurchschnittlich hohen Mieten, mit wenig leerstehenden Wohnungen und mit kaum günstigen Wohnungen. Das heißt: Bezahlbarer Wohnraum fehlt für viele Menschen in Schleswig-Holstein. Davon sind vor allem ältere Menschen, aber auch junge Menschen betroffen - wir haben es gerade gehört - sowie die einkommensschwachen Menschen, die durch steigende Mieten teilweise sogar aus ihren angestammten Wohnungen verdrängt werden. In den vorangegangenen Redebeiträgen wurde das bereits aufgezeigt, und das ist auch das Ergebnis einer Anhörung, die wir PIRATEN beantragt haben.

In Anbetracht dieses Problems reicht das „Bauen, Bauen, Bauen“ nicht aus. Das geht an den Bedürfnissen der weitaus meisten Menschen in SchleswigHolstein vorbei. Wenn das Land mit seinem Wohnungsbauförderprogramm in den nächsten Jahren den Neubau von ganzen 1.600 Sozialwohnungen fördern will, muss man klar sehen, dass 99 % aller Mieter davon im Land nicht profitieren werden. Allein im vergangenen Jahr, Herr Innenminister, sind 15.000 Wohnungen aus der Sozialbindung herausgefallen, also zehnmal so viele Wohnungen, wie Sie in den nächsten Jahren neu schaffen wollen.

Vor diesem Hintergrund teile ich die Bewertung des Mieterbunds Schleswig-Holstein ausdrücklich, dass diese Offensive für das bezahlbare Wohnen das Wohnen in Schleswig-Holstein nicht bezahlbarer oder preiswerter gemacht hat.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Wir PIRATEN haben angeschoben, was weit mehr Menschen helfen würde, nämlich ein Gesetz gegen Zweckentfremdung, gegen Leerstand und Abriss von Dauerwohnraum und für eine Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen.

Unsere erste Initiative, Schutz von Dauerwohnraum, schiebt die Koalition leider seit zwei Jahren

(Dr. Ekkehard Klug)

vor sich her. Bisher haben wir nicht mehr als die Ankündigung eines eigenen Gesetzentwurfs gehört, wenngleich ich mich freue, dass Sie, Herr Minister, ihn jetzt für die nächste Zeit in Aussicht gestellt haben. Ich fürchte, dass das zu spät und zu wenig sein wird.

Die zweite Initiative, die Mieterhöhungsbremse, ist nur für 15 von 1.000 Gemeinden als Placebo in Schleswig-Holstein umgesetzt worden. Das geht an der Situation im Land vorbei.

Vor diesem Hintergrund, Herr Innenminister, bitte ich Sie wirklich, die Spielräume des Landes zum Schutz des bezahlbaren Wohnens zugunsten der Mieter auszuschöpfen und vollständig zu nutzen. Wenn Sie nur auf ein „Weiter so!“ setzen, lösen Sie sich nicht aus der Umklammerung des ehemaligen Innenministers durch die Wohnungswirtschaft. Da sind weitergehende Anstrengungen erforderlich.

Wir PIRATEN werden weiter Druck machen, damit bezahlbarer Wohnraum wirksam geschützt wird, und zwar für alle Menschen in unserem Land. Danke schön.

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohnraumförderung ist eine zentrale Aufgabe des Sozialstaates: Dabei geht es zum einen um die Stärkung der Mietzahlungsfähigkeit, also um das Wohngeld, zum anderen geht es um die soziale Wohnraumförderung, also die Unterstützung von Wohnungsbau durch den Staat, ohne dabei den bestehenden Wohnungsmarkt zu stören. Daneben muss eine nachhaltige Wohnungsbauförderung das Wohnquartier und deren Akteure und last, but not least die Nachfrageseite berücksichtigen; schließlich sind unter anderem behindertengerechte beziehungsweise seniorengerechte Wohnungen in Schleswig-Holstein unterrepräsentiert. Wohnraumförderung ist also gleichzeitig ein zentrales, aber eben auch ein extrem vielschichtiges Instrument.

Darum sollte das Parlament immer auf Augenhöhe sein, was die aktuelle Entwicklung betrifft. Wir sollten uns vormerken, dass wir auch die Evaluierung, die die Wohnraumförderung in SchleswigHolstein zwingend vorsieht, hier im Landtag disku

tieren. Zum aktuellen Programm der Wohnraumförderung liegt der Förderbericht vor. Die Zahlen lassen nur einen Schluss zu: Die Regierung hat die Zeichen der Zeit erkannt und mit erheblichen Anstrengungen den Bau von Wohnungen und Eigenheimen gefördert.

Da die Mieten vor allem in Hamburger Umland immer weiter in die Höhe klettern, war es gut, hier einen regionalen Schwerpunkt zu setzen. Aber auch im Norden sind die Mittel eingesetzt worden. Ich schaue natürlich immer auf die Zahlen für die Inseln. Ich bin davon überzeugt, dass die 144 neuen Einheiten auf der Insel Sylt den Weg freimachen, dass unter anderem Lehrer, Krankenschwestern und Polizisten auf der Insel wohnen können beziehungsweise wohnen bleiben können. Dauerwohnen auf der Insel geriet in den letzten Jahren unter den konservativen Landesregierungen ein wenig unter die Räder. Gut, dass hier eine Kehrtwende eingeleitet worden ist; vor allem dem sozialen Leben auf der Insel tut das wirklich gut.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den bildungspolitischen Effekt der Wohnungsbauförderung eingehen. Die Abiturrate in der dänischen Minderheit geht unter anderem auf das Internatsangebot des dänischen Gymnasiums in Flensburg sowie angemietete Wohnungen in Schleswig zurück. Gerade Schülerinnen und Schüler von den Inseln, aber auch vom nordfriesischen Festland nutzen diese Angebote. Für die Eltern ist dieses Angebot eine spürbare Entlastung und gewährt ihnen die Sicherheit, dass ihre Kinder vernünftig untergebracht werden. Ohne Internat wäre für viele aus der dänischen und friesischen Minderheit kein Abitur möglich. Diese Anstrengungen des Dänischen Schulvereins möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen. Wohnungsangebote sind eben Bestandteil der Bildungspolitik in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein, wo Heimat- und Ausbildungsort traditionell weit auseinanderliegen. Das gilt in besonderem Maße in dem Landesteil Schleswig. Die hohe Pendlerrate ist ein eindeutiger Beleg für diese Tatsache. Wenn sich Fahrzeiten auf mehrere Stunden am Tag summieren, ist ein Umzug einfach die bessere Alternative.

Diejenigen, die heute die „Husumer Nachrichten“ lesen, können sehen, wie Pellwormer Schüler untergebracht werden. Dort findet sich ein Bericht darüber, dass sie in Husum gemeinschaftlich untergebracht sind, um überhaupt ihr Abitur oder eben auch eine Berufsausbildung abzuschließen. Ich glaube, wir müssen das Augenmerk darauf richten,

(Dr. Patrick Breyer)

dass auch für diese Klientel Wohnraum geschaffen wird.

Flensburgs große Wohnungsbaugenossenschaft, der Selbsthilfebauverein, hat dies zum Beispiel auch erkannt. Seit wenigen Monaten gibt es in der Nähe des Bahnhofs in Flensburg einen Neubau mit Einzimmerappartements für Studenten und Berufsschüler. Ausdrücklich geht es in dem Neubau nicht nur um die Bereitstellung kleiner Wohnungen, sondern um eine neue Form jungen Wohnens, die mit Gemeinschaftsräumen so etwas wie ein WG-Feeling entstehen lässt, also keine Studentenschließfächer, sondern ausdrücklich solidarisches Wohnen mit gemeinsamem Frühstück und Festen.

Bereits beim Umzugswochenende ging das neue Konzept auf: Die neue Hausgemeinschaft organisierte reibungslos alle 72 Umzüge. Seit November wohnen dort auch Berufsschüler. Flensburg wurde damit als Bildungsstadt weiter gestärkt. Berufsschüler haben nämlich auf dem Markt auch an der Westküste gegen die zunehmende Zahl der Ferienwohnungsvermietungen die schlechtesten Chancen. Schülerinnen und Schüler aus dem ländlichen Raum suchen kleine, bezahlbare Wohnungen in der Nähe zu einer der Berufsschulen oder eben auch zu den Universitäten. Hier muss die Politik tätig werden, und genau das tut sie auch.

Ich begrüße es, dass die Landesregierung die bildungspolitische Komponente in der Wohnraumförderung stärker berücksichtigt, als dass das in der Vergangenheit der Fall war. Im Förderbericht des Innenministers ist ausdrücklich der steigenden Zuwanderung in die großen Städte zu den Ausbildungs- und Studienorten eine hohe Priorität eingeräumt worden. Bedauerlicherweise stehen im realen Fördergeschehen Berufsschüler und Auszubildende im Schatten der Studierenden. Die Entwicklung sollten wir im Auge behalten. Schließlich ist ein gutes Wohnraumangebot für diese jungen Erwachsenen dringend notwendig. Die entsprechenden Wohnungen in Flensburg waren jedenfalls im Handumdrehen vermietet.

Langfristig ist die Förderung in diesem Bereich übrigens auch an ländlicheren Standorten, beispielsweise in Kreisstädten oder eben auch in ländlichen Zentralorten - keine Einbahnstraße. Angesichts der demografischen Entwicklung liegt die Nachnutzung dieser Wohnungsmodelle, sollte einmal ein Bildungsangebot wegfallen, dann auch auf der Hand: Schließlich wächst auch die Zahl alleinstehender Senioren. Sie könnten eines Tages Mieter in diesen Wohnungen der Berufsschüler und Studenten sein. Somit hätte man da zwei Fliegen

mit einer Klappe geschlagen. Kleine Wohnungen an zentralen Standorten muss die Maxime sein. Dann machen wir es richtig.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 18/2702 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Anträge sind nicht gestellt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Bürokratische Belastung bei Mindestlohn für Mittelstand, Vereine und Verbände abbauen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2695

Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Johannes Callsen von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gesetzliche Mindestlohn ist seit Jahresbeginn Fakt, und das soll - bevor jetzt parteipolitische Reflexe ausgelöst werden - gar nicht infrage gestellt werden. Fakt ist aber eben auch, dass die Umsetzung dieses Mindestlohnes auf Bundesebene in der Praxis erhebliche bürokratische Belastungen mit sich bringt,

(Beifall CDU)

für die Unternehmen, gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen, aber eben auch für viele gesellschaftspolitisch wichtige Bereiche wie den Sport, der Kultur und andere gemeinnützige Einrichtungen. Wir als Fraktion haben mit fast allen betroffenen Vereinen, Verbänden und Wirtschaftsbereichen gesprochen und immer wieder gehört, dass Arbeitsplätze bedroht werden, dass ehrenamtliche Tätigkeit auch im Amateursport und in anderen Bereichen durch diese Bürokratie behindert wird.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Es ergeben sich leider in vielen für unser Gemeinwohl wichtigen Bereichen erhebliche Belastungen,

(Lars Harms)

von denen einige dadurch gar um ihre Existenz bangen.

Wenn wir in unsere mittelständischen Unternehmen sehen, in die Sportvereine, in die Museen des Landes, dann stellen wir fest, dass dort die Arbeitszeiten wirklich minutiös erfasst und dokumentiert werden müssen, und zwar - das ist der Punkt - über die normalen Anforderungen hinaus. Das ist die zusätzliche Bürokratie, die wir beklagen. Die Daten müssen ständig für den Zoll abrufbar sein, und zwar für Gehälter bis zu einer Höhe von 2.958 € im Monat. Wenn Sie einmal nachrechnen: Um dieses Gehalt zu erreichen, muss ein Arbeitnehmer, der Mindestlohn erhält, 29 Tage im Monat jeweils 12 Stunden am Tag arbeiten. Das ist völlig weltfremd und Ausdruck einer heillosen Überbürokratisierung, die wir hier vor uns haben.