Protokoll der Sitzung vom 19.06.2020

(Vereinzelter Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage Herrn des Abgeordneten Dr. Dolgner?

Selbstverständlich gerne.

Nun kenne ich für meine Kommune schon die Schätzung für das nächste Jahr, wie der Haushalt dort aussehen würde. Ist Ihre Aufforderung, keine Investitionen zurückzustellen, eine Aussage für die kompletten regierungstragenden Fraktionen und für die Regierung, dass dieses auch bei der Genehmigung der Investitionen für den Haushalt 2021 für die Kommune gilt und dass die Regelungen, die bisher gelten, gelockert werden?

(Zuruf: Ja!)

- Zunächst einmal, Herr Kollege Dr. Dolgner, gehe ich davon aus, dass Sie bisher keine unsinnigen Investitionen beschlossen und auf den Weg gebracht haben. Insofern bleiben diese selbstverständlich sinnvoll. Den finanziellen Spielraum für die Kommunen werden wir nicht nur mit den gerade genannten Hilfen erweitern, sondern auch durch größere Kreditspielräume. Da haben Sie vollkommen recht.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dolgner? - Herr Abgeordneter Koch?

Ja, selbstverständlich.

Ich hatte Ihr Ja überhört und wollte nicht einfach beginnen.

Entschuldigen Sie, dass Sie mich missverstanden haben. Meine Frage bezog sich auf das übliche Prozedere, dass bei gewissen Haushaltslagen Investitionen einem Genehmigungsvorbehalt des Innenministeriums unterliegen.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja! Wir haben es doch gerade gesagt!)

- Es ist ja schön, dass Sie versuchen, dem Kollegen Koch zu helfen, Herr Vogt; ich hatte Sie nicht gefragt. Ich frage Herrn Koch. Ist das jetzt eine Aussage, dass man aufgrund der besonderen Lage in den nächsten Jahren bei der Genehmigung von Darlehen für weitere Investitionen großzügiger sein wird, als

(Tobias Koch)

es das Innenministerium bisher gewesen ist? Das kann man mit Ja oder Nein beantworten.

- Ich antworte genau wie der Kollege Vogt mit Ja. Sie sprachen von den nächsten Jahren. So weit würde ich nicht vorausschauen. Gehen Sie einmal davon aus: für das nächste Jahr auf jeden Fall.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Okay!)

Meine Damen und Herren, das Konjunkturprogramm des Bundes enthält eine Reihe weiterer Komponenten, die am Ende dafür entscheidend sind, dass wir aus dieser Krise stärker hervorgehen, als wir hineingegangen sind, genauso, wie wir das bei der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 geschafft haben. Ich meine damit all jene Zukunftsinvestitionen für Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Mobilfunk, Wasserstofftechnologie und Energiespeicherung, die in dem Bundesprogramm enthalten sind.

Wir flankieren diese Bundesmittel mit erheblichen zusätzlichen Landesmitteln von über 100 Millionen €. Es sind diese Investitionen, die unseren Wohlstand langfristig sichern. Anstatt uns durch Corona um Jahre zurückwerfen zu lassen, starten wir mitten in der größten Krise eine Aufholjagd, um den Vorsprung Chinas und der USA wettzumachen. Das ist doch eine bärenstarke Antwort auf diese Krise.

Mehr kann man wirklich nicht machen, um diese Krise zu meistern. Das ist ein Gemeinschaftserfolg von CDU/CSU und SPD in Berlin und von CDU, Grünen und FDP hier in Schleswig-Holstein.

Ich will aber zum Abschluss nicht unerwähnt lassen, dass alle Soforthilfen und das komplette Konjunkturprogramm ausschließlich über neue Kredite finanziert werden, die es anschließend zurückzuzahlen gilt. Das ist zumindest die klare Absicht der CDU-Landtagsfraktion. Denn ohne die Schuldenbremse und ohne die schwarze Null der letzten Jahre wären wir heute nicht in der Lage, diese Milliardensummen aufzubringen. Deshalb darf es jetzt keinen Überbietungswettbewerb bei den Ausgaben geben. Wir müssen vielmehr mit Augenmaß tun, was wir im Augenblick auf den Weg bringen, wir müssen das tun, was für die Überwindung der Krise erforderlich ist, und danach müssen wir die aufgenommenen Kredite auch wieder tilgen.

Das ist dann die fünfte Phase der Corona-Krisenbewältigung. Ich bin mir sicher, auch diese fünfte Phase werden wir erfolgreich meistern. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schleswig-Holstein steht vor einer tiefen Wirtschaftskrise. Es steht zu befürchten, dass das Bruttoinlandsprodukt um 7 % bis 9 % sinken wird, und das ist eine vorsichtige Prognose. Die Arbeitslosen haben die Zahl von 100.000 erreicht, und diese Zahl wird rapide steigen. Noch wissen wir nicht, wie viele der über 300.000 Beschäftigten, die im Moment in Kurzarbeit sind, wieder voll übernommen werden können. Zwei Drittel der jungen Menschen, die sich aktuell arbeitslos melden, haben keinen Berufsabschluss.

Vor diesem Hintergrund ist es heute wichtig, gemeinsam festzustellen, dass aus der Coronakrise keine Ausbildungskrise werden darf.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD])

Gerade das ist auch das gemeinsame Ziel einer bundesweiten Allianz aus Wirtschaft, Politik und Arbeitnehmervertretern, die bereits in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten haben, mit welchen Maßnahmen sie die negativen Auswirkungen auf die berufliche Zukunft junger Menschen bekämpfen wollen.

Die Unternehmen können die Wirtschaftskrise, die uns bevorsteht, nur mit genügend guten Fachkräften bewältigen. Die berufliche Bildung ist und bleibt ein Kernstück unserer Wirtschaftskraft. Deshalb müssen wir auch in diesen Zeiten jungen Leuten eine Ausbildung ermöglichen.

Bei den Unterstützungs- und Fördermaßnahmen sind die Klein- und Kleinstbetriebe zu berücksichtigen; denn drei Viertel der Ausbildungsverhältnisse werden in solchen Betrieben geschlossen, die, wie wir wissen, auch die Wirtschaft in Schleswig-Holstein maßgeblich prägen. Sie sind es, die Ausbildungskapazitäten sichern und dafür sorgen, dass junge Menschen nach ihren Neigungen und Fähigkeiten den Weg in eine solide berufliche Zukunft einschlagen können, wodurch unsere Wirtschaft in und nach der Krise über genügend Fachkräfte verfügen kann.

(Tobias Koch)

Deshalb begrüßen wir das Hilfsprogramm der Bundesregierung, das kleinen und mittelständischen Unternehmen für jeden abgeschlossenen Ausbildungsvertrag nach absolvierter Probezeit eine Prämie zwischen 2.000 € und 3.000 € zahlt. Wenn die Landesregierung ebenfalls auf diesem Gebiet hilft, indem sie an solche Betriebe eine Prämie zahlt, die Auszubildende übernehmen, können wir das nur begrüßen.

SPD und SSW bedienen sich in ihrem Antrag zu diesem Thema aus dem Ideenpool der Allianz für Aus- und Weiterbildung. Der Antrag liest sich gut, wiederholt allerdings nur das, was auf Bundesebene bereits existiert. Der SPD-Fraktion fällt offensichtlich nichts Eigenes mehr ein. So muss sie sich mit abgeschriebenen Anträgen aus Berlin behelfen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie haben offen- sichtlich Wahrnehmungsstörungen, Herr Kol- lege! - Zurufe FDP)

- Das habe ich ganz bewusst festgestellt. Wichtiges Thema, schwacher Antrag.

Nun zu den Kulturschaffenden. Das kulturelle Leben wurde durch die Coronakrise in ganz besonderer Weise getroffen. Opern, Theater und Konzertsäle sind bereits seit Monaten geschlossen. Aber es geht hierbei nicht nur um die großen Konzert- und Opernhäuser, sondern auch um all jene Künstler, die auf Honorarbasis tätig sind, ohne einem Ensemble anzugehören. Diese Künstler unterliegen durch die fortdauernden Coronabeschränkungen seit Monaten de facto einem Berufsverbot. Als Solo-Selbstständige sind sie besonders bedroht und drohen, durch das Raster der Hilfsmaßnahmen zu fallen.

Wir begrüßen daher die auf Bundesebene beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung der im Kulturbereich tätigen Künstler, das Programm „NEUSTART KULTUR“.

Hinzu kommen jetzt Mittel auf Länderebene, wie zum Beispiel hier „Kulturhilfe SH“ und ein weiteres Landeshilfsprogramm. Beides ist zu begrüßen, weshalb wir dem Antrag von Jamaika zu diesem Thema sehr gern zustimmen.

Gerade weil die Einschränkungen der Coronakrise im Kunst- und Kulturbereich noch lange fortbestehen werden, sollte uns klar sein: Erst wenn auch Konzertsäle, Theater und Opernbühnen wieder geöffnet haben, ist diese Krise wirklich überstanden.

Meine restliche Redezeit übernimmt mein Kollege. - Vielen Dank.

Für die Abgeordneten des SSW hat das Wort ihr Vorsitzender, Lars Harms.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Die Coronakrise hält an, allerorts werden Rettungsschirme und Hilfsprogramme benötigt. Die Unternehmen werden vom Konjunktureinbruch schwer getroffen, und die Menschen werden schwer getroffen. Es ist daher absolut richtig und notwendig, dass wir während dieser Plenartagung über weitere CoronaHilfsanträge diskutieren.

In dieser Debatte werden gleich mehrere Anträge und Themenfelder zusammengelegt und diskutiert: berufliche Bildung, Kunst und Kultur, der öffentliche Personennahverkehr und schließlich auch das Konjunktur- und Krisenbewältigungsprogramm, das kürzlich auf Bundesebene beschlossen wurde und nun durch ergänzende eigene Bemühungen auf Landesebene unterstützt werden soll. „Klotzen statt kleckern“, lautet die Devise, und grundsätzlich bleibt uns angesichts der aktuellen Notsituation auch gar nichts anderes übrig.

Vieles ist notwendig, vieles ist wünschenswert. Dennoch müssen wir auch weiterhin genau darauf achten, wie wir mit all diesen ja erst noch zu erwirtschaftenden Steuergeldern konkret umgehen. Die vorliegenden Anträge unterliegen dabei unterschiedlichen Finanzierungsregimen. Das muss man immer im Hinterkopf behalten. - Aber gehen wir die Themenblöcke einmal einzeln durch:

Zunächst zu unserem gemeinsamen Antrag mit der SPD zum Thema berufliche Bildung: Die Ausbildungssituation kann und wird sich auch bei uns in Schleswig-Holstein verschärfen. Entsprechende Zahlen und Prognosen der Wirtschaftsverbände sind der Begründung unseres Antrags zu entnehmen. In unserem Antrag geht es uns um die jungen Menschen, die aktuell oder demnächst von der Schule abgehen und plötzlich ohne jeden Plan dastehen, wie es ab dem Spätsommer für sie weitergeht, weil ihr Ausbildungsvertrag von einem Tag auf den anderen aufgekündigt wurde.

Dies sind zurzeit wahrlich keine Einzelfälle. Diese jungen Menschen haben hart für ihre Schulabschlüsse gearbeitet, haben sich ihre Ausbildungsplätze organisiert und sich auf dieses nächste Kapitel in ihrem Leben gefreut. Nun stehen sie völlig unverschuldet mit leeren Händen da, und kurzfristige Neubewerbungen sind zurzeit nur selten eine Alternative.

(Volker Schnurrbusch)

Vor diesem Hintergrund muss es einen Schutzschirm geben, um die jetzt beginnende Krise der beruflichen Bildung in Schleswig-Holstein abzumildern, bevor sie wirklich schwerwiegend wird. Wir brauchen diese jungen Leute; denn es besteht ein Fachkräftemangel. Wir dürfen nicht nachlassen, sie in Ausbildung zu bringen und sie auszubilden.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Hilfe muss sowohl von den Betrieben, beispielsweise als Zuschuss, als auch von den Auszubildenden in Anspruch genommen werden können, und allen jungen Schulabgängern müssen Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden.

Gerade in diesen Zeiten ist es aber auch wichtig, digitale Angebote zu machen. Auch diese Alternative sollten wir durchaus prüfen. Wenn sich ein Platz an einer Schule oder in einem Lehrbetrieb nicht generieren lässt, kann man vielleicht digitale Angebote machen, sodass die jungen Leute trotzdem an ihre Abschlüsse herangeführt werden.

Daher geht unser Appell an die Landesregierung, ein Ausbildungsbündnis nach dem Vorbild des Bundes zu schließen; denn es geht hier um die jungen Menschen in unserem Land, deren Zukunft und damit um unser aller Zukunft.