Protokoll der Sitzung vom 30.10.2020

Die einzige Änderung, die wir innerhalb der Woche gemacht haben, war die Anpassung der Quoten als Folge unserer Änderungsvorschläge. Daraufhin hat sich Herr Koch empört - das kann man alles in den Protokollen nachlesen -, dass wir die Regierung wegen der Berechnung der Quoten einspannen würden.

Was haben Sie gemacht? - Sie haben die Regierung die Verhandlungen führen lassen. Sie wussten es seit dem 9. Oktober 2020. Da haben Sie ja schon herumgeschickt, was die Regierung ändern lassen will. Sie wussten, dass es am 20. Oktober 2020 eine Kabinettsbefassung geben würde. Dann haben Sie uns am 21. Oktober 2020 morgens 27 Seiten inklusive inhaltlicher Änderungen und Zahlungsstromänderungen - die Streichung des § 15 - kurzfristig serviert.

Sie meinen, dieses Verhalten können Sie wirklich mit dem Verfahren 2014 vergleichen? Jetzt gab es eine Tischvorlage eine Woche davor und eine ganze Stunde, um sich damit zu beschäftigen.

- Mit Blick auf die Protokolle stelle ich fest, dass wir 2014 am 17. September die mündliche Anhörung durchgeführt haben. Dann gab es Änderungen auf Grundlage der mündlichen Stellungnahmen, wie wir das auch in dieser Legislatur erlebt haben. Das waren die 17 Seiten. Am 7. November gab es dann die Beschlussfassung im Ausschuss, und am 13. November fand die zweite Lesung im Plenum statt.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Im Oktober des Jahres 2020 haben wir die mündliche Anhörung am 30. September durchgeführt, am 20. Oktober gab es die 27-seitige Änderung, die viel mehr ist, weil wir eine Einigung mit den kommunalen Landesverbänden erzielt haben, die damals nicht gelungen ist. Das ist natürlich ein himmelweiter Unterschied, der sich auch in den Änderungsanträgen niederschlagen wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Die Beschlussfassung im Ausschuss erfolgte dann am 29. Oktober, das ist richtig. Die zweite Lesung war dann am 30. Oktober 2020. Damit haben wir

die kalenderpolitische Debatte gelöst. Ja, ich habe auch in den Protokollen gelesen, dass die CDU damals eine Vertagung gefordert hat. Das ist etwas, was Sie gern gleich noch die CDU fragen können abseits der Debatte, wie auch immer. Nichtsdestotrotz ist, so glaube ich, der große Unterschied: Wir mussten hier die Einigung mit den kommunalen Landesverbänden hineinbekommen. Das ist sehr knapp, das ist auch ambitioniert, aber das Ergebnis ist dadurch umso besser, weil wir endlich ein rechtssicheres Finanzausgleichsgesetz haben. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Annabell Krämer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Am heutigen Tage beschließen wir eine faire und bedarfsgerechte Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen. Der neue Finanzausgleich wird die Finanzausstattung unserer Kommunen strukturell verbessern, aber die aktuellen Herausforderungen durch die Pandemie nicht lösen können. Deshalb unterstützt das Land seine Kommunen im Rahmen des Stabilitätspakts mit finanziellen Hilfen in einem Gesamtumfang von 425 Millionen €. Wir werden damit unserer Verantwortung gerecht und halten die Kommunen auch in dieser Krise handlungsfähig.

(Beifall FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum Finanzausgleich: Die vom Landesverfassungsgericht kritisierten Bestandteile des bisherigen Gesetzes wurden vollständig überarbeitet. Erstmals wird bei der Verteilung der Finanzmittel auf die tatsächlichen Bedarfe abgestellt. Die Gleichrangigkeit der Aufgaben von Land und Kommunen wird durch die Beachtung des Symmetriegebotes sichergestellt. Jährliche Mittelaufstockungen ab 2021 führen zu einer vollständigen Symmetrie. Der neue Finanzausgleich enthält insbesondere einen Kinderbonus, der die besonderen Infrastrukturbedarfe der minderjährigen Bevölkerung berücksichtigt, sowie einen Flächenbonus, der die höheren Pro-Kopf-Ausgaben in dünnbesiedelten Gebieten würdigt. Durch den Erhalt der drei Teilschlüsselmassen - nämlich auch für die Zentralörtlichkeit - tragen wir den besonde

(Lasse Petersdotter)

ren Aufgaben Rechnung, die viele Gemeinden für das Umland erfüllen.

Weiterhin waren uns folgende Punkte im neuen Gesetz besonders wichtig.

Erstens. Nach einer zweijährigen Übergangsphase werden ab 2023 die tatsächlichen Investitionskosten pro Schüler in die Berechnung der Schulkostenbeiträge einbezogen.

(Beifall FDP und Tobias Koch [CDU])

Damit beenden wir genau die finanziellen Nachteile für Städte und Gemeinden, die in Schulen investieren und Schulplätze für Kinder anderer Kommunen bereitstellen, und das ist gut so.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich danke insbesondere Ines Strehlau von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die eng mit mir dafür gekämpft hat.

Zweitens. Die vom Landesverfassungsgericht geforderte Einbeziehung der kreisfreien Städte in die Berechnung der Nivellierungshebesätze führt zu deren flächendeckendem Anstieg. Das wurde heute schon gesagt. Um diesen Anstieg zu dämpfen, war es uns Freien Demokraten wichtig, dass zukünftig nur noch 90 % statt 92 % der gewogenen Durchschnittshebesätze zugrunde gelegt werden. Diese Dämpfung - das war unser Wille - sollte den Druck vieler Gemeinden verringern, ihre Grund- und Gewerbesteuer erhöhen zu müssen. Bei den Grundsteuern erreichen wir dieses Ziel.

Bei der Gewerbesteuer haben wir jedoch zusätzlich das Problem, dass die durch die Ausfinanzierung der deutschen Einheit gesunkene Gewerbesteuerumlage im Jahr 2022 zu einem sprunghaften Anstieg des Nivellierungssatzes bei der Gewerbesteuer führen wird. Wir Freie Demokraten - das sage ich hier ganz deutlich - befürchten, dass in vielen Städten und Gemeinden der Druck steigen wird, die Gewerbesteuer aus diesem Grund zu erhöhen. Eine höhere Gewerbesteuer behindert Gewerbeansiedlungen und führt somit schlimmstenfalls sogar zur Abwanderung von Unternehmen.

(Beate Raudies [SPD]: Binse! Binse!)

Wir vermuten, dass vielen Kämmerern zudem noch gar nicht bewusst ist, wie stark die Kreisumlage aufgrund der bestehenden Nivellierungssystematik steigen wird.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Frau Kollegin Krämer, ist Ihnen klar, dass das Landesverfassungsgericht die Einbeziehung nur deshalb angeordnet hat, weil Ihre Vorgängerfraktion genau gegen diesen Punkt geklagt hat - gegen meine Warnung, dass genau dieser Effekt eintritt, den Sie jetzt gerade beschrieben haben? Wäre es nicht besser gewesen, dann vielleicht auch einmal auf Hinweise von anderen zu hören?

- Herr Dr. Dolgner, Sie haben das eben schon versucht. Wenn ich mich recht entsinne - ich habe Ihnen auch gelauscht -, haben Sie sich darauf bezogen, dass die kreisfreien Städte jetzt in die Nivellierungssätze einbezogen werden. Hätten Sie mir eben zugehört, wüssten Sie, dass ich gerade davon rede, dass durch die Ausfinanzierung der deutschen Einheit - es ist erschreckend, wie wenig Leute sich in diesem Plenum anscheinend damit auseinandergesetzt haben

(Martin Habersaat [SPD]: Hey! Hey!)

die Nivellierungssätze sprunghaft steigen werden, nämlich - ich sage Ihnen das ganz deutlich - um voraussichtlich 35 Basispunkte im Jahr 2022. Dass der Nivellierungssatz da stark steigen wird, liegt nicht an uns Freien Demokraten. Wir hätten hier nämlich sehr gern diese Nivellierungssystematik geändert. Aber leider konnten wir uns bei unserem Koalitionspartner - das ist manchmal so - dahin gehend nicht durchsetzen.

(Beifall FDP)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ich stelle also fest: Ihnen ist offenbar nicht bewusst, obwohl das in einem Gutachten steht, dass die Ursache für den jetzigen Sprung, den die Nivellierungssätze machen, einzig und allein die Klagevorlage gewesen ist, wo Sie beklagt haben - das können Sie alles nachlesen -, dass die Hebesätze der kreisfreien Städte nicht einge

(Annabell Krämer)

rechnet werden. Das Gericht hat darauf entschieden, dass sie eingerechnet werden müssen, und da diese einen erheblich höheren Satz haben, haben Sie einen Sprung darin.

Das hat mit dem anderen Effekt, mit dem Sie sich gerade versucht haben herauszureden, gar nichts zu tun. Das ist die Folge Ihrer Klage gewesen, was übrigens in dem Gutachten steht. Da sind die Tabellen H 11 und H 12.

(Vereinzelter Beifall SPD)

- Herr Dolgner, ganz ehrlich, ich weiß, Sie freuen sich hier schon den ganzen Tag darauf, uns das Gutachten vorzuhalten, wahrscheinlich schon seit Wochen. Aber ich möchte Ihnen ganz ehrlich sagen: Das war bei den kommunalen Landesverbänden gar kein Thema. Die haben einfach erkannt: Sie müssen mit rein. Das wurde akzeptiert. Wir haben uns in der Koalition jetzt dafür starkgemacht, dass wir den Effekt dämpfen - von 92 % auf 90 %. Ich gehöre zur Partei der Rechtsstaatlichkeit, und ich akzeptiere solche Dinge. Wenn das festgestellt wird, dass das dazugehört, dann müssen wir die Kröte schlucken.

(Zurufe Birgit Herdejürgen [SPD] und Beate Raudies [SPD])

- Es wäre schön, wenn Sie mich ausreden ließen, dann können Sie gern auch eine Frage stellen.

Mir wäre es wichtig gewesen, dass wir diese Dinge ändern und den Steuererhöhungsdruck von den Gemeinden nehmen, wo wir ihn ändern können.

Herr Dr. Dolgner, wir dämpfen diesen Effekt, und dass das einbezogen wird, wurde von niemandem kritisiert. Sie können also noch zehnmal darauf herumreiten, das macht es nicht besser. Ich rede von diesem wesentlichen Faktor, die Ausfinanzierung der deutschen Einheit, die die Nivellierungssätze 2022 sprunghaft um 35 Basispunkte landauf, landab bei der Gewerbesteuer in die Höhe treiben wird. Das ist wirklich schlimm, da bin ich sehr traurig, dass wir da keine Einigung finden. Das sage ich Ihnen auch ganz ehrlich. Bei den Grünen kann ich es ein Stück weit verstehen. Lasse, du hast es mir deutlich gesagt, ihr seht Steuererhöhungen nicht per se als nachteilig oder als ungerecht an.

(Beifall Martin Habersaat [SPD])

Das ist so. Bei euch ist das Ideologie, das ist in Ordnung.

Bei meinen Freunden von der CDU bin ich ein bisschen enttäuscht. Da sehe ich vielleicht eher, dass da der Druck eines einzelnen Landrates vielleicht zu

groß war als dass man den Weg mit uns hätte gehen können. Aber es ist, wie es ist.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Wir werden das Thema im Auge behalten. Wir wissen um die Problematik bei den Kommunen, und wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass die Nivellierungssätze nicht so weit steigen werden und wir keinen Steuererhöhungsdruck in unseren Kommunen bekommen. Dafür stehen wir Freie Demokraten.