Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Lasse Petersdotter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Dunckel, Sie haben gerade gesagt, dass der Antrag viele Fragen aufwerfe und keine Antworten gebe. In der kurzen Zeit, in der ich jetzt im Parlament bin, haben wir sehr viel über Infrastruktur und über Verkehrsprojekte gesprochen. Ich bin kein Verkehrspolitiker, aber ich habe mitgenommen, dass Dinge organisiert und umgesetzt werden müssen. Die Frage steht schon lange im Raum, und unser Antrag ist an sich die Antwort darauf, dass ein Bedarf besteht.

Am Anfang Ihrer Rede haben Sie betont, dass es diesen Bedarf gibt, und im Verlauf Ihrer Rede haben Sie dann immer wieder gesagt, wir müssten erst einmal den Bedarf feststellen. Das sollten Sie vielleicht auch im Hinblick auf Ihre Rede tun.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für uns ist klar: Es besteht ein Bedarf in Norddeutschland, aber es besteht vor allem auch ein Bedarf in Schleswig-Holstein, und zwar auf allen Ebenen. Die Kommunen sagen, dass zu viele Planerinnen und Planer in Bereiche des Landes gehen. Auf der Landesebene besteht das Problem, dass zu viele Planerinnen und Planer in die freie Wirtschaft gehen. So oder so sehen wir einen großen Bedarf. Das liegt nicht nur an Lohnfragen, sondern auch an vielen anderen Zusammenhängen, die wir hier mit zu bewältigen versuchen. Es gibt einfach einen Mangel an qualifizierten Leuten, die die Fragen der Infrastrukturvorhaben, die es hier im Land gibt, beantworten können.

(Dr. Heiner Dunckel)

Darauf soll das Angebot in Kiel bedarfsorientiert zugeschnitten sein. Dass das auch an anderen Standorten denkbar ist, ist offensichtlich. Dass das so ist und dass sich auch viele andere Standorte selbst in der Lage dazu sehen und vor allen Dingen bereit sind, einen entsprechenden Studiengang einzurichten, spricht doch in erheblichem Maße für unseren Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein, für unsere Wissenschaftslandschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Denn mit der Einrichtung eines Studiengangs ist viel Aufwand für die Hochschule verbunden. Das ist nichts, was nur nett ist und nebenbei gemacht werden kann. Eine Hochschule muss sich vielmehr hierauf einstellen. Dafür, dass so viele Standorte dazu bereit und in der Lage sind, einen großen Dank an die Hochschulen.

Wir haben uns für die Fachhochschule in Kiel entschieden. Dafür gibt es gute Gründe. Das sind fachliche und auch bauliche Synergien, die wir am Standort vorfinden beziehungsweise knüpfen können. Es hat eine regionale Wirkung. Wir haben das Problem, dass nicht der komplette Landesteil im Norden von Lübeck erreicht wird. Wir hoffen, dass es mit einem Standort Kiel anders aussehen wird. Wir sehen an Fachhochschulen in Schleswig-Holstein immer wieder, dass Studierende nach ihrem Abschluss in der Region bleiben. Insofern müssen wir allerdings mit dem Studiengang - deshalb haben wir das in dem Antrag so formuliert - diese Bindungskräfte stärken. Wer im Studium bereits erste Kontakte zur Wirtschaft oder zur öffentlichen Hand knüpft, der sieht eine Berufsperspektive. Diese Berufsperspektive und diese Kontakte lassen die Leute im Land. Wenn sie wissen, sie finden hier einen Job, dann bleiben sie in der Regel auch hier. Ich denke, das ist für uns alle sehr hilfreich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Natürlich wird eine Kooperation mit der Fachhochschule in Lübeck wichtig sein. Dort sind die Experten in diesem Bereich. Dort, wo das von der Fachhochschule Lübeck und von der Fachhochschule Kiel gewollt ist - es gilt nun einmal die Hochschulautonomie -, soll das, bitte sehr, geschehen. Wer der Meinung ist, nach dem Bachelor-Studiengang in Kiel nicht in die Wirtschaft gehen oder für die öffentliche Hand arbeiten oder planen zu wollen, der soll das Fach gern vertiefen, der soll gerne ein Master-Studium aufnehmen und hat dafür einen herausragenden Standort in Lübeck, wo er dies gut

und gerne tun kann. Insoweit muss man natürlich auch die Anbindungsmöglichkeiten und Kooperationen zwischen Lübeck und Kiel stärken.

Deswegen schaffen wir den Standort in Kiel. Damit tun wir vor allem eines. Wir haben immer wieder die Diskussion um Infrastruktur, wir haben immer wieder die Diskussion um Sanierung, wir haben immer wieder die Erkenntnis, dass es große Bedarfe gibt, wir haben immer wieder die Erkenntnis, dass wir -

(Wortmeldung Dr. Heiner Dunckel [SPD])

- Gut, dann mache ich den schönen Abschluss danach. Sie können gerne fragen.

(Dr. Heiner Dunckel [SPD]: Wenn Sie die Frage genehmigen, Herr Präsident!)

Bitte.

Ich habe eine Frage. Sie haben gesagt, Sie hätten sich für Kiel entschieden, Sie hätten das im Prinzip schon alles geklärt. Für mich bleibt es akademische Gepflogenheit, dass das mit den Experten besprochen wird. Sie haben es mit der Fachhochschule Lübeck nicht besprochen. Was wollen Sie denn noch an Kooperation, wenn Sie schon alles entschieden haben?

Die Kooperation ist Teil des Entscheids. Wie er ausgestaltet ist, ist die Frage, wie die Fachhochschulen das machen möchten. Nichtsdestotrotz gab es Kontakte. Frau Ministerin Prien wird in ihrer Rede gleich noch darstellen können, wie die Kontakte zur Fachhochschule Lübeck aussahen. Wir haben auch die Meinungsäußerungen der Fachhochschule Lübeck wahrgenommen und wissen, wie sie sich in diesem Bereich positioniert. Ich kann das auch nachvollziehen. Nichtsdestotrotz ist es unser Wunsch als Koalition, dass es einen entsprechenden Standort in Kiel gibt.

(Wortmeldung Abg. Dr. Heiner Dunckel [SPD])

- Aber gern können Sie auch dazu noch etwas fragen. - Entschuldigung, Herr Präsident. Das steht Ihnen zu.

(Lasse Petersdotter)

Alles gut! Der Herr Abgeordnete Dr. Dunckel hat das Wort.

Die Professuren in Kiel sind doch schon ausgeschrieben. Natürlich! Schauen Sie bei academics.de nach! Dort stehen sie. - Was ist das für eine Kooperation, wenn das Konzept im Prinzip schon feststeht, man dann aber noch etwas dazu sagen darf?

Die Kooperation findet ja nicht nur bei den Stellenplänen statt.

(Wortmeldung Abg. Dr. Heiner Dunckel [SPD])

- Sie haben noch eine Frage! - Vielmehr geht es darum, ob man hinsichtlich der Labore und anderer Dinge eine Kooperation braucht.

Wir haben nicht nur bei den Stellenplänen die Kooperation bezüglich der Frage, welche Professores wo gebraucht werden. Wir wollen in Kiel einen wirkmächtigen Standort haben, der selbstverständlich eigene Professuren hat. Es soll nicht nur eine Außenstelle der Fachhochschule Lübeck, sondern ein eigener Standort sein, und das bedeutet auch eine Stärkung der Fachhochschule Kiel.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir haben als Koalition eine Menge vor. Damit unsere Ideen auch umgesetzt werden können, brauchen wir entsprechende Leute, die das planen und durchführen. Genau dafür ist dieser Studiengang da. Er bedeutet eine Stärkung und reagiert auf einen Bedarf, den wir alle festgestellt haben. Niemand in diesem Parlament kann das bezweifeln. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren in diesem Hohen Haus regelmäßig über den Zustand unserer Verkehrsinfra

struktur und die damit verbundenen Probleme. Da nicht nur der Bund, sondern erfreulicherweise auch das Land sehr viel mehr Geld für Investitionen in den Erhalt und den bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bereitstellt, muss das Thema Planung endlich vorangetrieben werden. Wir haben schon gestern über das Thema Planfeststellung debattiert. Heute ist das Thema nun: Wie bekommen wir mehr Planer? - Da gibt es verschiedene Stellschrauben, an denen wir drehen müssen. Dies hier ist sozusagen eine weitere.

Ich denke, dass es unstrittig ist, dass SchleswigHolstein deutlich mehr Bauingenieure braucht und deswegen auch deutlich mehr ausbilden sollte. Besonders der nördliche Landesteil - wir haben es schon gehört - leidet an einem Mangel an Fachkräften in verschiedenen Bereichen, besonders aber in diesem besonders wichtigen Bereich. Da geht es in der Tat nicht nur um den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, bei dem 30 Stellen für Planer ausgeschrieben wurden, von denen - ich sage einmal: mit Ach und Krach - bisher 21 Stellen besetzt werden konnten, weil es eben an qualifizierten Bewerbern mangelt.

Das hat nicht nur den Grund, dass zu wenig ausgebildet wird, sondern es gibt auch andere Gründe. Das wissen wir alle. Es geht aber auch um die Planungs- und Baubehörden des Bundes und der Kommunen, die händeringend entsprechende Ingenieure suchen, und natürlich auch um das private Baugewerbe.

Wir sehen es gerade in Lübeck, das ist der entscheidende Punkt: Die Fachhochschulen haben einen sehr starken regionalen Fokus. Das ist auch gut so. Das gilt bei den Studieninteressierten, die sie anziehen, und auch bei den Absolventen, die nach dem Studium auf den Arbeitsmarkt gehen. Wer dort in Lübeck studiert, kommt oft aus der Region und bleibt in der Region im Südosten des Landes beziehungsweise in Hamburg. Die Hamburger Bauwirtschaft wirbt dort Bachelor-Absolventen sehr stark ab. Das geht so weit, dass die Hamburger Bauwirtschaft schon kommt, wenn man die Bachelor-Arbeit noch gar nicht fertig geschrieben hat. Sie wirbt mit interessanten Einstiegsgehältern und Dienstwagen.

Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr muss als Behörde hingegen erst einmal sagen: Macht erst einmal einen Abschluss, dann könnt ihr euch bei uns bewerben, wir sind öffentlicher Dienst. Da gibt es dann Entgeltgruppe 11, und - das wurde nun schon geändert - ihr könnt dann in Flensburg oder Itzehoe anfangen. - Da sagen die Absolventen: Hm,

einmal kurz überlegt, irgendwie ist das andere deutlich attraktiver. - Auch die private Bauwirtschaft hat in dem Bereich einen Mangel, sonst würde sie nicht so intensiv werben.

Herr Kollege Dr. Dunckel, Sie haben ein paar berechtigte Fragen aufgeworfen. Die Debatte startet aber nicht jetzt, sondern ist schon die letzten Jahre gelaufen. Die FDP hat diesen Punkt in ihrem Landtagswahlprogramm gehabt. Wir haben im Rahmen unserer Programmdebatte schon viele Gespräche mit Hochschulvertretern geführt. Die CDU hat es im Wahlprogramm gehabt. Das ehemalige SPD-geführte Wirtschaftsministerium hat diesen Punkt immer wieder aufgeworfen, wenn wir über Planung gesprochen haben. Der entscheidende Unterschied zu dieser Wahlperiode ist, dass das damals ebenfalls SPD-geführte Wissenschaftsministerium gesagt hat: Nein, wir wollen das nicht, weil es Geld kostet. - Dazu werden wir sicherlich auch gleich etwas von der Ministerin hören.

Ein Punkt ist natürlich: Wir investieren hier in einen Bereich, in dem wir besonders große Probleme haben. Wissenschaftspolitik ist immer ein Thema. Nach wie vor ist die Wissenschaftslandschaft in Schleswig-Holstein, selbst wenn wir da mehr machen, nicht optimal ausgestattet - um es einmal freundlich auszudrücken.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und Beifall Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Es wurde hier gefragt, ob es denn richtig sei, dass wir einen entsprechenden Studiengang neu aufbauen und diesen an der Fachhochschule Kiel ansiedeln, obwohl es in Lübeck schon so etwas gibt. Man könne dies vielleicht kostengünstiger machen, schneller organisieren und so weiter. Weil die Fachhochschulen einen unterschiedlichen Fokus haben, müssen wir verschiedene Standorte anbieten. Die Fachhochschule Kiel eignet sich deswegen als Standort - und nicht Rendsburg oder Heide, die natürlich auch immer in der Diskussion sind -, weil man hier an andere Bereiche anknüpfen kann und es schon Strukturen gibt, auf die man relativ zügig aufbauen kann.

Wir sprechen hier - zunächst - von einem BachelorStudiengang. Alles andere, Lars Harms und Jette Waldinger-Thiering, muss man zu einem späteren Zeitpunkt besprechen. Zunächst sollen 40 Studierende beginnen, später sollen es bis zu 300 sein. Es gibt zunächst vier Professuren, später wahrscheinlich mehr, Herr Kollege Dunckel.

Abschließend möchte ich noch einen entscheidenden Punkt erwähnen: Im Unterschied zu Lübeck soll es hier acht Semester und einen stärkeren Praxisbezug geben. Nach acht Semestern sollen die Absolventen schon bauvorlagenberechtigt sein - ein wichtiger Punkt, auch, wenn man über das Thema Master-Studiengang spricht. Ich glaube, dass es eine gute Initiative ist. Wir sollten das heute in der Sache verabschieden, damit die Stellen ausgeschrieben werden können. Meines Wissens sind sie noch nicht ausgeschrieben. Wir sollten die Diskussion an diesem Punkt beenden und einmal loslegen. Es dauert ja noch ein paar Jahre, bis die Absolventen fertig sind. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben erst gestern wieder über den dringenden Bedarf an Planern und Ingenieuren hier im Land gesprochen, um Infrastrukturprojekte zügig voranzutreiben. Wir haben auch darüber gesprochen, dass im Wohnungsbau dringender Handlungsbedarf besteht. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Initiative der Landesregierung auf diesem wichtigen Feld. Das Studienfach Bauingenieurwesen bietet für Berufseinsteiger und Absolventen eine interessante Perspektive, sodass auch ein Angebot in Kiel grundsätzlich sehr sinnvoll ist.

Hinzu kommt, dass nach einer aktuellen Information an der Fachhochschule Lübeck, wo bereits ein Bachelor-Studiengang angeboten wird, wohl nur etwas mehr als 40 Plätze für Studienanfänger bereitgehalten werden, denen jedoch 250 Bewerber gegenüberstehen. Die Nachfrage übersteigt also das Angebot. Auch dies sollte ein Argument für einen weiteren Studiengang hier in Kiel sein.

Für zielführend halten wir auch eine Kooperation zwischen beiden Hochschulen. Das kann bereits bei der Studienplatzvergabe losgehen und sollte dann weiter in die inhaltliche Zusammenarbeit reichen. Gerade im Bereich von Hochwasserschutzbauwerken und Häfen ist die Fachhochschule Kiel bereits gut aufgestellt und kann dort gut mit den Lübecker Kollegen kooperieren.