Protokoll der Sitzung vom 07.03.2019

Dafür streiten wir nicht allein, sondern mit vielen anderen Bundesländern, die in diesem Bereich aktiv werden wollen. Dafür streiten wir mit Aktivistinnen und Aktivisten wie Lucas Hawrylak, der vor inzwischen eineinhalb Jahren eine Online-Petition auf den Weg gebracht und die Politik zum Handeln aufgefordert hat. Über 80.000 Menschen haben diese Petition inzwischen unterstützt. Es ist gut, dass wir als Politiker im Schleswig-Holsteinischen Landtag den Ruf dieser 80.000 Menschen hören und deshalb heute einen Antrag auf den Weg bringen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Wir Bundesländer werden diesen Weg gemeinsam gehen. Hessen, Berlin und Bremen haben schon Initiativen angekündigt, aber es wird sicherlich nicht dabei bleiben. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich noch andere Länder dem anschließen werden.

Das Ganze sollte bald passieren. Deshalb ist es gut und richtig, dass bereits im März die ersten Bundesratsinitiativen - so zumindest unsere Grünen-internen Informationen - in den Bundesrat eingebracht werden. Wir sollten diese Fragen eingehend diskutieren, aber wir sollten auch nicht zu lange warten; denn die Fakten liegen auf dem Tisch. Wir sollten jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass wir hier zu gesetzlichen Bestimmungen kommen, und den Menschen mit auf den Weg geben, dass Liebe keine Krankheit, sondern ein Menschenrecht ist. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Das Wort für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrter Landtagspräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Würde des Menschen. Diese wird durch die menschenverachtenden Methoden der sogenannten Homo-Heiler zutiefst verletzt. Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf daher auch keiner Therapie.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

(Rasmus Andresen)

Diese Methoden und Therapien sind verstörend und hinterlassen bei den Betroffenen tiefe seelische Wunden und extreme Verunsicherung. Sie können sogar zu Depressionen und auch zu Selbstmorden führen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Daher gehören jegliche Formen der „Heilung“ von Homosexualität verboten. Ich zähle auch die Informationsveranstaltungen dazu. Daher ist es wichtig, dass wir uns darüber einig sind, dass zu keiner Jahreszeit, auch nicht zur fünften, Witze über Menschen in diesem Land gemacht werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bei der Vorbereitung zu dieser Rede war für mich unvorstellbar, dass wir diese Therapien und diese Methoden bis heute noch nicht verboten haben. Von daher freue ich mich sehr darüber, dass es jetzt auch aus verschiedenen Bundesländern - mehrheitlich große Aktivitäten gibt.

In einigen Bundesstaaten der USA gibt es bereits diese Verbote. Aber auch die Therapeuten müssen sich mitunter ihren Lebenslügen stellen. Erst vor wenigen Wochen zum Beispiel endete die Karriere eines solchen Konversionstherapeuten in den USA damit, dass er seine Frau verließ und sich selbst als schwul outete.

Wir müssen Partei ergreifen für die Opfer solcher Praktiken, die nichts mit Wissenschaft und Gesundheitsvorsorge, sondern bestenfalls etwas mit Voodoo zu tun haben und ihre Wurzeln in menschenfeindlichen Ideologien haben, die homosexuelle Menschen in Gefängnissen und Konzentrationslagern Folterung und Mord ausgesetzt haben. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wer heute noch so eine Ideologie vertritt, darf nicht als Therapeut zugelassen werden, sondern der gehört bestraft und weggesperrt, damit er nicht weiter Unheil anrichten kann.

Die Bremische Bürgerschaft - Kollege Andresen hat schon darauf hingewiesen - hat bereits ein Verbot der pseudowissenschaftlichen Konversionstherapien beschlossen. Der Koalitionsvertrag in Hessen enthält auch eine Bundesratsinitiative zu diesem Verbot. Es ist eine gute Ausgangsbasis für einen Beschluss im Bundesrat. Ich denke, auch die anderen Bundesländer werden sich unserer Forderung anschließen.

Außerdem werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns für ein schnelles Verbot einsetzen. Lieber Minister Garg, ich bin fest davon überzeugt, dass Sie alles unternehmen werden, damit solchen Scharlatanen das Handwerk gelegt

wird. Wir werden in diesem Parlament und in der Gesellschaft diese menschenverachtenden Methoden bekämpfen. Homophobie hat in SchleswigHolstein keinen Platz.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Das Wort für die CDU -

Ich freue mich -

Oh, Entschuldigung! Pardon!

Ich werde immer dafür kritisiert, keine Pausen für Applaus zu lassen. Jetzt habe ich das einmal gemacht, und da war es nicht richtig.

Sie haben noch 2 Minuten.

Genau. - Ich freue mich sehr, dass wir heute diesen gemeinsamen Beschluss fassen können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, SchleswigHolstein ist ein weltoffenes Land und vielfältig. Und: Schleswig-Holstein liebt vielfältig. Was gibt es Schöneres, als verliebt zu sein, zu lieben und geliebt zu werden, egal, wen ich liebe, eine Frau oder einen Mann! In diesem Sinne: Liebe ist Liebe Punkt.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich habe jetzt etwas länger gewartet.

(Heiterkeit)

Jetzt hat für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

„Homosexualität ist keine Krankheit, und deswegen ist sie auch nicht therapiebedürftig.

(Serpil Midyatli)

Deswegen bin ich für ein Verbot der Konversionstherapie.“

Das hat unser Bundesgesundheitsminister vor noch nicht einmal zwei Wochen in Berlin gesagt. Ich finde, wir liegen mit unserem Antrag, der darauf abzielt, die Homoheilung zu verbieten, genau richtig.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Was unser Bundesgesundheitsminister gesagt hat, das sagen auch wir, die Mitglieder der Jamaika-Koalition. Ich bin froh, dass uns die SPD und der SSW bei diesem Antrag begleiten; das ist das Wichtigste.

Der Film des NDR mit dem Titel „Die Schwulenheiler“, in dem ein junger homosexueller Reporter sich in eine solche Behandlung begibt, schildert die Absurdität dieser Behandlung eindrucksvoll und lässt erahnen, was Menschen durchleben müssen, wenn sie sich mit solchen Therapien konfrontiert sehen. Zwar bilden solche Ärzte, die diese Therapien durchführen, zum Glück eine Ausnahme. Wir sind uns aber darin einig, dass wir diese Ausnahmen nicht mehr akzeptieren wollen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Seit 1990 hat die WHO Homosexualität von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen - zugegeben recht spät, aber sie hat diesen Schritt dann endlich gemacht. Denn Sexualität ist weder eine Geisteskrankheit noch moralisch verwerflich. Homosexualität ist nichts Besonderes, sie ist Normalität für uns. Versuche, Homosexualität zu reparieren, zeigen, dass dabei hauptsächlich Vorurteile im Spiel sind und nicht die notwendige Akzeptanz der Verschiedenheit. Heterosexualität gilt bei solchen Pseudotherapien wie der Konversions- und Konfrontationstherapie als Norm und ist erstrebenswert. Religiöse Vereinigungen und manche evangelikalen Freikirchen sowie streng katholische Kreise betrachten Homosexualität jedoch weiterhin als behandlungsbedürftige Krankheit.

Besonders fatal sind die sogenannten Behandlungen bei Minderjährigen; Herr Andresen hat es angesprochen. Oft ist das Bekenntnis zur eigenen Homosexualität aus deren Glaubensgründen überhaupt nicht denkbar. An diesen Stellen setzen dann die sogenannten Heiler an, mit Seminaren, Pseudotherapien und Umpolungsversuchen, wie etwa durch verordnetes stundenlanges Pornogucken.

Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Ori

entierung vor solcher Scharlatanerie künftig geschützt werden;

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

denn diese Therapien machen die Menschen krank, mit schlimmsten Folgen wie Depression, Eigenhass und einer erhöhten Selbstmordneigung. Wir wollen aus diesem Grund somatische und psychotherapeutische Behandlungen dieser Art verbieten, weil diese sogenannten Therapien keinerlei wissenschaftliche und therapeutische Berechtigung haben.

Im Übrigen vertritt die Bundesärztekammer ebenfalls diesen Standpunkt, und auch der Weltärztebund sprach sich 2013 gegen diese Behandlungsarten aus - viel mehr noch: Diese Institutionen warnen vor Veränderungsversuchen bei Homosexuellen. Auch machen die Ärzte deutlich, dass Homosexualität keine Krankheit ist. Die Umpolungsversuche, die hier zur Anwendung kommen, sind demnach nicht nur unwirksam, nein, schlimmer noch, sie wirken sich negativ auf die Gesundheit aus.

Wir als Politikerinnen und Politiker können der Gesellschaft nicht diktieren, dass es zukünftig keinen Hass gegenüber Homosexuellen geben darf. Wir können nicht erzwingen, dass keinerlei Versuche mehr mit fragwürdigen und inakzeptablen Therapien unternommen werden, die das Ziel verfolgen, Homosexuelle umzupolen. Was wir jedoch als Gesetzgeber tun können, das machen wir heute - ich finde es gut, dass wir dies nun fast alle gemeinsam tun -: Wir setzen uns für ein gesetzliches Verbot dieser Praktiken ein.

Noch einmal: Homosexualität ist keine Sünde und auch keine Krankheit, Homosexualität ist akzeptierte Normalität, und sie ist nicht mehr und nicht weniger behandlungsbedürftig als Heterosexualität. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dennys Bornhöft.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Familie, liebe Freunde, liebe Religionsgemeinde, ich bin hetero. Mehrfach habt ihr mich darauf hingewiesen, dass dies eine schwierige Situation sei - auch für euch. Ich wurde gefragt, ob das so schwer zu verstehen sei. Mittlerwei

(Katja Rathje-Hoffmann)