Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Für zielführend halten wir auch eine Kooperation zwischen beiden Hochschulen. Das kann bereits bei der Studienplatzvergabe losgehen und sollte dann weiter in die inhaltliche Zusammenarbeit reichen. Gerade im Bereich von Hochwasserschutzbauwerken und Häfen ist die Fachhochschule Kiel bereits gut aufgestellt und kann dort gut mit den Lübecker Kollegen kooperieren.

(Christopher Vogt)

Die vom SSW eingebrachte Einrichtung eines Master-Studiengangs sehen auch wir als sinnvolle mittelfristige Zielsetzung an. Ein neu eingerichteter Studiengang sollte jedoch zunächst ein eigenes Profil entwickeln. Auf dieser Grundlage können wir dann im nächsten Schritt konkrete Themenfelder und eine Spezialisierung im Master-Studiengang erarbeiten.

Wir befürworten beide Anträge und werden in der Sache für sie stimmen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Wahlkampf zur Landtagswahl ist jetzt ziemlich genau ein halbes Jahr her. Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, wird es im Straßenwahlkampf ähnlich gegangen sein wie mir: Die Bürgerinnen und Bürger ärgern sich über marode Straßen, kaputte Brücken und gefühlt ewig dauernde Umbaumaßnahmen. Sie ärgern sich zu Recht. Ich musste ihnen immer wieder sagen: Bei den Infrastrukturprojekten hapert es oft nicht am Geld das hatten wir bereitgestellt -, sondern es haperte an dem Mangel an Menschen, die diese Projekte für uns planen und bauen. Es fehlt schlicht der Nachwuchs in diesem Arbeitsfeld. Wir haben zu wenige Bauingenieurinnen und Bauingenieure, da ist der Bedarf klar erkennbar.

Wir haben dieses Problem schon in der Küstenkoalition behandelt und deswegen im Haushalt für 2017 Geld für 30 neue Stellen im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr vorgesehen gehabt. Nun wissen wir aber auch - das haben meine Vorredner auch schon gesagt -, dass von diesen neuen 30 Stellen bis jetzt erst 21 Stellen besetzt sind. Der Mangel ist nicht allein auf zu wenig Ausgebildete zurückzuführen. Wir wissen, dass die freie Wirtschaft vor allem für junge Leute, die frisch in den Beruf einsteigen, erst einmal verlockender ist. Die Einstiegsgehälter sind in der Wirtschaft nun einmal oft höher als in der Landesverwaltung.

Dabei ist gerade die öffentliche Hand als Arbeitgeberin durch eine verlässliche Bezahlung, sichere und planbare Arbeitsverhältnisse und die Möglichkeit zur Verbeamtung eigentlich besonders attraktiv. Wir müssen diese Vorteile noch stärker heraus

stellen. Nun geht es aber an erster Stelle um den Aufbau eines weiteren Studiengangs im Bereich Bauingenieurwesen.

Als Lokalpolitikerin für Eckernförde kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass die Bauschule Eckernförde erst vor zehn Jahren geschlossen worden ist. Sie war eine Ausbildungsstätte für Bautechnikerinnen und Bautechniker sowie Architekten, an der in beiden Fachbereichen mit einem Zugang zur Wirtschaft gut ausgebildet worden ist. Bis zu ihrer Schließung gehörte die Schule zur Fachhochschule Kiel im Fachbereich Bauwesen. Zum Wintersemester 2007/2008 wurde der Standort Eckernförde aufgegeben und der Fachbereich an Lübeck angegliedert. In den letzten Jahren wurde immer sichtbarer, dass die Schließung der Bauschule ein riesengroßer Fehler war. Sie war außerdem eine Entscheidung gegen den nördlichen Landesteil.

Trotzdem oder gerade deswegen spreche ich mich nun dafür aus, den Aufbau eines Studiengangs im Bereich Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Kiel anzugliedern und Kooperationsmöglichkeiten mit der Fachhochschule Lübeck zu prüfen, die zurzeit die einzige Möglichkeit in Schleswig-Holstein bietet, Bauingenieurwesen zu studieren. Wir brauchen besonders im Ingenieurbereich weitere Ausbildungsorte. Dabei muss völlig klar sein, dass ein Aufbau eines neuen Studiengangs nur im Dialog mit den Fachhochschulen geschieht und die Synergieeffekte zwischen den Fachhochschulen genau beleuchtet werden müssen. Auch das Vorhaben einer Verzahnung des Studiengangs mit öffentlichen und privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erscheint uns gerade im Bereich Bauingenieurwesen als sehr sinnvoll.

Wie Sie gesehen haben, habe ich einen Änderungsantrag formuliert. Ein neuer Bachelor-Studiengang reicht nicht. Die Studierenden müssen die Möglichkeit haben, an den Bachelor-Abschluss ein MasterStudium anhängen zu können, und dieses bestenfalls bei uns in Schleswig-Holstein, sonst stehen wir vor dem Problem, dass unsere jungen Leute für ihre weiterführende Ausbildung in andere Bundesländer ziehen und sich auch dort auf die Jobsuche begeben.

Die Hoffnung, die sich mit einem neuen Studiengang in Kiel verknüpft, ist natürlich auch, dass wir am Ende mehr Planerinnen und Planer für den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr gewinnen können. Deshalb bitte ich um Zustimmung für unseren Antrag. Ich weiß, dass Jamaika gesagt hat, wir sollten heute in der Sache abstimmen. Ich kann darum

(Volker Schnurrbusch)

bitten, dass das Thema im Wege der Selbstbefassung im Bildungsausschuss behandelt wird. Dann kann uns die Ministerin erklären, was es kostet, welches Konzept dahintersteht. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass es richtig und vernünftig geplant wird, weil wir keine jungen Menschen ausbilden wollen, die eine Light-Ausbildung bekommen und nachher in die Arbeitslosigkeit gehen. Deshalb ist es wichtig, dass sie die Möglichkeit erhalten, einen Master bei uns zu machen.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Frau Karin Prien.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Sie verzeihen mir bitte den Kalauer: „Dem Ingenieur ist nichts zu schwör!“ Er lag auf der Hand, aber im Augenblick ist es leider wahnsinnig schwer, Ingenieure zu finden. Das gilt auch und gerade in und um Kiel, wo wir sie so dringend benötigen. Der Bedarf an Bauingenieuren - das haben verschiedene meiner Vorredner bereits ausgeführt - ist enorm: Gelder für Infrastrukturmaßnahmen können in erheblichem Umfang nicht abgerufen werden, weil die notwendigen Planungsleistungen der Ingenieure fehlen.

Seit Jahren wird über den drohenden Fachkräftemangel in diesem Sektor lamentiert, aber der Fachkräftemangel ist schon längst da. Bei den Bauingenieuren ist es ein Mangel mit Ansage: Seit Beginn der vergangenen Legislaturperiode wurde zunehmend sichtbar, dass Bauingenieure an allen Ecken und Enden fehlen. Die Wirtschaft, das Land, die Kommunen - sämtliche öffentliche Baudienststellen sind inzwischen selbst eine Baustelle ohne ausreichend Ingenieure.

Vorgefunden hat die neue Landesregierung faktisch einen Planungsnotstand. Bei allen unseren Überlegungen in dieser Frage stand die schnelle, am fachlichen und regionalen Bedarf orientierte Beseitigung dieses Notstandes im Fokus. Die Entscheidung für die Fachhochschule Kiel orientiert sich an dem tatsächlichen Bedarf. Es geht nicht um Standortfragen für Hochschulen. Ich darf Ihnen verraten, dass es bei dem Besuch der Fachhochschulen in unserem Land - ich habe inzwischen bis auf eine alle

besucht - eigentlich keine einzige Fachhochschule gab, die kein Interesse angemeldet hätte, sich in diesem Bereich zusätzlich zu engagieren.

Wir haben unmittelbar nach Regierungsübernahme unser Handeln an der Bedarfsfrage ausgerichtet. Ich bin froh, Ihnen heute berichten zu können, dass wir unserem Ziel, möglichst schnell, nämlich möglichst schon zum nächsten Wintersemester, einen entsprechenden Studiengang an der Fachhochschule Kiel anbieten zu können, jedenfalls sehr nah gekommen sind. Ich bin der Fachhochschule Kiel außerordentlich dankbar, dass sie nun schon seit Monaten in wirklich extrem kooperativer Weise an der Konzepterarbeitung und an den notwendigen Voraussetzungen für die Einrichtung des Studienganges mit uns gemeinsam arbeitet. Das ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sondern das ist großartig, was hier an unserer Fachhochschule in Kiel geleistet wird.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Es ist bereits erwähnt worden: Mindestens 40 Studentinnen und Studenten sollen zum nächsten Wintersemester beginnen. Selbstverständlich sind die Zahlen mit Bedarfsabfragen hinterlegt. Wir als Landesregierung werden Ihnen in den nächsten Wochen einen Haushaltsentwurf vorlegen. Dort werden Sie im Einzelnen auch die finanzielle Ausstattung für die notwendigen Betriebsmittel und für die Baumaßnahmen finden. Ich bin sicher, dass wir im Bildungsausschuss Gelegenheit haben werden, im Einzelnen noch über die Details zu beraten.

Wichtig ist uns, dass dieser Studiengang einen hohen Praxisbezug hat. Mit den künftigen Arbeitgebern im Land, den Kommunen und der regionalen Wirtschaft findet vonseiten der FH Kiel eine enge Abstimmung statt, wenn es um die Ausrichtung der wesentlichen Elemente eines dualen Studiums an der FH Kiel geht. Die FH Kiel prüft derzeit, wie das genau aussehen kann. Sie muss dabei vor allem die Besonderheiten der öffentlichen Auftraggeber und Ausbilder im Auge haben. Ziel ist es jedenfalls, diesen Studiengang so früh wie möglich - ich habe es erwähnt -, zum Wintersemester 2018/2019 anbieten zu können.

Selbstverständlich, Herr Professor Dunckel, haben im Vorfeld Gespräche mit der FH Lübeck stattgefunden, sowohl auf Ministerebene als auch auf Staatssekretärsebene. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Da bin ich ganz Ihrer Auffassung. Deshalb haben wir das natürlich auch getan. Uns ist auch bewusst und wir stehen auch zu der Tatsache, dass

(Jette Waldinger-Thiering)

die FH Kiel im Bereich der Ausbildung von Bauingenieuren in Schleswig-Holstein weiter eine zentrale Rolle spielen wird. Nach unseren Vorstellungen soll es eine Kooperation zwischen den beiden Fachhochschulen geben. Lübeck hat ohne jeden Zweifel eine große Kompetenz in diesem Bereich und wird diese auch beim Neuaufbau des Bachelor-Studiengangs in Kiel einbringen können. Wir sind dafür außerordentlich dankbar, deshalb an dieser Stelle auch noch einmal mein Dank an die FH Lübeck für den konstruktiven Ansatz in dieser Frage.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, vereinzelt AfD und Beifall Flemming Meyer [SSW])

Wie kann die Zusammenarbeit aussehen? Man könnte daran denken, in Berufungskommissionen bei der FH Kiel zu assistieren oder über gezielte Lehrexporte zu sprechen, über Online-Module. Wie Sie wissen, ist die FH Lübeck auf diesem Gebiet besonders innovativ und weit und kann hier unterstützen, möglicherweise sogar in Form eines Kompetenzzentrums beider Hochschulen. Es gibt hier viele Ideen und Möglichkeiten, die zurzeit diskutiert werden. Ich bin mir ganz sicher, dass wir zu konstruktiven Lösungen kommen werden.

Ich will noch einmal mit aller Klarheit sagen: Wir rücken mit dem neuen Studiengang in Kiel nicht von der grundsätzlichen Festlegung auf Lübeck als zentralen Standort der Hochschulbildung im Bereich Bauwesen ab, sondern wir begegnen gezielt einer Mangelsituation, um den Planungsnotstand zu beseitigen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, auch die Einführung eines Master-Studiengangs ist eine Frage, mit der man sich wird beschäftigen müssen. Insofern vielen Dank für Ihre Anregungen, Frau Waldinger-Thiering. Wir sehen im Augenblick nicht den Bedarf für einen Master-Studiengang in Kiel. Ich glaube, es ist vernünftig, in der Frage mit den Verantwortlichen in Kiel und Lübeck zu sprechen und zu überlegen, wo man den Bedarf an Master-Studienplätzen, den es auch aus diesem Kontingent geben wird, am besten decken kann. Es wäre allerdings aus unserer Sicht deutlich verfrüht, jetzt schon ernsthaft über die Einrichtung eines Master-Studiengangs in Kiel nachzudenken; aber ich bin sicher, dass wir im Bildungsausschuss von Zeit zu Zeit auch noch mal Gelegenheit haben werden, über diese Frage zu diskutieren. Ich stehe dem Ausschuss bei Bedarf selbstverständlich gern jederzeit zur Verfügung. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 2 Minuten überzogen. Nun hat zuerst Herr Professor Dr. Dunckel das Wort für einen Zweiminutenbeitrag.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Wenn ich höre, dass Sie sagen, dass schon seit Monaten die Planung mit der Fachhochschule Kiel realisiert worden sei, dann bin ich doch irritiert. Denn ich wüsste das in diesem Haus gern schon früher; ich wüsste es hier auch gern behandelt. Noch einmal: Die Professuren sind schon ausgeschrieben. Gucken Sie bei „academics.de“ nach, dann können Sie das feststellen. Die Planungen sind also schon viel weiter vorangeschritten, als Sie es hier sagen. Das finde ich irritierend.

Ich habe mir die mittelfristige Bedarfsermittlung als ganz wichtigen Punkt herausgenommen, weil vor zehn Jahren - die Kollegin hat es gerade gesagt die Bauschule aus verschiedenen Gründen zugemacht worden ist. Ich erinnere mal daran, welche das waren: Erstens gab es konzeptionelle Probleme. Zweitens wären die finanziellen Aufwendungen in Eckernförde erheblich gewesen; die müssten jetzt auch wieder erheblich sein. Drittens gab es einen dramatischen Rückgang der Studierendenzahlen.

Das war vor gerade einmal zehn Jahren. Das heißt, man muss so etwas mit sehr viel Bedacht machen. Vor zehn Jahren haben wir nämlich einfach gesagt: Wir brauchen keine Bauingenieure mehr. Deshalb haben wir damals in Eckernförde dichtgemacht; heute sieht es wieder anders aus. Wir sehen also: Hochschulentwicklung ist nichts, was man kurzfristig macht, sondern man muss sich in der Tat mit viel Gehirnschmalz die mittelfristige Bedarfsplanung angucken. Es hilft nichts, dass man sagt: Wir haben gerade 30 Stellen frei und nur 21 Bewerber, also machen wir einen neuen Studiengang auf. - So macht man keine Hochschulentwicklung.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

(Ministerin Karin Prien)

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/329, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten des SSW und die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP, der Fraktion der CDU. Wer enthält sich? Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/308, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Abgeordneten der Fraktionen von FDP, CDU und AfD. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD so angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfassungsrechtlich überprüfen

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/301

Bekämpfung von Hate-Speech ohne Einschränkung der freien Meinungsäußerung

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/347

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Claus Schaffer das Wort.