Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

Wir kommen zu den Abstimmungen, zunächst zu dem Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 19/2333. Dafür ist Abstimmung in der Sache beantragt worden.

(Unruhe)

- Sollen die Anträge allesamt in die Ausschüsse überwiesen werden, oder wie wollen wir verfahren?

(Zuruf: Beide!)

- Beide.

(Serpil Midyatli [SPD]: Wir haben Abstim- mung in der Sache beantragt und beantragt, die anderen Anträge zu überweisen!)

- Gut, dann kommen wir - - Entschuldigung, Herr Dr. Stegner, Sie wollten noch eine Anmerkung machen.

Ich wollte das kurz begründen. Es macht keinen Sinn, den Antrag zu Galeria Karstadt Kaufhof zu überweisen. Dann kann man ihn auch ablehnen; denn da geht es um die Dringlichkeit. Deswegen bitten wir da um Abstimmung in der Sache. Bei dem anderen Antrag macht es Sinn, ihn in den Ausschuss zu überweisen.

(Wortmeldung Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Bitte.

Wir beantragen zu dem Antrag „Perspektiven für Galeria Karstadt Kaufhof entwickeln“, Drucksache 19/2333, Überweisung in den Innen- und Rechtssowie in den Wirtschaftsausschuss. Für den anderen Antrag beantragen wir ebenfalls Überweisung in den Innen- und Rechts- sowie in den Wirtschaftsausschuss.

Gut. Dann werden wir zunächst über die Überweisung des Antrages in der Drucksache 19/2333 in den Innen- und Rechts- sowie den Wirtschaftsausschuss abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion in die Ausschüsse überwiesen worden.

Wir kommen dann zur Abstimmung zum Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2344. Es ist beantragt worden, diesen Antrag in den Innen- und Rechts- sowie in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wir müssen noch klären, wer federführend ist! Entschuldigung, Frau Präsidentin!)

- Der Innen- und Rechtsausschuss.

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Gut, dann sind wir uns einig!)

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag einstimmig in den federführenden Innenund Rechtsausschuss und in den mitberatenden Wirtschaftsausschuss überwiesen worden.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 20 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Umsetzung sonderpädagogischer Standards an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und an Förderzentren in Schleswig-Holstein

Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der AfD Drucksache 19/2105

b) Bericht zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich

Bericht der Landesregierung Drucksache 19/1913

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 19/2233

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich den Vorsitzenden des Bildungsausschusses um seinen Bericht.

Frau Präsidentin, ich verweise auf die Vorlage.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um ein bisschen mehr Ruhe. - Ich erteile jetzt zur Beantwortung der Großen Anfrage der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie gelingt Inklusion, und wo haben wir noch Handlungsbedarf, um die Qualität der Inklusion an den Schulen in SchleswigHolstein zu verbessern? Bei der Beantwortung die

ser Frage, die wir hier im Landtag schon im Februar bei der Vorstellung des Berichts erörtert haben, sollte immer der einzelne Schüler, die einzelne Schülerin sowie deren Eltern im Fokus stehen. Daher gilt das Motto - ich wiederhole es an dieser Stelle gern -: so viel gemeinsame Beschulung wie möglich, so viel individuelle Unterstützung wie nötig, damit wir jedem einzelnen Kind oder Jugendlichen am besten helfen können.

(Beifall CDU und vereinzelt AfD)

Der vorliegende Bericht zeigt uns: Auch wenn Schleswig-Holstein quantitativ bundesweit eine der höchsten Inklusionsquoten hat, brauchen wir eine qualitative Weiterentwicklung der Inklusion. Hierzu braucht es Standardsetzungen, die im ganzen Land Gültigkeit haben. Diese Standards sind eben nicht vorhanden, auch wenn die AfD das gern glaubhaft machen möchte. Das haben wir in der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich dargelegt.

Aufgrund der Pandemie ist leider eine Beratung über die Inhalte des Landtagsberichts - verständlicherweise, weil auch die notwendigen Beteiligungs- und Gesprächsformate nur schwer zu realisieren waren - in den Hintergrund gerückt. Aber es ist wichtig, dass wir diesen Faden jetzt auch mit den Beteiligten außerhalb dieses Hauses wieder aufnehmen. Wir haben hierzu einen Fahrplan entwickelt, der allen Beteiligten gerecht wird. Der nächste Runde Tisch Inklusion wird zu diesem Thema, zu dem Bericht und auch der neuen SoFVO tagen. Denn auch die Neufassung der Landesverordnung über sonderpädagogische Förderung, kurz SoFVO, konnte pandemiebedingt nicht wie geplant im Sommer veröffentlicht werden, da der notwendige Austausch nicht in gebotenem Umfang stattfinden konnte.

Aber auch hier arbeiten wir weiter. So hat es hierzu bereits Beratungen mit den Schulaufsichten gegeben. Übernächste Woche wird dazu ein Gespräch mit dem Beirat für Menschen mit Behinderung geführt werden. Wir werden außerdem noch mit den Regierungsfraktionen in den engeren inhaltlichen Austausch über die Ausgestaltung der SoFVO gehen. Wir planen außerdem einen Fachtag zur Qualitätssteigerung der Inklusion an Schulen, bei dem der Austausch im Mittelpunkt stehen wird. Dieser wird voraussichtlich Anfang des Jahres stattfinden.

Meine Damen und Herren, die Weiterentwicklung der Inklusion ist ein Prozess mit langfristiger Perspektive. Wir werden die Rahmenbedingungen für die Inklusion kontinuierlich und schrittweise weiterentwickeln müssen und dabei im Lichte unserer

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

gewonnenen Erfahrungen immer wieder Anpassungen vornehmen.

Vor allem intensivieren wir die Fort- und Weiterbildung, und wir werden landesweite Standardsetzungen für die Gestaltung der Übergänge, die systematische und frühzeitige Sprachstandserhebung, die kontinuierliche Unterstützung in den Grundschulen sowie die Feststellungsdiagnostik festlegen. Weitere wichtige Schritte werden sein: die Anpassung der Besoldungsstruktur der Schulleitungen der Förderzentren, die Planung eines sonderpädagogischen Budgets für die Schulen, die Gründung des Landesförderzentrums Autismus - das haben wir bereits vollzogen -, die Entwicklung von Poollösungen, die landesweit umsetzbar sind, die Evaluation der Schulassistenzen, die wir bis zum Jahresende zum Abschluss bringen werden, sowie die besondere Unterstützung der Perspektivschulen und weiterhin natürlich auch die Unterstützung der Schulsozialarbeit.

Bei Befragungen von Lehrkräften, was das Lehrersein am meisten belastet, werden heutzutage als Erstes die emotional und sozial auffälligen Schülerinnen und Schüler genannt. Gleich dazu wird benannt, dass deren Zahl immer mehr zunimmt. Grundsätzlich lässt sich das in Schleswig-Holstein und auch in Deutschland empirisch nicht feststellen. Wir haben dafür also keinen empirischen Beleg. Auch internationale Befunde belegen keine signifikante Steigerung von Verhaltensauffälligkeiten. Aber die massiven Ausprägungen, gerade bei sehr jungen Schülerinnen und Schülern, belasten alle. Hier gilt es, Antworten sowohl im allgemeinpädagogischen Bereich als auch im sonderpädagogischen Bereich zu finden. Eine Antwort wird sein, dass in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt sogenannte temporäre intensivpädagogische Maßnahmen eingerichtet werden. So etwas haben wir übrigens in einigen Kreisen bereits. Diese sollen aber ebenfalls standardisiert werden.

Dies alles kann nicht ohne zusätzliches Personal erfolgen. Wir werden daher bis 2024 insgesamt 490 neue Stellen für Sonderpädagoginnen und -pädagogen schaffen. Damit das nicht nur auf dem Papier steht, sondern die Stellen tatsächlich mit Fachkräften besetzt werden können, erhöhen wir die Zahl der Studienplätze ab dem Wintersemester 2021/2022 von 160 auf 200.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Um kurzfristig auf entsprechendes Personal zugreifen zu können, werden wir an der Europa-Universi

tät Flensburg folgende Maßnahmen ergreifen: Einbindung universitärer Module in den Quer- und Seiteneinstieg und die Entwicklung eines Masterstudiengangs für Bachelorabsolventen nicht lehramtsbezogener Studiengänge mit und ohne Berufserfahrung. Solche Übergangsmaßnahmen sind nun mal erforderlich, weil in den letzten zehn Jahren nicht genügend Sonderpädagogen ausgebildet worden sind.

Ich will es zunächst hierbei bewenden lassen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Es war 1993, als der Vorrang des gemeinsamen Unterrichtes von Schülern mit und ohne Behinderung von der KMK beschlossen worden ist. Später sprach man dann von Integration, seit 2009, seit der Behindertenrechtskonvention dann meist von Inklusion. Es ist einerseits sehr, sehr gut, dass Inklusion in diesem Hause so oft auf der Tagesordnung steht, denn es zeigt ja, wie wichtig uns dieses Thema ist. Aber gleichzeitig ist die Häufigkeit, in der wir in Ausschüssen und Plenum über Inklusion sprechen, auch ein Zeichen dafür, dass es immerhin fast 30 Jahre nach dem KMK-Beschluss im Schulgebälk knirscht, dass oft Unzufriedenheit herrscht und dass die Belastungen - Sie sprachen es an, Frau Ministerin - eben nicht ab-, sondern zugenommen haben.

Dabei ist das Problem durchaus auch hausgemacht, denn bis auf den heutigen Tag existiert keine allgemeine, wissenschaftlich anerkannte Definition, was Inklusion eigentlich genau ist. Ich spreche auch deswegen meist lieber von gemeinsamem Unterricht oder von Integration, aber sei es drum. Damit verbunden ist der Umstand, dass man sich offensichtlich auch hier im Haus und wohl auch bei der Jamaika-Koalition gar nicht einig ist, wo man eigentlich genau hinwill, was das Ziel der Reise ist. Von links-grün können die schillernden Begriffe Leitbild, Grundhaltung, Weiterentwicklung der Inklusion ja nur heißen: Abschaffung der Förderschule und konsequenterweise auch des Gymnasiums mit dem Ziel einer Einheitsschule. Andere eiern herum, sie wollen nichts Falsches sagen.