Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der PIRATEN-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Europawahl am 25. Mai 2014 (Drucksache 15/909)

Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordnetem Roland Theis das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. Mai ist Europawahl. Der saarländische Landtag nutzt diese Plenarsitzung, um ein Signal zu senden. Ein Signal der Unterstützung für das europäische Projekt, aber auch ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, dass es nicht unwichtig,

sondern dass es wichtig ist, für unsere Region zur Wahl zu gehen. Dieses Haus gibt deshalb heute ein starkes europäisches Bekenntnis ab. Es ist nicht ohne, dass vier Fraktionen sich zusammentun, um dieses Signal zu senden. Herzlichen Dank an all diejenigen, die dabei mitgewirkt haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und den PI- RATEN.)

Ein noch schöneres Signal als das, was von diesem Antrag ausgeht, ging in der vergangenen Woche von diesem Plenarsaal aus. Dort fand nämlich das Schülerplenum der Europawoche statt, unter Beteiligung des Europaministers Stephan Toscani. Da saßen auf den Plätzen der Abgeordneten, aber auch auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler aus Polen - unserer Partnerregion -, aus der Ukraine, aus Ungarn und eben aus dem Saarland, aus Deutschland. Das schönste Signal dieses Plenumtages mit den Schülern war, in die Augen zu blicken und zu sehen, dass das Thema Europa bei den Jugendlichen aus Deutschland noch Begeisterung auslösen kann. Es war zu sehen bei den Jugendlichen aus Polen, dass das Thema Europa als Chance gesehen werden kann. Es war zu sehen in den Augen der Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine, dass das Thema Europa nicht umsonst ist, sondern die Hoffnung auf Wohlstand, auf Freiheit, auf Gerechtigkeit für junge Menschen in diesem Land.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dieses Parlament hat Danke zu sagen, natürlich den Organisatoren aus dem Europaministerium, aber insbesondere den Jugendlichen. Dieses Schülerplenum war eine echte Sternstunde des Parlaments, meine sehr verehrten Damen und Herren. Lieber Stephan Toscani, nimm diese Botschaft an dein Team und an die Jugendlichen in diesem Land bitte mit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Schade ist allerdings, dass uns heute etwas nicht gelingt, was den Schülern an diesem Tag gelungen ist - obwohl sie aus unterschiedlichen Hintergründen kamen und sich erst seit zwei, drei Tagen kannten -, nämlich ein geschlossenes Signal für Europa zu senden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der Linksfraktion, nachdem ich gehört habe, dass Sie nicht mitmachen, habe ich den Antrag noch einmal durchgelesen. Ich habe festgestellt, dass dort zwar ein klares und herzliches Bekenntnis zu Europa und zum europäischen Integrationsprojekt formuliert ist sowie ein Wahlaufruf zur Europawahl, ich habe aber nichts, aber auch gar nichts gefunden, was man an diesem Antrag ablehnen kann. Es sei denn, man versucht sich damit zu unterscheiden und im Becken derjenigen zu fischen, die Europa ablehnen, links oder rechts.

Ich habe heute schon einmal Helmut Schmidt zitiert, das mache ich selten, aber Helmut Schmidt hat zu Recht gesagt: „Der eine ist links, der andere ist rechts. Aber vergleichbare Populisten sind Lafontaine und Le Pen schon.“ Den Beweis dafür, dass es stimmt, haben Sie heute wieder erbracht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lachen bei der LINKEN und Zurufe.)

Wir stehen für Europa gemeinsam, notfalls auch ohne die LINKEN, mir persönlich macht das überhaupt nichts. - Danke.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Anhalten- de Zurufe von der LINKEN.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Kollege Prof. Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vergleich von Oskar Lafontaine mit Le Pen ist unglaublich! Er ist unglaublich! Dadurch, dass Sie diesen Vergleich heute hier wiederholen, machen Sie sich ihn zu eigen und können sich nicht mit der Begründung herausreden, dass es ein Zitat ist.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Lassen Sie mich erst mal ausreden, bevor Sie kommentieren.

Sie haben aus der Tatsache, dass wir dem Antrag nicht beigetreten sind, völlig falsche Schlussfolgerungen gezogen. Und es ist nicht so, dass Ihre Sichtweise der europäischen Politik die allein Seligmachende ist. Wäre der Antrag ein gemeinsamer Aufruf dieses Landtages zur Europawahl gewesen, dass man sich daran beteiligen soll, wenn man sich darauf beschränkt hätte, dann hätten wir ihn selbstverständlich mitgetragen. Der entscheidende Punkt ist doch, wir können nicht so tun, als ob es keine Unterschiede in der europäischen Politik gäbe. Wir können nicht so tun, als ob die Entwicklung in Europa nur positiv wäre, wenn ich mir die Auswirkungen der europäischen Politik in den einzelnen Ländern anschaue. Ich kann nicht einfach nur Europa sagen, wenn ich gleichzeitig sehe, dass es 27 Millionen Arbeitslose in Europa gibt, und in Ländern wie Griechenland und Spanien eine Jugendarbeitslosenquote, die bei 50 beziehungsweise 60 Prozent liegt.

Da muss ich doch sagen, es läuft etwas falsch. Es ist doch so, dass Europa, die europäische Integration, sehr viele Hoffnungen auf eine friedliche Entwicklung, auf eine Entwicklung des sozialen Fortschrittes geweckt hat und dass diese Hoffnungen, zumindest in einigen Ländern, doch sehr enttäuscht wurden. Man muss doch sehen, dass es in den

(Abg. Theis (CDU) )

europäischen Entwicklungen Widersprüche gibt. Deswegen ist die Frage Europa ja oder nein nicht einfach. Im Antrag ist formuliert: „Doch Europa ist nicht das Problem - Europa ist die Lösung.“ Was soll das? - Wir müssen uns doch streiten und über die europäische Politik auseinandersetzen können! Das ist doch der Punkt!

Ich sage klipp und klar: Es dient nicht der europäischen Integration, der Weiterentwicklung, was wir als Politik der Troika erleben, also eine Kürzungspolitik mit erheblichen sozialen Verwerfungen bis hin zur sozialen Verelendung. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht ist dies nicht zielführend, sondern in hohem Maße kontraproduktiv. Ich will nur einen Satz dazu sagen; das ist sicherlich eine andere Debatte: Wer glaubt, dass die europäische Krise vorbei sei, bloß weil man jetzt wieder Griechenland den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten erlaubt, der irrt! Die tatsächlichen sozialen Verhältnisse sprechen eine ganz andere Sprache. Deswegen ist es nicht der Punkt. Es wäre sicherlich wünschenswert, sich damit auseinanderzusetzen, in welche Richtung eine solche Politik zu gehen hat, das tun wir ja auch im Rahmen des Europawahlkampfs.

Wir sind diesem Antrag nicht beigetreten, weil er die europäische Entwicklung in einer gewissen Weise eben verharmlosend darstellt. Deswegen kann ich mit dem Satz nicht leben, den ich eben zitiert habe: „Europa ist die Lösung.“ Das sagt überhaupt nichts aus. Das ist für mich eher eine Legitimation der bestehenden Politik. Deswegen sage ich von meiner Seite Folgendes ganz klar: Wir sind für die europäische Entwicklung, wir sind der Auffassung, dass es dazu gar keine Alternative gibt. Deswegen sind Ihre Schlussfolgerungen, die Sie hier gezogen haben und mit denen Sie versuchen, uns in eine Ecke zu stellen, in die wir überhaupt nicht hingehören, falsch. Die entscheidende Frage besteht aber darin, welche europäische Politik gemacht wird. Das ist sicherlich ein Gegenstand der politischen Auseinandersetzung.

Deswegen finde ich, man hätte sich bei diesem Antrag darauf beschränken sollen, gemeinsam dazu aufzurufen, dass es wichtig ist, zur Europawahl zu gehen, um eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen. Das ist doch ein gemeinsames Problem, dass die Begeisterung nicht so sehr groß ist, dass die Wahlbeteiligung bisher doch höchst bescheiden war. Wenn wir im Antrag gemeinsam dazu aufriefen, zur Europawahl zu gehen - wir sollten das möglichst massenhaft tun -, dann wären wir sicherlich dabei gewesen. So aber legitimiert der Antrag in einer gewissen Weise das, was Sie unter der richtigen europäischen Politik verstehen. Da haben wir unterschiedliche Auffassungen. Ich glaube, das ist auch ganz legitim. Deswegen sind wir diesem Antrag nicht beigetreten.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage zu?

Abg. Spaniol (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Bierbaum, sind Sie mit mir der Auffassung, dass in diesem Hohen Hause der Vergleich, wie wir ihn eben gehört haben, nämlich der eines großen Demokraten wie Oskar Lafontaine mit einem rechten Protagonisten in Frankreich, hier überhaupt nichts zu suchen hat? Sind Sie auch dieser Auffassung, Herr Kollege?

(Zurufe.)

Herr Kollege, ich möchte das für das Protokoll festhalten. So etwas hätte ich vorhin vielleicht rügen müssen. Ich finde, das hat in diesem Hause überhaupt nichts verloren, ein solch schlimmer Vergleich, Herr Kollege Theis.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich glaube, das habe ich am Anfang sehr deutlich gemacht. Ich habe mich hier sehr klar ausgedrückt, indem ich diesen Vergleich ganz deutlich zurückweise. Das will ich hier eindeutig betonen. Er dient nicht wirklich der politischen Debatte, sondern das ist ein Irrweg. Da kommen wir nicht weiter. Insofern möchte ich doch noch einmal sehr klar darauf hinweisen, dass ich so etwas überhaupt nicht akzeptiere und dies auch diesem Landtag für nicht angemessen halte.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich möchte aber einen Satz zum Schluss sagen. Ich möchte noch einmal sehr deutlich betonen, dass wir uns dem sicherlich angeschlossen hätten, wenn es hier einen gemeinsamen Aufruf, zur Europawahl zu gehen, in der entsprechenden Form gegeben hätte. Wir werden den Antrag auch nicht ablehnen. Wir sind ihm aber aufgrund dessen, was ich eben dargestellt habe, nicht beigetreten. Ich finde, man sollte Unterschiede, was europäische Politik und Entwicklung angeht, nicht einfach so verwischen, sondern sollte sich darüber auseinandersetzen. Wir werden diesen Antrag nicht ablehnen, sondern wir werden uns enthalten. - Vielen Dank.

(Befall von der LINKEN.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Margriet ZiederRipplinger von der SPD-Landtagsfraktion.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Herr Bierbaum, in der Tat gibt es viele Probleme in Europa. Es gibt vieles zu verbessern. Gerade aus diesem Grund ist es wichtig, dass die demokratischen Kräfte zusammenstehen und dafür kämpfen, dass Europa für alle Menschen akzeptabel wird.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

In Richtung von Herrn Theis: Schmidt ist ein großer Politiker, aber er hat nicht immer recht.

(Beifall von der LINKEN und vereinzelt von der SPD.)

Das Saarland ist aufgrund seiner Geschichte und seiner Wirtschaftsstruktur auf das Engste mit der Europäischen Union verbunden. Das spiegelt sich unter anderem in der Vielzahl an europäischen Institutionen im Saarland wider. Da ist das Europainstitut der Universität des Saarlandes mit dem daran angeschlossenen Europäischen Dokumentationszentrum, das Institut für Europäisches Medienrecht - ganz wichtig: die Europäische Akademie in Otzenhausen - und viele mehr.

Das Saarland entwickelt sich darüber hinaus immer stärker zu einem Vermittler zwischen Deutschland und Frankreich, zwischen der germanischen und der romanischen Kultur. Paris und Berlin zollen uns hohe Vermittlungskompetenz sowohl im Bereich von Bildung und Kultur als auch im Bereich der Wirtschaft. Die wachsende Zahl an deutsch-französischen Organisationen mit Sitz im Saarland ist der beste Beweis dafür. Jüngste Beispiele hierfür sind der Ableger des Deutsch-Französischen Jugendwerks oder das Büro des Deutsch-Französischen Kulturrats.

Dieses Alleinstellungsmerkmal Frankreichkompetenz wollen wir Saarländerinnen und Saarländer noch weiterentwickeln. Die Frankreich-Strategie, die wir zu Beginn dieses Jahres auf den Weg gebracht haben, will den Weg dorthin ebnen. Sie ist das Ergebnis des Frankreichjahres 2013, in dem anlässlich des 60. Geburtstags der deutsch-französischen Freundschaft zahlreiche Feste und Austausche diesseits und jenseits der saarländisch-lothringischen Grenze stattgefunden haben.

Aber auch das weitere Zusammenwachsen der Großregion SaarLorLux als gemeinsamer Arbeitsund Lebensraum ist für uns von zentraler Bedeutung. Schon heute bildet die Großregion den größten grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt mit einem Viertel aller Grenzpendlerinnen und Grenzpendler innerhalb der Europäischen Union, und es werden jedes Jahr mehr. Als kleinstes Flächenland am Südwestzipfel der Bundesrepublik helfen uns unsere

Nachbarn in der Großregion, das notwendige Gewicht in die Waagschale zu werfen, wenn zentrale Zukunftsfragen unseres Landes auf dem Plan stehen. So werden wir in der Großregion gemeinsam für den Erhalt der Schnellzugverbindung zwischen Paris und Frankfurt über Saarbrücken kämpfen müssen.

Als kleines Saarland alleine werden wir in der Konkurrenz mit den Großen nicht bestehen können. Das Saarland profitiert in hohem Maße von der Förderung durch die europäischen Regionalfonds, sei es im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oder bei der Entwicklung unseres ländlichen Raums, bei dem Ausbau des saarländischen Arbeitsmarktes, bei der Investition in Innovation und Infrastruktur und schließlich bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil Europa so wichtig für das Saarland ist, ist auch die Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 für uns Saarländerinnen und Saarländer so wichtig. Als Grenzregion müssen wir besonders engagiert für ein freies, demokratisches und friedliches Europa werben. Wir müssen die demokratischen Kräfte in Europa stärken, denn es steht zu befürchten, dass viele euroskeptische und sogar europafeindliche Parteien ins Parlament der Europäischen Union einziehen werden.

Deshalb müssen wir die Unzufriedenheit vieler Menschen mit der Europäischen Union ernst nehmen und müssen Europa besser machen. Wir brauchen ein Europa, das für die Menschen da ist, nicht für die Banken und das große Geld. Wir brauchen ein Europa, das nicht elitär und bürokratisch ist, sondern vielfältig, lernfähig und vor allem eines: demokratisch. Wir brauchen ein Europa, das Vertrauen schafft und Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht. Für die Bürgerinnen und Bürger heißt das ganz konkret, wir müssen die Finanzmärkte regulieren, damit sich die Ersparnisse der Menschen nicht plötzlich in Luft auflösen. Wir müssen Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen, damit die europäische Jugend eine Zukunft hat.

(Beifall von der SPD.)

Wir müssen die Steuerschlupflöcher für Millionäre und Großkonzerne schließen, damit mehr Geld für Schulen und Straßen bleibt.