Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Das ist die Frage, über die wir heute Morgen reden, und keine andere.

- Herzlichen Dank für die Steilvorlage. Dass ich mutig bin, wissen Sie. Dass die Koalition mutig ist, haben Sie an den Koalitionsverträgen gesehen. Keine Sorge! Aber wir sind nun einmal, auch wenn Sie das nicht verstehen, nicht der Mittelpunkt der Welt, sondern wir müssen uns schon darum kümmern, was um uns herum geschieht und bestimmt wird. Deshalb sollten wir diese Beratungen einfließen lassen.

Am Ende - das wissen Sie auch - kann ja diese Beratung in den Landtag zurückkommen. Dann haben wir überhaupt keine Angst vor einer namentlichen Abstimmung. Wir stehen zu dem, was wir gesagt haben, wir machen sogar das, was wir einmal beschlossen haben. Das unterscheidet uns von der SPD.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Dann hat sich die Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Eka von Kalben, gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will hier nur nicht den Eindruck stehen lassen, den Herr Stegner in einer etwas flapsigen Bemerkung erweckt hat, wir - damit war wahrscheinlich meine Fraktion, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gemeint drückten uns um eine Abstimmung. Das tun wir mitnichten. Wir haben in unserer Koalition mit CDU und FDP Absprachen getroffen, die uns mal gefallen und mal nicht gefallen. Das geht unseren Koalitionspartnern übrigens genauso. Wir haben einen Koalitionsvertrag, bei dem wir uns ganz klar auf Punkte verabredet haben, und wir haben eine Glyphosatdiskussion, die derzeit in Europa noch geführt wird. Deswegen finde ich es völlig normal, dass wir diesen Antrag überweisen. Wir versuchen nicht irgendwie, einer Abstimmung hier aus dem Weg zu gehen. Das ist für uns überhaupt kein Problem.

(Martin Habersaat [SPD]: Nur wollt ihr nicht abstimmen!)

- Es geht um die Sache.

(Zurufe SPD: Ja, ja! - Beifall SPD)

- Ja, und diese Sache wird zurzeit in Europa beraten. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund für eine Abstimmung heute.

(Zurufe SPD)

- An anderer Stelle jammern Sie rum, wenn wir Anträge nicht überweisen, jetzt machen wir es. Das ist unsere Kultur. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Heiner Rickers.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Eickhoff-Weber, ich habe versucht klarzumachen, warum es Diskussionsbedarf gibt. Ich will noch einmal ein Beispiel nennen. Sie hatten zu Recht gesagt, es gebe noch Leute, die Landwirtschaft betreiben. Es sind immerhin vier Abgeordnete aus diesem Parlament, die zu Hause aktiv Landwirtschaft betreiben und sich daher vielleicht ein Urteil aus der Praxis heraus erlauben können.

Jetzt kommt mein Beispiel: Im Naturpark Aukrug gibt es den Verein „Naturschutzring Aukrug“, der vom Ministerium unterstützt wird. Der Minister weiß, wovon ich rede. Da kann man bei einer Getreidekoppel Geld dafür bekommen, diese zum Herbst nicht in irgendeiner Form mit Bodenbearbeitung wieder schwarz zu machen - wie wir in der Praxis sagen -, also nicht grob zu behandeln, nicht umzupflügen, nicht eine Zwischenfrucht einzubauen, sondern die stoppelige Getreidekoppel einfach liegenzulassen. Herr Stegner, das ist wie in Ihrem Garten, wenn Sie das Gemüsebeet nicht wieder umgraben. Sie sehen: Es entwickelt sich auf diesem Stoppelacker sehr viel Begleitflora. Es wird grün, Sie haben auf diesem Acker sehr viel Leben. Bei uns haben wir den Feldhamster - Rote Liste - mehrfach gesichtet und auch wahrgenommen.

(Sandra Redmann [SPD]: Pah!)

- Ja, das ist so. Nun passen Sie auf: Lassen Sie die Stoppeln stehen, sodass es all dieser Flora und Fauna auf dieser Koppel über den Winter gutgeht, dann haben Sie unwahrscheinlich viel für die Natur erreicht. Das Ergebnis ist aber auch, dass Sie diese Begleitflora - das Unkraut - im Frühjahr schwer wieder in den Griff bekommen und eigentlich keine Zuckerrüben, keinen Mais, kein Gras und kein Getreide anbauen können. Also nehmen Sie ganz wenig Roundup, Glyphosat also.

Dann ist die spannende Frage: Was war am Ende besser? Der Einsatz von Glyphosat mit dieser Win

terbegrünung und all dem, was sich entwickelt hat, oder das Pflügen? Sollte Glyphosat verboten werden, gäbe es solche Modelle zukünftig nicht mehr. Dann würde im Herbst gepflügt und Bodenbearbeitung betrieben. Kein Feldhamster, keine Feldlerche, kein anderer Vogel und auch kein Insekt waren da. Mit einem Verbot zerstören Sie viel. Deswegen sollten wir es fachlich intensiv diskutieren. Dafür gehört es in den Umwelt- und Agrarausschuss. Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Sandra Redmann aus der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist Humbug, Herr Rickers, und Sie wissen es auch. Es ist Humbug, Frau von Kalben, so zu argumentieren. Die Wahrheit ist doch, und ich hätte kein Problem damit, wenn Sie es so formuliert hätten: Man kann sich bei bestimmten Punkten in einer Koalition nicht einigen. Ich kann das verstehen. Das ist ganz normal, das hat man woanders auch. Dann sagen Sie es aber auch! Sagen Sie, dass Sie unterschiedlicher Auffassung sind, wenn es denn so ist. Ich will es einmal hoffen.

(Zurufe)

- Quatsch, ist es nicht. Du hast doch gar keine Ahnung von dem Thema.

(Lachen CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie zu, Frau von Kalben. Es soll nicht in den Ausschuss geschoben werden, weil Sie eine fachliche Diskussion haben wollen, sondern weil Sie hoffen, dass es bis zum Dezember da liegen bleibt, wir inzwischen in Europa eine Entscheidung kriegen und Sie sich überhaupt nicht entscheiden müssen. Das allein ist der Grund, warum Sie es in den Ausschuss haben wollen.

(Beifall SPD und SSW)

Dann sagen Sie es wenigstens, verdammt noch mal. Nennen Sie fachliche Argumente. Das eben war doch kein Argument. Ein Feldhamster im Mais hallo?

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

(Eka von Kalben)

Wenn Sie fachliche Argumente bringen wollen, warum haben Sie keinen Änderungsantrag formuliert? Warum haben Sie nicht Punkte benannt und sich hierhin gestellt und gesagt: Okay, liebe SPD, in den und den Punkten können wir nicht folgen, bei diesem und diesem Punkt könnten wir im Ausschuss aber eine fachliche Einigung erzielen? - Stehen Sie auf und nennen Sie mir, jeder aus Ihrer Fraktion, einen Punkt aus diesem Antrag, dem Sie zustimmen könnten, oder nennen Sie etwas, das Ihre Auffassung bei einer Beratung im Umwelt- und Agrarausschuss ändern könnte.

(Unruhe)

Nennen Sie mir die Punkte, jeder Einzelne aus Ihrer Fraktion.

(Beifall SPD - Wortmeldung Heiner Rickers [CDU])

- Nein, jetzt nicht.

Ich interpretiere dies so, dass Sie eine Zwischenfrage nicht gestatten.

Nein, er kann sich ja gern noch einmal melden.

(Unruhe CDU)

Ich muss ehrlich sagen: In einer Zeit, in der wir eine Diskussion auf EU-Ebene haben, bei der es wirklich darauf ankommt, ist das jämmerlich. Jetzt ist die Zeit, die Entscheidung zu treffen, nicht in 20 Jahren.

(Anhaltender Beifall SPD und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Kollege Bernd Voß aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Christopher Vogt [FDP]: Kaum sind die So- zen in der Opposition, muss alles gemacht werden! Jetzt ist die Zeit! - Zurufe SPD)

- Entschuldigung! Ich möchte Sie nicht unterbrechen, aber das Wort hat jetzt eine Person, und das ist der Kollege Bernd Voß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jenseits aller Feldhamster und des

Atems der Geschichte, der hier eben verbreitet wurde, möchte ich noch einige Sachen sagen.

Zum einen ist doch klar, dass wir in der Regierungskoalition unterschiedliche Positionen zur Geschwindigkeit haben sowie dazu, wie man vorgeht. Ich glaube aber, aus den Beiträgen aller Kollegen auch der der Jamaika-Koalition - ist deutlich geworden, dass sich hier sehr viel bewegt hat. Von daher glaube ich, dass es gut und richtig ist, mit dem Antrag in den Ausschuss zu gehen und zu gucken, ob wir bei dem Thema einen konsensualen Antrag hinbekommen. Das ist die erste Bemerkung.

Das andere ist: Sie tun so, als wenn wir dazu im Koalitionsvertrag etwas stehen hätten, das auf Landesebene längst hätte umgesetzt werden müssen. Die Verabschiedung des Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist eine Umsetzung der EU-PflanzenschutzRahmenrichtlinie aus dem Jahr 2009. Die Bundesregierung beziehungsweise die GroKo hat hier fast gar nichts hinbekommen. Daher haben die JamaikaKoalitionsparteien in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben: Wir werden die landespolitische Verantwortung wahrnehmen und das, was landespolitisch machbar ist, angehen und umsetzen. Das sind deutliche Signale für den Nationalen Aktionsplan.

Herr Kollege Voß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Stegner?

Gern.

Lieber Herr Kollege Voß, Sie sagten zu Beginn Ihres Dreiminutenbeitrages, es sei deutlich, dass es Differenzen in der Koalition gibt. Ich weiß nicht, wem das hier deutlich geworden ist, den Menschen dort oben auf der Tribüne oder anderen. Aber warum sind Sie so dagegen, dass diese Differenzen deutlich werden? Über die Abstimmung in der Sache erführe die Öffentlichkeit. Über eine Verschiebung in den Ausschuss erfährt die Öffentlichkeit nichts.