Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

Das wollen auch die hiesigen Rinderzüchter und Rinderexporteure nicht. Das ist in der Anhörung deutlich geworden, und das muss man einmal feststellen. Die Debatte um die Tierexporte wurde teilweise vorurteilsbeladen geführt, aber meine Damen und Herren, Brutalität ist kein Geschäftsmodell. Vorurteile gegen die Rinderexporteure sollten daher nicht weiter geschürt werden.

Ich begrüße da den Erlass, den der Minister im März 2019 auf den Weg gebracht hat. Der Erlass sorgt für Rechtssicherheit bei der Genehmigung von Transporten, wo es von Landesseite aus möglich ist. Natürlich ist hier vor allem der Bund in der Pflicht, nur der Bund kann erreichen, dass sich Drittländer an die Transportregeln halten. Nur der Bund kann erreichen, dass die Versorgungsstationen entlang der Transportrouten kontrolliert werden.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich noch einmal feststellen: Wir setzen uns alle für mehr Tierwohl, bei der Haltung und beim Export in Drittländer ein. Der Antrag der SPD von heute bringt das Thema nicht voran. Deswegen werden wir ihn ablehnen und erinnern gern an den gemeinsam beschlossenen Antrag Drucksache 19/676.

Das Engagement der Landesregierung zur Schaffung von Rechtssicherheit bei Tierexporten in Drittländer unterstützen wir und stimmen daher der Ausschussempfehlung zu. Ich lade Sie ganz herzlich ein, ebenfalls der Ausschussempfehlung zuzustim

(Präsident Klaus Schlie)

men. - Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Mitglieder der Jungen Union aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde und Mitglieder der FDP Schleswig-Holstein, allen voran die Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen. - Von dieser Stelle herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Vermählung. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Wir kommen zu einem weiteren Wortbeitrag. Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Volker Schnurrbusch zu uns.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die Debatte um die Tierexporte in Drittländer hat einmal mehr die Brüche innerhalb der Jamaika-Koalition offengelegt. Beinahe wäre es im Ausschuss zu einer weiteren Verzögerung in der Beschlussfassung gekommen, da sich einige Abgeordnete auch nach ausführlicher Anhörung nicht zu einer Beschlussempfehlung durchringen wollten. Dabei war es aus unserer Sicht zwingend geboten, endlich Rechtssicherheit für die Veterinäre zu schaffen, die bei uns Genehmigungen für Tiertransporte auch in außereuropäische Länder ausstellen, denn die aktuelle Rechtslage ließ die Veterinäre im Unklaren. Ein Erlass aus dem Umweltministerium sorgte zwar für etwas mehr Sicherheit, enthielt aber auch Fehler und wurde deswegen vom Verwaltungsgericht bemängelt.

Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen berücksichtigt die Erkenntnisse der Anhörung und gibt den Veterinären endlich die gewünschte Sicherheit. Deswegen haben wir ihn als AfD-Fraktion im Ausschuss unterstützt und uns gegen jede weitere Verzögerung in der Beschlussfassung ausgesprochen. Mehr ist auf Landesebene nicht zu erreichen. Der Minister hat alles getan, was in seiner Kompetenz liegt. Jetzt sind Bund und EU am Zug.

Auch die AfD steht für den Tierschutz ein. Deswegen fordern wir seit jeher, Tiertransporte zu Schlachthöfen zu verringern und zu verkürzen, Le

bendtransporte zu Schlachthöfen ins Ausland wollen wir weitgehend vermeiden.

Gerade unter dem Aspekt, dass es fast unmöglich ist, in einigen Staaten die Schlachtpraxis zu kontrollieren, sind einige Transporte in islamisch geprägte Länder problematisch; denn dort kann nicht sichergestellt werden, dass beim Schlachten der Tiere unsere hohen Tierschutzstandards eingehalten werden.

(Beifall AfD)

Wenn wir diese Debatte konsequent zu Ende denken, müssen wir auch bei dem Import tierquälerisch erzeugter Produkte unsere hohen Tierschutzstandards anpassen, aber das ist eine andere Debatte.

Der SPD-Antrag zum Tierwohllabel ist auf den ersten Blick zu begrüßen, beim genaueren Hinsehen merkt man jedoch, dass der Antrag schlichtweg zu spät kommt; denn die Lebensmittelwirtschaft hat bereits ein Label eingeführt, und es liegt bereits seit Juni 2018 ein sehr ähnlicher Antrag aus Jamaika vor, dem wir auch zugestimmt haben.

Das einzig Richtige an diesem Antrag ist die Feststellung, dass es dieses Label bereits gibt. Warum müssen wir dann darüber debattieren? - Vielleicht nur, weil die SPD auf Bundesebene nicht weiterkommt. Es gibt bereits eine Kennzeichnung für die Verbraucher. Dass die Fleischproduzenten wieder auf dieses Label verzichten, ist äußerst unwahrscheinlich. Ein weiteres Label würde aus unserer Sicht eher Verwirrung stiften als Orientierung bieten. Deswegen setzt auch die Bundeslandwirtschaftsministerin auf ein freiwilliges Siegel.

Der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion rennt offene Türen ein und ist daher aus unserer Sicht überflüssig.

Eine Sache ist allerdings richtig, Frau Eickhoff-Weber. Der Schlüssel für eine Verbesserung der Situation sind tatsächlich die Preise. Nur wenn faire Fleischpreise gezahlt werden, können die Landwirte auch mehr in die Haltungsbedingungen der Tiere investieren. Damit wäre allen geholfen: den Tierhaltern, den Verbrauchern und vor allen Dingen auch den Tieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

(Präsident Klaus Schlie)

Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die schockierende Berichterstattung zu den Transport- und Schlachtbedingungen von Exportrindern liegt gerade einmal ein dreiviertel Jahr zurück. In der Debatte im März 2019 haben sich fast alle Redner entsprechend betroffen gezeigt, und zwar völlig zu Recht. Nicht zuletzt das Bildmaterial, das wir im späteren Verlauf im Ausschuss gesehen haben, ist wirklich absolut grauenvoll, und doch ist natürlich auch bei diesem Thema ein differenzierter Blick nötig.

Vorsichtig formuliert lässt sich aber eins festhalten: Wir haben mittlerweile mehr als genügend Belege dafür, dass zumindest nicht für alle Rinder, die von hier exportiert werden, die Schlacht- und Transportbedingungen in Ordnung sind.

Aus Sicht des SSW ist es völlig egal, ob wir hier über ein Rind oder über 1.000 Rinder reden. Uns geht es um das Prinzip. Wenn Tiere tagelang ohne Wasser und ohne Futter zusammengepfercht auf einem Transporter stehen oder wenn ihnen vor der Schlachtung Sehnen durchtrennt werden, um sie bewegungsunfähig zu machen, dann ist und bleibt das Tierquälerei.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Unser Tierschutzgesetz gibt aber unmissverständlich vor, dass keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Schäden oder Leiden zugefügt werden darf. Warum soll dieser Grundsatz denn plötzlich nicht mehr gelten, nur weil Tiere exportiert werden? Oder, anders gefragt: Ist es ein „vernünftiger“ Grund, wenn Viehhändler oder Viehzüchter eventuell ein wenig mehr verdienen, weil sie ihre Tiere in Drittländer verfrachten? Hier sage ich ganz klar, dass wir diese Praktiken nicht mehr dulden wollen und nicht mehr dulden dürfen.

(Beifall SSW)

Die Anhörungen im Ausschuss waren für uns alle erhellend, und sie haben das Problem noch einmal verdeutlicht. Leider müssen wir feststellen, dass die Koalition hieraus nicht die richtigen Schlüsse gezogen hat; denn die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist nichts weiter als weiße Salbe. Damit erreichen wir genau das Gegenteil, nämlich gar nichts. Tatsächlich schafft der Erlass des Ministeriums eben keine rechtliche Klarheit. Eine Rechtssicherheit für die Veterinäre und für die Kreise ist durch den Erlass nicht gegeben.

Das Ministerium verhält sich in dieser Sache auffällig zurückhaltend. Die Kreise lässt man so weiterhin im Regen stehen.

Zudem frage ich mich, warum in der Beschlussempfehlung gefordert wird, die Kontroll- und Versorgungsstationen auf den Transportrouten auf ihre Existenz und Geeignetheit hin umfassend zu überprüfen. Dies erweckt doch sehr den Anschein, dass es überhaupt keine geeigneten Routen gibt. Dies bestätigt letztendlich, dass die Tiere auf diesen Routen elend zusammengepfercht ihrem Schicksal überlassen werden und wir hier tatenlos zusehen.

Statt konsequent im Sinne des Tierschutzes zu handeln und statt Rechtssicherheit für die Veterinäre und die Kreise zu schaffen, geht aus dem Antrag eigentlich nur hervor, warum denn die Hände gebunden sind

(Beifall SSW)

immer schön mit dem Verweis auf die EU-Ebene und das EU-Recht, und schon ist man aus dem Schneider! Damit machen wir unser Tierschutzgesetz zu einem zahnlosen Tiger.

Ich will nicht bestreiten, dass wir uns hier in einem komplexen Rechtsgeflecht befinden. Die Lösungen liegen gewiss nicht in greifbarer Nähe. Aber mit ihrem Antrag macht sich die Koalition einen schlanken Fuß.

(Zuruf: Wohl wahr!)

Nicht nur die Diskussion um die Tiertransporte macht deutlich, dass wir im Bereich Tierschutz und Tierwohl noch viel zu tun haben. Auch die Diskussion um ein Tierwohllabel zeigt, dass die Ansätze durchaus unterschiedlich sind. Dem einen geht es zu weit, dem anderen nicht weit genug. Richtig ist aber, dass 86 % der Verbraucher und Verbraucherinnen bei tierischen Produkten nähere Angaben zu den Haltungsbedingungen haben möchten. 81 % der Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich ein Tierwohllabel. So ist es dem aktuellen Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu entnehmen. Das zeigt den hohen gesellschaftlichen Stellenwert des Tierwohls. Es macht aber auch deutlich, dass es eine gewisse Skepsis gegenüber den Produktionsmethoden in der Landwirtschaft gibt. Hier sind Aufklärung und Transparenz gefragt. Ein staatliches Tierwohllabel kann hier einen Beitrag leisten, aber es muss, wie im Antrag gefordert, staatlich verpflichtend sein, und vor allem muss die Kontrolle von staatlicher Seite auch tatsächlich erfolgen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.

Wenn Heiner Rickers seine Rede mit der Feststellung beginnt, ich hätte keine Ahnung, habe ich meistens irgendetwas richtiggemacht.

(Beifall SPD und Lars Harms [SSW])

Mit dem, was ich hier heute gesagt habe, stehe ich zu meinem eigenen Erstaunen vollständig an der Seite von Barbara Otte-Kinast; das ist die Landwirtschaftsministerin in Niedersachsen. Wenn jemand Ahnung hat von Fleisch, von Produktion, von Viehproduktion, von wirtschaftlichen Verhältnissen und Abhängigkeiten, dann sind das die Landwirtschaftsminister aus Niedersachsen.

(Werner Kalinka [CDU]: Das stimmt!)

Wahrscheinlich würde Herr Rickers jetzt sagen, die von der CDU hätten meistens immer noch mehr Ahnung.

(Zuruf CDU: Allerdings!)

Barbara Otte-Kinast hat die Initiative Niedersachsens für ein verpflichtendes Tierwohllabel in den Bundesrat eingebracht. Und, ganz ehrlich - Hohn und Spott auf mich? Gerne; ich wachse damit wie unter Dünger -:

(Vereinzeltes Lachen CDU)

Gucken Sie sich doch bitte einfach noch mal Ihren Antragstext an: „Haltungskennzeichnung“, „obligatorisch“, „Haltungssysteme“. - Ja, super! Da weiß der Verbraucher genau, was gemeint ist.

Das, was jetzt auf den Weg geht, ein staatlich verpflichtendes Tierwohllabel, eingebunden in die nationale Nutztierstrategie, ist eine andere Kategorie, meine Damen und Herren, und das wissen Sie auch.