Kommunen wird auch nicht untersagt, soziale und ökologische Nachhaltigkeit bei Ausschreibungen stärker zu berücksichtigen. Genau darauf wird es ankommen. Es wird auf die Ausgestaltung ankommen. Dass wir Grüne - auch wenn die Kollegin Heinold gerade nicht hier ist - nachhaltige Beschaffung sehr ernst nehmen, haben wir zunächst in der Küstenkoalition und jetzt ohne Kurswechsel durch das Finanzministerium immer bewiesen. Das gilt beispielsweise für die Beschaffung und Umstellung auf Recycling-Papier. Das gilt für PVC-freie Büromöbel. Überall dort, wo Grüne konkret in der Verantwortung sind und für Nachhaltigkeit sorgen können, tun sie das, auch wenn Sie etwas anderes behaupten.
- Entschuldigen Sie, es wäre nett, wenn Sie die Zeit anhalten könnten, sonst bekomme ich hier arge Probleme.
- Solchen Beifall will die Sozialdemokratie nicht. - Was ich gerne möchte, ist, Ihnen die Gelegenheit zu geben, zu zwei Fragen Stellung zu nehmen, die mit Ihrer Aussage von eben zu tun haben. Zum einen wüsste ich gern, ob Sie dem Parlament verraten können, welche Verbesserungen die Grünen wie von Ihnen angekündigt im parlamentarischen Verfahren noch erreicht haben.
Zweitens - weil Sie sagen, dort, wo Sie Verantwortung haben, tragen Sie dazu bei, dass das in Ihrem Sinne passiert -: Wo haben Sie in Kreistagen in Schleswig-Holstein bei der Abstimmung über solche Verfahrensregelungen dafür gesorgt, dass das beibehalten wird, dass es eine Mehrheit gefunden hat? Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie uns das verraten könnten.
- Das kann ich gern tun. Die zweite Frage vielleicht zuerst. Nach unserer Information ist es beispielsweise in Nordfriesland beim Thema Personalübernahme bei Betreiberwechsel kein politisches Thema gewesen, bei dem sich die Grünen anders verhalten hätten, sondern es gab einen großen Konsens im Kreistag, wo man dies festgeschrieben hat. Das ist ein Punkt, bei dem wir uns wie viele andere Fraktionen auch konkret für eine Forderung der Gewerk
Der andere Punkt - und das ist in der Tat der zentrale Punkt für die Fragen - ist, dass die Kommunen nicht unbedingt Bestimmungen im Gesetz brauchen, um nachhaltig zu beschaffen, sondern sie brauchen Beratungsstrukturen. Denn das, was uns Kommunen oft sagen, ist, dass sie gern nachhaltig beschaffen wollen, dass es ihnen wichtig ist, aber dass sie vielleicht nicht die Ressourcen und Kompetenzen haben, um das hinzubekommen. Deshalb haben wir, anders als Sie, mit dem Haushalt im Dezember 2018 eine Beratungsstelle geschaffen. Wir haben Geld eingestellt, damit Kommunen in der Frage der nachhaltigen und sozialen Beschaffung beraten werden. Das ist eine Beratungsstelle, die jetzt ausgeschrieben wird. Sie wird beim MELUND angesiedelt sein. Sie hilft den Kommunen konkret. Das ist viel besser, als hier unanwendbare Gesetze zu verabschieden.
Verzeihen Sie, ich muss bei Ihrer Antwort überhört haben, welche konkreten Verbesserungen Sie im Gesetzgebungsverfahren zu diesem Gesetz - wie von Ihnen angekündigt in der ersten Lesung hier erreicht haben. Können Sie das vielleicht noch sagen?
Verzeihen Sie, Herr Stegner, Sie waren nicht bei der Anhörung. Da gab es einen Punkt, dass man die Kommunen bei der nachhaltigen Beschaffung unterstützen soll. Dass sie Beratungsangebote brauchen, haben mehrere Menschen in der mündlichen Anhörung gesagt. Sie sind mindestens genauso lange - ich würde eher sagen deutlich länger - wie ich im politischen Geschäft und wissen, dass im Rahmen von parlamentarischen Anhörungen Ideen, die aufkommen, nicht immer nur in dem Gesetz, das gerade auf dem Tisch liegt, verabschiedet werden sollen, sondern dass man diese Lösungen auch durch andere Maßnahmen erreichen kann.
Wir haben festgestellt, es nützt uns nichts, jetzt ins Gesetz zu schreiben, es soll eine Beratungsstelle geben. Wir haben das in den Haushalt geschrieben.
Wir finanzieren das Ganze, und wir sorgen jetzt dafür, dass das MELUND das ausschreibt und dass wirklich etwas passiert.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SPD). Denn darauf wird es ankommen. Ich glaube, dass wir aus unserer Perspektive keine Gesetzesänderung gebraucht hätten. Wir hätten gut damit leben können, das auch weiter verbindlich festzuschreiben. Das ist keine Frage. Aber der Kompromiss ist tragbar, weil wir die Kommunen direkt unterstützen. Ich möchte mit Ihnen gern eine Wette eingehen, dass, wenn die Beratungsstelle eingerichtet wird und gut funktioniert, in einigen Jahren wesentlich mehr Kommunen auf nachhaltige Beschaffung und Auftragsvergabe achten werden, als dass jetzt mit dem alten Gesetz der Fall ist. Schlagen Sie ein, Herr Stegner. Ich freue mich darauf, den Vergleich in einigen Jahren zu ziehen. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es in dem Gesetz Bereiche gibt, die uns nicht zufriedenstellen und von denen ich heute sagen möchte, dass wir, wenn es wieder einmal andere Mehrheiten im Haus gibt oder diese Mehrheit ein wenig überzeugter von dem ist, was wir Grüne in dem Bereich denken, uns dann weitere Änderungen vorstellen können. Das betrifft den Bereich Tariftreue. Uns Grüne hat in der Anhörung überzeugt, was uns viele Angestellte aus dem ÖPNV oder aus der Abfallwirtschaft gesagt haben. Wir sehen, dass dort viele unter Sozialdumping leiden, dass sie durch die Konkurrenz von Billiganbietern unter Druck geraten, und wir hätten sehr gerne die Personalübernahme bei Betreiberwechseln in diesen Bereichen in das Gesetz geschrieben. Dafür gibt es keine Mehrheit in dieser Koalition. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.
Ein Kompromiss ist ein Kompromiss. Und wenn es dabei bei einigen Partnern keine Bewegung gibt, dann kann man jetzt nichts machen.
Zur Wahrheit gehört aber auch - Herr Hölck, da vielleicht ein bisschen mehr Demut -, dass wir das Ganze in unser Gesetz auch nicht hineingeschrieben haben. Woran lag das denn? War das arbeitnehmerfeindlich? War das irgendwie neoliberal? Oder warum haben wir das nicht gemacht? Ich erinnere mich an diese Debatte noch sehr gut, und ich erinnere mich auch an SPD-Minister, die aus denselben Gründen wie Bernd Buchholz das nicht wollten.
Wenn Sie hier stehen und sagen, dass Sie in dem Bereich Ihre Meinung geändert haben, dann sagen Sie bitte auch: „Wir haben unsere Meinung geändert. Das, was wir in der sozialdemokratisch geführten Regierung gemacht haben, war ein Fehler.“ Das haben Sie aber nicht gemacht, sondern Sie werfen hier mit Vorwürfen um sich. Das ist mir, ganz ehrlich, zu wenig.
Wir sehen vor Ort Fälle, die gut begründen, warum die Gewerkschaften in diesem Punkt bei der Personalübernahme recht haben. Das prominenteste Beispiel ist der Kreis Schleswig-Flensburg. Das, was wir da im öffentlichen Personennahverkehr an Qualitätsverlust erleben, ist eine Katastrophe. Es wäre besser gewesen, bei der dortigen Ausschreibung eine Personalübernahme zu verankern.
Es gibt aber auch Kreise wie Steinburg oder Nordfriesland, die das anders machen. Das unterstützen wir ausdrücklich. Wir hoffen, dass es bei den Diskussionen, die gerade in Heide, Itzehoe und im Kreis Segeberg stattfinden, breite Mehrheiten für Lösungen gibt, wie sie für Nordfriesland bereits gefunden worden sind.
Wir sind beim Vergabemindestlohn der Meinung, dass wir diejenigen sind, die diesen Mindestlohn absichern. Das ist nicht nichts, und das ist ganz bestimmt nicht, lieber Kollege Flemming Meyer, neoliberal. Mit 9,99 € sind wir immer noch weit vorne. Auch hier hätten wir gern mehr erreicht. Aber hätte man andere allein da rangelassen, dann würde es den Vergabemindestlohn gar nicht mehr geben; dann würden Reinigungskräfte und Wachpersonal bei öffentlicher Auftragsvergabe gar keinen höheren Mindestlohn mehr bekommen, sondern sie würden nur noch das bekommen, was im Bund vereinbart worden ist. Das ist ein grüner Erfolg. Der ist wichtig, und das lasse ich mir auch nicht von Ihnen zerreden.
Nun mein letzter Satz. Wir sind dazu bereit, uns immer wieder auch kritisch mit dem Thema Tariftreue auseinanderzusetzen und in zwei Jahren zu gucken, ob Schwarz-Gelb recht gehabt hat oder ob die Befürchtungen der Gewerkschaften wahr geworden sind. Das sollten wir gemeinsam tun, aber bitte auf einer sachlichen Grundlage und nicht mit so viel Polemik wie am heutigen Tag. - Vielen Dank.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hölck! Das bisherige Tariftreue- und Vergabegesetz war meines Erachtens ein Musterbeispiel für „gut gemeint, schlecht gemacht“. Ich kann mich noch sehr gut an die damaligen Anhörungen erinnern. Dort wurde auch das, was dann eingetreten ist, von vielen Protagonisten prophezeit. Spätestens seit der Evaluation im Jahre 2016 wurde doch allen klar, soweit sie das tatsächlich gelesen haben, dass es in Teilen noch nicht einmal praktikabel ist und dass die vorgegebenen Ziele des Gesetzgebers ganz klar verfehlt wurden.
Das Gesetz hat vielmehr dazu geführt, dass sich immer weniger Betriebe an öffentlichen Vergaben beteiligt haben und dass immer weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land von öffentlichen Aufträgen profitieren können.
Ich stelle immer wieder fest: Andere sehen das anders. Meines Erachtens ist das aber keine sozial verantwortliche Politik.
Bezeichnend fand ich damals, dass Sie den Gesetzentwurf nach der damaligen Anhörung an zwei Stellen geändert haben. Sie haben zum einen die Kommunen aufgenommen, die einen Großteil der öffentlichen Aufträge im Land vergeben haben, mehr als das Land, und Sie haben elektronische Geräte herausgenommen. Warum? Das geschah deshalb, weil wir alle nicht wissen, was in Apple-Geräten und anderen Geräten drin ist. Wir wissen nicht, woher diese Sachen kommen. Es werden bei den Kommunen Elektroautos beschafft. Ich weiß nicht, woher das Kobalt kommt, wahrscheinlich aus dem Kongo, wahrscheinlich sogar mit Kinderarbeit gewonnen, die dort leider vorkommt. Auch Lithium in den Batterien kommt wahrscheinlich aus Chile, wo die indigenen Völker ausbeutet werden und die Umwelt kaputtgemacht wird. Das wissen wir zwar nicht genau, man vermutet es jedoch, weil es sehr naheliegend ist. Das können wir jedoch durch ein Landesgesetz nicht unterbinden. Das ist leider so und muss man vielleicht auch einmal zur Kenntnis nehmen.
- Herr Kollege Kilian, wenn Sie erlauben -, durch wirtschaftliche Verwendung von Haushaltsmitteln öffentliche Aufträge zu vergeben. So definiert es das Bundeswirtschaftsministerium. Der Kern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist es, im Wettbewerb die Vergabe nach fairen, eindeutigen und transparenten Kriterien zu regeln und eben nicht auf Grundlage bestimmter politischer Ziele, die vielleicht wünschenswert, aber eben landesgesetzlich nicht durchsetzbar sind.
Der vorliegende Gesetzentwurf erfüllt genau diesen zentralen Zweck des Vergaberechts. Er ist klar verständlich, regelt alles Wesentliche und steigert die Attraktivität öffentlicher Aufgaben. Redundante Vorschriften fallen weg; auf rechtlich nicht eindeutig definierte Kriterien wird zukünftig verzichtet. Nachweise müssen nicht schon bei der Angebotsabgabe eingereicht werden, sondern erst im Erfolgsfall.
All dies führt zu einer enormen Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und macht öffentliche Aufträge auch für kleinere Betriebe im Land wieder attraktiv, von denen wir in Schleswig-Holstein ja sehr viele haben.
Gerade heute kam ja die Meldung, der Mittelstand in Schleswig-Holstein sei überdurchschnittlich zufrieden. Trotzdem wollen wir das mittelstandfreundlichste Bundesland werden; denn wir sind es noch nicht. Das machen wir nicht aus Selbstzweck, sondern damit alle Menschen gute Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein haben.
Meine Damen und Herren, wir sehen ja: Die Beteiligung an Ausschreibungen ist extrem zurückgegangen. Das hat natürlich mit dem anhaltenden Boom vor allem im Bausektor zu tun; das hat aber auch damit zu tun, dass es für viele Unternehmen einfach zu kompliziert und nicht attraktiv genug ist. Holstein Kiel, besser gesagt: die Stadt Kiel, kann für den Neubau einer Tribüne kein Unternehmen finden. Das ist nur eines der prominentesten Beispiele, das wir zur Kenntnis nehmen müssen.