Meine Damen und Herren, das ist eine wichtige Sache. Die Akzeptanz der sozialen Sicherungssysteme steigt nicht, wenn wir solche Gerechtigkeitslücken nicht reduzieren oder gar auf andere Wege bringen. Das ist ganz klar eine Frage der Akzeptanz der Generationenverträge, die hieran sichtbar wird.
Ein Letztes möchte ich hinzufügen. Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass wir etwas tun müssen, um mit eigener Beteiligung die Altersvorsorge sicherzustellen. Auch dafür benötigen wir das Mitmachen und die Akzeptanz. Daraus hat sich eine Diskussion entwickelt, zum Beispiel auch vonseiten der FDP - Dennys Bornhöft will dazu sicherlich etwas sagen -, die die Fragen von Transparenz, Vorsorgekonto und eine höhere Wahlfreiheit beim Renteneintrittsalter ermöglichen betrifft.
Wir haben vor zwei Tagen von der SPD den interessanten Antrag bekommen, der Fraktionsantrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möge wie folgt ergänzt werden - also keine Ablehnung unserer Vorschläge, sondern er möge wie folgt ergänzt werden -: Beim Thema höhere Wahlfreiheit beim Renteneintrittsalter heißt es, dass die jetzige Regelaltersgrenze nicht weiter angehoben werden
möge. Das ist ein Thema, über das man, glaube ich, miteinander diskutieren kann. Wir haben in diesem Haus vor zwei Sitzungen, meine ich, auch über die Frage der 48 % miteinander diskutiert und haben ein Einvernehmen in dieser Frage erreicht. Bei den anderen beiden Punkten wird es sicherlich schwieriger werden, das Thema einer Solidarrente und wie Sie es formulieren - die bisher nicht versicherten Selbstständigen mit einzubeziehen mit dem Ziel, die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung auszubauen. Da müsste es großer Künste bedürfen, um hier ein Einvernehmen zu erreichen.
Aber eines will ich noch festhalten: Wenn ich nicht etwas überlesen habe, habe ich in dem Antrag das Wort „Bürgerversicherung“ nicht mehr gelesen. Das ist zumindest ein Signal, das man aufnehmen sollte.
Wenn man dies alles zusammenfasst und zu einem Ergebnis führt, glaube ich, sind wir klug beraten, beide Initiativen im Zusammenhang mit der im Sozialbereich anstehenden großen Diskussion zu beraten, nämlich: Was können wir tun, um auf Dauer die Alterssicherung wirklich sicherer zu machen und damit Altersarmut zu reduzieren? Das ist ein großes Thema.
Zweitens haben wir bei uns im Sozialausschuss das Thema Zukunftslabor - man mag es auch die Zukunftssicherung hier im Landesbereich - nennen. Wie auch immer wir es jetzt bezeichnen, beide großen Themen liegen bei uns im Sozialausschuss, im Ministerium, und deshalb, glaube ich, sind wir gut beraten, dass wir diese beiden Anträge dazunehmen und in eine gründliche und grundlegende Diskussion zu diesen Themen eintreten. Vielleicht gelingt uns die eine oder andere Formulierung, an die wir bisher noch nicht glauben. In dem Sinne wünsche ich uns viel Erfolg bei den Beratungen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der Regierungskoalition gelesen habe, war ich überrascht über dessen Inhalt. Es ist zu begrüßen und vielleicht sogar ein neuer Politikansatz in der Jamaika-Koalition zur Lösung von
Problemen, konkrete politische Forderungen zu formulieren; nicht erst ein Zukunftslabor, nicht erst Gutachten, sondern die Lösungsvorschläge aufgreifen, die auf dem Tisch liegen. Es ist richtig, die Berichte unserer Beauftragten sehr ernst zu nehmen und sorgfältig auszuwerten.
Diese von der Koalition formulierten Änderungsvorschläge zur Bekämpfung von Altersarmut sind teilweise schon in unserem Antrag „Verlässlichkeit der sozialen Sicherungssysteme ausbauen“ vom Oktober 2017 benannt. Darin forderten wir, dass die Anrechnungsregelung bei der Grundsicherung zu überprüfen ist. Diese Forderung stellen auch der Sozialverband Deutschland und unsere Bürgerbeauftragte. Wir begrüßen daher, dass sich die Jamaika-Koalition nun auch auf diesen Weg begeben hat.
Des Weiteren weisen wir mit unserem Alternativantrag darauf hin, dass wir Sozialdemokraten bereits im September 2017 mit unserem Antrag „Rente für die Zukunft sichern, Altersarmut verändern“ dieses Thema in den Landtag eingebracht haben. Darum erlauben wir uns, den Antrag der Regierungsfraktionen um die Punkte zu ergänzen, die wir bereits im Landtag diskutiert haben; denn die Feststellungen vom September 2017 sind heute im Februar 2018 nach wie vor notwendig, um eine angemessene und verlässliche Altersvorsorge zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, muss sich darauf verlassen können, im Alter gut versorgt zu sein. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, und vor allem ist es eine Frage der Würde. Dabei ist die lebensstandardsichernde gesetzliche Rente für die soziale Sicherheit und das Vertrauen in unseren Sozialstaat von grundlegender Bedeutung. Gerade die Alterssicherung muss sich wie die anderen sozialen Sicherungssysteme immer wieder an wandelnde Verhältnisse anpassen und dabei für alle Generationen verlässlich bleiben.
Die SPD steht dabei für eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung zur Prävention von Altersarmut. Um Altersarmut zu verhindern, muss eine Solidarrente eingeführt werden. Ich bleibe noch einmal bei unserer Begrifflichkeit, Herr Kollege Kalinka: Wir nennen es Solidarrente. Schaut man in den Koalitionsvertrag, der auf Bundesebene ausgehandelt wurde und bei dem jetzt beraten wird, ob ihm zugestimmt wird, sieht man, dass die Solidarrente dort Grundrente heißt. Ich glaube, es gibt einen Weg, wie wir zueinander kommen. Ich bleibe aber bei meinem Lieblingsthema, der Solidarrente.
Wer 35 Jahre oder länger Beiträge gezahlt hat und Zeiten für Kindererziehung oder Pflege angerechnet bekommt, soll einen Anspruch auf eine gesetzliche Solidarrente, eine Grundrente, haben, die spürbar über der Grundsicherung liegen muss. Dazu gehört auch, dass wir politisch garantieren müssen, dass es kein weiteres Absenken des Rentenniveaus unter 48 % gibt. Eine glaubwürdige Politik muss auch garantieren, dass das Renteneintrittsalter nicht weiter angehoben wird. Wer 67 Jahre alt ist, hat es verdient, in den Ruhestand zu gehen. Dazu wollen wir flexible Renteneintrittsmöglichkeiten fördern und damit unterschiedliche berufliche Belastungen und Erwerbsverläufe berücksichtigen. Das ist sehr wohl eine Möglichkeit, über einen solchen Punkt wie das Renteneintrittsalter diskutieren zu können.
Wichtig ist, dass wir schon im Erwerbsleben die Weichen für eine gute Alterssicherung stellen. Wir müssen in Weiterbildung und Qualifizierung investieren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern und auch das Lohnniveau durch eine stärkere Tarifbindung sichern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns eint in der Rentenpolitik die Anerkennung der Lebensleistung der Menschen und das Anliegen, einen wirksamen Schutz vor Altersarmut in unserer Gesellschaft zu schaffen, der auch einen Schutz vor Armut durch Erwerbsminderung umfassen muss. Da wünsche ich mir einen konstruktiven Dialog, um den Kampf gegen Altersarmut wirksam umzusetzen. Ich bin sehr froh, dass wir das im Sozialausschuss fortsetzen wollen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Dieser Antrag ist ein weiteres Ergebnis dessen, was unsere Koalition ein Stück weit ausmacht: In Schleswig-Holstein nähern sich Parteien mit ihren Positionen an, deren Wahlprogramme kaum Schnittmengen beinhaltet hatten. Das Thema Altersarmut beschäftigt alle Parteien. Für eine armutsfeste Absicherung im Alter sind alle, allerdings unterscheiden sich die Positionen von CDU, FDP und Grünen auf Bundesebene zum Thema Rente ganz erheblich.
Dennoch freut es mich, dass wir hier in Kiel der Politik in Berlin zeigen, wie es gehen kann. Wir bitten die Landesregierung, eine Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Altersversorgung auf den Weg zu bringen. Sie beinhaltet ein Maßnahmenpaket gegen Altersarmut. Das ist mehr, als die Große Koalition in Berlin in den letzten vier Jahren zustande gebracht hat.
Aus „Rente mit 70“ wird ein flexibler Eintrittskorridor in den Ruhestand. Manche Menschen sind noch im hohen Alter so fit, dass sie weiter berufstätig sein wollen und können. Auf die Mehrheit der Menschen trifft dies allerdings nicht zu. Genau deshalb halten wir Grüne eine Heraufsetzung der Altersgrenze auf 70 Jahre für falsch. Menschen sollen und können selbst entscheiden, wie lang sie erwerbstätig sein wollen. Ein flexibler Rentenkorridor, zum Beispiel zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr, kann dies möglich machen. Dafür setzen wir Grüne uns schon lange ein.
Wer nicht frei entscheiden kann, ob er oder sie arbeiten will, sind Erwerbsgeminderte. Psychische und physische Gesundheit sind Voraussetzungen für die berufliche Tätigkeit. Wer den täglichen Belastungen im Erwerbsleben dauerhaft nicht mehr gerecht werden kann, erhält Erwerbsminderungsrente. Dies wirkt sich massiv auf die Altersrente aus. Abschläge von 0,3 Prozentpunkten pro Jahr bis maximal 10,8 % müssen in Kauf genommen werden. Erwerbsminderung sucht sich keiner freiwillig aus, die Abschläge sind ungerecht und eine doppelte Benachteiligung. Damit muss Schluss sein. Wir Grüne wollen die Abschläge schon lange abschaffen.
Betriebliche und private Altersvorsorge sind wichtig, um im Ruhestand einen angemessenen Lebensstandard zu erhalten. Sie sind gute Instrumente, um sich vor Altersarmut zu schützen.
Ist die gesetzliche Rente sehr niedrig, besteht der Anspruch ergänzender Grundsicherung, aber unter dem Strich bekommen alle dasselbe Geld: diejenigen, die vorgesorgt haben und diejenigen, die dies nicht getan haben. Eigene Rentenansprüche - egal, ob betrieblich, gesetzlich oder privat - führen in der Grundsicherung nicht zu einem erhöhten Monatseinkommen. Das empfinden die Betroffenen nicht als gerecht. Wer aus eigener Kraft vorgesorgt hat, sollte im Alter auch einen kleinen Vorteil haben.
Auch in der Krankenversicherung der Rentnerinnen und Rentner geht es nicht gerecht zu. Rentnerinnen und Rentner zahlen auf ihre gesetzlichen Rentenleistungen den hälftigen Beitrag von 7,3 %. Das ist logisch, denn der Arbeitgeberbeitrag fehlt. Auf Einkünfte aus privater und betrieblicher Altersvorsorge wird allerdings der ganze Krankenversicherungsbeitrag von 14,6 % erhoben. Auch das sehen viele Menschen als ungerecht an.
Viele Menschen wissen nicht, wieviel Rente sie im Alter bekommen werden. Das führt zu Lücken in der Absicherung und fördert Altersarmut. Sicherlich: Es gibt die gesetzliche Rentenauskunft, doch sie ist mehr ein vager Anhaltspunkt und häufig nur die Hälfte der Wahrheit. Es ist sinnvoll, ein Angebot zu schaffen, dass alle individuellen Bausteine der Alterssicherung zusammendenkt. Im digitalen Zeitalter könnte dies ein internetbasiertes Vorsorgekonto sein. Um dem Datenschutz gerecht zu werden, muss natürlich alles freiwillig und mit einem individuell geschützten Zugang erfolgen.
Ein wichtiger grüner Baustein gegen Altersarmut fehlt in unserem Antrag: Wir wollen eine Garantierente einführen, die oberhalb der Grundsicherung liegt - ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Anrechnung von betrieblicher und privater Altersvorsorge. An dieser Stelle kommt Jamaika nicht zusammen, weder in Berlin noch in Kiel. Nichtsdestoweniger werden wir die Diskussion weiter führen, auch mit den sinnvollen Ergänzungen, die die SPDFraktion eingebracht hat. Wir werden dies im Sozialausschuss tun, ich freue mich über die Debatte, die hier weit sinnvoller geführt wird, als es in Berlin derzeit der Fall und in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Organisation und Finanzierung der Altersvorsorge ist eines der dringendsten sozialen Probleme, die wir in Deutschland haben. Man hat sich zu lange davon gedrückt, Reformen auf den Weg zu bringen, die Altersarmut effektiv bekämpfen können. Altersarmut können wir nur nachhaltig reduzieren, wenn wir besser vorbeugen. Aktuell be
Die diesbezügliche Verunsicherung unter jungen Leuten ist groß: Rund die Hälfte der Bevölkerung fürchtet sich davor, im Alter arm zu sein. Diesen Trend dürfen wir nicht ignorieren. Das Problem, vor dem wir hier stehen, ist vielschichtig und komplex. Die Wurzeln des Problems der Altersarmut reichen bis ins Kindesalter hinein: 5 % der Rentner sind auf Grundsicherung angewiesen, bei Kindern ist es mehr als jedes fünfte Kind. Kinder, die in ungünstigen sozialen Verhältnissen aufwachsen, haben es schwer, einen Schul- oder Berufsabschluss zu erreichen.
Keinen Schulabschluss zu haben, ist aber der größte Faktor, der Altersarmut begünstigt. Bildung ermöglicht den Erwerb von Vermögen und höheren Rentenansprüchen. Wer Kinderarmut bekämpft, bekämpft somit im Endeffekt auch Altersarmut.
Daher dürfen wir Altersarmut nicht nur als Problem derjenigen betrachten, die sich derzeit im Grundsicherungsbezug befinden oder eine zu kleine Rente haben. Wir lösen das Problem leider nicht, indem wir einfach nur die Renten erhöhen oder den Kreis der Bezugsberechtigten erweitern.
Es tut mir leid, dass ich hier etwas Wasser in den Wein gießen muss: Die Große Koalition in Berlin wird mit diesen Maßnahmen die Altersversorgung von Millionen von Bürgern nicht verbessern können, weil diese Politik nicht dauerhaft gegenfinanziert ist.
Denn die gesetzliche Rentenversicherung muss schon jetzt aus dem allgemeinen Steuertopf mit beinahe 100 Millionen € - und somit knapp zu einem Drittel - gegenfinanziert werden. Ich werde nicht müde zu betonen: Wer sich hier oder woanders hinstellt und sagt, allein die gesetzliche Rentenversicherung werde im Alter für ein gesichertes Einkommen sorgen, der belügt die jüngeren Generationen, die Menschen meines Alters und diejenigen, die noch jünger sind.
Herr Baasch, ich möchte gern Ihre Kritik aufnehmen. Ich bin sehr froh, dass wir das Zukunftslabor auf den Weg gebracht haben. Sie haben es ja selbst gesagt: Sie haben jetzt etwas vorgelegt, das Sie im September schon gemacht hatten. Wir haben zwar
schon Ideen, die etwas älter sind. Vielleicht sollten wir aber auch etwas neue Denke in die Altersvorsorge und Alterssicherung bringen. Vom Zukunftslabor erhoffe ich mir neue Impulse und Ideen, die wir von den 73 Personen hier vielleicht nicht bekommen.