Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

Es gilt nach wie vor der Satz, dass im Rahmen der Wirtschaftsförderung in diesem Land, obwohl sie Einschränkungen hinnehmen muss, jede Investition, die förderfähig ist, auch gefördert werden wird. Bei jeder Investition, die Arbeitsplätze schafft und zu der ein förderfähiger Antrag in meinem Haus vorliegt, werden wir auch in Zukunft in der Lage sein zu fördern. Das gilt nicht nur für 2010; das wird auch für 2011 und darüber hinaus so sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Bei der Frage, wie wir - Herr Professor Bierbaum, Sie haben es angesprochen - nicht nur eindimensio

(Minister Dr. Hartmann)

nal über Innovationspolitik sprechen können, hat der Kollege Theis etwas aufgenommen, das er noch hätte fortführen können: nämlich dass man nicht nur das Wirtschaftsministerium betrachten soll, sondern dass es genau um die Frage geht, wie man die Innovationsbereitschaft und die Kompetenz der Menschen in diesem Land fördern kann. Wenn wir in den nächsten drei Jahren über 70 Millionen Euro an zusätzlichen staatlichen Mitteln für die Hochschulen zur Verfügung stellen, dann ist es genau das, womit wir die Innovationskraft und die Kompetenz der Menschen in diesem Land fördern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dass wir da auf dem richtigen Weg sind, zeigt sich, wenn wir es schaffen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen zweiten Sonderforschungsbereich mit über 12 Millionen Euro in dieses Land zu bekommen. Das ist eine Anstrengung, die ihresgleichen sucht. Noch nie haben die saarländischen Hochschulen so viel Geld bekommen, wie sie es in den Jahren 2011 bis 2013 erhalten werden, und das in Zeiten der Schuldenbremse, meine sehr verehrten Damen und Herren. Also genau die von Ihnen geforderte Förderung der Innovationsbereitschaft der Menschen wird von der saarländischen Landesregierung befördert.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir werden die Innovationsstrategie fortführen müssen. Wir werden sie fortschreiben und im nächsten Jahr zu konkreten Ergebnissen kommen. Ergebnisse werden in diesem Zusammenhang auch bedeuten, dass wir zu Technologieplattformen kommen müssen. Wir müssen in der Lage sein, das Knowhow, das in den Hochschulen und Forschungsinstituten vorhanden ist, in die mittelständische Wirtschaft zu übertragen, um auf diese Weise neue Produkte zu generieren und neuen Wohlstand in diesem Land zu schaffen. Im Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium sind wir gerade dabei, diese Weiterentwicklung der Innovationsstrategie voranzutreiben. Wir werden im nächsten Jahr zu konkreten Ergebnissen kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die Bereiche Landwirtschaft, Entwicklung des ländlichen Raumes und Hochbaumaßnahmen sind angesprochen worden. Lassen Sie mich hinzufügen, dass 85 Prozent der Hochbaumaßnahmen der Landesregierung Gebäude für die HTW, die Universität des Saarlandes und die Universitätskliniken betreffen. Auch dies zeigt, welche Schwerpunkte wir an dieser Stelle setzen.

Ich möchte sehr gern noch auf zwei Änderungsanträge der Opposition eingehen. Der eine betrifft den Beteiligungsfonds, den sogenannten Saarlandfonds. Ich will vorwegschicken, dass die saarländische Landesregierung sehr viel dafür hat, wenn sich Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmen entwickeln. Wenn Mitarbeiter auf uns zugehen, wenn beispiels

weise im Sinne eines Management-Buyouts oder auch in anderen Formen eine Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen denkbar ist, dann werden wir als saarländische Landesregierung dem nicht entgegenstehen, sondern wir sind selbstverständlich bereit, dies zu unterstützen und zu begleiten, und zwar in dem Sinne, wie es europarechtlich möglich ist. Aber genau dies ist das Problem. Wir haben schon wiederholt darüber debattiert. Nichtsdestotrotz will ich an dieser Stelle noch einmal genauer auf diese Dinge eingehen.

Europarechtlich ist es unbedenklich, wenn es Beteiligungen vonseiten des Landes bei kleinen und mittelständischen Unternehmen bis zu einer Höhe von einer Million Euro sind. Aber solche Beteiligungen sind wohl nicht das, was hinter dem Antrag steht, sondern es geht um größere Beteiligungen, und die sind nach unserer festen Überzeugung ordnungspolitisch problematisch. Wir meinen nämlich, dass der Staat Schiedsrichter und nicht Mitspieler sein sollte. Solche Beteiligungen führen zu Wettbewerbsverzerrungen und sind insbesondere beihilfekritisch. Insofern will ich noch einmal auf eine Debatte eingehen, die hier vor einigen Wochen stattgefunden hat und in der gesagt worden ist - ich glaube sogar von einem ehemaligen Bundesfinanzminister -: Ja, aber bei den Banken ging das doch auch alles; das ist doch alles Schwachsinn, was ihr da als Landesregierung erklärt; das ist nur ein Schutzargument; das funktioniert alles nicht.

Ich weiß, dass Sie sich das jetzt an dieser Stelle nicht merken werden, aber ich sage es trotzdem. Sie können es später nachlesen, und vielleicht führt das Ganze zu einem Erkenntnisgewinn. Wenn Sie sich die Bankenmitteilung der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2008, die Rekapitalisierungsmitteilung vom 05. Dezember 2008, die Impaired-AssetsMitteilung vom 25. Februar 2009 und die Bankenrestrukturierungsmitteilung vom 23. Juli 2009 ansehen, werden Sie zu folgendem Ergebnis kommen: Maßnahmen auf Grundlage der vorgenannten Mitteilungen stellen staatliche Beihilfen dar und können nicht ohne Weiteres durchgeführt, sondern müssen bei der Kommission vorab angemeldet und von ihr genehmigt werden. Zudem werden Beihilfen auf der Grundlage dieser Sonderregelungen nur unter engen Voraussetzungen genehmigt, nämlich wenn sie zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaates beitragen Stichwort Systemrelevanz. Das heißt auf gut Deutsch: Eine Beteiligung des Staates an einem Unternehmen, die mehr als eine Million Euro umfasst, ist nur möglich, wenn der Staat nachweisen kann, dass das betreffende Unternehmen - in diesem Fall meistens eine Bank - ein systemrelevantes Unternehmen ist. Ansonsten widerspricht die Beteiligung schlicht und einfach den europäischen Richtlinien und dem, was die Kommission aufgestellt hat. Wie

(Minister Dr. Hartmann)

hat es der Kollege Weisweiler so schön gesagt: Wir nehmen uns ja wirklich ernst, aber das auszuhebeln, was von der EU-Kommission kommt, schaffen wir an dieser Stelle eben doch nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Insofern: Suggerieren Sie bitte den Menschen draußen nicht etwas, das schlicht und einfach nicht möglich ist, nämlich dass der Staat an Stellen mitspielen kann, an denen er auch aus unserer inhaltlichen Überzeugung heraus nichts zu suchen hat!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Aber zahlen kann er.)

Stattdessen haben wir - das will ich auch noch einmal sehr deutlich sagen - den Bürgschaftsrahmen von 200 Millionen auf 400 Millionen Euro verdoppelt. Wir haben die Rahmenbedingungen für Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbank verbessert. Wir haben das Sonderkreditprogramm Saarland aufgelegt, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Für große Unternehmen gibt es ja den Deutschlandfonds der KfW. Wir haben die Servicestelle „Mittelstand“ geschaffen. Wir haben den runden Tisch „Kreditversorgung der Saarwirtschaft“ eingerichtet. Und wir haben den permanenten Dialog unseres Hauses mit jedem einzelnen Unternehmen. Da kann ich an dieser Stelle nur sagen: Jedes Unternehmen, das ein Problem hat und sich bei uns meldet, bekommt einen Gesprächstermin, auch mit dem Staatssekretär und - wenn es vonnöten sein sollte dem Wirtschaftsminister. Hier zu suggerieren, dass vorsichtig formuliert - die Präsenz nicht immer so wäre, wie sie notwendig wäre, dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass wir, auch was den Insolvenzbereich angeht, insbesondere im zweiten Halbjahr 2010 sehr viel besser unterwegs sind, als das bei den 441 Rekordinsolvenzen der Fall gewesen ist. Also auch hier sind wir gut unterwegs.

Ein letztes Beispiel für Änderungsanträge der Opposition will ich Ihnen noch mitteilen. Es geht um den SPD-Antrag hinsichtlich Kürzung für die Zuwendungen der wirtschaftsnahen Infrastruktur in Höhe von 500.000 Euro. Der Titel, ungefähr 1,8 Millionen Euro, soll um 500.000 Euro gekürzt werden. Daraus werden unter anderem die Cluster bezahlt, sodass die freien Mittel der Bewilligung nur noch 357.000 Euro betragen würden. Ich wiederhole: 357.000 Euro freie Mittel. Diese sind für den Breitbandausbau vorgesehen. Wenn Sie also um 500.000 Euro kürzen, bedeutet das schlicht und einfach, dass die SPD nicht mehr einen einzigen Euro für den Breitbandausbau in diesem Lande zur Verfügung stellen möchte und dass sie gleichzeitig auch noch weiter bei den Clustern kürzen möchte. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema wirtschaftspolitische Kompetenz.

Lassen Sie uns die Klinge auf einem Niveau kreuzen, bei dem es um die Fragestellung geht, wie wir

dieses Land nach vorne bringen. Ich habe auch die herzliche Bitte, dass die Fragestellung sich nach den platten Sprüchen ab einem gewissen Zeitpunkt wieder auf einem Niveau bewegen sollte, bei dem es wirklich um die Verantwortung für die Menschen geht. Es ist zwar so, dass nur die Landesregierung und deren Mitglieder auf diese Verfassung einen Eid abgelegt haben, aber vielleicht sollten auch andere, insbesondere einige Redner, die heute das Wort ergriffen haben, sich ihrer Verantwortung für die Menschen in diesem Lande bewusst sein. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank Herr Minister. Das Wort hat nun Professor Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie hatten angemahnt, dass wir auch auf die anderen Bereiche Ihres Hauses eingehen sollten. Wenn Sie diese Streicheleinheiten nötig haben sollten, dann gebe ich sie Ihnen gerne.

(Heiterkeit bei der LINKEN.)

Wir haben es begrüßt, dass für die Hochschulen mehr Geld ausgegeben wird. Das ist keine Frage. Wir müssen aber die Bedingungen dafür schaffen, wie dieses Geld sinnvoll genutzt wird. Ich will einen Punkt deutlich herausstellen. Sie hatten ihn ebenfalls erwähnt. Die Forschungsschwerpunkte müssen auch zu wirtschaftlichen Aktivitäten im Saarland führen. Ich glaube, das ist eine zentrale Aufgabe. Ich denke nicht, dass wir uns in dieser Zielsetzung unterscheiden.

Einen zweiten Punkt will ich kurz ansprechen. In der Tat haben wir ordnungspolitisch unterschiedliche Vorstellungen, auch was Beteiligungen angeht. Ich weiß sehr wohl, dass es Restriktionen durch das EU-Recht gibt, aber man kann natürlich über Stiftungen und anderes versuchen, seinen strategischen Einfluss geltend zu machen. Es wäre sicherlich einer genaueren Diskussion wert, wie man das im Einzelnen machen kann. Wir meinen, dass durch solche Beteiligungen auch stärker das Interesse des Saarlandes zum Ausdruck gebracht werden kann.

Warum ich mich aber eigentlich zu Wort gemeldet habe, sind die Äußerungen von Hubert Ulrich. Hier haben wir innerhalb der Jamaika-Koalition ein Problem, denn nach dem Bekenntnis von Minister Hartmann zur Industriepolitik fürchte ich, dass er einen wesentlichen Koalitionspartner von dieser Zielsetzung erst noch überzeugen muss.

(Beifall und Lachen bei den Oppositionsfraktio- nen. - Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

(Minister Dr. Hartmann)

Herr Ulrich, Sie haben außerdem eine Vorstellung von Industriepolitik, die völlig rückwärtsgewandt ist und die mit moderner Industriepolitik überhaupt nichts zu tun hat.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Erklären Sie es doch, damit wir es endlich alle mal verstehen. Abg. Schumacher (DIE LINKE): Frau Präsidentin, rufen Sie ihn zur Ordnung. Immer diese Schreierei. - Unruhe.)

Nicht so ungeduldig, Herr Ulrich, ich komme noch darauf zu sprechen. Es gilt zunächst einmal, dass Industriepolitik nicht nur Kohlepolitik ist - wie Sie es dargestellt haben -, sondern alle Bereiche umfasst.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das ist ein Teil. Nennen Sie noch einen Teil. - Abg. Schumacher (DIE LINKE): Hören Sie doch erst einmal zu.)

Seien Sie nicht so ungeduldig, ich komme noch zu den einzelnen Punkten. Ich möchte etwas zum Thema Kohle sagen. Ich bin ausdrücklich nicht Ihrer Auffassung, dass das Saarland schon vor 20 Jahren hätte aussteigen sollen. Ich bin umgekehrt vielmehr der Auffassung, dass es sich heute als Fehler herausstellt, dass das Saarland in dieser Form ausgestiegen ist.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wenn ich mir die Weltmarktentwicklung, die Rohstoffe und auch die Entwicklung bei den Preisen anschaue, dann glaube ich, sollten wir noch einmal darüber nachdenken, ob die eingeschlagene Politik die richtige war. Da kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, aber ich möchte es deutlich machen. Ich halte es für eine sträfliche Vernachlässigung, dass Sie den Beitrag der Kohle und des Bergbaus für die Entwicklung dieses Landes unterschätzen. Das gilt einmal für die unmittelbare Wertschöpfung, aber auch für das Thema Technologie. Wir müssen auch an die Bergbauzulieferer und die Bergbautechnologie, die internationalen Ruf genießt, denken. Heute gibt es bereits die Forderung, beispielsweise ein so genanntes Forschungsbergwerk weiterzuführen, damit die Technologie real erprobt werden kann, was für deren Erfolg außerordentlich wichtig ist. Wir müssen sehen, dass mit dem Kohleausstieg eben auch die Bergbautechnologie erheblich getroffen ist. Diesen Zusammenhang muss man deutlich machen. Ich glaube, dass dieses Land sehr viel von der Kohle und vom Bergbau hatte und dass es in eine Richtung ging, die das Land nach vorne gebracht hat - mit allen Problemen, die damit verbunden sind.

Ich komme zum Thema rückwärts gewandte Industriepolitik. Herr Ulrich, Sie hängen offensichtlich dem an, was viele als „old economy“, als alte Ökonomie bezeichnen. Damit haben Sie industrielle Kernbereiche wie beispielsweise Stahl und Ähnli

ches gemeint. Wenn ich mir heute die Stahlindustrie anschaue, die ein Kernpunkt saarländischer Industriepolitik und sehr stark mit dem Bergbau verbunden ist, haben wir es mit einer ausgesprochen modernen, hochtechnologischen Industrie zu tun. Aus dem Stahlbereich ist das hervorgegangen, was heute alle feiern, nämlich die Saar-Schmiede. Sie wäre ohne die Erhaltung der Stahlindustrie nicht möglich gewesen. Deswegen halte ich es für Unsinn, zwischen so genannter „old“ und „new economy“ zu unterscheiden, sondern wir müssen den technologischen Standard sehen, der dort vorhanden ist. Diesen müssen wir weiterentwickeln.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich komme zu einem Punkt, der ganz wesentlich ist. Man kann neue Technologien wie IT und Dienstleistungen nicht gegen die Industrie ausspielen, sondern es gibt einen ganz wichtigen Zusammenhang: Wir werden keine hochentwickelten Dienstleistungen ohne industrielle Kerne haben. Das ist eine Binsenweisheit, die man einfach einmal zur Kenntnis nehmen muss.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich will eine Bemerkung zum Thema Frankreich machen. Ich finde es ziemlich oberflächlich, in dieser Form einen Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland zu ziehen, indem in einer etwas großspurigen Manier gesagt wird, wir seien viel besser als Frankreich. Wir unterscheiden uns in vielen Bereichen und auch die Tradition, Wirtschaftspolitik zu machen, ist eine unterschiedliche. Es ist klar, dass die Tradition in Frankreich sehr viel stärker dadurch geprägt ist, dass der Staat stärker Einfluss nimmt. Das gilt übrigens nicht nur für den Bereich der Industrie und Wirtschaft, sondern auch für die Tarifpolitik, die Sozialgesetzgebung und Ähnliches mehr. Wir haben dort andere Traditionen und Verhältnisse.

Ich will Ihnen ein Beispiel für konkrete Industriepolitik in Frankreich zeigen, das einen schon etwas zum Nachdenken bringen sollte. Ich gehe davon aus, dass Ihnen die Firma Alstom bekannt ist. Sie hat ein Werk in Bexbach. Es handelt sich um einen ziemlich großen Konzern mit den Bereichen Transport - der TGV und andere Züge werden dort hergestellt - und Energie mit Kraftwerken, Turbinen und dergleichen mehr. Vor fünf Jahren stand das Unternehmen praktisch vor dem Bankrott. Daraufhin hat der französische Staat eingegriffen. Wir sehen hier die ganze Problematik. Es kommt auch die EU-Problematik zum Tragen. Der französische Staat hat Anteile erworben, die er aber so nicht halten konnte. Sie wurden dann in langfristige Anleihen umgewandelt, aber ohne diesen Einfluss auf Alstom gäbe es das Unternehmen mit damals rund 100.000 Arbeitsplätzen nicht mehr.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Wenn wir es uns heute anschauen - und das betrifft nun das Saarland -, haben wir das Problem, dass die Werke der Firma in Frankreich in ihrem Bestand sehr viel besser geschützt sind als die außerhalb von Frankreich. Das mag man kritisieren, das kann man auch tun, aber das Problem ist, dass gerade das Werk in Bexbach von einer solchen Politik abhängig ist. Hier zeigen sich schon bestimmte Unterschiede. Hier zeigt sich, dass man seitens der Politik zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten durchaus eingreifen kann. Ich glaube, das sollte man mit berücksichtigen.

Worum es mir geht, ist Folgendes. Wir müssen begreifen - alles andere wäre eine rückwärtsgewandte Vorstellung -, dass sich die Industrie zwar im Wandel befindet, dass wir aber die Kernbereiche der Industrie, die das Saarland stark gemacht haben, Kohle und Stahl, nicht einfach vernachlässigen können dergestalt, dass wir sagen, wir steigen besser aus, machen ein bisschen IT, ein bisschen Dienstleistungen. Das funktioniert nicht, weil diese Kerne eine Voraussetzung für die zukunftsgerichtete Entwicklung dieses Landes sind. Das bedeutet, dass die Kerne selbst modernisiert werden müssen. Ein Blick in die Landschaft zeigt, das dass ja auch passiert ist. Wir müssen diesen engen Zusammenhang zwischen Industrie und Dienstleistungen sehen und auch die Forschung einbeziehen. Das ist, glaube ich, die Entwicklungsrichtung, die es einzuschlagen gilt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Bierbaum. - Das Wort hat nun der Kollege Ulrich von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Kollege Ulrich, ich weise Sie darauf hin, dass Sie eine Restredezeit von 8 Minuten 7 Sekunden haben plus 5 Minuten, die Ihnen die CDU abgetreten hat.

Richtig. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bierbaum, es ist ja schön, dass Sie beim Thema Kohle immer noch auf Knopfdruck reagieren. Man braucht es nur anzusprechen, dann stehen Sie in Vertretung des Herrn Lafontaine hier am Rednerpult und verbreiten immer noch die gleichen Thesen, die nicht nur im Saarland, sondern deutschlandweit, europaweit schon seit Jahren nicht nur durch die Wissenschaft, sondern auch durch die Praxis schlichtweg überholt sind.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das ist nicht wahr!)

Sie stellen sich hierhin und wollen uns erzählen, dass es auch heute noch, im Jahre 2010, mit Blick auf Klimawandel, Ressourcenknappheit, Umswit

chen auf erneuerbare Energien Sinn machen würde, in Deutschland Steinkohle abzubauen. Jedenfalls habe ich Sie eben so verstanden. Oder habe ich Sie da falsch verstanden, Herr Bierbaum?

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Nein.)