Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

Selbstverständlich sind Straßenschilder bis hin zu den Menükarten in diesem Gebiet dreisprachig, und davon können wir lernen.

Die Ladiner haben eine App entwickelt. Das fanden wir ganz besonders spannend, denn auch sie beheimaten verschiedene Dialekte, je nachdem, in welchem Tal man wohnt. Wörter werden in der App übersetzt und im Lautton angegeben, sodass man diese lesen, aber auch hören kann. Für die Friesen ist dies mit ihren vielen Dialekten sicherlich nachahmenswert.

Es waren tolle Eindrücke, die wir auf dieser Reise sammeln konnten, und ich danke der Landtagsverwaltung ganz herzlich für die Vorbereitung. Ich danke auch dem Ausschussvorsitzenden Wolfgang Baasch für die Vorbereitung sowie Jan Diedrichsen für die sehr kompetente Begleitung. Ebenfalls bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die mit dabei waren, für die sehr interessante Reise und die nette Begleitung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

(Birte Pauls)

Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Dr. Marret Bohn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vielen Dank für Ihren Bericht. Ich finde es gut, dass wir regelmäßig etwas über unsere Minderheitensprachen hören. Deswegen werden Sie auch gleich von mir etwas zu hören bekommen:

Föl toonk, det wurt tidj det wi hear muur üüb fering snaaki det wi ei alianing auer enölher snaaki, sondern uk mä enölher snaaki.

En det, wat dü jüst saad heest, leew Birte, det klangt gud en det her Lars bestimt al apskrewin en wan wi det hear uk haa wel, do wal ik mi diarför iinsaat det wi det widjer kem.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gerade eben gehört, dass wir uns alle sehr darüber freuen, dass wir die Minderheitensprachen hier in Schleswig-Holstein haben. So viel Einigkeit herrscht selten im Parlament, aber so viel Einigkeit ist auch wichtig, weil es für die Minderheiten in SchleswigHolstein ganz existenziell ist - unabhängig davon, wer regiert -, mit im Film zu sein und weiter bei Kunst und Kultur gefördert zu werden.

Ich sage Ihnen: Wenn Sie als Jugendliche von anderen Jugendlichen zu hören bekommen: „Ach, so wie ihr redet, das stirbt sowieso bald aus, das hat sowieso keine Chance“, dann ist das auch eine Art von Diskriminierung, mit der wir aufgewachsen sind. Aber vergessen Sie nicht: Wir sind hartnäckig, wir bleiben. Wir sprechen weiterhin in unserer Muttersprache.

Deswegen kann ich nur sagen: Ich freue mich heute sehr, dass wir mit dem vorliegenden Bericht gesehen haben, was alles schon Gutes auf den Weg gebracht worden ist. Aber ich glaube, wir sind uns auch einig, dass es für alle Minderheitensprachen in Zukunft noch viele weitere Schritte geben muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt CDU und Beifall Birgit Herdejür- gen [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sprache ist nicht nur irgendetwas, sondern Sprache ist auch identitätsstiftend. Sprache gehört zur Kultur, und Sprache verändert die Art und Weise, wie wir denken. Wenn

Sie zweisprachig aufwachsen, dann wissen Sie von klein auf, dass es eine andere Klangfarbe gibt, dass andere Menschen anders reden, dass es aber für alle Beteiligten ein Ausdruck von Vielfalt ist, der sie prägt und - wie ich finde - ihnen guttut, oder, wie es bei uns auf Friesisch heißt, ihr kennt das ja:

„Rüm hart, klaar kimming!“

Ein weites Herz, einen klaren Horizont. - Ich glaube, das können wir alle gebrauchen hier im Parlament, nicht nur wenn wir uns über Minderheitensprachen austauschen, sondern wenn wir insgesamt Debatten führen. Also, bitte alle merken:

„Rüm hart, klaar kimming!“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns und ich persönlich wohl am allermeisten - bei einer weiteren Initiative sehr darüber gefreut, dass wir uns vorgenommen haben, den Schutz der Minderheiten auch in das Grundgesetz hineinzuverhandeln. Ich bin unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar dafür, dass er sehr dafür gekämpft hat. Ich bin sehr optimistisch, und ich hoffe, wir werden Mehrheiten finden, denn das wäre auch für die Bundesländer, die dabei sind, zum Beispiel mit den Sorben zu verhandeln, ein gutes Signal, nämlich dass wir eine gute Lösung finden und dass sich die Minderheiten im Grundgesetz wiederfinden können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, oder - wie wir sagen:

Föl toonk wi san al en masse straaler widjer kimen. Ik hööbe det wi nü noch föl muar straaler mä enölher mai kön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, vereinzelt CDU und SPD)

Das Wort für die FDP hat der Abgeordnete Richert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heimat ist etwas sehr Wichtiges für jeden von uns. Vielleicht verstehen wir alle etwas Unterschiedliches darunter, aber Heimat ist für uns alle sehr wichtig. Ich glaube, das sehen wir hier alle so.

Heimat ist Liebe, Geborgenheit, Vertrautheit, Tradition und Erinnerung, aber Heimat ist auch Brauchtum und Sprache. Das ist besonders bei uns im nördlichen Grenzland so. Damit das so bleibt, damit uns die Heimat erhalten bleibt, schützen und unterstützen wir in Schleswig-Holstein die Minderheiten dabei, ihre Sprache, ihre Gebräuche und ihre Traditionen zu pflegen, zu erhalten und weiterzugeben.

Das gilt für die Minderheit der Dänen, für die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und für die Minderheit der Friesen. Alle diese Minderheiten und natürlich auch die deutsche Minderheit in SüdDänemark, in Nordschleswig - sind uns lieb und teuer. Diese Minderheiten organisieren ihre Arbeit selbst, und wir unterstützen sie dabei - sowohl ideell als auch finanziell.

Die Finanzierung der Minderheit der Friesen wird geregelt über eine Stiftung. Besser gesagt: Sie soll über eine Stiftung geregelt werden, denn darüber wird seit 1995 geredet. Gegründet ist die Stiftung bislang noch nicht. Dabei ist die Idee einer Stiftung sehr charmant. Durch die Verselbstständigung wird die Finanzierung dauerhaft gesichert, unabhängig von der aktuellen Kassen- oder Haushaltslage des Landes.

Nun könnte ich natürlich sagen: Die Gründung der Stiftung ist über die Jahre hinweg immer wieder vertrödelt worden. Es ist gut, dass dieses Feld unter der Jamaika-Koalition endlich aufgeräumt wird.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Moment, ich bin noch nicht fertig. Da wir aber heute über einen freudigen Anlass sprechen, werde ich das natürlich nicht sagen. Stattdessen sage ich: Schön, dass wir nun so viel Stiftungskapital 1,5 Millionen € - beisammen haben, sodass die Stiftung der Friesen endlich gebildet werden kann.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Details hat die Landesregierung in enger Abstimmung mit der friesischen Volksgruppe geregelt. Das war nicht nur freundlich, das war auch sehr weise, schließlich zeigt uns die Geschichte, dass die Friesen gern einmal Widerstand leisten, wenn ihnen etwas nicht passt; ob es im ersten Jahrhundert nach Christus - da wurde dies erstmals geschichtlich erwähnt - gegen die Römer oder der Legende nach vereint mit Störtebekers Seeräubern gegen die Hanse und die Holländer ging: „Liiwer düüdj as sloow“, war immer mehr als ein Motto. Der Einzige, der dauerhaft Frieden nach Friesland gebracht hat, war Karl der Große. Er tat dies, indem er den

Friesen erlaubt hatte, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.

Als Freier Demokrat kann ich das gut verstehen. Es gibt nämlich nach der Liebe keine größere Kraft als den Willen nach Freiheit. Wenn nun also die Vorsitzende des Friesenrats, Ilse Johanne Christiansen, sagt: Bislang durften wir mitschnacken, jetzt können wir mitentscheiden, dann ist hier wohl vieles richtig gemacht worden.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Heimat ist etwas sehr Wichtiges. Dass das nicht nur die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner so sehen, das kann man an der Charta der Regionalund Minderheitensprachen sehen. Das ist eine EU-Regelung für den Schutz und die Förderung der geschichtlich gewachsenen Regional- und Minderheitensprachen zur Bewahrung des kulturellen Erbes.

„In Schleswig-Holstein prägt ein konsensorientierter Ansatz zwischen Parlament, Landesregierung und der kommunalen Ebene die Minderheitenpolitik ebenso wie die Sprachenpolitik für die geschützten Chartasprachen.“

- So heißt es in dem Bericht, den Sie, Herr Ministerpräsident, uns gerade vorgestellt haben. Damit haben Sie recht, und das ist auch gut so.

Herr Ministerpräsident, Sie haben uns von den Akzenten in der Sprachförderung, von der Unterstützung der pädagogischen Arbeit und von der Anmeldung weiterer Verpflichtungen bei der Bundesregierung berichtet. Ich bedanke mich bei Ihnen für den Bericht, und ich bedanke mich vor allem für den Inhalt des Berichts.

(Beifall FDP, SSW, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch ihren Einsatz leisten die Minderheiten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Sprache, des Brauchtums und der Traditionen, zum Erhalt unserer vielfältigen Heimat. Das ist wichtig, und deswegen freue ich mich ausdrücklich über die Ergebnisse dieser Debatte. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, SSW, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Brodehl.

(Kay Richert)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne! Die Friesen stehen seit 1990 als Volksgruppe unter dem besonderen Schutz unserer Landesverfassung, und daraus leitet sich natürlich auch ein Anspruch auf staatliche Förderung ab. Den damit verbundenen Verpflichtungen ist das Land Schleswig-Holstein in der Vergangenheit auf ganz vielfältige Art und Weise gerecht geworden. So hat zum Beispiel das im Jahr 2004 beschlossene Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum den Weg für eine zweisprachige Beschilderung an Ortseingängen, an Bahnhöfen oder auch in Büros und Behörden freigemacht. Auch an unserer Schule wurden die Schilder ausgetauscht. Ich habe als Kölner damals keines bekommen. Ich habe mich beschwert, aber Friesisch wurde gefördert, und das ist gut so.

Gleichzeitig wurde Friesisch damit offiziell als zweite Sprache dieser Region anerkannt. Es mag manchem vielleicht zu lapidar erscheinen, aber genau solche Maßnahmen schaffen Identität.

Die Wirksamkeit des Minderheitenschutzes hängt auch im Falle der friesischen Volksgruppe maßgeblich davon ab, in welchem Umfang ihre Sprache lebendig bleibt. Nur wenn Sprache lebendig ist, kann sie an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.

Im Alltag hat sich die friesische Sprache vor allem auf den nordfriesischen Inseln und im nördlichen Bereich des Kreises Nordfriesland gehalten. Die Fläche - Sie haben die Landkarte vor Augen - wirkt zunächst groß. Allerdings muss man berücksichtigen, dass sich lediglich ein Drittel der Einwohner Nordfrieslands als Friesen bekennt. Das sind 50.000 bis 60.000 Menschen; das relativiert die flächenmäßige Größe ein wenig. Von den bekennenden Nordfriesen wiederum sprechen leider nur etwa 8.000 bis 10.000 die nordfriesische Sprache aktiv. Weitere 10.000 bis 20.000 Menschen haben aber immerhin passive Sprachkenntnisse; das ist ein Anfang.

Außerdem ist noch ein Aspekt zu berücksichtigen, der bisher noch nicht anklang: Von den neun nordfriesischen Sprachformen werden drei von weniger als 150 Menschen gesprochen. Aufgrund dieser Zahlen weist der Sprachenchartabericht 2019 zu Recht darauf hin, dass das Nordfriesische zu den kleinsten und zugleich zu den am stärksten bedrohten Sprachen in ganz Europa zählt. Auf Deutsch gesagt: Sie ist akut vom Aussterben bedroht. Was ist