Protokoll der Sitzung vom 19.06.2020

(Werner Kalinka)

Viertens. Wir haben uns sehr schnell mit den Sorgen und der Situation in den Alten- und Pflegeheimen und den Einrichtungen der Behindertenhilfe beschäftigt. Wir haben fast in jeder Sitzung über dieses Thema gesprochen. Es hat uns allen so weh getan, dass zu dem damaligen Zeitpunkt nicht viel mehr gemacht werden konnte. Je mehr Schilderungen man hört, desto mehr bedrückt mich dies in besonderer Weise. Vielleicht müssen wir noch einmal über diese Dinge sprechen. Ich möchte der Öffentlichkeit jedenfalls sagen, dass diese Situation nicht an uns vorbeigegangen ist. Es gab aber keine Möglichkeit für eine größere Öffnung. Herr Staatssekretär, wenn ich mich richtig erinnere, dann hatten wir aber schon Anfang Mai Lockerungsbedingungen in diesem Bereich definiert. Insofern ist die Möglichkeit der offensiven Lockerung zum 15. Juni 2020 ganz entscheidend gewesen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Fünftens. Zur Situation in den Schlachthöfen: Hier waren wir von Anfang an am Ball. Wir wurden wie zu allen anderen Dingen - gut vom Minister informiert. In diesen Fragen gab es keine Informationsdefizite. Frau Kollegin Pauls, das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz steht bei uns ohnehin auf der Tagesordnung. Ich denke, hier ist nichts an uns vorbeigegangen.

Sechstens. Auch in Zusammenhang mit einem weiteren Thema, das ich noch kurz erwähnen will, ist nichts an uns vorbeigegangen: Die Sorge um Obdachlose und sich in Wohnungsnot befindende Bürger hat uns von Anfang an sehr beschäftigt, weil diese Menschen es in der Krisensituation besonders schwer haben. Wir haben deshalb einen 3-Millionen-€-Fonds bereitgestellt, mit dem wir versuchen, die Not in diesem Bereich zu lindern und zu helfen, wo immer das nötig ist. Auch das war etwas, worüber wir sehr schnell miteinander gesprochen haben.

Eigentlich hatte ich gar nicht die Absicht, heute etwas dazu zu sagen. Die Debatte hat mich aber angeregt, dies noch einmal ergänzend hinzuzufügen. Von daher bin ich sicher, dass wir im Sozialausschuss weiter in vertrauensvoller Form mit dem Minister, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit allen Einrichtungen, die davon betroffen sind, einen Beitrag dazu leisten können, diese Situation zu einem Ergebnis zu führen, von dem wir sagen können: Wir haben das gut miteinander geschafft. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet. Ich möchte Sie bitten, sich noch einmal an die März-Tagung zu erinnern. Da hat der Ministerpräsident uns zu einer ziemlich schlecht inszenierten Standing-Ovation-Aktion eingeladen. Ich wäre tatsächlich am liebsten sitzen geblieben. Warum? Es war nicht, weil ich den Pflegenden und allen, die da gelobt worden sind, nicht jeglichen Applaus gönne. Ich gönne ihnen diesen von Herzen.

Meine Befürchtung war nur, dass dann, wenn diese Phase vorbei ist, alles an Wertschätzung wieder vergessen wird, dass dann all das, was gesagt worden ist - die Pflege muss besser aufgestellt werden, die Pflege muss besser in die Zukunft geleitet werden, sie muss mehr Kompetenzen kriegen, dieses und jenes und mehr Lohn und ach herrje! -, wieder vergessen wird. Das war meine Befürchtung. Der Beitrag des Kollegen Neve hat genau das bestätigt.

Hier geht es darum, Infektionsketten in einem sehr sensiblen Bereich zu unterbrechen, frühzeitig zu erkennen. Darum geht es uns in unserem Antrag. Es geht uns darum, die Pflegenden in Sicherheit zu bringen und natürlich auch die von ihnen zu Pflegenden, was im zweiten Schritt mitgedacht ist. Ihre Frage daraufhin, was das denn kostet, ist genau die Haltung, von der ich in der März-Tagung schon befürchtet hatte, dass sich so etwas wieder sehr schnell einspielt. Was kostet das denn?

Wenn Sie sich überhaupt die Mühe machen, dann schauen Sie sich doch einmal auf den Seiten der Berufsverbände der Pflege um. Schauen Sie sich doch einmal bei der von Ihnen so sehr verteufelten Pflegekammer um. Überall, wo Pflege organisiert ist, auch in den Gewerkschaften, wird genau das gefordert: Gebt uns eine Sicherheit, und gebt uns die Möglichkeit einer konsequenten Durchtestung. Das ist das, was gefordert wird. Ihre Frage darauf war aber lediglich: Was kostet das denn?

Genau deshalb sollten die Pflegenden jetzt ganz stark zusammenstehen; denn das ist jetzt die Stunde, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und den Leuten das zu geben, was sie eigentlich verdient haben. Das ist nicht nur Wertschätzung, und das sind nicht nur Standing Ovations, sondern das sind anständiger Lohn, anständige Rahmenbedingungen, Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz. - Danke schön.

(Werner Kalinka)

(Beifall SPD)

Wir kommen zu den Kurzbeiträgen. Das Wort hat jetzt Hauke Göttsch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu dem Bericht unseres Herrn Ministers zu Wort gemeldet - vielen Dank noch einmal dafür -, um meinerseits einen kleinen Livebericht zu geben.

Ich hatte am Sonntag einen kleinen Infekt, der sich auch auf meine Vorgeschichte ein bisschen ausgewirkt hatte. Was macht ein ordentlicher Patient? Er ruft bei seinem Hausarzt an. Der hat genau richtig reagiert und hat gesagt: „Herr Göttsch, beobachten Sie das, warten Sie es ab.“

Allerdings wurde ich dann selber etwas nervös und habe bei meinem Kardiologen hier am UKSH angerufen. Der hat sofort gesagt: „Herr Göttsch, kommen Sie her. Wir untersuchen Sie und checken Sie durch. Außerdem wird ein sogenannter COVID-19Test gemacht.“ Das sollte in der nächsten Woche sein. Leider haben wir heute aber diese wichtige Debatte.

Ich habe das deshalb vorgezogen, was ich auch konnte, und war am Mittwoch beim Test. Ich habe mich noch am Mittwoch dann selbst unter Quarantäne gestellt, war also nicht hier. Am Donnerstagmorgen allerdings bin ich hierher gefahren und habe unterwegs den Anruf bekommen, dass ich negativ bin.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Das sagt meine App auch!)

- Genau. Schönen Dank auch dafür, dass Sie alle die App nutzen.

Liebe Frau Pauls, theoretisch könnte ich schon wieder infiziert sein.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Genau. - Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen einmal erzählen, wie so etwas am UKSH läuft. Man kommt noch nicht ganz in die Eingangshalle hinein; da wird man schon gefragt, hervorragend gemanagt. Man meldet sich an, sitzt dann mit dem erforderlichen Abstand im Wartebereich, der hervorragend desinfiziert ist. Dann wird der Abstrich genommen und dann darf man wieder nach Hause fahren und stellt sich selber unter häusliche Quarantäne.

Ich habe heute Morgen den normalen Gesundheitscheck wegen meines Herzens gehabt. Das kriegen wir auch wieder in den Griff. Ich habe dann natürlich mit Professor Frey über die Pandemie sowie über diese ganzen Testungen gesprochen. Er hat mir ganz klar gesagt: Herr Göttsch, Sie könnten es jetzt wieder haben, ist überhaupt kein Problem; man kann sich angesteckt haben. Deswegen werden alle Patienten, die eingeliefert werden, zur Sicherheit aller und auch des Personals getestet. Aber eine flächendeckende Testung verbietet sich. Denn Sie müssten jeden Tag die Leute testen, weil jeden Tag erneut die Möglichkeit besteht, sich anzustecken. Das halte ich nicht für sinnvoll.

Ich unterstütze es, dass wir darüber im Sozialausschuss gerne noch einmal diskutieren, Herr Kalinka. Ich komme dann gerne hinzu. Aber dass wir eine flächendeckende und wiederholte Testung machen, kann ich einfach nicht unterstützen. Dann nämlich müsste ich heute auch schon wieder los zum Test.

In diesem Sinne: Bleiben wir alle gesund und leben weiterhin glücklich in unserem schönen SchleswigHolstein. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr. Marret Bohn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt machen wir genau das, was wir lieber nicht tun sollten. Wir sollten uns hier nicht in Form von Unterstellungen auseinandersetzen. Was jetzt wirklich im Raum steht, ist ein ganz sensibler Bereich im Arbeits- und Gesundheitsschutz. So weit sind wir ja noch beieinander. Genau das wird gemacht; das wird von der Jamaika-Koalition gemacht.

Ich verwahre mich wirklich der Situation, dass die Opposition versucht, in einer solchen Situation, in der wir uns jetzt alle miteinander befinden, den Eindruck zu erwecken, dass das nicht ordentlich gemacht wird. Das ist nicht in Ordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz ehrlich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Es ist nicht Aufgabe des Landes, alles vor Ort in den Kommunen zu bestimmen. Es ist nicht Aufgabe des Landes und der Regierung und des Ministers,

(Birte Pauls)

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kommunen zu sagen, was sie in den Krankenhäusern und in den privaten Einrichtungen machen sollen. Alle Arbeitgeber, da bin ich mir ganz sicher, tun alles, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Etwas anders kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

Das Problem, das wir haben - ich freue mich für dich, dass das gut gelaufen ist, Hauke -, ist doch, dass die Testung noch lange nicht so gut ist, wie sie irgendwann sein muss. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschützt werden. Dieses Virus ist aber völlig neu. Das Problem ist zudem: In dem Moment, in dem ich getestet bin, kann ich mich fünf Minuten später schon infiziert haben. Insofern nutzt mir ein Test überhaupt nichts mehr. Das macht es doch so kompliziert.

Deswegen haben wir doch im Ausschuss zusammen mit der Forschung und der Wissenschaft darüber beraten, dass wir sorgfältig damit umgehen müssen. Wir sollten aber keine unnötigen Ängste schüren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ehrlich!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Gerne.

Liebe Frau Kollegin Bohn, gestatten Sie mir zwei Bemerkungen.

Sie haben eben gesagt, alle Arbeitgeber tun alles, was sie tun können, um ihre Beschäftigten zu schützen. Wenn ich mir jedoch angucke, was heute wieder über die Fleischindustrie verbreitet wird, kann ich das nun wirklich nicht teilen. Da gibt es Bereiche, von denen man sagen muss: Dort wird das ausdrücklich nicht getan. Da haben wir Handlungsbedarf, wie man sehen kann. - Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ich glaube, es geht nicht darum, Ängste zu schüren, sondern es geht darum, Folgendes zu sagen: Wir nutzen nur einen Bruchteil der Testkapazitäten, die in Deutschland zur Verfügung stehen. Natürlich ist eine vollständige Testung unsinnig; das kann man gar nicht machen, was richtiger

weise bemerkt worden ist. Aber dann zu fragen: „Wo muss ich das mit großer Regelmäßigkeit tun?“, das ist ein Ansatz, über den man legitimerweise politisch streiten kann. Nichts anders hat die Kollegin Pauls getan.

Gerade ihr liegt es völlig fern, in dem Beruf, aus dem sie kommt, Ängste zu schüren. Vielmehr geht es ausschließlich um die Frage über die kann man politisch streiten -, wo man die Testkapazitäten nutzt, um dort regelmäßiger zu testen als anderswo. Darüber kann man streiten. Das nimmt nichts von dem weg, was hier über das Management des Sozialministeriums positiv gesagt worden ist, dem ich mich ausdrücklich anschließen möchte.

- Herr Kollege Stegner, Sie haben völlig recht. Ich war zu optimistisch. Ich hätte sagen sollen: fast alle Arbeitgeber. Das, was in den Schlachthöfen passiert, ist nicht in Ordnung. Das hatte ich aber auch in meinem Redebeitrag zuvor schon gesagt. Das nehme ich auf, das ist richtig.

Ich komme übrigens aus demselben Bereich wie die Kollegin Pauls. Eines habe ich vorher auch nicht gewusst. Ich habe den Antrag gelesen und habe gedacht: Ja, das klingt alles super. Da müssen wir noch nachbessern. Was vor Ort aber alles gemacht wird, darüber soll uns der Minister berichten.

Es ist doch wichtig, dass wir auf einer sachlichen Ebene erfahren, wie es in den Krankenhäusern und den Pflegeeinrichtungen läuft. Die Patientinnen und Patienten, die vor elektiven Eingriffen stehen, werden gescreent. Es ist sinnvoll, so zu verfahren. Aber dafür brauchen wir eben die Beratung aus dem Ministerium.

Dann müssen wir gucken, was bei dem Modellversuch - es ist wichtig, ihn als Modellversuch zu bezeichnen - herauskommt. Dann geht es zurück in Forschung Wissenschaft, und anschließend gehen wir den nächsten Schritt. Ich finde es sehr wichtig, dass wir hier in Schleswig-Holstein die Möglichkeit haben, uns an dieser Forschung zu beteiligen. Wir haben nicht nur gute Kliniken, sondern auch gute Forschungsstätten. Ich nenne nur die LungenClinic Großhansdorf und das Forschungszentrum Borstel. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nicht nur national, sondern auch international Renommee. Wir verfügen über die besten Voraussetzungen, auch in der Forschung große Schritte zu machen. Wir haben auch gute Voraussetzungen beim Impfstoff.

(Dr. Marret Bohn)