Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. - Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im folgenden Punkt, so denke ich, sind wir uns parteiübergreifend einig. Der Rechtsstaat muss seinen Bürgerinnen und Bürgern Freiheit und Sicherheit bieten. Er muss vor allen Dingen auch seinen Sicherheitskräften Rechtssicherheit bieten. Um dies zu gewähren, haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, das Polizeirecht im Landesverwaltungsgesetz einer Schwachstellenanalyse zu unterziehen, in enger Zusammenarbeit mit anerkannten Polizeirechtsexpertinnen und -experten. Das Ergebnis, so haben wir vereinbart, werden wir zum Jahresende veröffentlichen.

Meine Damen und Herren, dabei ist unser Ziel, die Polizei mit den notwendigen Einsatzbefugnissen und einer angemessenen Bewaffnung auszustatten. Die Vorschriften über den unmittelbaren Zwang sind dabei sicherlich ein absolut zentrales Thema.

Auch der künftige Einsatz der heute viel diskutierten Distanzelektroimpulsgeräte wird dabei geprüft und sowohl aus juristischer als auch aus polizeifachlicher Sicht diskutiert werden, also nicht erst seit dem Schusswaffengebrauch in Bad Oldesloe und nicht aufgrund von politischem Aktionismus.

Die Frage ist also: Wozu braucht die Polizei den Taser? Im Vergleich zum Einsatz der Schusswaffe wäre er möglicherweise ein milderes Mittel. Ein

solches Gerät wäre möglicherweise hilfreich, um jemanden außer Gefecht zu setzen, ohne dass diese Person schwerste Verletzungen davonträgt. Die Erweiterung des zulässigen Zwangsmittels um ein solches Distanzelektroimpulsgerät würde somit ein möglicherweise besser abgestuftes Handeln der Einsatzkräfte ermöglichen.

Gleichzeitig gilt es jedoch, vor allen Dingen - das haben wir heute wiederholt gehört - die praktische Handhabung im Blick zu haben. Eine entsprechende Befugnisregelung für die Polizei erfordert Augenmaß. Das Distanzelektroimpulsgerät muss auch für den Polizeieinsatz als Waffe qualifiziert werden. Im Unterschied zum vorliegenden Entwurf der AfD-Fraktion könnte ich mir, besonders aus fachlicher Sicht, eine Beschränkung zunächst auf Spezialkräfte vorstellen. So wäre ein restriktiver Einsatz durch speziell geschulte Beamtinnen und Beamte gewährleistet, und zugleich könnte man auf diese Weise den Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten praktisch erproben. Dann könnten weitere mögliche Einsatzszenarien ermittelt und taktische Fortbildungskonzepte erarbeitet werden; denn bevor wir, meine Damen und Herren, darüber nachdenken, die gesamte Schutzpolizei mit solchen Geräten auszustatten, müssen wir zuerst die Erfahrungen aus einem - wie ich finde - abgegrenzten Einsatz ausgewertet haben und auch im Ländervergleich analysieren.

Außerdem wäre, bevor wir in eine Flächenverteilung gingen, ein umfangreiches Schulungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungspaket zu erarbeiten. Das setzt zwei Dinge voraus: Qualität und Zeit. Von daher sollten wir uns einem Modellprojekt gegenüber offen zeigen und dieses möglicherweise auf den Weg bringen, aber dieses nicht heute quasi aus der Hüfte, ob per Elektroimpuls oder Waffe, umsetzen.

Meine Damen und Herren, der Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten steht in einem engen Zusammenhang mit einer weiteren Regelung zum unmittelbaren Zwang, unter anderem nämlich zum Schusswaffengebrauch. Beide Regelungen sollen im Zuge der Novellierung des Polizeirechts durch einen Regierungsentwurf diesem Haus gesammelt also auch bezüglich des möglichen Einsatzes von Distanzimpulsgeräten - vorgestellt werden. Daher bitte ich, die Vorstellung dieses Entwurfs abzuwarten. Ich kann Ihnen eines versichern, nämlich dass dieser Entwurf sehr abwägend und sorgfältig von uns erstellt wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf, Drucksache 19/1000, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist somit einstimmig beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Investitionsklima auf dem Wohnungsmarkt verbessern - gegen weitere Verschärfungen der „Mietpreisbremse“

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/967

Alternative Instrumente zur Sicherung stabiler Mietpreise prüfen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1051

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Für die AfD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Am 5. März 2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der damaligen Großen Koalition das sogenannte Mietrechtsnovellierungsgesetz, das den Bundesländern die Möglichkeit einräumt, für Vermieter die verlangte Miete bei Neuvermietungen durch Verordnungen zu begrenzen. Diese als Mietpreisbremse bezeichneten Regelungen sollten den Mietanstieg auf angespannten Wohnungsmärkten begrenzen. Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes haben die meisten Bundesländer von der Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, so auch Schleswig-Holstein. Dennoch ist das Ziel, den Mietanstieg in besonders nachgefragten Gebieten zu begrenzen, verfehlt worden. Die Mietpreisbremse ist gescheitert. Die Mieten steigen nämlich unverändert weiter, 2017 im Bundesdurchschnitt um 4,3 %, in einigen Großstädten sogar um mehr als 9 %. Wir müssen festhalten: Die Mietpreisbremse ist auf diese Entwicklung nahezu ohne Einfluss geblieben. Sie wird

auf Vermieterseite weitgehend ignoriert. Auch die Mieter nehmen die ihnen eingeräumten Rechte überwiegend nicht wahr. Ganz offensichtlich sind Mietpreisbremsen grundsätzlich nicht geeignet, für Entspannung am Wohnungsmarkt zu sorgen.

Wie aber reagiert die Bundesregierung? Sie setzt den bisherigen falschen Weg fort und plant nun mit Hochdruck ein neues Mietrechtsanpassungsgesetz, über das der Bundestag noch bis zum Jahreswechsel endgültig beschließen soll. Der Gesetzentwurf wurde hierzu dem Bundesrat im September als besonders eilbedürftig zugeleitet. Genau das ist auch der Grund, meine Damen und Herren, weshalb der als Tischvorlage eingereichte Alternativantrag im besten Fall überflüssig ist oder ins Leere läuft. Wir reden hier vom Jahresende und nicht vom ersten Quartal 2019.

(Beifall AfD)

Wieder einmal soll also vor der Bevölkerung Entschlossenheit demonstriert werden, um in der Frage sozialer Gerechtigkeit verlorengegangene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Doch was ist konkret geplant? In Regionen mit Wohnungsmangel sollen demnächst nur noch 8 % statt 11 % der Modernisierungskosten auf Mieter umgelegt werden dürfen,

(Thomas Hölck [SPD]: Sehr gut!)

wobei eine Kappungsgrenze von 3 € Mieterhöhung je Quadratmeter hinzukommt.

(Thomas Hölck [SPD]: Noch besser!)

Zusätzlich sollen Modernisierungsmaßnahmen als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden, wenn diese von Vermietern nur zu dem Zweck durchgeführt werden, Mietverträge mit Altmietern zu beenden, wenn diese also aus ihren angestammten Wohnungen - ich sage einmal - herausmodernisiert werden sollen.

In seiner Sitzung hat der Bundesrat leider davon abgesehen, am geplanten Mietrechtsanpassungsgesetz grundsätzliche Kritik zu üben. Es erfolgten lediglich einzelne Änderungsvorschläge, zum Beispiel zur bundesweiten Geltung einer Absenkung der Modernisierungsumlage, für die sich auch die Landesregierung von Schleswig-Holstein eingesetzt hat. Aber die Mietpreisbremse wurde nicht generell infrage gestellt. Ob daher wenigstens die Sachverständigen in der Anhörung des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz heute in Berlin noch grundsätzliche Einwände geltend machen werden, sei einmal dahingestellt. Sollte der Bundestag das Mietrechtsanpassungsgesetz in den

kommenden Wochen wie geplant beschließen, ist der Bundesrat aufgefordert, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Meine Damen und Herren, das geplante Mietrechtsanpassungsgesetz ist abzulehnen, weil es ein weiteres untaugliches Mittel darstellt, um einen unverhältnismäßigen Mietanstieg in besonders nachgefragten Wohngebieten zu begrenzen. Zusätzliche Gesetzesverschärfungen werden an dieser Problematik nichts ändern. Notwendig dagegen ist die kontinuierliche Förderung eines investitionsfreundlichen Klimas, damit zusätzlicher Wohnraum entstehen kann. Deshalb dürfen insbesondere private Vermieter nicht durch zusätzliche Vorgaben davon abgehalten werden, beispielsweise Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen und Neuvermietungen vorzunehmen. Der Bundesgesetzgeber muss endlich erkennen, dass sich der angespannte Wohnungsmarkt nicht mit Mitteln des Ordnungsrechts regulieren lässt. Stoppen wir daher endlich die in der Praxis schon längst gescheiterte Mietpreisbremse. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Peter Lehnert das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen des Wohnungsgipfels des Bundes und der Konferenz der Landesbauminister sind bereits eine ganze Reihe von Initiativen im Bereich des Wohnungsbaus gestartet worden, an deren zügiger Umsetzung jetzt alle Beteiligten mit Nachdruck arbeiten. Ich bin sehr froh, dass unser Bauminister Hans-Joachim Grote in seiner Funktion als neuer Vorsitzender der Bauministerkonferenz das wichtige Thema des Wohnungsbaus in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt. Wohnen ist Daseinsvorsorge und damit elementarer Bestandteil einer Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum muss ausreichend sein und bezahlbar bleiben.

Nachdem die Baukosten in den vergangenen Jahren stetig gestiegen sind, sind sich die Länder und der Bund erfreulicherweise darin einig, alle Möglichkeiten zur effektiven Senkung der Baukosten zu ergreifen. Wir müssen außerdem unter anderem dabei dafür sorgen, dass häufiger als bisher anstelle verlassener Altbauten und Flächen wieder Wohnungen entstehen. Für Investoren muss sich das Recyceln

nicht mehr genutzter Grundstücke und Gebäude künftig mehr lohnen als das Erschließen auf der grünen Wiese.

(Beifall CDU)

Diese Nachverdichtung der Innenräume sollte in Zukunft noch intensiver als bisher gefördert werden. Zusätzlich brauchen wir eine weitere Harmonisierung bauordnungsrechtlicher Vorschriften und das Zurückfahren von Normungen auf das notwendige Mindestmaß. Außerdem muss der Weg von der Planerstellung bis hin zum fertigen Gebäude mithilfe einer konsequenten Digitalisierung schneller und kostengünstiger werden.

Durch die öffentliche Wohnraumförderung der Länder und des Bundes gelingt es langfristig, mietund preisstabile Angebote für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Allerdings kann nur ein Wohnungsneubau in allen Segmenten dazu beitragen, die Preissteigerungen bei Mieten sowie bei Eigentum zu begrenzen. Nur im Mix all dieser Instrumente wird es uns gelingen, die Miet- und Preisauftriebe in den Griff zu bekommen.

Die Erfahrungen mit den Instrumenten der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenzenverordnung zeigen für Schleswig-Holstein, dass der angestrebte Effekt, nämlich die dauerhafte Sicherung stabiler Mietpreise, nicht eingetreten ist. Die Mietpreissteigerungen liegen vorrangig an einem unzureichenden Wohnraumangebot in den Regionen mit erhöhter Wohnraumnachfrage. Deshalb müssen alle Instrumente auf eine Erhöhung des Wohnraumangebots abzielen, insbesondere durch verbesserte Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsbau, eine Förderung des Wohneigentums und einer Aktivierung von zusätzlichen Bauflächen. Zudem sind regulatorische Anforderungen, die in den letzten Jahren zu erheblichen Baukostensteigerungen geführt haben, auf den Prüfstand zu stellen. Um wirksame Alternativen zur Mietpreisbremse und zur Kappungsgrenzenverordnung zu prüfen, hat die Landesregierung - hier das Innenministerium - ein Gutachten in Auftrag gegeben, um diese Fragestellung einer externen fachlichen Beurteilung zuzuführen. Wir bitten die Landesregierung mit unserem Antrag, uns über die Auswertung und die möglichen Schlussfolgerungen aus diesem Gutachten im ersten Quartal des nächsten Jahres zu informieren.

Den Antrag der AfD lehnen wir ab, da er weder ausreichend auf die umfassenden Anforderungen des Wohnungsbaus in Schleswig-Holstein eingeht, noch für den Bau einer einzigen zusätzlichen Wohnung sorgt. Vielmehr versuchen Sie, den Menschen

(Jörg Nobis)

zu suggerieren, dass es einfache Antworten für komplizierte Fragen gebe. Dieser bloße Populismus wird von uns abgelehnt.

(Beifall CDU - Volker Schnurrbusch [AfD]: Das steht doch gar nicht drin!)

Wir wollen vielmehr mit allen Akteuren im Bereich des Wohnungsbaus wie bisher eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten und die anstehenden Herausforderungen gemeinsam aktiv angehen. Dabei müssen wir konkrete Verbesserungen für die Menschen in unserem Land in den Mittelpunkt stellen. Wir freuen uns, dass das Innenministerium und Bauminister Grote dies zu einem Schwerpunkt seiner Politik gemacht haben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Zuruf AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Özlem Ünsal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein AfD-Antrag vor, der die Landesregierung auffordert, sich auf Länderebene dafür stark zu machen, dass sich der Bundesrat gegen weitere Verschärfungen im Bereich des Mietanpassungsrechts, und hier ganz konkret gegen die Mietpreisbremse, ausspricht. Denn die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der bestehenden Rechtslage durch ein weiteres Gesetz, das sogenannte Mietrechtanpassungsgesetz, in den Bundestag eingebracht. Ziel ist eine klare Verbesserung des Mieterschutzes.

(Beifall SPD)

Dazu sollen in Zukunft - auch das haben wir gerade gehört - in Regionen mit Wohnungsmangel nur noch 8 % statt 11 % der Modernisierungskosten auf Mieter umgelegt werden dürfen. Gleiches gilt auch für eine Kappungsgrenze - auch das haben wir gerade gehört - von 3 €/m2. Zudem ist vorgesehen, Modernisierungsmaßnahmen als Ordnungswidrigkeit einzustufen, wenn diese ausschließlich zum Zweck der Beendigung von Mietverträgen mit Altmietern dienen. Bei Neuvermietungen müssen Vermieter zukünftig unaufgefordert über die zuvor erzielte Miete Auskunft erteilen.