Protokoll der Sitzung vom 08.11.2018

Ich würde auch gern das Verfahren an sich verbessern. Natürlich weiß ich, dass die umfängliche Prüfung aller Belange der Staatszielbestimmung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen entspringt. Wir haben ja Ähnliches in unsere eigene Verfassung mit übernommen. Aber stellt die generelle Beweislastumkehr jetzt die beste Lösung dar, um dem gerecht zu werden, oder gibt es vielleicht noch andere Möglichkeiten? Ich finde, das sollte hier wenigstens einmal neu gedacht werden; denn durch schnellere Planungsprozesse und weniger Klagen bekommen wir die neuen Projekte nicht nur wesentlich schneller ins Laufen und haben wir auch schneller die Vorteile, die aus den neuen Projekten entstehen, zum Beispiel die Erleichterungen, die die Menschen von uns erwarten, sondern es wird auch sehr viel Steuergeld dabei eingespart.

Apropos Umweltverträglichkeitsuntersuchung. Bei jedem Projekt werden die Auswirkungen auf diverse Schutzgüter untersucht. Das ist der Inhalt der UVU, der Umweltverträglichkeitsuntersuchung. Da gibt es das Schutzgut Wasser, das Schutzgut Luft, die Schutzgüter Boden, Landschaft, Tiere und Pflanzen. Und es gibt das Schutzgut Mensch. Es gibt die vielen tausend Menschen in den betroffenen Orten, die sich durch die A 20 eine Erleichterung erhoffen, die die A 20 dringend ersehnen, deren Orte unter der Last des Durchgangsverkehrs ächzen oder die als Pendler stundenlang in Staus stehen und dabei nicht nur Zeit, sondern auch Gesundheit verlieren. Dieses Schutzgut, die Menschen, kommen in der Diskussion fast immer zu kurz.

(Kay Richert)

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für uns von der FDP sind die Menschen nicht nachrangig, und wir werden weiter aufpassen, dass ihre Belange nicht unter die Räder kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin seit 2017 Abgeordneter. Das ist noch nicht allzu lange. Ich weiß nicht, wer wann was gesagt hat und warum das jetzt besonders toll oder besonders schlimm ist. Ehrlich gesagt, finde ich, ist das auch gar nicht der Kern der Debatte. Darüber sollten wir uns gar nicht unterhalten. Wir von der FDP möchten gern nach vorne schauen. Wir möchten etwas umsetzen. Wir möchten etwas für die Menschen in diesem Land bewegen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Damit sollten wir uns beschäftigen. Deshalb werden wir weiterhin alles dafür tun, um mit der A 20 schnellstmöglich nicht nur bis zur Elbe bei Glückstadt zu kommen, sondern auch unter der Elbe hindurch bis nach Niedersachsen. Das kann bei guter Vorplanung schnell gehen, bei nicht so guter Vorplanung kann das auch sehr anstrengend sein. Aber wir hängen uns weiter rein; denn von der A 20 haben wir alle was in Schleswig-Holstein. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort hat nun für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung. Ich freue mich sehr, dass die großen Fraktionen der CDU und der SPD bei diesem Thema wieder mehr Interesse zeigen. Vor der Mittagspause, als es um Wohnungsbau und Vorschule ging, waren die Ränge doch sehr leer. Ich habe einmal durchgezählt: Es waren jeweils nur elf Abgeordnete von den großen Fraktionen anwesend. Das fand ich traurig. Wer noch Latein in der Schule hatte, weiß, dass Plenum „voll“ bedeutet.

Herr Kollege Schnurrbusch, ich bitte Sie, zur Sache zu reden. Das Thema ist nicht die Anwesenheit der Abgeordneten nach Fraktionen verteilt, sondern das Thema ist die A 20.

Richtig. Dazu komme ich auch sofort. Ich wollte nur meiner Freude darüber Ausdruck geben, dass dieses Thema bei Ihnen so großes Interesse findet. Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall AfD)

Ich komme jetzt zum Thema.

(Zurufe: Oh!)

Was den Landesvorsitzenden der Grünen in Schleswig-Holstein dazu bewogen haben mag, dem Wirtschaftsminister vorzuwerfen, er wolle die A 20 mit der Brechstange weiterbauen, erschließt sich uns in keiner Weise. Das ist absurd, da mit ersten Bautätigkeiten östlich der A 7 frühestens in zwei bis drei Jahren zu rechnen ist. Aber vielleicht träumen die Landesgrünen ja von einer flächendeckenden Begrünung der Autobahn und wollen dafür Schnellwege für Radfahrer bauen, so wie es die Hamburger Grünen fordern.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Tolle Idee!)

- Finde ich auch. - Seit 1992 wurden in SchleswigHolstein erst 39 von insgesamt 112 km der A 20 gebaut. In keinem Bauabschnitt liegt derzeit vollziehbares Baurecht vor, und daran wird sich vor allem aufgrund der derzeit anhängigen Klageverfahren auch weiterhin nichts ändern. Zunächst ist daher die Wiederherstellung der Rechtssicherheit notwendig. Sie, sehr geehrter Herr Minister Dr. Buchholz, haben das betont. Vielen Dank dafür und auch für Ihren ausführlichen Bericht.

Wie geht es nun weiter? Gerade in dieser Woche waren Vertreter der Landesregierung in Leipzig, um vor dem Bundesverwaltungsgericht die Interessen des Landes in Bezug auf den vierten Bauabschnitt gegenüber den Umweltverbänden NABU und BUND zu vertreten. Mit einem Urteil wird für Ende November 2018 gerechnet, und wir können nur hoffen, dass der Stillstand nicht noch länger fortdauert. Der Minister hat seine Hoffnung dahingehend geäußert, dass es zu einer guten Lösung kommt.

In Anbetracht dieser komplexen Lage ist heute weder Platz für gegenseitige Schuldzuweisungen noch für parteipolitische Großsprecherei; denn seit 1992 haben sämtliche heute im Landtag vertretenen Parteien bereits Regierungsverantwortung getragen mit Ausnahme der AfD natürlich.

(Lars Harms [SSW]: Das kann auch so blei- ben!)

(Kay Richert)

Daher besteht jetzt natürlich eine gemeinsame Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass es mit diesem zentralen Infrastrukturprojekt endlich vorangehen kann. Die AfD-Fraktion begrüßt es daher ausdrücklich, dass die Landesregierung einen Dienstleistungsvertrag mit der DEGES abgeschlossen hat und die Projektverantwortung vom Landesbetrieb Straßenbau auf die DEGES übergegangen ist.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Das gesamte Verfahren zum Bau der A 20 verdeutlicht die Notwendigkeit, bei Infrastrukturprojekten dieser Größenordnung in Zukunft gesetzliche Neuregelungen zur Planungsbeschleunigung zu treffen.

(Das Licht im Plenarsaal wird eingeschaltet.)

- Es werde Licht, Fiat Lux!

Gerade hier macht uns der vorliegende Bericht der Landesregierung aber wenig Hoffnung, da er nur sehr allgemein auf das derzeit auf Bundesebene laufende Verfahren zum Planungsbeschleunigungsgesetz Bezug nimmt. Leider ist deshalb auch völlig offen, ob das Projekt A 20 von einer gesetzlichen Neuregelung profitieren wird. Wir mussten leider gerade erleben, dass die Abgeordneten von SPD, Linken und Grünen im Bundestag das Planungsbeschleunigungsverfahren in Sachen FehmarnbeltQuerung behindert beziehungsweise gestoppt haben. Das finde ich sehr bedauerlich. Das ist wenig konstruktiv und bringt uns nicht voran. Wir wissen im Moment noch nicht, ob wir davon profitieren können; das ist gerade gesagt worden. Dennoch müssen neue Wege beschritten werden, so wie es mit dem aktuell diskutierten Instrument der Legalplanung, bei dem das Parlament die Funktion der Planfeststellungsbehörde übernehmen soll, in der Diskussion ist. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass dieses neue Verfahren bei fünf Pilotprojekten im Bundesgebiet angewendet werden soll. Ob dabei Schleswig-Holstein zum Zuge kommt, ist noch offen. In diesem Zusammenhang kritisieren wir ganz klar die dauernd klagenden und aus unserer Sicht auch dauernd blockierenden Umweltverbände.

(Beifall AfD)

Eine Prozessführung des Alles oder Nichts - wie jetzt wieder in Leipzig praktiziert - liegt ganz sicher nicht im Interesse Schleswig-Holsteins. Wir wollen unser Land gemeinsam nach vorne bringen und nicht zum Freilichtmuseum mit angeschlossenem Naturreservat machen. Wenn der Geschäftsführer des BUND das Ziel formuliert, den laufenden Prozess gewinnen zu wollen, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Bei den Umweltverbänden ist nir

gendwo von einem Interessenausgleich oder -vergleich die Rede, noch nicht einmal von einer Vergleichsbereitschaft. Dies ist in der Tat nichts anderes als Blockadementalität. Die bringt unser Land nicht nach vorne.

Prozessuales Entgegenkommen, so wie im Moment in Leipzig - das sei diesen Herrschaften gesagt - ist keine Einbahnstraße. Deshalb darf Entgegenkommen vor Gericht auch nicht allein von der Landesregierung gefordert werden. Auch die Umweltverbände tragen in diesem Prozess eine hohe gesellschaftspolitische Verantwortung. Wenn sie sich dieser nicht bewusst werden, müssen sie sich nicht wundern, wenn wir als AfD auch in diesem Fall eine grundlegende Form des Verbandsklagerechts fordern, damit die Bürger, die Feriengäste und die gewerbetreibende Wirtschaft freie Fahrt auf der A 20 haben und nicht von der Blockadehaltung klagewütiger Verbände gestoppt werden.

(Beifall AfD - Zuruf Lars Harms [SSW])

Wir haben heute miterleben dürfen, dass es darüber auch in der Jamaika-Koalition erheblichen Gesprächsbedarf geben dürfte.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Ja!)

Die Diskrepanz zwischen CDU und Grünen ist da sehr offensichtlich geworden. Vielen Dank auch für diese Offenheit. Wir können nur hoffen, dass diese Gespräche keinen Streitcharakter haben - so wie eben -, sondern dass sie zu einer Lösung führen, die für alle Bürger dieses Landes etwas bringt. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, wir kommen dann zu den weiteren Wortbeiträgen. Ich gehe davon aus, dass das nicht Restredezeiten sind, sondern alles Dreiminutenbeiträge, wobei der SSW auch noch eine Restredezeit von 3 Minuten hat.

(Zuruf SSW: Gern! - Heiterkeit)

Dann ist vorerst nur die Inanspruchnahme der Restredezeit von 3 Minuten möglich. - Lars Harms hat das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Ich könnte natürlich auch 20 Minuten zu diesem Thema reden. Aber darum ging es mir jetzt eigentlich gar nicht, sondern mir geht es erst einmal nur darum, dass ich

(Volker Schnurrbusch)

mich auch ganz herzlich für den Bericht bedanken will. Für uns war es wichtig, einfach einmal zu schauen: Wie ist jetzt wirklich der Stand? Dann wollen wir versuchen, konstruktiv voranzugehen. Deswegen haben wir auch gesagt: Es ist okay, dass man das vorher veröffentlicht, dass man vorher die Bevölkerung darüber informiert. Wir haben das als einen konstruktiven Prozess angesehen. Das war für uns ganz wichtig, weil wir jetzt mit der DEGES was wir sehr begrüßen - einen Planer haben, der da noch professioneller herangehen kann als es uns mit unserer Verwaltung, mit unseren Möglichkeiten, die wir hatten, vielleicht möglich war.

Ich glaube, alle Wirtschaftsminister haben Fehler gemacht, weil alle Wirtschaftsminister höchst enthusiastisch waren und immer schnell zu Potte kommen wollten. Das gilt für uns als Parlament natürlich genauso, jedenfalls für diejenigen, die es immer befürwortet haben. Sie haben bei allem immer Druck gemacht. Sie haben gesagt: Ja, nun macht einmal, das muss endlich losgehen, wir wollen das endlich, weil auch die breite Bevölkerung - 80 % bis 90 % der Bevölkerung - dieses Projekt als wichtig ansieht.

Insofern will ich da niemandem einen Vorwurf machen. Ich glaube, auch hier im Hohen Haus - unter den derzeitigen Bedingungen, die wir haben - will keiner das Verbandsklagerecht infrage stellen. Allerdings ist es schon so, dass es oft als Verhinderungsplanung, als Blockierplanung wahrgenommen wird. Der Kollege Arp hat das dann auch noch einmal ein bisschen emotional nach außen dargestellt, sodass man weiß, wie die Gefühlswelt von Enthusiasten aussehen kann. - Also man merkt, dass das so wahrgenommen wird.

Ich glaube, das liegt an zwei Punkten, die bei uns im Planungsrecht wirklich ein Problem darstellen.

Das Erste ist: Jeder kann einen Einwand machen, aber nachweispflichtig ist dann immer der Maßnahmenträger. Ich muss also nicht beweisen, dass der Adlerhorst bewohnt ist, sondern der Maßnahmenträger muss beweisen, dass der Adlerhorst nicht bewohnt ist. - Das kann eigentlich nicht sein, dass das so läuft; denn das ist einmalig im Rechtssystem. Bisher muss immer derjenige, der eine Klage führt, entsprechend nachweisen, dass diese Klage auch berechtigt ist.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Das andere, meine Damen und Herren, ist, dass wir immer zuerst sagen: Ihr müsst planen, und danach sind dann erst Einwände möglich. Dann ist es natürlich klar: Wenn man einen Plan macht, dann

läuft man los und sagt, das ist alles richtig. Dann kommen alle Bedenkenträger mit ihren Einwendungen und dürfen das dann auch noch in dem Maße tun, wie ich es gerade beschrieben habe.