Langer Rede kurzer Sinn: Die sozialen Sicherungssysteme haben sicher ihre Probleme. Aber es sind Systeme, die für Generationen von Menschen von Bedeutung sind. Wenn wir diese kaputt machen, wenn wir das nicht in Seriosität miteinander diskutieren, ist das im Übrigen am Ende eine Frage der Demokratie, und die Populisten, die dort drüben sitzen, profitieren davon,
wenn wir das machen. Deshalb werfen Sie uns nicht destruktive Haltung vor. Ich finde, dazu haben Sie kein Recht. Es waren nicht die Liberalen, die die sozialen Sicherungssysteme aufgestellt haben, vielmehr haben Sie sie häufig genug bekämpft.
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat die Kollegin Dr. Marret Bohn aus der grünen Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt passiert genau das, was absehbar war: Wem hilft diese Debatte bitte gerade? Niemandem dort draußen hilft sie. Ein Teil schimpft auf den anderen: „So geht es nicht, wir haben es erfunden“, oder: „So geht es nicht, wir sind seriös, ihr nicht“. - Genau das machen wir nicht mit!
Wir werden die soziale Frage neu stellen, ob es den Genossinnen und Genossen gefällt oder nicht. Ich finde es wirklich schade, und ich hätte mir gewünscht, dass wir einmal genau das, was hier passiert ist, vermeiden. Wir können im Sozialausschuss gern weiter über den Antrag der SPD reden gar keine Frage. Aber bei dem Zukunftslabor muss Schluss damit sein, dass wir Politik retro 80er machen. Wir müssen nach vorn schauen und neue Lösungen finden. Darauf freue ich mich. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat nun der Kollege Dr. Andreas Tietze aus der grünen Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal auf Ihren Wortbeitrag hin gemeldet, Herr Dr. Stegner, weil mich das wirklich aufregt. Ich will auch sagen, warum. Wir haben Sie jetzt 20, 30 Jahre in Regierungen erlebt: im Land, im Bund, gemeinsam mit uns. Wenn wir jetzt darüber reden, dass wir eine Idee verfolgen - ich finde großartig, lieber Kollege Garg, was Sie hier mit dieser Ergebnisoffenheit, mit diesem Mut, etwas Neues zu beginnen, gesagt haben -, dann finde ich es absolut unangemessen, wenn der Eindruck erzeugt wird, dass dahinter keine sozialpolitische Idee steht und dass dahinter möglicherweise auch nicht die Idee steht, dass man an die Schwächsten dieser Gesellschaft denkt. Für mich kann und muss auch in der Frage immer mitgedacht werden, wie wir jetzt über die Frage einer Utopie oder einer neuen Sozialpolitik nachdenken.
Ich möchte an dieser Stelle ebenfalls sagen, lieber Herr Kollege Dr. Stegner, dass ich die Einführung der Hartz-IV-Reform mit großem Ärger und Sorge miterlebt habe. Die haben wir gemeinsam unter Rot-Grün im Bund entschieden. Schauen wir uns einmal an, was da passiert. Das ist eine Überwachungsbürokratie geworden. Das ist eine Bürokratie geworden, die Menschen ganz tief verunsichert und unfrei macht. Wenn wir uns über diese Frage unterhalten werden, wie eine neue Sozialpolitik aussieht, dann gehört es dazu,
Herr Kollege Tietze, bevor Sie sich weiter in Rage reden, möchte Ihnen Kollege Dr. Dolgner gerne eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?
Herr Kollege Dr. Tietze, zu Ihren Ausführungen zum Thema Überwachungsbürokratie bei SGB-II-Bezug und Ihrer Wertung, wenn das Bürgergeld eine Möglichkeit sein soll, das sozusagen abzuschaffen: Da gibt es eine noch viel kürzere Möglichkeit, das abzuschaffen. Ist das jetzt schlicht und ergreifend die Aussage, dass Jamaika für die Sanktionsfreiheit beim SGB-II-Bezug steht? Die anderen Fragen muss man dafür nicht klären. Wenn Sie sich darüber aufregen - das gab es ja so vorher nicht -, wäre doch die Konsequenz, dass sich die Grünen zumindest unter Jamaika, wenn sich die Regierung in Berlin bildet, für die Abschaffung der Sanktionsregelung einsetzen. Das ist nur bedingungsfrei im Bereich des Sozialen. Aber das wäre doch ein erster Schritt.
Lieber Herr Kollege Dr. Dolgner, wir haben auf dem Bundesparteitag - übrigens in einer sehr intensiven und nachhaltigen Diskussion - als grüne Bundespartei genau die Abschaffung dieses Sanktionsmoratoriums beschlossen. Ich will nur sagen, das Thema des Sanktionsmoratoriums war für mich, seit ich bei den Grünen tätig bin, übrigens auch bei den schleswig-holsteinischen Grünen, ein Thema,
bei dem wir uns ganz klar dafür ausgesprochen haben, diese Sanktionen abzuschaffen. Das ist für mich genau das, was ich kritisiert habe. Noch einmal: Eine Bedürfnisprüfung ohne Zwang ist das, was das Bedingungslose Grundeinkommen will. Ich habe lange gebraucht, mich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen anzufreunden. Ich sage Ihnen, wir müssen bei dem Thema Sozialpolitik neu denken. Ich bin sehr froh, dass wir das unter Jamaika tun. Noch einmal, Herr Kollege Garg, vielen Dank für Ihre Rede.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/224 sowie den Änderungsantrag Drucksache 19/267 und den Alternativantrag mit der Drucksachennummer 19/273 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Die Gegenprobe!
Sehr geehrter Herr Präsident, zur Geschäftsordnung: Ich hatte die Redebeiträge so verstanden, dass beantragt wurde, den Antrag der SPD, der sehr kurzfristig gekommen ist, in dem aber auf den ersten Blick schon viele gute Dinge stehen, in den Ausschuss zu überweisen, und in den Redebeiträgen der Jamaika-Koalition hatten wir ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir dem Änderungsantrag des SSW zustimmen. Ich habe gedacht, dass Sie dann vielleicht unseren Antrag in der somit geänderten Fassung aufrufen. Dann könnten wir heute einen Teil beschließen und über den anderen Antrag der SPD sehr gern weiter im Ausschuss diskutieren.
Vielen Dank für den Hinweis, Frau Kollegin. Nichtsdestotrotz habe ich es so verstanden, dass die SPD-Fraktion Ausschussüberweisung für alle Anträge beantragt hat. Das hat der Kollege Baasch in seinem Redebeitrag getan. Deshalb ist es abgestimmt worden. Dieses Anliegen ist gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der AfD-Fraktion und des SSW -
- Dieser Antrag auf Ausschussüberweisung aller Anträge ist gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der AfD-Fraktion mit den Stimmen der CDUFraktion, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion und den Abgeordneten des SSW abgelehnt, und wir kommen somit zur Abstimmung in der Sache.
(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Hans-Jörn Arp [CDU]: Er hat doch bis jetzt alles richtig gemacht! - Unru- he)
- Es gibt eigentlich keine Verwirrung im Verfahren, weil ich genau das abgestimmt habe, was beantragt wurde, Frau Kollegin. Sonst können wir uns nachher noch einmal davon überzeugen, dass es so ist.
(Lars Harms [SSW] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der SPD- Antrag sollte überwiesen werden!)
- Gut, dann gibt es jetzt einen weiteren Antrag auf Ausschussüberweisung des Antrags der SPD-Fraktion. Ich habe gerade über den Antrag der SPDFraktion auf Ausschussüberweisung aller Anträge abgestimmt. Das ist deutlich abgelehnt worden. Jetzt kommen wir zu einem weiteren Antrag auf Ausschussüberweisung. Hier geht es um den Antrag der Fraktion der SPD mit der Drucksachennummer 19/273 und um keinen anderen Antrag. Wer dafür ist, dass dieser Antrag dem Sozialausschuss überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das ist einstimmig beschlossen. Das heißt, der Antrag der SPDFraktion mit der Drucksachennummer 19/273 ist in dem Sozialausschuss überwiesen.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Dort lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW mit der Drucksachennummer 19/267 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dies bei Stimmenthaltungen der SPD-Fraktion mit Zustimmung der CDU-Fraktion, von BÜNDNIS
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP in der durch den SSW-Antrag eben geänderten Fassung. Über den lassen wir jetzt abstimmen. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? - Gegenprobe! - Dann ist dies mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion, der AfD-Fraktion und den Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der SPD-Fraktion so beschlossen.
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/231 (neu)
Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Abgeordneten Petra Nicolaisen aus der CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst 2015 haben die Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Abgeordneten des SSW festgestellt und auch bestimmt, dass Sprache und Design von Wahlbenachrichtigungen mit Blick auf die Übersichtlichkeit so überarbeitet werden, dass sie für alle Bürgerinnen und Bürger verständlich sind. „Demokratie lebt von Wahlbeteiligung“ - so der Wortlaut unseres Entschließungsantrages. Ein guter und wichtiger Schritt in Richtung Barrierefreiheit. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, dass Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen die Informationen zugänglich gemacht werden, die ihnen sonst aufgrund sprachlicher Barrieren verschlossen bleiben.
Für die CDU-Landtagsfraktion habe ich bereits im September 2013 einen Antrag zur Verbesserung des Wahlrechts für Menschen mit Behinderung auf kommunaler, Landes- und europäischer Ebene auf
Alle 2,3 Millionen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner erhielten zur Landtagswahl 2017 eine Wahlbenachrichtigung in sogenannter Leichter Sprache. Bedauerlicherweise wurde nicht darauf hingewiesen, dass sie bewusst in Leichter Sprache formuliert wurde. Es gab mehrere hundert Reaktionen - positive, aber auch viele negative Reaktionen -, die gezeigt haben, dass die Leichte Sprache in amtlichen Dokumenten nur bedingt geeignet ist. Die Herangehensweise wird in wichtigen Anliegen des barrierefreien Zugangs zu Wahlinformationen nicht immer gerecht. Es kam zu vielen Irritationen.
Im Ansatz ist das mit Sicherheit alles gut gemeint, aber Leichte Sprache ist eben nicht leicht umsetzbar. Rechtssicherheit und Handhabbarkeit müssen ebenfalls gewährleistet sein. Daher heute der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW zur Streichung der jeweiligen Durchführungsbestimmungen im Gemeinde- und Kreiswahlgesetz und im Landeswahlgesetz, und - wichtig - angeführt wird ein neuer Absatz mit dem Hinweis, dass barrierefreie Informationen, und zwar in Leichter Sprache, in Gebärdensprache oder in anderen Sprachen, in geeigneter Form als Onlineangebot zur Verfügung gestellt werden. Denn: Ziel muss es weiterhin sein, nach wie vor die Barrierefreiheit in geeigneter Art und Weise in Abstimmung mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung und dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung herzustellen.