Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Christopher Vogt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anfang des Jahres hatte der 18. Landtag bereits ein klares Signal an die Bundesregierung ausgesandt, um die Traditionsschifffahrt und damit einen ganz wichtigen Teil des maritimen Erbes unseres Landes zu bewahren. Auch andere norddeutsche Landtage haben dies in ähnlicher Form getan.
Auch die maritime Szene selbst hat ihren Unmut wiederholt formuliert: Während der Kieler Woche haben sich viele Schiffe während der traditionellen Windjammerparade einem Protest gegen die Pläne des Bundesverkehrsministers angeschlossen, der durch Änderungen der schiffssicherheitsrechtlichen
In unserer Demokratie bleiben solche Proteste zum Glück auch selten ohne Wirkung: Minister Dobrindt hat nun immerhin veranlasst, dass die neuen Vorschriften etwas entschärft werden und nicht wie geplant zum 1. Juli 2017, sondern erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten sollen. Aus unserer Sicht sollte die gewonnene Zeit dazu genutzt werden, die Regelungen im Dialog mit den Schiffern und Verbänden neu zu gestalten oder - ich könnte damit leben - einfach komplett zu versenken.
Sie führen nämlich nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu mehr unnötiger Bürokratie. Das haben viele Gespräche mit fachkundigen Personen ergeben.
Vielleicht gibt es nach der Bundestagswahl ja auch einen anderen Bundesverkehrsminister, der das Maritime etwas anders im Blick hat. Das Signal aus Schleswig-Holstein lautet weiterhin: Traditionsschiffe gehören einfach zu und nach SchleswigHolstein. Gerade das ehrenamtliche Engagement vieler Menschen, die sich um den Erhalt der Traditionsschifffahrt bemühen, muss gewürdigt und darf nicht erschwert werden. Deswegen bleiben wir bei diesem Thema am Ball.
Ich finde es gut, dass sich die SPD-Fraktion mit einem eigenen Antrag wieder zu Wort gemeldet und klar positioniert hat. Sie hat ja auch durchaus noch Einflussmöglichkeiten innerhalb der Bundesregierung; die könnte man natürlich noch nutzen. Es ist aber wichtig, dass es erneut ein deutliches Votum des Landtags in dieser Frage gibt.
In diesem Zusammenhang fand ich es übrigens ganz interessant; ich habe vor Kurzem aufmerksam den Bundesparteitag der SPD verfolgt. Auch da gab es den Versuch, das Thema Rettung der Traditionsschifffahrt ins Bundestagswahlprogramm der SPD zu bringen. Der Versuch wurde nicht von norddeutschen Sozialdemokraten unternommen, sondern von Genossen aus dem Landesverband Berlin.
Leider wurde der Antrag abgelehnt. Insofern hat es das Thema nicht in das Bundestagswahlprogramm der SPD geschafft. Trotzdem glaube ich: Wenn wir uns heute klar positionieren, kann das etwas bringen.
Museumshäfen und Traditionssegler sind ein wichtiges Kulturgut unseres Landes. Sie sind nicht zuletzt auch ein wichtiger Image- und Tourismusfaktor. Sie begeistern Jung und Alt nicht nur bei den Veranstaltungen in Kiel und Lübeck, die es jedes Jahr gibt. Insofern sollten wir - Minister Buchholz hat eben schon einen Auftrag bekommen - ihm einen weiteren Auftrag geben, sich in Berlin entsprechend einzusetzen, damit wir die Traditionsschifffahrt in Schleswig-Holstein so erhalten, wie wir sie bisher haben. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Nur weil das Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung schiffssicherheitsrechtlicher Vorschriften für Traditionsschiffe von Bundesverkehrsminister Dobrindt auf 2018 verschoben worden ist, kann aus unserer Sicht noch lange keine Entwarnung gegeben werden.
Anfang 2018 - dazwischen liegt noch eine Bundestagswahl - soll hier, wie in Schleswig-Holstein zur Landtagswahl erfolgreich erprobt, Unangenehmes einfach in die Zeit nach der Wahl verlegt werden. Falls sich hier jemand wundert, warum das BMVI die Verordnung jetzt erst einmal bis Anfang 2018 ausgesetzt hat: CDU-Staatssekretär Ferlemann hatte ja öffentlich den Mund reichlich voll genommen und einen millionenschweren Fonds des Bundes angekündigt, um die Umbaumaßnahmen an den Traditionsschiffen zu bezuschussen. Angeblich brauchte er dafür nur noch das Okay der Haushälter. Fragen Sie einmal die Haushälter des Deutschen Bundestages! Die hat nämlich in den letzten Wochen absolut kein Antrag, Schreiben oder was auch immer zu diesem Thema erreicht. Das ist ganz schön entlarvend, finden Sie nicht auch?
Ein solcher Fonds könnte zudem - das sagt der Bundesfinanzminister - überhaupt erst im Haushalt 2018 dargestellt werden. Dazu wiederum müsste es eine Förderrichtlinie geben, die es natürlich noch nicht einmal im Entwurf gibt. Damit haben wir das
Eingeständnis von Bundesverkehrsminister Dobrindt, dass er sich mit seiner Schiffssicherheitsrichtlinie vollkommen verrannt hat.
Frau Kollegin, entschuldigen Sie, dass ich ein bisschen zu spät aufgestanden bin. Es hat bei mir heute Morgen auch ein bisschen gerattert. Ich habe das mit den Haushältern nicht so ganz verstanden. Soweit ich weiß, hat die SPD eine sehr einflussreiche haushaltspolitische Sprecherin im Deutschen Bundestag, die geschätzte Kollegin Hagedorn.
Haben Sie denn einmal mit Frau Hagedorn, die schon den einen oder anderen haushaltspolitischen Vorteil für Schleswig-Holstein erreicht hat, sehr zum Wohle unseres Landes, darüber gesprochen, und hat wenigstens sie dafür gesorgt, dass jetzt auch das Geld für die Traditionsschiffe fließt?
- Ich habe natürlich nicht nur einmal mit der Bundestagsabgeordneten Hagedorn genau über diese Frage gesprochen. Der Punkt ist: Der CDU-Staatssekretär Ferlemann läuft durch die Gegend und erzählt, er brauche nur noch das Okay der Haushälter. Die haben aber aus dem Ministerium nicht eine einzige Anfrage, kein Schreiben, kein Fax, keine EMail oder irgendwas bekommen.
Des Weiteren ist Grundlage für einen solchen Fonds eine Förderrichtlinie. Die gibt es noch nicht einmal im Entwurf.
Liebe geschätzte Kollegin, es ist mir neu - ich kenne Frau Hagedorn auch schon lange -, dass sie darauf wartet, dass es ein Fax aus dem Ministerium gibt. Bisher hat sie durchaus auch eigenständig politische Akzente gesetzt.
- Ich denke, es ist nicht Aufgabe des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, eine Förderrichtline zu entwickeln.
Ich will darauf hinaus, dass das TraditionsschiffeVersenken durch Bundesverkehrsminister Dobrindt nur vorübergehend abgeblasen ist. Wenn wir jetzt in einer solchen Übergangsphase sind, will ich diesem Aufschub vielleicht etwas Gutes abgewinnen. Wir als SPD-Landtagsfraktion haben in Übereinstimmung mit dem Bundesrat immer wieder gefordert, die Schiffssicherheitsrichtlinie im Dialog auszugestalten. Die Vereine mit ihren vielen Ehrenamtlern haben das Recht, dass ihre Bedenken ernst genommen werden und dass die Kritik an den vorgelegten Regelungen bei der Neufassung der Richtlinie einbezogen wird. Dabei sind gar nicht die Umbaumaßnahmen das größte Problem, sondern die neuen Vorschriften zur Seediensttauglichkeit der ehrenamtlichen Besatzungen, wofür im Übrigen ein solcher Unterstützungsfonds überhaupt keine Hilfe geben würde. Im Prinzip wären die Vorgaben nur noch durch hauptamtliche Seeleute zu erfüllen.
Ja, die Sicherheit von Fahrgästen wie auch von Besatzungen ist ein hohes Gut. Aber diese Sicherheitsvorschriften müssen in der Praxis zielführend und anwendbar sein. Jetzt wäre die Chance für einen echten Dialog da, eben nicht nur über eine Förderrichtlinie und nicht nur über Zusatzregelungen, wie es vermeintlich auch den Verbänden angeboten worden ist, sondern - da bin ich jetzt beim Kollegen Vogt - die Verordnung gehört in die Tonne und neu aufgelegt.
Ein zweiter Vorteil dieses Aufschubs liegt darin: Wenn die Richtlinie zum Jahreswechsel 2018 Geltung erlangen soll, wäre es besser, wenn dann jemand das Bundesverkehrsministerium leitet, der ein gewisses Verständnis für norddeutsche Traditionsschifffahrt mitbringt.
Dieses Verständnis vermisse ich beim Antrag der Regierungsfraktionen. Sie fordern allen Ernstes, „dass die Neuregelung der Sicherheitsbestimmungen für Traditionsschiffe so ausgestaltet wird, dass der Betrieb der Schiffe weiterhin möglich ist“. Eine Hilfe sind Sie den Traditionsschiffen nicht, denn natürlich ist der Betrieb der Traditionsschiffe auch nach der dobrindtschen Sicherheitsverordnung weiterhin möglich, aber eben unter unerfüllbaren Vorgaben und mit überbordender Demokratie und eben nicht mehr ehrenamtlich und auch nicht unter Einbeziehung der Fahrgäste, wie es gang und gäbe und bewährte Praxis ist. Ich finde Ihren Antrag da eher peinlich.
Er bleibt auch hinter Ihrem eigenen Koalitionsvertrag zurück. Jetzt in Regierungsverantwortung - das ist meine Vermutung - traut sich die CDU nicht mehr, sich mit Berlin anzulegen und sich anders als Dobrindt klar zu unseren Traditionsschiffen zu bekennen. Da waren wir hier im Landtag gemeinsam das war im März - schon einmal viel weiter. Versprochen, gebrochen, sage ich da nur.