Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zum Antrag der SPD: Ich begrüße ihn ausdrücklich und halte es für dringend notwendig, dass wir uns mit der Frage einer verständlicheren Verwaltungssprache befassen. Das sage ich ausdrücklich auch in meiner Eigenschaft als Rechtsanwalt. Ich verstehe das Kauderwelsch, das manchmal auf meinen Schreibtisch kommt, auch nicht.
Wir wollen das in der Tat im Innen- und Rechtsausschuss intensiver beleuchten, denn insbesondere im Bereich des Sozialrechts sollten wir nicht den Ein
druck erwecken, das Problem sei leicht zu lösen. Die Fähigkeit unserer Landesverwaltungskräfte zu verständlichem Deutsch ist hier wahrscheinlich nicht das entscheidende Problem. Die Probleme, die im Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten beschrieben werden, betreffen zu einem maßgeblichen Teil die Agentur für Arbeit und die Jobcenter. In diesen Bereichen liegt der Beratungsschwerpunkt der Bürgerbeauftragten, und beide Behörden sind bekanntlich keine Landesbehörden.
Der Bericht arbeitete bereits heraus, dass es das komplizierte und kaum überschaubare Leistungssystem des SGB II extrem schwer macht, Rechtssicherheit auf der einen Seite und Bürgerfreundlichkeit auf der anderen Seite zu vereinen, zum Beispiel bei schwierigen Rechtsbegriffen wie „Bedarfsgemeinschaft“ oder „Zuflussprinzip“. Die Gerichte stellen dazu noch hohe Anforderungen, was alles in einem Bescheid zu stehen hat, damit er die hohen Hürden der Rechtsmäßigkeit auch nimmt.
Liebe SPD, Ihre Formulierung ist mir angesichts dessen noch zu allgemein gehalten, und ich finde, wir sollten die Problematik weiter aufarbeiten und ausdifferenzieren, ehe wir unsere Landesregierung auffordern, sämtliche Vordrucke zu überarbeiten, zum Beispiel durch eine Anhörung unserer Beauftragten, anderer Sachverständiger sowie der betroffenen Behörden. Wir sollten herausfinden, was wir von Landesseite in welchen Bereichen wirklich sinnvoll verbessern können und was wir vielleicht auch auf Bundes-, aber auch auf Kommunalebene anschieben können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zum Bericht der Landesregierung über barrierefreie Informationen zur Kommunalwahl. Erst einmal herzlichen Dank für den Bericht. Menschen mit Behinderung haben die gleichen Rechte wie alle anderen auch. Sie dürfen auch wählen, natürlich. In der vergangenen Legislaturperiode haben wir die bis dahin bestehenden Einschränkungen im Wahlrecht aufgehoben.
Die Küstenkoalition hatte zunächst die UN-Behindertenrechtskonvention sehr genau beim Wort genommen. Die Unterlagen zur Landtagswahl 2017 wurden in Leichter Sprache zur Verfügung gestellt, für alle Wahlberechtigten gleichermaßen. Ich fand, das war damals ein sehr inklusiver Ansatz, aber - es wurde schon darauf hingewiesen - das Echo aus den Kommunen war sehr häufig negativ. Die Kritik
kam aber auch aus den Behindertenverbänden. Es war nicht so, dass sich nur die Kommunen darüber beklagt haben. Auch viele andere Akteure auf diesem Feld fanden das nicht gelungen.
Auf Wunsch der Kommunen haben wir die Regelungen zur Leichten Sprache zur Kommunalwahl 2017 in ein neues Konzept gegossen. Hierbei wurde der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung ganz maßgeblich beteiligt, und das war sehr gut so. Es wurden alle Formulare überarbeitet, sie wurden klarer und verständlicher gestaltetet. Auf der Wahlbenachrichtigung finden sich jetzt deutliche Hinweise in Leichter Sprache auf die weiteren barrierefreien Angebote. Sie stehen im Internet und in Papierform zur Verfügung. Auch an die Gebärdenübersetzung und die Vorlesefunktion wurde gedacht.
Das ist alles sehr positiv. Die rund 900 Einrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung haben die Printfassung der Informationen zur Wahl in Leichter Sprache per Post erhalten, und sie haben fleißig nachbestellt. Das zeigt, dass es im Grunde genommen ein gelungenes Konzept war. Menschen mit geistiger Behinderung oder kognitiver Einschränkung sind häufig von unserer Sprache überfordert. Wir müssen und wir wollen einen praktikablen Weg finden, Inklusion im Wahlrecht umzusetzen; denn Inklusion bedeutet, alle mitzunehmen, Menschen mit und Menschen ohne Behinderung.
Die Resonanz der Kommunen zu den Angeboten in Leichter Sprache für die Kommunalwahl war durchweg positiv. Kein Wunder, denn für sie hatte sich kaum etwas geändert. Aus den Verbänden kam anders als bei der Landtagswahl 2017 keine Kritik auch kein Wunder, denn sie waren an der Konzepterstellung über den Landesbeauftragen intensiv beteiligt. Es gab keine Rückmeldung aus der Wählerschaft. Das lässt nur den Schluss zu, dass die Menschen entweder auf die neuen Angebote nicht angewiesen waren oder diese in Ordnung fanden.
Meine Damen und Herren, unser zweiter Lackmustest ist positiv verlaufen. Vor diesem Hintergrund kann ich der Conclusio der Landesregierung durchaus folgen, auch für die kommenden Landtagswahlen, aber auch schon für die Europawahlen ein entsprechendes Angebot machen zu wollen, und finde es durchaus nachvollziehbar. Ich bin dabei. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung der SPD, dass amtliche Bescheide von Landesbehörden an Bürgerinnen und Bürger in rechtssicherer, aber verständlicher Sprache nachvollziehbar und übersichtlich formuliert werden müssen, sollte für jede Behörde eine Selbstverständlichkeit sein. Diese Erwartung dürfte wohl auch jeder Abgeordnete in diesem Haus haben. Richtig ist allerdings auch, dass in diesem Bereich Handlungsdruck besteht, denn Verständlichkeit wird beim Verwaltungshandeln in der Praxis allzu oft nicht erreicht. Jeder, der schon einmal einen Steuerbescheid in den Händen gehalten hat, weiß, wovon ich spreche.
Die Erläuterungen und Hinweise in Steuerbescheiden - aber nicht nur dort - sind häufig nicht nur schwer verständlich, sondern werden von vielen Bürgerinnen und Bürgern als Kauderwelsch wahrgenommen. Die Inhalte erreichen damit häufig den Adressaten tatsächlich nicht mehr. Das, meine Kolleginnen und Kollegen, ist ein unhaltbarer Zustand. Fehlende Verständlichkeit ist gerade beim Verwaltungshandeln ein gravierendes rechtsstaatliches Problem. Mit ihren Bescheiden setzen Behörden geltendes Recht um. Bürgern wird mit Verwaltungsakten ein bestimmtes Handeln erlaubt, abverlangt oder verboten, und das muss dann auch verstanden werden.
Aus dieser Funktion des Verwaltungshandelns hat sich allerdings eine Verwaltungssprache entwickelt, die sehr stark juristisch geprägt ist, wie es der Innenminister gerade auch angemerkt hat. Durch die Verwendung von Fachsprache und Fachbegriffen kommt es regelmäßig zu Verständnisproblemen. Ich will das mit einem kleinen Beispiel deutlich machen. In einem abfallrechtlichen Bescheid hieß es wörtlich:
„Hinsichtlich der Abfalltrennung und Entsorgung der bei Ihnen anfallenden Abfälle haben Sie die Möglichkeit, die Getrennthaltung am Entstehungsort verschieden zu organisieren und umzusetzen.“
Aha! Der angesprochene Bürger wusste bestimmt, was von ihm verlangt wurde. Wie vermeidet man nun solche Stilblüten? Wie bewegt man Behörden, sich bürgerfreundlich und verständlich auszudrücken, damit Inhalte von den Bürgerinnen und Bürgern unproblematisch und ohne fremde Hilfe verstanden werden?
Schon heute gibt es rechtliche Bestimmungen, die den Behörden die Pflicht auferlegen, sich verständlich auszudrücken. Zu nennen ist hier § 37 VwVfG des Bundes und der dort geregelte Bestimmtheitsgrundsatz. Das OVG Nordrhein-Westfalen - und hier wird es interessant - hat hierzu entschieden, dass ein Verwaltungsakt aus sich heraus verständlich sein muss. Von den Adressaten könne nicht verlangt werden, dass sie unter Hinzuziehung eines Dritten erforschen müssten, was die Behörde von ihnen verlange. Ist diese Verständlichkeit nicht gegeben, ist der Verwaltungsakt unwirksam. Es wäre vielleicht schon hilfreich, den Verwaltungsbehörden die Bedeutung solcher Rechtsvorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung bewusst zu machen. Es dürfte aber auch sinnvoll sein, diese verwaltungsrechtliche Vorschrift zu schärfen und quasi zu einem AGB-Recht für Verwaltungshandeln auszubauen, sodass Bescheide und sonstiges Verwaltungshandeln und Verwaltungsakte stets einer strengen Inhaltskontrolle zu unterziehen sind.
In der Privatwirtschaft ist diese Methode mittlerweile ein erprobtes Mittel, um sicherzustellen, dass vorformulierte Verträge klar und unmissverständlich abgefasst werden, weil sie anderenfalls im Zweifel zulasten des Verwenders ausgelegt werden. Das kann ich mir als Methode auch beim Verwaltungshandeln vorstellen.
Ein solches Prinzip wäre auch hier möglich. Lassen Sie uns gern im Innen- und Rechtsausschuss diese Idee gemeinsam vertiefen. Vielleicht gelingt es uns, einen kreativen Lösungsansatz zu entwickeln, der über die pauschale, aber doch sehr unbestimmte Forderung der SPD - insoweit muss ich Ihren Antrag kritisieren - hinausgeht.
Erlauben Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis: Verständlichkeit darf am Ende nicht über alles gehen! Wir müssen uns stets bewusst machen, dass Verwaltungshandeln vor allen Dingen rechtmäßig sein muss. Daher muss jede Anpassung der Verwaltungssprache ihre Grenze dort finden, wo Vereinfachungen zu falschen oder missverständlichen Aussagen führen würden. Dort, wo eine sprachliche Vereinfachung nicht möglich ist, muss es bei der rechtlich zutreffenden und vielleicht komplexeren Sprache bleiben.
Hier werden wir einen Abwägungsprozess vornehmen müssen, und im Zweifel müssen wir Formulierungen den Vorzug geben, wenn sie der Einhaltung von Rechtmäßigkeit dienen.
So lautet ein Zitat von Julius Caesar. An diese Weisheit sollten sich Behörden halten, wenn sie mit Bürgern in Kontakt treten. Mit nicht selten typischer Amtssprache haben es fast alle Bürger Zeit ihres Lebens zu tun, oft sind Briefe, Bescheide und Formulare in unverständlichem Behördendeutsch geschrieben und damit schwer verständlich. Was man schwer versteht, wird oft auch missverstanden, und diese Missverständnisse führen dann zu Nachfragen, Beschwerden, Widersprüchen und damit auch zu erheblicher Mehrarbeit in den Behörden und letztlich auch zu überlasteten Verwaltungsgerichten. Die Kritik daran hat eine lange Tradition. Eine Studie aus dem Jahr 2008 von dem Institut für Demoskopie in Allensbach ergab, dass insgesamt 86 % der Befragten Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen bei Schreiben von Ämtern, Behörden oder Gerichten haben.
Das gilt der Untersuchung nach auch für 81 % der Befragten mit Abitur- oder Studienabschluss. Verständnisprobleme sind hier also keine alleinige Frage der Bildung.
Auf der Jahrestagung am 25. Mai 2018 haben sich in Goslar die Finanzminister der Länder mit der bürgerfreundlichen Sprache in der Finanzverwaltung befasst. Dort wurde hervorgehoben, dass die Serviceorientierung der Verwaltung eine zentrale Zukunfts- und Daueraufgabe für den Bund und die Länder sei. Ziel sei eine moderne Finanzverwaltung, die sich als Dienstleister für die Bürger verstehe. Dazu gehört unter anderem eine bürgernahe Sprache, die die Akzeptanz der schwer verständ
- Das Steuerrecht ist dafür in der Tat ideal geeignet. Am Germanistischen Institut an der Ruhr-Universität Bochum startete im Jahr 2006 ein Projekt, das sich zu einem Netzwerk für eine bürgerfreundliche Verwaltungssprache entwickelte. In den Workshops erhalten die Mitarbeiter der Behörden Verbesserungsvorschläge und Anleitungen, behördliche Texte verständlicher zu formulieren.
In Schweden hilft auf Regierungsebene ein Stab mit mehreren Hundert Fachleuten dortigen Behördenangestellten beim verständlichen Formulieren. Die Behördensprache in Schweden weicht dadurch kaum noch von der Standardsprache ab. Eine Reform der Verwaltungssprache ist auch nach unserer Auffassung durchaus anzudenken. Es gibt also gute Gründe, dem Ansinnen der SPD zu folgen, wenn dieses, wie es schon anklang, nicht zu kurz greifen würde.
Ein Großteil der bei uns verwendeten Bescheide stammt nicht von Landesbehörden, sondern von Kommunal- und Bundesbehörden. Tatsächlich erreicht dieser Vorschlag damit nur einen Teil der aufgeworfenen Problematik, andere bleiben unberührt. Am Ende prallen möglicherweise Einzelreformen aufeinander, ohne auf einem gemeinsamen und umfangreichen Konzept zu basieren. Ja, Sie haben dieses in Ihrem Antrag erwähnt, das ist umsichtig. Aber das Wie - das klang bereits an - lassen Sie leider unerwähnt und über die entstehenden Mehrkosten durch den sich ergebenden Mehraufwand verlieren Sie kein Wort.
Ihr Antrag liest sich nett. In der Tat verfolgen auch wir den Wunsch nach einer bürgernahen Verwaltung, die auch in einer bürgernahen Sprache ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen sollte.
Auch verlieren Sie in Ihrem Antrag kein Wort darüber, wie Sie die schon angedeuteten juristisch bedeutsamen Unsicherheiten vermeiden wollen, die zwangsläufig entstehen werden, wenn Sie rechtssichere Texte in den allgemeinen Sprachgebrauch umzuwandeln gedenken. In der Folge drohen behördliche Bescheide zur interpretationsfähigen Prosa auszuarten. Verwaltungsgerichte würden wiederum stark belastet werden. In einem Ausschuss werden wir uns gern mit Ihrem Antrag befassen, denn das Thema ist tatsächlich zu wichtig, um es links liegen zu lassen. Für sich allein können wir diesem Kurzgriff nicht zustimmen.
Abschließend noch etwas zur Barrierefreiheit in der Kommunalwahl. Das passt hier im Grunde nicht wirklich zusammen, denn eine verständliche und bürgernahe Sprache ist nicht gleich Leichte Sprache. Da gibt es gravierende Unterschiede; auch die Zielrichtung ist eine andere. Herr Minister Grote, ich bin aber sehr dankbar für den Bericht. Es ist deutlich zu erkennen, dass die seinerzeit erhobene Kritik tatsächlich umgesetzt wurde. Das ist eine gute Arbeit der Landesregierung; und daher ist von unserer Seite auch einmal ein Lob angebracht, vielen Dank. - Und vielen Dank an Sie für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lektüre des Berichts über barrierefreie Informationen zur Kommunalwahl ist natürlich ein Vergnügen. Es scheint, die Irritationen, die es noch zur letzten Landtagswahl gegeben hat, sind mehr oder weniger ausgeräumt. Die Landesregierung kann sich hier wohl ein bisschen auf die Schulter klopfen, die Resonanz aus den Gemeinden und Kreisen ist durchweg positiv gewesen, keinerlei Beschwerden von niemandem. Das erkennen wir als SSW natürlich an und freuen uns darüber, denn die Leichte Sprache ist uns im Sinne von barrierefreier Wahlinformation ein besonders wichtiges Anliegen. Wahlen gehen schließlich alle Wahlberechtigten etwas an, und deswegen stehen wir nach wie vor dazu, dass Wahlinformationen nicht nur in Regionalund Minderheitensprachen, sondern auch als Audioversion, in Gebärdensprache und in Migrantensprachen zugänglich sein sollten - mindestens mit einem Hinweis auf den Wahlbenachrichtigungen, bis hin zur Onlinepräsenz. Wir selber haben 2017 sogar unsere wichtigsten Wahlforderungen in Leichte Sprache übertragen lassen.
Nun reicht Leichte Sprache allein aber nicht aus. Wir diskutieren hier den Vorschlag, in amtlichen Bescheiden von Landesbehörden, aber auch von Kommunalbehörden, Formulierungen zu nutzen, die selbstverständlich rechtssicher, aber eben auch nachvollziehbar und verständlich formuliert sind. Vielleicht kennen das sogar einige von Ihnen: Post vom Amt lässt uns manchmal schon ein bisschen zweifeln. Es ist nun einmal einfach so, dass die