Protokoll der Sitzung vom 20.03.2015

Das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer muss deshalb erhöht werden, und das Geld sollte aus grüner Sicht direkt in Bildung fließen: Kitas, Schulen und Hochschulen. Die Unterfinanzierung ist groß. Wir sind der Meinung, dass das erhöhte Aufkommen in die Bildung gehen sollte.

Herr Abgeordneter Andresen, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

Sehr gern; sonst würde ich Probleme mit der Zeit bekommen.

Herr Kollege Andresen, Sie sind doch ein cleverer Finanzexperte Ihrer Partei. Als ein cleverer Finanzexperte Ihrer Partei wissen Sie doch, dass das, was Sie gerade gesagt haben, zwar toll klingt. Sie wissen doch aber ganz genau, dass das, was Sie gerade erzählen, angesichts des sogenannten Nonaffektationsprinzip überhaupt nicht funktioniert, sondern dass auch die Erbschaftsteuer in den allgemeinen Staatshaushalt einfließt und Sie im Zweifel über die Verteilung nur über die politische Willensbildung und Schwerpunktsetzung be

(Rasmus Andresen)

stimmen können. Sie können doch hier nicht den Eindruck erwecken, als sei eine erhöhte Erbschaftsteuer eins zu eins in höhere Bildungsausgaben umzusetzen. Das stimmt doch schlicht und ergreifend nicht.

- Herr Kollege, das ist ungefähr so wie mit den BAföG-Mitteln. Man kriegt vom Bund BAföGMittel in der Höhe erstattet, wie sie sich bei uns ergeben haben. Das waren bei uns, glaube ich, 35 Millionen €. Wir haben uns dazu verpflichtet und dann mit dem Haushalt beschlossen, das Geld in Lehrerstellen zu investieren. Natürlich ist das nicht eins zu eins nur das Geld gewesen, was uns vom Bund an BAföG-Mitteln überwiesen wurde. Nichtsdestotrotz kann man sagen, das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer wird erhöht. Wir wissen am Ende, was dabei herumkommt. Die erhöhte Aufkommenssumme stecken wir dann ins Bildungssystem. Natürlich kann man das machen.

(Beifall SPD)

Herr Abgeordneter Andresen, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Wiegard?

Ja, natürlich.

Herr Kollege Andresen, die Landesregierung hatte für 2014 geplant, 89 Millionen € aus der Erbschaftsteuer einzunehmen. Eingenommen hat sie tatsächlich 174 Millionen €. Könnten Sie dem Haus kurz erläutern, wie viel von diesen Mehreinnahmen in Höhe von 85 Millionen € wo konkret in der Bildung des Landes gelandet sind?

- Ich kann Ihnen erst einmal sagen, dass ich das gerade auf die Debatte für die Zukunft der Erbschaftsteuer bezogen habe. Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir in unserem Haushalt deutlich mehr für Bildung drinstehen haben als 169 Millionen €. Würden Sie im Übrigen noch im Finanzausschuss sitzen und die Anfragen Ihres Kollegen Koch lesen, dann wüssten Sie, dass es vor allem auf Einzelfälle zurückzuführen ist, dass wir im letzten Jahr besonders hohe Erbschaftsteuereinnahmen hatten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich nehme es Ihnen aber nicht übel, dass Sie das nicht mehr machen.

Ich möchte am Schluss -

Bevor Sie zum Schluss kommen, Herr Abgeordneter, frage ich Sie, ob Sie noch eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner zulassen.

Ich komme hier nicht zum Ende. Aber natürlich, sehr gern.

Lieber Herr Kollege Andresen, wir hören Ihnen ja auch gern zu; für mich gilt das jedenfalls.

Ich wollte sagen: Der Eindruck - vielleicht teilen Sie meinen Eindruck - aus den Beiträgen von den Oppositionsbänken, indem sie dagegen argumentieren, ist doch eher, dass die Opposition die Dinge in zwei Fragen anders sieht als wir: Erstens will sie nicht, dass es einen fairen Ausgleich gibt und dass die mit den höchsten Einkommen und Vermögen mehr beitragen. Zweitens möchten sie nicht die Einnahmen nutzen, um mehr für Bildung zu tun. Also, beide Ansätze unterscheiden die Kollegen in der Opposition von uns. Sie versuchen, ein bisschen drum herumzureden. Aber vielleicht kann man das hier noch einmal klar feststellen.

- Vielen Dank, dass Sie das getan haben. Das teile ich ausdrücklich. Ich bin deshalb aus steuerpolitischen Gründen sehr froh, dass wir hier im Land ein Bündnis haben, das eine andere Richtung einschlägt und in dem Punkt den Bundesfinanzminister unterstützt; denn der scheint ja schon weiter zu sein als einige Parteifreunde hier im Land.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Kurz zu dem FDP-Antrag: Die Konsequenz aus Ihrem Antrag wäre ein Steuerdumpingwettbewerb nach unten. Das ist etwas, was äußerst schädlich ist und dazu führt, dass der Staat - in dem Fall das Land Schleswig-Holstein, aber das gilt auch für andere Länder - weniger Steuereinnahmen hätte. Das bedeutet, dass man weniger Geld beispielsweise in Bildung stecken kann, weil man weniger Geld zur Verfügung hat. Sie haben eben reingerufen,

(Rasmus Andresen)

man müsse mehr in Bildung investieren und nicht die Erbschaftsteuer erhöhen.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Lieber Herr Abgeordneter Andresen, bevor Sie die Frage des Herrn Abgeordneten Kubicki beantworten, was Sie gar nicht können, weil sie nicht offiziell gestellt wurde, frage ich Sie, ob Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Christopher Vogt zulassen würden?

Darauf habe ich gewartet.

Vielen Dank, Herr Kollege Andresen. - Finden Sie, dass wir auch im Bereich der Grunderwerbsteuer einen Dumpingwettbewerb zwischen den Bundesländern haben?

- Nein, zurzeit nicht. Wenn es aber nach Ihnen gehen würde, dann hätten wir ihn, da Sie die ganze Zeit kritisieren, dass wir durch die zu hohe Grunderwerbsteuer zukünftige Wohnungseigentümer schädigen würden. Ich erinnere bei diesem Beispiel gern daran, dass all das, was Sie zusammen mit Haus & Grund prognostiziert haben, was nach einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer passieren würde, nämlich dass der Wohnungs- und der Häusermarkt zusammenbrechen würden, überhaupt nicht eingetroffen ist. Daher bitte ich Sie, auch bei der Erbschaftsteuer ein bisschen entspannter zu sein und darauf zu warten, dass das Aufkommen erhöht wird.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich hoffe, Herr Schäuble knickt gegen Herrn Wiegard und Herrn Koch nicht ein und bleibt bei dem, was er zurzeit noch formuliert. Denn dann glaube ich, dass wir hier im Land noch stärker in Bildung investieren können. Ich glaube, das ist dringend notwendig.

Das, was Sie hier zum Großteil betreiben, ist Lobbyismus für eine ganz bestimmte kleine Gruppe. Das hat nichts mit Wirtschaftsfreundlichkeit zu tun, auch wenn Sie immer das Gegenteil behaupten. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Torge Schmidt, das Wort.

Herr Präsident, ich danke Ihnen. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erbschaftsteuer ist in Deutschland immer wieder Thema des politischen Boulevards, aber auch ernsthafter politischer Diskussionen. Aktuell ist sie dies natürlich durch die Pläne des Bundesfinanzministers. Die ökonomische Bedeutung dieser Steuer entspricht in ihrer Höhe jedoch nicht wirklich ihrer Präsenz in den Medien. Gerade an der Erbschafts- und Schenkungssteuer kann man jedoch die Diskussion über Steuergerechtigkeit und Umverteilung wunderbar anschaulich und so schön emotional führen. Ich danke meinen Vorrednern für die exemplarischen Beispiele dafür, wie man das tun kann. Man ist geradezu verleitet, von einem Dauer-Déjà-vu zu sprechen.

Verehrte Kollegen, auch wenn mit Pathos aufgeladene Reden gelegentlich durchaus ihren Charme und ihre Berechtigung haben und Emotionalität und Dramatik manchmal angebracht sind, würden wir PIRATEN uns an dieser Stelle freuen, wenn wir zu mehr Sachlichkeit gelangen würden. Gerechtigkeit ist immer subjektiv.

(Beifall PIRATEN)

Schauen wir uns den Antrag der FDP an, dem wir uns fast vollständig anschließen können. Die FDP legt sich nicht auf eine konkrete Ausgestaltung fest und stellt mitunter auch die Abschaffung der Steuern in den Raum, was wir PIRATEN ausdrücklich nicht teilen. Was allerdings die Überführung der Erbschaftsteuer in die Finanzautonomie der Länder anbelangt, so sind wir vollkommen bei der FDP.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt FDP)

Die Erbschaftsteuer ist eine Landessteuer, deren Gestaltung man entsprechend des Subsidiaritätsprinzips auch den Ländern überlassen sollte. Auch die Reaktionen einzelner Bundesländer auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts implizieren schon fast die Notwendigkeit, die Erbschaftsteuer in die Finanzautonomie der Länder zu legen, denn während insbesondere aus den südlichen Bundesländern lautstarker Protest gegen eine Erhöhung der Erbschaftsteuer kommt, möchte die Regierung hierzulande das Aufkommen erhöhen - was in Anbe

(Rasmus Andresen)

tracht der prekären Haushaltslage nicht wirklich verwundert und was wir grundsätzlich befürworten.

Wie einigen Medien in den vergangenen Tagen zu entnehmen war, laufen viele bayerische Unternehmer Sturm gegen die anstehende Reform. CSUChef Seehofer hat sich erwartungsgemäß auf deren Seite geschlagen. Die CSU fordert eine volle Steuerbefreiung für Nachfolger familiengeprägter Unternehmen. Damit geht Seehofer anders als die SPD auf Distanz zu den Vorschlägen von Finanzminister Schäuble.

Ob es ein gutes Zeichen ist, dass die Küstenkoalition die Reformpläne des CSU-Finanzministers lobt, dazu äußere ich mich an dieser Stelle nicht. Viel interessanter finde ich die Frage, ob man mit den von Herrn Schäuble avisierten Änderungen die Zielsetzung der regierungstragenden Fraktionen, das Steueraufkommen zu erhöhen, erreichen kann. Schaut man sich jedoch das Eckpunktepapier von Herrn Schäuble an, so bricht nicht gerade Begeisterung ihre Bahnen. Die Vorschläge wirken wenig innovativ und sind ziemlich genau auf die Änderungen beschränkt, die gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwingend umgesetzt werden müssen.

Was die Verschonungsregelung anbelangt, so hält das Bundesverfassungsgericht diese grundsätzlich für geeignet und erforderlich. Demzufolge sieht das Eckpunktepapier auch nur minimal invasive Korrekturen der bestehenden Verschonungsregelung vor. Große Veränderungen sind also nicht zu erwarten. Die Idee, begünstige Vermögen neu zu definieren und eine Regelung über die Höhe der Freigrenzen festzulegen, wirkt auch nicht revolutionär. Außerdem wird eine Freigrenze für die Verschonung des begünstigten Vermögens ganz sicher noch Gegenstand zahlreicher Diskussionen werden. Insgesamt erscheinen die Eckpunkte mutlos. Die geplante Anpassung kommt nicht einmal einem Reförmchen gleich, und nicht nur wir hätten uns mutigere Lösungen gewünscht.

(Beifall PIRATEN)

Ziel sollte eine gleichheitsgerechte und vor allem einfache Steuerbemessung sein, die sich an der tatsächlichen Vermögensvermehrung der Erwerber orientiert und die mit Blick auf den demografischen Wandel von der Finanzverwaltung langfristig zu handeln ist. Vor dem Hintergrund der mutlosen Idee der Bundesregierung, der unterschiedlichen Meinung hinsichtlich der Ausgestaltung zwischen den Bundesländern und nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass die Erbschaftsteuer eine Landessteuer ist, unterstützen wir den Antrag der FDP.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt FDP)

Auch wir plädieren für eine vollständige Überführung in die Finanzautonomie der Länder. Diese Autonomie würde es uns ermöglichen, mutige und umfassende Änderungen vorzunehmen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Ich wiederhole mich: Gehen die mutlosen Reformen bezüglich der Gesetzesanpassung auf Bundesebene auf Basis nicht gleichheitsgerechter lösbarer Ziele weiter, könnte die Dauerbaustelle Erbschaftsteuer zu einer verfassungsrechtlichen Geduldsprobe werden. Das erscheint uns aus Sicht eines Rechtsstaates unwürdig und dem ehrlichen Steuerbürger gegenüber unangemessen.